Ist zwar schon mehr als einen Tag her, aber der Moment, als dem republikanischen Senator Marco Rubio in seiner Gegenrede zu Präsident Obamas Ansprache zur Lage der Nation im wörtlichen Sinn die Spucke weg blieb, dürfte wohl der erinnerungswürdigste Moment des gesamten Abends gewesen sein:
Die Rede Obamas war unbestreitbar sehr eloquent; wer Zeit und Lust hat, kann sie sich im nachfolgenden Videoclip in voller Länge (und mit den unterstützenden Grafiken, die das Weiße Haus erstmals in die Videoübertragung einblenden ließ) anschauen:
Der volle Wortlaut der Rede (und das Video selbst, noch einmal) findet sich hier; die Oppositions-Replik – ein seit fast einem halben Jahrhundert gepflegtes Ritual, das allerdings ohne Publikum in einem Studio stattfindet – ist hier dokumentiert.
Wie gesagt, wer will, kann sich Obamas Rede selbst anschauen oder durchlesen; ich fand nichts darin, was für eine durchschnittlich vernünftige Person nicht zustimmungsfähig wäre. Und in der Tat erhielt der Präsident selbst bei prinzipiell parteilich-kontroversen Themen wie Einwanderungsreform oder verschärften Waffengesetzen viel Beifall von beiden Seiten des Kongresses. Doch der Grund, warum ich fürchte, dass eine Analyse sich gar nicht erst lohnt, liegt nicht in dem, was Obama gesagt hat – sondern vielmehr in der Beobachtung der vergangenen vier Jahre, in denen bisher die meisten Appelle an die Vernunft an starren und unverrückbaren parteipolitischen Hürden gescheitert sind. Sehr oft stellt Obama in seiner Rede am Dienstagabend die – nur scheinbar rhetorische – Frage, wie man beispielsweise gegen so etwas wie einen besseren Schutz von Frauen vor Gewalt sein könne. Eine Frage, die Marco Rubio in seiner Replik übrigens nicht beantwortet – obwohl er eine Antwort haben müsste, da er als einer von 22 Senatoren tatsächlich gegen die Fortschreibung dieses Gesetzes gestimmt hatte …
Ob es um Rechte für Behinderte geht (ein Anliegen, für das sich der ehemalige republikanische Senator und Präsidentschaftskandidat Bob Dole, selbst kriegsversehrt, eingesetzt hatte) oder gar ein von Republikanern selbst vorgeschlagener Kompromiss zur Lösung der Haushaltskrise: Wenn Demokraten dafür sind, müssen – so scheint immer noch das Handlungsprinzip beider amerikanischer Kongress-Kammern zu sein – die Republikaner dagegen sein. Und so lange sich daran nichts ändert wird sich, so fürchte ich, auch an der (bedauerlichen) politischen Realität in den USA nichts ändern.
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