Wie oft denken wir Eltern, dass es besser ist, Kinder (noch) nicht mit vollen Wahrheiten und Tatsachen zu konfrontieren. Das müssen die noch nicht wissen, sagen wir uns, und erzählen ihnen nur die halbe oder anderweitige fraktionierte Wahrheit. Das Problem ist, dass Kinder offenbar einen ausgeprägten Sinn dafür haben, wenn sie derart eingewickelt werden sollen – und alles, was wir damit erreichen ist, dass sie dann umso neugieriger selbst erforschen wollen. So lässt sich, mit ein bisschen wohlwollendem Lesen, eine Studie interpretieren, die von der MIT-Professorin Laura Schulz und drei Mitarbeiterinnen im Journal Cognition veröffentlicht wurde: Sins of omission: Children selectively explore when teachers are under-informative.
Was nicht heißt, das Kinder echte oder gar perfekte Lügendetektoren sind. Aber sie sind sehr wohl in der Lage zu erkennen, wenn ein Lehrer – beispielsweise – falsche Informationen (zum Beispiel die Farbe oder Form eines Spielzeugs) vermittelt oder bekannte Informationen (zum Beispiel alle Funktionen eines Spielzeugs) unvollständig mitteilt. Das ist es, was die Autorinnen mit der “Unterlassungssünde” (sin of omission) meinen:
… we have shown that children care not just about whether information is true or false but also how informative it is. In Experiment 1, children recognized when teachers provided under-informative evidence. Given identical demonstrations, children rated under-informative teachers lower than fully informative teachers. In Experiment 2, children used teachers’ past informativeness to guide their own behavior; when the teachers’ informativeness was in doubt, children explored more broadly.
Leider scheint es, dass diese Fähigkeit zum Aufspüren von Halbwahrheiten irgendwie verloren geht oder – was ich fürchte – ihnen systematisch abgewöhnt wird. Wie bereitwillig Erwachsene auf Teilwahrheiten reinfallen, sehen wir ja an jedem Wahltag …
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