Eigentlich sollte ich mich auf etwas anderes konzentrieren (ich habe bis übermorgen 50 Studenten-Hausarbeiten zu beurteilen und zu benoten, daneben zwei Klassen für morgen vorzubereiten), aber dieses Beispiel für die Bedeutungsverschiebung wissenschaftlicher Erkenntnisse wollte ich dann doch nicht unerwähnt lassen. In ihrem neuen Paper The emergence of hierarchical structure in human language haben Linguisten des Massachusetts Institute of Technology (mein Arbeitgeber – also die Organisation, der ich die Korrekturen von 50 Hausarbeiten etc. schulde) eine Hypothese vorgestellt, wie sich die menschliche Sprache aus zwei sehr verschiedenen (und undabhängig voneinander entwickelten) Verständigungsebenen entwickelt haben könnte. Die eine Ebene, die sie als “L” (wie lexikalisch) bezeichnen, wäre dem Konzept vergleichbar, wie wir aus Wörtern Sätze bilden; ich nehme mal an, dass dies auf die strengeren funktionalen Elemente der Sprache (Syntax, Grammatik etc.) abzielt. Die zweite Ebene ist “E” wie expressiv – oder, wenn man so will, das Erzählen (ebenfalls meine Interpretation); dies sei eher dem Prinzip vergleichbar, mit dem sich Vögel durch Gesänge verständigen.
Genauere Details sind sicher in dem Paper selbst zu finden, das in Frontiers in Language Sciences veröffentlicht wurde. Doch da komme ich a) erst mal nicht ran und b) würde das wirklich zu viel meiner Zeit erfordern. Aber darum geht’s hier gar nicht. Ich war nur überrascht, dass aus der Aussage, dass “E” sich vergleichbar dem Vogelgesang entwickelt haben könnte, in der Pressemitteilung des MIT dann wurde, dass sich die menschliche Sprache aus dem Vogel-Gesang entwickelt habe: How human language could have evolved from birdsong.
Ich werde mal beobachten, wie das in den Medien dann läuft …
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