Ein Phänomen, über das in der Klimawandel-Debatte gerne und viel gestritten wird (wer’s nicht glaubt, schaue bitte öfter mal bei Georg Hoffmanns Primaklima rein), ist der Umstand, dass der langfristige Erwärmungstrend auf kurze Sicht betrachtet mit deutlichen Abkühlungsperioden einher geht:
(Da die gesamte Nasa-Webseite wegen der US-Haushaltssperre derzeit nicht erreichbar ist, habe ich diese Grafik hier bei thinkprogress.org per Hyperlink geborgt.)
Und Klimawandelkritiker backen sich gerade einige metaphorische Spiegeleier auf der Tatsache, dass der neueste Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) einräumen muss, den seit 1998 anhaltenden aktuellen Abkühlungstrend in ihren Modellprognosen nicht korrekt reflektiert zu haben:
“The observed global mean surface temperature (GMST) has shown a much smaller increasing linear trend over the past 15 years than over the past 30 to 60 years (…) Nevertheless, the occurrence of the hiatus in GMST trend during the past 15 years raises the two related questions of what has caused it and whether climate models are able to reproduce it.”
Doch auf die beiden letzten Fragen gibt es spätestens jetzt, wie mir scheint, eine Antwort: Die Forscherinnen Marcia Glaze Wyatt und Judith A. Curry haben in ihrem Artikel Role for Eurasian Arctic shelf sea ice in a secularly varying hemispheric climate signal during the 20th century, der in der aktuellen Ausgabe von Climate Dynamics erschienen ist, ein Modell präsentiert, das Klimafaktoren als Signale in einem komplexen System behandelt und die Oszillationen, die dadurch entstehen können, mit La Ola, der Stadionwelle, vergleicht.
Wie das im Einzelnen funktioniert, mag jede(r) selbst nachlesen; der Artikel ist – zumindest aktuell – frei verfügbar; wenn der Link dann doch hinter die Paywall geht, findet sich noch genug Informationsmaterial in dieser Pressemitteilung; der entscheidende Gedanke dabei ist, dass Klima in der Tat als ein System der Signalverarbeitung verstanden werden kann, in der beispielsweise eine Rückkopplung zwischen der Atlantischen Multidekaden-Oszillation und den atmosphärischen Temperaturen gibt, bei der das arktische Eis die Rolle des Signalüberträgers zwischen Meeresströmungen und Atmosphäre übernimmt. Die dabei entstehenden, wellenförmigen Schwankungen sind zwar nicht exakt periodisch, treten aber mit einer gewissen Regelmäßigkeit seit etwa 300 Jahren schon auf. Die Forscherinnen kommen in ihrer Arbeit zu dem Resultat, dass der gegenwärtige Abkühlungstrend bis etwa 2030 anhalten wird.
Doch wer nun triumphiert “Siehste?! Alles Quatsch mit dem Klimawandel!” und damit jegliche Klima(schutz)politik als unnötige Panikmache verdammt sehen will, der hat nicht kapiert, worum es in der ganzen Debatte wirklich geht: Es geht nicht darum, wie das Wetter nächste Woche wird oder ob wir in den kommenden Jahren mehr heiße Sommer oder mehr kalte Winter haben werden: Es geht darum, dass wir, bei unveränderten Konsum- und sonstigem Verhalten, künftigen Generationen eine immer heißer werdende Erde hinterlassen werden. Und da spielen 30 Jahre mehr oder weniger gar keine so große Rolle – wir können erkennen, was bevorsteht, und es zu ignorieren, ist etwa so sinnvoll wie die Überlegungen des Selbstmörders, der von einem 50 Stockwerke hohen Gebäude springt und, als er etwa das zehnte Stockwerk passiert, zu sich sagt, es werde ihm wohl nichts mehr passieren – denn die vergangenen 40 Stockwerke sei ja auch alles gut gegangen.
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