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Für Temperaturen, die – hier muss ich erst mal den Taschenrechner rausholen, um solche niedrigen Fahrenheit-Grade in Celsius umzurechnen – bei minus 39 Grad liegen und durch den Windchill bis auf unter 50 Grad Celsius gedrückt werden, sind solche expletiven Adjektive sicher angebracht. Da in Deutschland eher milde Temperaturen herrschen (die ich übrigens auch an der amerikanischen Ostküste, sonst nicht für ihre milden Winter berühmt, heute genießen konnte), werden manche ScienceBlogs-LeserInnen vielleicht gar nicht mitbekommen haben, dass viele mittlere und südliche Bundesstaaten der USA derzeit von einer gefährlichen Kältewelle heimgesucht werden, wie es seit zwei Jahrzehnten keine gab.

Grund für diesen Kälteschock ist ein so genannter Polarwirbel – ein Wetterphänomen, das eigentlich gar nicht sehr ungewöhnlich ist und im Schnitt alle zwei Jahre vorkommt. Im Prinzip ist es eine Zyklone, die sich über der Arktis (das entsprechende Phänomen gibt es auch über der Antarktis) bildet:
Polarvortexwinter

(Quelle: National Science Foundation)

Aber wie man aus der Abbildung sehen kann, kommt dabei auch eine Erwärmung in der Stratosphäre mit ins Spiel – das Resultat ist, dass die Ränder des Wirbels mit den Jetstreams oszillieren und dadurch extrem kalte Polarluft weit nach Süden transportieren können. An diesem Mäandrieren der Jetstreams ist das Vordringen warmer Luft über dem Pazifik offenbar nicht ganz unbeteiligt und führt dann genau zu der Situation, die wir gerade in den USA erleben.

Und diese Kälte ist natürlich Futter für all die Münder, die an jedem kühlen Tag schon gegen die “Mär” vom Klimawandel wettern (hier, zum Beispiel). Nur soviel: Bisher gibt es nicht genug Daten, um solche Extremereignisse in Klimamodellen zu repräsentieren. Mit anderen Worten, ob es eine Zusammenhang zwischen solchen extremen Kälte-Erscheinungen und dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur gibt, ist bisher nicht bekannt (auch wenn es durchaus plausible Erklärungen gäbe – aber Klimaforschung ist eine langfristige Aktivität, die sich über Jahrzehnte erstreckt).

Das hat den Satiriker Andy Borowitz, der online eine regelmäßige Kolumne im New Yorker schreibt, zu der Warnung inspiriert, dass diese Kältewelle tatsächlich zu ernsthaften Verletzungen führen könnte: Polar Vortex Causes Hundreds of Injuries as People Making Snide Remarks About Climate Change Are Punched in Face. Borowitz ist zwar nicht immer nach meinem Geschmack, und (körperliche) Gewalt finde ich grundsätzlich nicht witzig, aber manachmal verstehe ich, was ihn inspiriert haben könnte

Nachtrag: Zum gleichen Thema hat auch die aktuelle Ausgabe von nature einen interessanten und frei zugänglichen Beitrag veröffentlicht: US cold snap fuels climate debate.

Foto: Chicago während des aktuellen Kälteeinbruchs; Edward Stojakovic via Flickr (CC-BY-2.0)

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Kommentare (9)

  1. #1 rolak
    7. Januar 2014

    ‘Expletiv’ kannte ich noch nicht, halte die Adjektive allerdings nicht für Füllwörter, sondern gesteigerte Steigerungen. Für die Fälle, in denen ein ‘sehr’ sehr untertrieben ist, in denen das erlebte Spektrum nicht auf ein trolliges ‘eins, zwei, viele, mehr’ reduziert werden kann.
    ‘Eine Zyklone’ hiel ich schlicht für falsch – wurde aber zügig zum Gegenteil bekehrt…
    Warme Gedanken mögen sinnvoll sein, doch es soll auch ein Ohrwurm zur Ablenkung mana manachmal helfen 😉

  2. #2 Regina
    7. Januar 2014

    @Jürgen, wie lange wird es dauern (zeitlich) bis dieses Wetterphänomen dann im Nordatlantik ankommt und früher oder später unser Wetter hier in De beeinflussen wird?
    Ich weiß, dass Hurricane’s in abgeschwächter Form u. A. Irland treffen.

  3. #3 Jürgen Schönstein
    7. Januar 2014

    Da sich diese Kaltwetterblase, die uns hier in den USA die eiskalten Schauer über den Rücken (und das Gesicht, die Füße, die Hände – überall hin halt) jagt, offenbar bereits vom Hauptpolarwirbel gelöst hat und sich abzuschwächen scheint, ist gar nicht sicher, in welcher Stärke diese Wetteranomalie in Europa ankommen wird. Aber wenn ich auf die Wettervorhersage schaue, dann müsst Ihr Euch ab dem kommenden Wochenende ein paar Tage lang ziemlich warm anziehen …

  4. #4 Alderamin
    8. Januar 2014

    @Jürgen

    Behaltet Eure Anomalie mal schön bei Euch, hier sind’s fast 15°, kann vor mir aus bis Frühjahr so bleiben und dann langsam wärmer werden…

    Nee quatsch, ich hoffe, die A…kälte in den USA ist bald vorbei und dass nicht zu viele zu Schaden kommen. Nichtsdestotrotz mag der Schnee einen Bogen um Mitteleuropa machen, von wegen Schneewoche im Mietshaus und Fahrt zur Arbeit.

  5. #5 Leugnerentlarver
    9. Januar 2014

    Ich bin absolut sicher, dass immer tiefere Temperaturen, egal wo, das sicherste Zeichen für die Klimaerwärmung ist. Stefan Rahmstorf würde da wahrscheinlich zustimmen.

  6. #6 Andreas
    10. Januar 2014

    “… wie es seit zwei Jahrzehnten keine gab.”

    Vielleicht liegt es daran, dass ich über 40 bin und mich sehr gut an Dinge erinnern kann, die zwei Jahrzehnte zurückliegen. Aber ein “zweijahrzehnt Ereignis” haut mich noch nicht vom Hocker. Wetterereignisse, die mehrmals im Jahrhundert auftreten sind “normal” und man muss sich und die Infrastruktur darauf einstellen.

    Selbstverständlich muss man vor Ort den Menschen helfen, die nicht damit klar kommen. Aber daraus so ein mediales Ereignis zu machen ist mir unverständlich.

  7. #7 Alderamin
    10. Januar 2014

    @Leugnerentlarver

    Dass Ihr den Unterschied zwischen Wetter und Klima nicht verstanden habt, wissen wir ja schon. Vermutlich gibt es auch gar keinen jahreszeitlichen Klimaeinfluss der Höhe Sonnenstandes. Wir hatten nämlich auch schon einmal Tage im August, da war es hier im Südwesten von NRW kälter als gestern, q.e.d.

    Der Winter ist nur eine große Lüge der Industrie, die uns warme Klamotten, Skiausrüstungen und Winterreifen andrehen will. 😛

  8. […] uns in den USA herrschen, nicht zuletzt dank eines sehr hartnäckigen Polarwirbels, schon seit einigen Wochen zeimlich grausame Wintertemperaturen – die dann zwar immer wieder mal von nahezu frühlingshaft warmen Tagen unterbrochen werden, […]

  9. […] als Eislaufbahnen, und das ist noch angenehm warm im Vergleich zu den Landstrichen, die von den Auswirkungen des Polarwirbels tiefgefroren wurden. Die Region um Chigaco erlebte mit Januar-Durchschnittstemperaturen um minus […]