Karl Marx wird die Erkenntnis zugeschrieben, dass sich alle großen historische Ereignisse und Figuren wiederholen – aber dass sie nur beim ersten Mal eine Tragödie sind, beim zweiten Mal jedoch eine Farce. Ob Donald Trump dabei die ausreichende historische Höhe erreicht, um sich für diese Zitat zu qualifizieren (was ihn vermutlich umso mehr ägern würde, da es von Marx stammt), mag zwar bestreitbar sein – aber dass er ein Talent zur Farce hat, ist unbestreitbar.
Erst mal zur Einleitung dieser (hoffentlich auch in Deutschland ansehbare) Videoclip aus einer Show des US-Comedians/Satirikers Bill Maher:
Und nun der Hintergrund: Im jüngsten US-Wahlkampf hatte Trump sich auf den Birther-Zug geschwungen (dem eigentlich schon längst der Dampf ausgegangen war) und gefordert, Präsident Barack Obama solle per Vorlage seiner echten Geburtsurkunde nachweisen, dass er tatsächlich in den USA geboren sei und sich damit überhaupt erst für das passive Präsidentschafts-Wahlrecht qualifiziere. Als dieser Gaul zu Tode geritten war, versuchte Trump, auf den College-Zeugnissen Obamas herum zu reiten: Er bot dem Präsidenten eine Spende von fünf Millionen Dollar an eine Wohltätigkeitsorganisation seiner Wahl, wenn dieser seine Hochschulakten offen lege.
Diese Aktion wiederum inpirierte Bill Maher, seinerseits fünf Millionen Dollar an eine Wohltätigkeitsorganisation von Trumps Wahl (Maher schlug mit Augenzwinkern den HairClub for Men vor) zu spenden, falls dieser nachweisen könne, dass er nicht das Kind einer Dalliance zwischen seiner Mutter und einem Orang-Utan (der roten Haarfarbe wegen) sei. Und daraufhin schaltete Trump seinen Anwalt ein. Aber nicht etwa, um Maher wegen Verleumdung zu verklagen, sondern um ihm – als ausdrücklichen und ganz unironischen Nachweis (!), dass sein Vater kein Orang-Utan war – eine Abschrift seiner Geburtsurkunde zu schicken, die belegen könne, dass Trump der Sohn von Fred Trump, und nicht etwa von einem Orang-Utan sei.
Das wäre an sich schon peinlich genug (weil es zeigt, dass Trump keinen Sinn für Satire hat – aber das an sich ist nicht weiter überraschend); aber nun kam der Klopper: Trump ließ nun eine Klage gegen Maher einreichen. Aber immer noch nicht wegen Verleumdung oder Rufschädigung, sondern wegen Vertragsbruchs – mit dem Nachweis via Geburtsurkunde sei nun die Zahlung der fünf Millionen Dollar fällig. Worauf sich Maher im obigen Video natürlich genüsslich ein Ei backt: Trump hatte nämlich genau die gleiche Art von Geburtsdokument – einen Auszug aus dem Geburtsregister, auch “Birth Certificate” genannt – vorgelegt, das er bei Obama als absolut nichtssagend und in seinen Augen gerade zu beleidigend (weil so leicht zu fälschen) als Beweis abgelehnt hatte. In den meisten Sportarten wäre dies das Äquivalent eines Eigentores (und genau der Punkt, den Maher eigentlich mit seiner Satire beweisen wollte – dass Trump ihm so in die Hände spielen würde, hätte sich der Satiriker wahrscheinlich nicht mal im Traum gewünscht).
Aber warum sollten wir hier bei den ScienceBlogs so einer Farce überhaupt Platz gewähren. Warum – außer der Tatsache, dass es einfach witzig ist – sollte ich meinen LeserInnen damit die Zeit stehlen? Weil es ein klassisches Mem der meisten Verschwörungstheorien (und die Birther-Theorie gehört zu jenen) ist, den Nachweis des Nicht-Seins zu fordern. Also die Last des Beweises umzukehren: So lange nicht bewiesen ist, dass ihre Theorie falsch ist, beanspruchen sie für sich, sie bewiesen zu haben. Der Trick ist dabei, auch die Behauptung an sich umzukehren: Es ist ein typisches Element der Verschwörungstheorien, Erklärungen – nennen wir die mal “A” – in die Behauptungen umzudeuten, dass A “nicht B” sei. Und nach der von uns allen akzeptierten Regel, dass derjenige, der die Behauptung aufstellt, auch deren Richtigkeit beweisen muss, fordern sie dann, dass jeder, der die Gültigkeit von “A” postuliert, nun logischer Weise “nicht B” beweisen müsse. In anderen Worten: Dass die belegte Erkenntnis “A” simultan B und C und D etc. als Erklärung ausschließt, spielt in dieser Verschwörungsargumentation dann plötzlich keine Rolle. Als Beweis wird nur etwas akzeptiert, das “nicht B” belegen kann; die Aussage “A, daher nicht B” wird aufgespaltet und A als “parteiisch” von der weiteren Argumentation ausgeschlossen. Wie bei Obamas Geburtsurkunde: Jeder Beweis, dass er in Hawaii zur Welt kam (“A”), gilt nicht – zu beweisen ist, so die Birther, dass er nicht in Kenia geboren wurde. Und “A” ist nicht akzeptabel, das es ja Teil der Verschwörung ist. Erinnert mich irgendwie und sehr entfernt an das P-NP-Problem (dem ich wirklich nie nahe nahe genug kommen konnte, um es zu verstehen).
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