Ich gestehe gerne ein, dass ich im Hinblick auf die Sachlage zum Thema Mammografie gemischte Gefühle habe: Einerseits erscheint es doch nur logisch, eine Krankheit mit potenziell tödlichem Verlauf so früh wie nur möglich zu stoppen (oder besser: gleich ihre Entstehung zu verhindern), und das würde doch jeden technischen Aufwand rechtfertigen. Andererseits scheinen die Daten, die über lange Zeiträume gesammelt wurden, den Nutzen einer bestimmten Form deser Früherkennung, namentlich der Mammografie, in Zweifel zu ziehen oder sogar umfassend zu negieren. Das nachfolgende Video, in dem es darum geht, dass Sterberaten – also die Zahl der Menschen, die an einer bestimmten Krankheit sterben, relativ zur Gesamtbevölkerung – und die statistischen Überlebensraten (die in aller Regel für fünf Jahre nach der Diagnose errechnet werden) zwei völlig verschiedene Sichtweisen darstellen, hat mich ein gutes Stück schlauer gemacht:

Oder, um es noch einmal auf Deutsch zu sagen: Eine frühere Diagnose kann zwar bewirken, dass dadurch die statistische Überlebensdauer verlängert wird – weil man einfach viel länger von der Krankheit weiß. Doch manchmal hilft dieses Wissen halt nicht, und am Ende holt einen der Krebs doch ein – und darum kann selbst bei höherer Überlebensrate die Sterberate am Ende praktisch gleich sein. Weil die Überlebensrate, mit ihrem 5-Jahre-Horizont, halt doch nur ein statistisch willkürliches Maß ist.

flattr this!

Kommentare (22)

  1. #1 ludger
    13. Februar 2014

    Aus demselben Grund gehört die Messung von Tumormarkern (CA 15-3 ) nicht zur leitliniengerechtren Mamma-Ca. Nachsorge. Es verlängert das Kranksein, nicht das Leben.

  2. #2 inuken
    14. Februar 2014

    War das John Green? Was ist das für ein channel.

  3. #3 Marcus Anhäuser
    14. Februar 2014
  4. #4 Peter Köhler
    14. Februar 2014

    Vorsorglich zum Nachtrag: Natürlich kennt und berücksichtigt man diesen sog. lead-time-bias bei der Bewertung von medizinischen Interventionen. In der Krebstherapie und -prävention maßgebliche Studien verwenden immer die Senkung der Sterblichkeit als Endpunkt.

    Allerdings braucht es bei gut heilbaren Krebsarten wie dem Brustkrebs viel Zeit, bis die postulierte Mortalitätsminderung in der gesamten Population signifikant, d.h. nachweisbar wird. Für das deutsche Mammographiescreening ist das erst ca. 2019 zu erwarten (vgl. https://www.medscapemedizin.de/artikel/4900060).

    Allerdings gibt es belastbare Daten der CRTs aus Großbritannien, Skandinavien, und den Niederlanden, die viele Jahre früher als wir begonnen haben. Der gegenwärtige Wissensstand des europäischen Brustkrebsscreenings ist in dem österreichischen Projektbericht 2009 (https://eprints.hta.lbg.ac.at/863/1/HTA-Projektbericht_Nr.35.pdf) sehr gut
    zusammengefasst. Die Mortalitätsminderung wird mit ca. 25% angegeben, etwa zu einem Drittel durch verbesserte Behandlung, der Rest durch Früherkennung.

  5. #5 Peter Köhler
    14. Februar 2014

    PS (sorry wg. der Abkürzung): CRT = controlled randomized trial.

  6. #6 ulfi
    16. Februar 2014

    Ich muss Peter zustimmen. Vor allem beim Brustkrebs ist der Zusammenhang bei weitem nicht so einfach. Brustkrebs kann in einem sehr kurzen Zeitraum tödlich enden. Die Art des Krebs ist sehr aggressiv, erzeugt schon früh Metastasen und liegt in einem Gebiet in dem die Nährstoffversorgung optimal ist. Es ist eben kein Daumenkrebs der nach 9 Jahren tötet, sondern ein Krebs der auch mal nur 1 Jahr braucht.

