Üblicher Weise rezensiere ich hier keine Hollywood-Filme – und schon gar keine, die ich noch gar nicht sehen konnte, weil sie erst noch im Kino anlaufen müssen. Aber ich fand das Problem, das der Rezensent Dennis Overbye von der New York Times mit dem neuen Alfonso-Cuarón-Film Gravity hat, aus wissenschaftspublizistischer Sicht interessant genug, um das hier mal kurz aufzugreifen. Aber erst mal ein kurzer Einblick in den Film (vorausgesetzt, dieser deutsche Vorschauclip ist auch wirklich in Deutschland abspielbar):

Overbye ist kein Filmkritiker, sondern ein studierter Physiker und Wissenschaftsreporter der New York Times, und er hat sich den Film, in dem es um eine Odyssee im Weltraum geht, in Begleitung des Astronauten Michael Massimino (wie Overbye übrigens ein Absolvent des Massachusetts Institute of Technology, wenn ich das mal einfließen lassen darf) angesehen. Und das Urteil der beiden ist sehr kritisch. Nicht etwa, weil die Darstellung in diesem 3-D-Spektakel (mit Sandra Bullock und George Clooney als raumschiffbrüchiges Astronautenteam, das zur Reparatur des Hubble-Teleskps ausgesandt worden war) wissenschaftlich-technisch zu unpräzise ist – im Gegenteil: Cuarón hat sehr gründlich recherchiert, bis hin zu Details wie einem Schraubenschlüssel, der Massmino – selbst jemand, der das Hubble-Teleskop schon mal reparieren musste – geradezu in Entzücken versetzt haben muss.

In gewisser Weise liegt das Problem, das die beiden Fachleute mit dem Film haben, genau darin begründet, dass Cuarón das erdnahe Weltall und den Aufenthalt dort so realistisch und präzise in ein Kinoerlebnis umgesetzt hat – denn dies lässt einen ganz fundamentalen und enorm relevanten Fehler in der Story umso gravierender erscheinen. Ich werde hier selbst keine Details verraten (könnte ja jemandem den Spaß am Film verderben), aber wer diesem Link zur New York Times folgt, kann ja dort selbst nachlesen. Sicher ist, dass sich Star Wars oder Star Trek mit solcher Kritik gewiss nicht rumschlagen mussten …

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Kommentare (14)

  1. #1 rolak
    2. Oktober 2013

    Ist halt zu verlockend, die beiden wohl bekanntesten orbitalen Objekte in eine verbindende Story zu integrieren…
    Doch irgendeinen grotesken Haken haben alle hard-SciFis – typischerweise der (FTL-) Antrieb, also findet sich Gravity in guter Gesellschaft. Und wenn der Haken so geschickt gesetzt wird wie zB letztens in Europa-Report (Schwerkraft auf Erde und Europa sichtbar gleich), läßt man sich gerne von der Story fangen. Das muß für ein ‘och nö’ schon deutlich absurder werden, steckt doch für fiktive Werke immer ein wirksamer Dämpfer in der Ratio. Langeweile oder hölzernes Spiel zB sind wesentlich rausschmissiger.

  2. #2 WolfStark
    2. Oktober 2013

    Na ob Arthur C. Clarke einen Weg gefunden hätte, ohne etwas fiktives miteinzubringen? Ich kann dem Film diesen Schnitzer verzeihen, wenn man sich soviel Mühe gegeben hat, soviele Details Wahrheitsgetreu in den Film zu integrieren, kann ich eine solche Unwahrheit sehr gut verkraften.^^

  3. #3 Alderamin
    2. Oktober 2013

    Ich hab’ auch gleich nach den ersten Clips zum Film gedacht, wie sollen die eigentlich da oben gerettet werden? Keine Chance, sich ohne Antrieb von der Stelle zu bewegen oder auch nur ihre eigene Rotation aufzuhalten und nur für ein paar Stunden Sauerstoff. Aber wie will man sonst eine Story erzählen? Natürlich auch wieder Höllenlärm im luftleeren Raum.

    Es gibt halt eine Film-Parallelwelt mit ihren eigenen Naturgesetzen, hat man sich schon dran gewöhnt. Was soll’s, wenn es spannend ist und schöne Bilder hat…!

    Wann läuft der Film eigentlich bei uns an? Wäre nach Avatar 3D mal wieder ein Grund, einen Film nicht nur auf dem heimischen TV anzuschauen.

  4. #4 5yF0Rc3
    2. Oktober 2013

    @Alderamin
    “Höllenlärm im luftleeren Raum.”
    Finde ich in diesem Film überhaupt nicht, logisch dass es gedämpfte geräusche gibt, wäre auch zu langweilig^^. Ist ja nicht so wie bei Star Wars, wo die Laserkannonen und Triebwerke lauter als das gerede ist.^^ Und wens dich stört schallte dein Fernseher auf Stumm, bringt mehr Realität. 😀

  5. #5 Spritkopf
    2. Oktober 2013

    @Alderamin

    Natürlich auch wieder Höllenlärm im luftleeren Raum.

    Den solls nur im Trailer geben, im Film selber nicht.

  6. #6 s.s.t.
    2. Oktober 2013

    @Alderamin

    Wann läuft der Film eigentlich bei uns an?

