Die Story, wie Forscher der University of Leicester das Skelett des am 22. August 1485 in der Schlacht von Bosworth gefallenen Königs Richard III. gefunden und identifiziert haben, ist einfach faszinierend:
Ich finde es sogar sensationell: Geschichtswissenschafler helfen dabei, die Grabstätte des Königs – der, wie es schien, in aller Eile und ohne große Ehre verscharrt wurde – unter dem Asphalt eines Parkplatzes in Leicester zu lokalisieren; und die forensischen DNA-Experten wiederum können nicht nur dazu beitragen, das dort gefundene Skelett zu identifizieren, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum bessern Verständnis der Geschichte leisten. Und jenes literarisch verzerrte Bild Richards III., das kein anderer als William Shakespeare über hundert Jahre nach dem Tod des letzten Plantagenet-Königs (will heißen, des letzten regierenden Nachfahrenfolgers von Richard Löwenherz) in seinem gleichnamigen Drama gezeichnet hatte, zurecht zu rücken: Richard hatte nicht Selbstmord in der verlorenen Schlacht begangen, war vorher auch nicht verzweifelt im Schlachtgetümmel umher gestolpert (“Mein Königreich für ein Pferd!”), sondern hatte sich im wörtlichen Sinn bis zum inneren Kreis seines Gegners Heinrich Tudor durchgeschlagen, als er – vielleicht, weil sein Pferd im Morast stecken geblieben war – vermutlich durch den Hieb einer Hellebarde schwer verwundet und anschließend von mehreren massiven Kopf- und sonstigen Verletzungen niedergestreckt worden.
Dass bei der Spurensuche alte Karten eine große Rolle spielten, ist mir als Geograph natürlich ein besonderes Vergnügen. Aus Überlieferungen war bekannt, dass Richard III. unter der Franziskanerkirche (Greyfriars) begraben wurde – doch die Kirche selbst war mehrfach abgerissen und an leicht veränderter Stelle wieder aufgebaut worden. Anhand der alten Karten wurde aber die ursprüngliche Lage mit großer Wahrscheinlichkeit identifiziert. Mit Radarmessungen wurden dann tatsächlich unter dem Parkplatz des Stadtrats von Leicester Hinweise auf Gebäudefundamente gefunden; am 24. August 2012 begannen dann die eigentlichen Grabungsarbeiten. Am 5.September schließlich wurden unter dem ehemaligen Altarraum, wie überliefert, das offenbar sehr eilig begrabene Skelett (das Grab war zu klein) eines Mannes gefunden, der offensichtlich – wie Richard III. – an starker Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung) gelitten hatte.
Die Uni von Leicester hat all diese Geschichten sehr ausführlich dokumentiert; auch wie es gelungen war, die Nachfahren Richards über 18 Generationen hinweg aufzuspüren – genauer gesagt: eine kontinierliche weibliche Linie von Richards Mutter, Cecily Neville, über all diese Generationen bis zu einer pensionierten kanadischen Journalistin zu verfolgen. Denn zur Identifizierung bot sich am ehesten die (abgesehen von spontanen Mutationen) unveränderlich über die weibliche Linie weiter gegebene mitochondriale DNA. Joy Ibsen, die letzte Trägerin dieser königlichen mitochondrialen DNA war zwar bereits 2008 gestorben, doch ihr Sohn konnte mit genetischem Material aushelfen. Auch hier kamen akribische Forschung und ein bisschen Glück hilfreich zusammen:
Wie gesagt: Alles prima bei der University of Lancaster Leicester nachzulesen, die auch noch viel mehr Videomaterial bietet. Bessere Wissenschaftsgeschichten kann man sich gar nicht ausdenken.
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