Plagiatsaffären à la Guttenberg, Schavan und Co. sind ja aus deutscher Sicht nichts wirklich Neues mehr – warum sollen sich also ScienceBlogs.de-LeserInnen einen feuchten Dreck darum scheren, ob der US-Senator Rand Paul nun ein schamloser Abschreiber und Ideenklauer ist oder nicht? So einfach mit “nichts Neues, und zu weit weg” (mit dem in Redaktionskonferenzen, von denen ich in meinem Berufsleben schon viele mitgemacht habe, Themen ganz klassisch abgeschmettert werden) will ich Pauls “Anleihen” nicht abtun: Nicht nur, weil er wirklich ganz plump aus Wikipedia (was manche ja gewissermaßen als die Allmende des Wissens verstehen, auf der jeder nach Lust und Laune grasen kann) abgekupfert hat, oder weil er in diesem Meinungsbeitrag, den er für die Washington Times “geschrieben” hatte, ganze Passagen wörtlich vom Artikel Rethinking mandatory sentencing aus dem Wochenmagazin The Week abgekupfert hatte.

Nicht die Plagiate an sich sind, meiner Ansicht nach, das Problem. Sondern Rands Haltung dazu: Keine (vorgeschobenen) Beteuerungen, ohne Absicht gehandelt zu haben oder mit den Standards nicht vertraut zu sein, keine erkennbaren Anzeichen von Reue oder zumindest Akzpetanz der grundsätzlichen Berechtigung solcher Kritik. Im Gegenteil: Die Kritiker seien ja nur “hacks and haters” (Schreiberlinge und Hasser), die er, wenn’s denn noch legal wäre, gerne im Duell abknallen würde. Dass er das Anerkennen fremder Leistungen als “footnoting” abtut – also als eine formale, aber ansonsten belanglose Nebensache.

Und dass er, wie ich die politische Landschaft in den USA generell und die gegenwärtige Kritikresistenz der Republikaner einschätze, mit dieer Haltung durchkommen wird. Und weil mich nun frage, wie ich es angesichts solcher “Vorbilder” begründen soll, einer Studentin, die aus erkennbarem Versehen eine unvollständige Literaturliste für ihre Hausarbeit abgeliefert hat (die Zitate im Text waren korrekt und vollständig), auf Wunsch der Fachlehrer einen saftigen Punktabzug und eine drastisch schlechtere Note zu verpassen.

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Kommentare (7)

  1. #1 enbeh
    6. November 2013

    Mich würde interessieren: wie wird solches Verhalten von Akademikern in den USA bewertet, die Leuten wie Rand Paul ansonsten politisch nahe stehen? Solche Leute gibt es doch, oder?

    Äußern die Verständnis, oder wiegen wissenschaftliche Standards dann doch schwerer? Ich vermute, auch als politisch rechts stehender Wissenschaftler lässt man sich nicht gerne als “hack” oder “hater” bezeichnen.

  2. #2 michael
    6. November 2013

    > mit dieser Haltung durchkommen wird. Und weil ich mich nun frage….

    Wenn der Senator ganze Absätze aus fremden Publikationen abschreibt, greifen dann nicht die amerikanischen Copyright gesetze ?

  3. #3 MX
    6. November 2013

    Endlich mal ein Amerikaner, der abschreibt und nicht abhört.

  4. #4 Wilhelm Leonhard Schuster
    7. November 2013

    Wohl DEM, der viel abhört und abschreibt.
    Derjenige arbeitet doch an seiner geistigen
    Entfaltung und strebt einen höheren Horizont an.
    Will von Anderen lernen!
    In Amerika ist also noch nicht: Hopfen und Malz verloren!

  5. #5 Orci
    7. November 2013

    Wohl DEM, der viel abhört und abschreibt.
    Derjenige arbeitet doch an seiner geistigen
    Entfaltung und strebt einen höheren Horizont an.
    Will von Anderen lernen!
    In Amerika ist also noch nicht: Hopfen und Malz verloren!

    (Bin ich ganz alleine drauf gekommen – WLS hat’s von mir abgeschrieben)

  6. #6 Psyclash
    15. November 2013

    Ich hasse Klischees.
    Aber ganz besonders solche, die immer wieder bestätigt werden.

    Nice job, Mr Paul.

  7. #7 Wilhelm Leonhard Schuster
    18. November 2013

    @Orci , sehr gut kommentiert.
    Somit Hoffnung: Auch bei mir noch nicht :
    “Hopfen und Malz verloren!”