Die aktuelle Diskussion, die sich in einem Twitter-#Aufschrei manifestiert und die sogar auf die Seiten der New York Times durchgeschlagen ist (und natürlich auch bei mir im Blog heftig geführt wird), erinnert mich eigentlich eher an dieses Spiel – Whack a Weasel (auf’s Bild klicken, und es geht los):
Und es ist genau so nervig wie diese Website! Man weiß gar nicht mehr, wo man zuerst drauf(sc)hauen soll … Im Prinzip wird alles dabei vermengt: Sexismus und sexuelle Gewalt, Politik, Medienbusiness, Feminismus, Rhetorik, olle Kamellen etc. Ein paar der Gedanken, die mir bei der Geschichte durch den Kopf wieselten:
♦ Wäre Brüderles Verhalten anders zu bewerten, wenn die Begegnung an der Bar nicht vor einem Jahr, sondern vorgestern stattgefunden hätte? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum soll es dann ein entschuldigendes Argument sein, dass die Anekdote nicht sofort publiziert wurde?
♦ Warum wird eigentlich impliziert, nur Frauen könnten so eine Begebenheit als unangemessen empfinden? Ich habe, in meiner Rolle als Journalist, an sehr vielen solcher “inoffiziellen” Bar-Abende teilgenommen; wäre ich Zeuge so einer “Begegnung” zwischen Politiker und Journalistin geworden, dann hätte ich mich erstens auch (still, vermutlich, weil wir halt so erzogen sind, uns in solchen Fällen nicht einzumischen, so lange wir nicht darum gebeten werden) ziemlich empört, und ich hätte die Anekdote garantiert auch in einem Porträt des Politikers verwendet – wann immer ich dazu eine Gelegenheit bekommen hätte. In einem Tag, einer Woche, einem Monat, einem Jahr …
♦ Parallel dazu: Warum sollten Frauen sich ein “dickeres Fell” zulegen müssen, nur weil Männer ihr Verhalten nicht ändern wollen? Und selbst wenn sie ein dickeres Fell haben (was ich den meisten meiner Kolleginnen bescheinigen würde) – welchen Einfluss sollten wir dann ihrer Dick- oder Dünnhäutigkeit auf den Charakter eines Mannes zuschreiben?
♦ Niemand entgeht seiner Vergangenheit, und Charakterverfehlungen verjähren nicht einfach. (Nur mal ein paar Beispiele hier, SS-Vergangenheit des Schriftstellers Günter Grasshier und hier.
♦ Ob die Bar-Episode nun sexistisch war oder “nur” taktlos, mag Ansichtssache sein. Keine Frage hingegen ist, dass die Erklärung des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki, nicht etwa sein Verhalten gegenüber Journalistinnen überdenken zu wollen, sondern sie lieber aus seinen Gesprächskreisen ausschließen werde, eindeutig und unerträglich sexistisch ist.
♦ Klar ist der STERN eine sexistische Postille. Aber was hat das mit Brüderles Verhalten zu tun? Was ändert dies an der Diskussion über das Männerverhalten? Würden wir anders diskutieren, wenn die Episode von der katholischen Nachrichtenagentur verbreitet worden wäre?
♦ Wer glaubt, dass sich der #Aufschrei dadurch diskreditieren lässt, indem man das Medium oder die Journalistin diskreditiert, der hat immer noch nicht kapiert, worum es hier geht …
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