Schon seit einigen Wochen ist mir aufgefallen, dass auf der Meinungsseite der New York Times erstaunlich häufig deutsche Stimmen zu Wort kamen – zum Beispiel Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung, Mariam Lau von der ZEIT oder der ehemalige Sprecher des deutschen Verteidigungsinisteriums Jan Techau (heute Direktor von Carnegie Europe). Doch das war, im Vorfeld der Bundestagswahl, durchaus zu erwarten. Aber auch nach der Wahl scheint das Interesse der New York Times an deutschen Stimmen groß zu sein: Heute (=Donnerstag) schreibt Anna Sauerbrey vom Tagesspiegel, und es geht nicht um “harte” Politik, sondern um die deutsche Sprache – genauer gesagt darum, wie mit dem Einfluss englischer Begriffe auf und in just diese deutsche Sprache umzugehen sei: How do you say “Blog” in German?
Ehe ich (wenn auch nur ein ganz kleines Bisschen, um niemanden vom Lesen des Originals abzuhalten) auf den Artikel eingehe, noch ein paar (anekdotische) Präambeln von mir: Ich bin, was meine Englischkenntnisse angeht, vermutlich ziemlich überheblich, schließlich ist sie seit mehr als zwei Jahrzehnten mein primäres Ausdrucksmittel; dass ich, der Fremdsprachler, als Dozent am Massachusetts Institute of Technology dazu angeheuert wurde, auch (und gelegentlich ganz besonders) Studenten das Schreiben und Kommunizieren schlechthin in ihrer englischen Mutter-und/oder-Vatersprache beizubringen, verstärkt diese Selbsteinschätzung natürlich noch. Und ich fand’s – und finde es – immer gruselig, wenn Deutsche, die kaum einen fehlerfreien Satz im Englischen formulieren können, ihre deutschen (!) Sätze mit Floskeln wie “you know” oder “I see” spicken, um ihre anglophone Kolloquialitätskompetenz zu demonstrieren. Oder sich, wie viele meiner Deutsch sprechenden, aber in den USA lebenden Landsleute, aus einer gewissen sprachlichen Nachlässigkeit heraus zu Wortchimären wie “Antwortmaschine” (engl. answering machine, statt Anrufbeantworter) oder “das habe ich geresearcht” hinreißen lassen. Und auch für die gelegentlich sehr populären Scheinanglizismen wie das Handy (man beachte, welche Bedeutung dieses Wort im Englischen haben kann) hege ich wenig Sympathien.
Aber – ganz großes ABER – das heißt nicht, dass ich den “Sprachpuristen” wie beispielsweise dem Verein Deutsche Sprache auch nur ansatzweise beipflichten würde. Mich stört ja nicht, dass Fremdworte ins Deutsche übernommen werden, sondern dass die falschen Fremdworte übernommen werden – was meistens aus AEffekthascherei geschieht und weniger aus Mangel an besseren Alternativ-Vokabeln. Und hier gehe ich vollkommen konform mit Anna Sauerbrey – allein schon, weil ich, ohne die Fähigkeit des Deutschen, Begriffe aus fremden Sprachen zu assimilieren, nicht “konform” hätte sagen können. Wenn sich unsere Urahnen mit solchen Argumenten beispielsweise dem Einfluss des Lateinischen widersetzt hätten, wäre unsere heutige Sprache um viele Wörterbuchseiten ärmer.
Und wie sagt man nun “Blog” auf Deutsch? Blog, natürlich. Was denn sonst…
Kurzer Nachtrag: Anna Sauerbreys Beitrag ist aktuell (Freitag) der am meisten per E-Mail weiter verbreitete Artikel der New York Times:
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