    Zugleich ist Brustkrebs aber auch gut behandelbar. Solange die Lymphknoten nicht betroffen sind, kann er raus geschnitten werden und dabei muss häufig nichtmal mehr die komplette Brust abgenommen werden. Wenn man aber später dran ist, wird es sofort unangenehm. Und hier liegt das Problem des Screenings: das medizinisch (und wirtschaftlich) vertretbare Screenintervall ist leider länger als der Brustkrebs in vielen Fällen braucht.

    https://xkcd.com/931/

  7. #7 Dagda
    16. Februar 2014

    @Ulfi

    Sie missverstehen das Argument des Videos und vor allem wogegen dieses Argument gerichtet ist. Über den Sinn oder Unsinn des Mammographie-Screeinings sagt es fast gar nichts, sondern es geht darum dass Überleben (Survival) ein schlechts Maß für den Nutzen von Screeningmaßnahmen ist. Dafür führt es dass Beispiel des “Thumbcancers” (das gilt aber genauso für jede andere Krankheit für die gescreened wird ua. auch Brustkrebs) an. Der Schlüssel ist letztlich der, dass das Grundprinzip der Früherkennung ja genau dass ist Krankheiten Früh zu erkennen und damit natürlich das Überleben steigen muss, weil man ja die Zeitspanne zwischen Früherkennung und ersten Symptomen hinzugewinnt, unabhängig davon ob die Früherkennung irgendeinen Nutzen hat.

  8. #8 ulfi
    16. Februar 2014

    @Dagda er argumentiert im Video aber gegen Screening und das ist mMn unwissenschaftlich.

  9. #9 Dagda
    16. Februar 2014

    @Ulfi

    Äh nö. Er argumentiert sehr differeziert für einen wissenschaftlichen Umgang mit Daten.

  10. #10 Messen halt
    23. Februar 2014

    Krebs ist eine “metabolische Krankheit”. in jedem Menschen befinden sich Tumorherde, mit denen das Immunsystem normalerweise fertig wird und die dann wieder verschwinden. Bei Krebs schaffte es das nicht. Wenn dann allerdings beachtet wird, das Krebszellen einen besonderen Stoffwechsel haben: Sie vergären ausschließlich Zucker und davon sehr viel, kann da angesetzt werden. Dazu gibt es ein informatives, lesenswertes Buch, das heißt “Krebszellen lieben Zucker – Patienten brauchen Fett” (Systemed Verlag). Fett bzw. Ketonkörper können von Krebszellen nicht verwertet werden und wenn sie nicht gefüttert werden, verkümmern sie. Zu den neuesten Forschungen über Krebs (auch Brustkrebs) und dessen Stoffwechsel gibt es viele interessante Studien.

  11. #11 rolak
    23. Februar 2014

    viele interessante Studien

    ..deren Nettoergebnis derart miserabel ausfiel, daß vor dem Einsatz als Krebstherapie gewarnt wird. Eindeutiger Blödsinn ist allerdings das “ausschließlich Zucker”-Gerücht.

    Möchtest Du nach dem Voodoo beim fuelsaver jetzt auch noch den neuesten Quacksalberbedarf verhökern, Messen halt?

  12. #12 Messen halt
    24. Februar 2014

    Wer warnt? Ach ja, vor allem die Pharmaindustrie warnt davor. Dann muss es ja wirklich gefährlich sein, Krebszellen nicht zu füttern; schadet es doch dem Gewinn dieser Konzerne. Und noch ein Troll, toll.

  13. #13 rolak
    24. Februar 2014

    vor allem die Pharmaindustrie

    Wen willst Du denn mit diesem aus dem Nichts begründeten Statement verscheißern, Messen halt? Kein einziges Pharmaunternehmen bzw entsprechende Lobby ist in den Quellen des eben verlinkten Textabschnittes verlinkt.

    die Pharmaindustrie

    ..gibt es in dem Sinne, also als gemeinsam operierende Einheit überhaupt nicht – nur eine Sammlung untereinander konkurrierender Unternehmen.

    vor allem die Pharmaindustrie

    Und selbst wenn es so wäre – es geht um die Daten, nicht um den Boten.

    noch ein Troll

    Deine Herkunft war schon bekannt – doch vielen Dank für die Selbsteinordnung.

  14. #14 Messen halt
    24. Februar 2014

    Dann lieber (Troll) rolak, erzähl uns doch die negativen Auswirkungen einer Kohlenhydrat-reduzierten, richtig zusammen gesetzten Kost bei Krebserkrankungen, anstatt hysterisch herum zu poltern. Aber bitte fundiert! Sachliche Argumente statt verleumden und beschimpfen wären gefragt. Schaffst du das? Her mit den Daten!

