… zur Förderung der Geschlechterbalance bei der Vergabe von Forschungsmitteln spricht sich die Molekularbiologin Isabelle Vernos in einem Meinungsbeitrag für die aktuelle Ausgabe von nature aus, die ganz unter dem Thema Frauen und Wissenschaft steht (mein ScienceBlog-Kollege Martin Bäker hat bereits darauf hingewiesen). Diese Ablehnung einer Quote ist erst mal überraschend, denn es gibt in der Tat eine enorme Unterrepräsentierung von Frauen bei der Vergabe von Forschungsmitteln: Nur 19 Prozent aller Stipendien/Grants, die der European Research Council (in dessen Beirat Isabelle Vernos sitzt) beispielsweise vergibt, gehen an Frauen – und das ist weniger als der sowieso schon geringe Anteil der Anträge (nur ein Viertel aller Anträge wird von Frauen eingerecht).
Von einer Gleichstellung kann also nicht wirklich die Rede sein. Doch eine Frauenquote – weder bei der Besetzung der Vergabegremien, noch bei den EmpfängerInnen – würde nicht viel nützen, fürchtet Frau Vernos. Zumindest nicht, so lange alle anderen strukturellen Probleme, die beispielsweise als Karrierehindernisse speziell Frauen zurück halten (darüber habe ich hier schon mehrfach geschrieben), weiter bestehen. Dass mehr Frauen in den Vergabegremien nicht automatisch zu mehr Vergabe an Frauen führt, ist empirisch belegbar:
Eine Frauenquote würde, so fürchtet Isabell Vernos, nur dazu führen, dass der Pool der Frauen, die in solchen Gremien sitzen, weiter taxiert wird (also nicht, dass mehr Frauen in die Gremien einziehen, sondern dass die Frauen in mehr Gremien einziehen), was sich langfristig eher nachteilig auf die Frauenpräsenz auswirken wird.
Das größte Problem an einer Quote wäre wohl, dass sie versucht, ein Symptom zu behandeln, ohne die Ursache selbst zu kurieren. Und dem stimme ich zu: Dass Frauen ebenso gut Forschung und Technik “können” wie Männer, sehe ich bei meinen Studentinnen und Studenten praktsch jeden Tag. Aber ich sehe auch Tendenzen, die anfänglich subtil sein können, und sich doch auf lange Sicht zum Bias, zur verschobenen Gender-Rollenwahrnehmung auswachsen: Wenn es darum geht, etwas zu bauen, zu schrauben, zu montieren, zu installieren etc., dann drängen sich die jungen Männer gerne vor. Doch wenn es darum geht, die Arbeitszeit zu organisieren und Ergebnisse aufzuzeichnen, dann landet diese Aufgabe sehr oft bei den jungen Frauen. Scheinbar freiwillig – irgend jemand muss es ja machen. Und doch kann hier schon die Wurzel einer Entwicklung liegen, bei der am Ende die Männer die “Macher” sind, und Frauen sich bestenfalls mit der Rolle der Organisatorin begnügen.
Kommentare (43)