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Ich kann heute nicht einschlafen. Es ist schon nach Mitternacht, und ich habe noch nicht mal ansatzweise jene “Bettschwere” erreicht, die mich dazu motiviert, von Wach- auf Schlafmodus umzuschalten. Und dabei ist doch noch gar nicht Vollmond … Was mich wachhält ist genau diese Frage: Warum verschwenden Wissenschaftler ihre Zeit damit, einen Zusammenhang zwischen Einschlafen und Mondphasen zu untersuchen, der vom Mondlicht isoliert sein soll? Denn dass ein heller Vollmond, wenn er denn gerade zum Fenster reinscheint, durchaus eine sowieso ums Einschlafen kämpfende Person länger wach halten kann, ist trivial – genauso, wie der Partylärm von nebenan oder der grelle Strahler, mit dem ein Nachbar potenzielle Einbrecher abhalten will. Aber warum soll der Mond, wenn er denn gerade voll ist, irgendeinen messbaren Effekt haben, wenn er explizit nicht zu sehen ist?
Denn genau darum geht es in dem immer noch neuen Studien, die diesen Zusammenhang untersuchen und dann natürlich auch nachgewiesen haben wollen. Sie untersuchen einen Effekt, den der Mond auf Schläfer in fensterlosen Räumen haben soll. Und da Schlaf sowieso eine sehr komplexe Angelegenheit ist, finden sie auch gelegentlich etwas, was dann wie Daten, und mehr noch: wie ein statistisch relevanter Nachweis dieses Zusammenhangs aussieht. Wie etwa diese Studie aus Schweden, die im Juni in Current Biology erschienen ist und die sich wiederum auf zwei Schweizer Studien bezieht, von denen eine ebenfalls in Current Biology veröffentlicht wurde (Evidence that the Lunar Cycle Influences Human Sleep, 2013), die zweite bereits vor Jahren im Journal of Sleep Research erschien (Sleepless night, the moon is bright: longitudinal study of lunar phase and sleep, 2006).
Was mich an diesen Studien stört ist nicht nur, dass sie meistens auf ziemlich kleinen Stichproben beruhen, was immer das Fehlerrisiko erhöht, oder dass sie sich zwar darüber einig scheinen, dass ein Effekt nachweisbar ist, aber dann extrem darüber differieren ob der Effekt nun bei Frauen stärker ist oder bei Männern oder ob es der Neu- oder der Vollmond ist, der die REM-Phase dann verlängert. Wenn der Mond schon eine Wirkung hat, dann sollte sie doch einigermaßen konsistent sein, oder? Nein, am meisten stört mich, dass diese Studien keine brauchbare Arbeitshypothese haben: Warum sollten die Mondphasen – wie gesagt: unabhängig davon, ob sie sichtbar sind oder nicht! – eine Wirkung auf den menschlichen Schlaf haben? Der pauschale Verweis auf den circadianen Rhythmus zählt da nicht wirklich, denn Tageslicht ist auch ohne direkte Sonneneinstrahlung unverkennbar – aber schon eine dicke Wolkendecke genügt, um das Vollmondlicht so weit abzuschwächen, dass es die Nacht nicht besser illuminiert als beispielsweise ein Halb- oder gar ein Viertelmond.
Dass sich kein Effekt – zumindest nicht in der Form, wie in diese Studien immer behaupten – nachweisen lässt, hat hingegen das Max-Planck-Institut für Psychiatrie anhand einer soliden Datenbasis (n = 1265) gerade erst mal wieder belegen können.
Und ich kann immer noch nicht schlafen …
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