Was mir wie eine zwar nicht simple, aber zumindest erkennbar begrenzte Frage erschienen war, ist (leider) in eine lange Diskussion ausgeufert, in der das Thema nur noch selten berührt wird. Eine Mitschuld daran trage ich, weil ich in einem Kommentar die pauschale Feststellung gemacht hatte
Wer den Unterschied zwischen einem Flirt (eine Form der sozialen Kommunikation, die nicht auf sexuelle Annaeherung begrenzt ist) und einer “Anmache” nicht kennt, hat sicher ein paar grundsaetzliche Kommunikationsprobleme ….
… und damit eine semantische Diskussion angestiftet, die den Kern der Aussage verfehlte. Denn es ging nicht darum, Vokabeln zu diskutieren, sondern um Verhalten. Das habe ich zwar hier, mit einem Ballspiel-Vergleich, klarzustellen versucht, aber das genügte offenbar nicht. Also, noch einmal neu, was ich ursprünglich sagen wollte: Wer (zum Zweck dieser Diskussion) den Unterschied zwischen einer erwünschten und einer unerwünschten Kontaktaufnahme nicht erkennt, steht vor einem Kommunikationshindernis (in dieser Diskussion).
Oder, um es etwas abstrakter auszudrücken: Ohne den gemeinsamen Nenner, dass nicht jede Erweisung von Aufmerksamkeit erwünscht ist (ergänzt um den Hinweis, dass es dabei um die Situation geht, in der dieser Wunsch nach Nicht-Aufmerksamkeit auch deutlich – zumindest deutlich genug – zum Ausdruck gebracht wurde), lässt sich diese Diskussion nicht vernünftig weiter führen. Und jetzt wieder in der unverblümten Ansage: Männer oder Frauen, die nicht akzeptieren können, dass nicht jeder ihrer Versuche zur Kontaktaufnahme von den so Kontaktierten als erwünscht und angenehm empfunden wird, werden zu dieser Diskussion nichts Nutzbringendes beitragen können. Was nicht heißt: “Wer jemals jemanden ‘angemacht’ hat, darf hier nicht mit diskutieren”, oder “wer nicht aus dem Effeff weiß, wie er/sie sich in einer solchen sozialen Situation korrekt verhalten soll, ist ein Schwein”, sondern nur sondern nur, dass der prinzipielle Unterschied zwischen dem, was ich als Flirt und Anmache definiert hatte, besteht. Weil es zum Verständnis dessen, was ich hier zur Diskussion stellen will, nun mal erforderlich ist zu akzeptieren, dass eine erwünschte und einer unerwünschte Ansprache von der jeweiligen Zielpersonen unterschiedlich empfunden werden. Ich bin mir sicher, dass einige der Semantik-Debatten hinfällig gewesen wären, wenn ich diesen “gemeinsamen Nenner” klarer demonstriert hätte.
Denn diese Annahme war – implizit – ja nur die Präambel zur eigentlichen Diskussion. Meine Frage drehte sich darum, ob Frauen, die sich gegen solche unerwünschten Avancen wehren, “Opfer” sind oder sein müssen. In einem Kommentar wurde die ablehnende Haltung Birgit Kelles gegenüber dem Anti-Sexismus, die sich in dem Satz “Ich fühle mich nicht als Opfer” manifestiert, dahingehend interpretiert, dass sie sagen wollte: Eine selbstbewusste Frau hält das aus.
Stimmt. Vermutlich hat sie genau das gemeint. Und genau das ist das Problem, weil es
– das Problem des Sexismus zu einem Wahrnehmungsproblem bei Frauen umdefiniert
– und Frauen, die sich gegen Sexismus engagieren, mangelndes Selbstbewusstsein unterstellt.
Und beides ist, mit Verlaub gesagt, perfide. Denn letzlich gibt sie damit allein den Frauen die Schuld am Sexismus – wenn sie endlich akzeptieren würden, dass Männer halt so sind, und wenn sie endlich aufhören würden, darüber zu jammern, sondern selbstbewusst darüber wegsehen würden, dann gäbe es das Problem nicht.
So, und vor diesem Hintergrund, der – wie nun hoffe – etwas klarer ist, wiederhole ich meine Frage, ob “Misogynismus und Sexismus nur dann abzulehnen sind, wenn sie Frauen zu “Opfern” machen, von ihnen also direkt als schädigend empfunden werden? Dass Misogynismus und Sexismus, wenn appetitlich – oder zumindest diskret – präsentiert, kein Problem darstellt?” Ring frei zur nächsten Runde …
Kommentare (141)