    Morgen (Do., 3.10.).

    Die Kritiken dazu überschlagen sich förmlich, u.v.a.m. DLF: “Meisterwerk”.

  7. #7 Basilius
    Oreimo.
    3. Oktober 2013

    Zu dem Thema Glaubwürdigkeit und unmögliche Dinge in Geschichten empfehle ich diesen Artikel:
    Willing Suspension of Disbelief
    Ich hatte den Trailer zu Gravitiy schon gesehen. Das sieht unglaublich spannend aus. Bei dem Film sehe ich sehr großes Potential. Allerdings weiß ich noch nicht, ob ich diese beklemmende (nicht-)Atmosphäre ertragen kann. Die Vorstellung, selber in so einem Anzug zu stecken und diese Verlorenheit…also da ist meine Fähigkeit zur Empathie leider eher eine Last.

  8. #8 ufkub
    6. Oktober 2013

    XKCD hat wie üblich alles schon erklärt: https://what-if.xkcd.com/58. “Space isn’t like this”… aber genau diese Vorstellung hatte ich immer im Kopf, und der Regisseur offensichtlich auch.

    Ich betrachte diesen Fehler übrigens nur als einen legitimen Kniff, um den Film spannender zu machen. Um in knapper Zeit mehr interessante Schauplätze unterzubringen.

    PS: Ägypten ist anscheinend das einzige Land, das ich auf Satellitenbildern zuverlässig erkenne.

  9. #9 Alderamin
    10. Oktober 2013

    War gestern drin. Tolle Bilder, spannend, aber bis auf die Simulation der Bewegungen in der Schwerelosigkeit ist der Film auch nicht akkurater als andere Science Fiction Filme. Seine Exaktheit wird m.E. zu sehr gehypet.

    Trotzdem ist er natürlich sehenswert und kein Science-Fiction- oder Weltraumfan sollte ihn verpassen. Wenn er eine Weile gelaufen ist und ihn alle gesehen haben, können wir ja mal die Fehler hier aufzählen. Suchbilder machen ja auch Spaß.

    Hier und da schon mal ein Anfang (wer den Film noch sehen möchte, sollte die Artikel nicht lesen, da wird zu viel von der Handlung beschrieben).

  10. #10 s.s.t.
    18. Oktober 2013

    Zu den ‘wissenschaftlichen Fehlern’ des Films schreibt die SZ:
    https://www.sueddeutsche.de/wissen/weltraum-thriller-gravity-die-seltsame-physik-hollywoods-1.1797576

    Trotzdem hat mir

    der 91-minütige Höllenritt durchs All

    sehr gut gefallen.

  11. #11 Alderamin
    18. Oktober 2013

    @s.s.t.

    Hier ist auch noch eine Analyse

    Was mir noch auffiel: während die Sojus rotierte, schwebte ein Helm herum, der hätte eigentlich an die Wand knallen müssen, und als es am Ende in die Atmosphäre ging, schwebten immer noch Kugelschreiber herum, trotz Wiedereintrittsverzögerung.

    Was mich erstaunte war, dass ich mit nur zehn Leuten in der Vorstellung saß, und das in der zweiten Woche (Mittwochs abends). Gut, ich wohne in einem 80k-Leute Kaff, aber bei Avatar oder Herr der Ringe war der Laden auch mal voll gewesen…

  12. #12 Wilhelm Leonhard Schuster
    18. Oktober 2013

    Das erinnert mich an die Zeit vor 70 Jahren!
    Ich konnte (oder wollte) mein Goldmädi nicht bekommen.
    Aber ei der Taus ,wir sind beide auf einem fernen herrlichen Planeten ,der nur für Uns geschaffen schien, im

    “nächsten Leben”

    gelandet,ganz ohne Höllenlärm und “Brimborium”.
    Die Fahrt durchs ALL, war einfach herrlich, aber zunächst auch beängstigend,kannte ich doch zunächst kein Ziel!

    Der Freud, hätte sicherlich seine Freude an an meinem süßen Traum gehabt!

    Ich werde also, wahrscheinlich, im nächsten Leben ,
    von dort berichten können, wie die Sache so abläuft!

    Ich hoffe ,daß mir der (die) EINE oder ANDERE dann zuhört!

  13. #13 s.s.t.
    18. Oktober 2013

    @Alderamin

    Immerhin waren schon >600.000 in dem Film (Dt.).

  14. #14 rolak
    19. Oktober 2013

    >600.000

    Das Fliegen-Argument, s.s.t.?

    Beim Betrachten der Konserve bin ich übrigens relativ zügig (kurzfristig) weggepennt. Das läßt sicher darauf schließen, daß ich entweder übermüdet oder gelangweilt-frustriert bin. Da allerdings danach noch eine zweistündige, aktuelle arte-Doku zum Jom-Kippur-Krieg (40stes) ganz und klar betrachtet wurde, fällt ersteres unter den Tisch.

    Das Desinteresse liegt wohl darin begründet, daß der Streifen nicht phantastisch-absurd (wie StarWars/Trek etc) und damit mit Jagdschein ist, sondern um Realitätsnähe bemüht – da stößt jedweger Fehler sauer auf…