Wie jeder in meinem Profil lesen kann, arbeite ich am Massachusetts Institute of Technology, bin also von “Amts” wegen (von wegen Amt – Teilzeitstelle!) bei solchen Themen eher befangen. Das sollte man wissen. Aber es geht mir hier eher um eine Meta-Betrachtung: Heute wurde von der Pressestelle des MIT diese Warnung vor Krebsgefahr durch Nanopartikel verbreitet: Tiny particles may pose big risks – und ich will die Bedeutung dieser Warnung vor diesen Minipartikeln, die heute in Tausenden von Produkten, von Sonnencreme bis zu Hochleistungsbildschirmen, verwendet werden (oder zumindest kurz vor der Verwendung stehen) gewiss nicht verniedlichen. Dazu gleich noch ein bisschen mehr sogar.
Aber sie ist halt auch wieder ein gutes Fallbeispiel dafür, dass manchmal der Zweck einer wissenschaftlichen Studie und die Information, die daraus für eine breitere Öffentlichkeit gezogen wird, nicht unbedingt deckungsgleich sein müssen. Die MIT-Mitteilung beruht auf einer Studie, die gemeinsam von Experten am MIT und der Harvard University erstellt und in der Märzausgabe des Fachmagazins ACS Nano unter dem Titel High-Throughput Screening Platform for Engineered Nanoparticle-Mediated Genotoxicity Using CometChip Technology (herausgegeben von der American Chemical Society) veröffentlicht wurde. Wie der Titel schon verrät, war der Zweck dieser Studie, ein Testverfahren – den so genannten CometChip – auf seine Tauglichkeit zur Ermittlung von möglichen Erbgutschäden durch Nanopartikel vorzustellen. Das sieht, schematisch gesehen. also etwa so aus:
Und dass diese Risiken von Nanopartikeln in der Tat bestehen, ist in Fachkreisen schon lange bekannt, wie dieser gut viereinhalb Jahre alte ScienceBlogs.de-Beitrag schon verrät.
Das Problem ist halt, dass sich für Nanopartikel heute kaum noch jemand in der Öffentlichkeit zu interessieren scheint, wie mein ScienceBloggerkollege Alexander Gerber hier schon vor eineinhalb Jahren feststellen musste. Doch die Gefahren, die im Verlauf der Harvard-MIT-Studie gefunden wurden, sind in der Tat ernst zu nehmen: Vor allem Zinkoxid- und Silber-Nanopartikel (erstere werden beispielsweise in Sonnenschutzmitteln verwendet, speilen aber auch in der Entwicklung von Dünnschicht-Solarzellen eine Rolle) können in Konzentration ab 5 Mikrogramm pro Milliliter zu DNA-Schäden führen. Aber weil die meisten Nanomaterialien in ihrer normalen Form als unbedenklich gelten, unterliegen sie nicht der Gesundheitskontrolle und -Überwachung, ihre Verwendung ist also ungehindert und unkontrolliert, trotz nachgewiesener karzinogener Folgen. Aber ihre Schädlichkeit entsteht nicht primär aus der chemischen Zusammensetzung, sondern aus der Größe dieser Partikel.
Ist es also “Sensationsmache”, wenn das MIT nun die etwas schrilleren Töne anschlägt? Vermutlich nicht, denn offenbar ist dies ja auch das Anliegen der beteiligten Forscher, die in dieser Pressemitteilung auch in diesem Sinn zu Wort kommen. (Ich hatte die PM doch verlinkt, oder? Ich werde sie jetzt nicht in allen Details nacherzählen, dafüre sind Hyperlinks schließlich mal erfunden worden.) Aber zwischen dem, was die Wissenschaft interessiert – die hier vor sllem erfahren will, welche Möglichkeiten es gibt, diese Schäden schnell und zuverlässig zu ermitteln – un d was die Öffentlichkeit wissen sollte, besteht halt manchmal ein Unterschied. Und darum sind Presesmitteilungen wie diese, und gelegentlich sogar die daras resultiernden und als “Sensationsmache” verpönten populären Medienartikel, manchmal unverzichtbar.
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