  15. #15 Messen halt
    24. Februar 2014

    Noch was, damit das klar ist: Man unterscheidet zwischen Tumorzellen bzw. Tumore, von denen jeder etliche ununterbrochen im Körper hat und Krebszellen. Krebszellen schalten von “Verbrennung” auf Vergärung um, und benötigen dann Unmengen an Zucker zur Energiegewinnung – im Verhältnis zu “normalen Zellen”; gleichzeitig können sie Ketonkörper nicht oder kaum verwerten. (Im 1. Text fehlt “beinahe”, insofern: Danke für die Korrektur lieber rolak und für deinen liebevollen Kommentar dazu.) Ketone können jedoch von gesunden Zellen sehr gut verwertet werden. Das ist (sehr stark verkürzt) eine Begründung für eine Kohlenhydrat-reduzierte Kost, wie sie in dem Buch dargestellt wird.

  16. #16 rolak
    24. Februar 2014

    Die Daten sind hinter den links hinter dem link – aber ich schätze, Du schaffst das mit dem Lesen nicht mehr, wenn es bis jetzt schon nicht klappte, Messen halt.

    Abgesehen davon sind Deine Tatsachenverdrehungen derart ärmlich, daß sie selbst Haustieren auffallen – oder wie wäre es mit einem Zitat zur strafrechtlich relevanten Unterstellung der Verleumdung?

  17. #17 Messen halt
    24. Februar 2014

    Danke für diesen Link. Er zeigt genau, was du anzubieten hast,
    lieber rolak.

  18. #18 Messen halt
    24. Februar 2014

    “..Tumorzellen können sich prinzipiell mit allen Substraten ernähren, auch mit Eiweiss bzw. Aminosäuren, Fett bzw. Fettsäuren, Laktat und sogar Ketonkörpern (Sonveaux P. et al.J Clin Invest 2008;118:3930-3942; Kallinowski F. et al., Cancer Research 48, 1988)..” Diese Schwafelseite ist deiner Meinung natürlich am letzten Stand der Wissenschaft. Jetzt ist das Jahr 2014, mein Lieber. Inzwischen ist einiges viel klarer und vieles ganz anders. In 25 Jahren lernt auch die Wissenschaft dazu.

  19. #19 Messen halt
    24. Februar 2014

    “Allein wenn zehn Prozent der Kohlenhydrat-Kalorien durch Kalorien aus pflanzlichen Fetten ersetzt wurden, sank das allgemeine Sterberisiko um ein Viertel, das Sterberisiko an Prostatakrebs um knapp 30 Prozent.” Ein Zitat aus dem Jahr 3013 https://www.krebsgesellschaft.de/news_detail,,,233307,detail.html

  20. #20 rolak
    24. Februar 2014

    Zitat aus dem Jahr 3013 [!]

    a) meintest Du sicherlich diese Seite, Messen halt
    b) geht es dort entgegen Deinem Allgemeingültigkeit vortäuschenden, aus dem Kontext gerissenen Zitat ausschließlich um noch nicht gestreuten Prostatakrebs
    c) wird dort in keiner Weise der Effekt durch einen direkten Einfluß der Nahrung auf die Krebszellen erklärt – es wird nämlich überhaupt keine Erklärung gegeben, nur eine Vermutung in Richtung der allgemein positiven Wirkung gesünderer Ernährung geäußert, was darauf hindeutet, daß der Kohlehydrat-Anteil vor der Reduktion zu hoch war..
    d) schließt der Text mit “Allerdings könnten allgemeine Diätempfehlungen aus den bisherigen Ergebnissen noch nicht abgeleitet werden. Hierzu seien zunächst weitere Untersuchungen notwendig.”

    Kurz gesagt: Nichts Neues seit 1988 und wie zu erwarten keine Antwort auf Fragen. Falls Du Dir noch in andere Füße schießen möchtest, bitte gerne, mir reicht jetzt das Zusehen.

  21. #21 Michael Semson
    25. Februar 2014

    ” Eine frühere Diagnose kann zwar bewirken, dass dadurch die statistische Überlebensdauer verlängert wird ”

    Entweder sie kann es, oder nicht. Wenn dadurch die statistische Überlebensdauer verlängert wird, kann sie es wohl. Wenn nicht, kann sie es nicht.

  22. #22 Michael Semson
    25. Februar 2014

    Aber egal, diese Seite hat sich zu einem Bullshitsurium entwickelt (nichts gegen sie, scienceblogs.de und scienceblogs.com ist gemeint), anhand der Leute die ihre billige Meinung abgeben (wie z.B. ich), können die Nutzerzahlen nicht sonderlich groß sein. Weil einfach nur noch Schwachsinn hier produziert wein. (sorry für den Rant, ich wünschte mir nur eine andere Entwicklung dieses Blogs)