Wenn ein potenzielles Heilmittel für eine bisher als unheilbar geltende und mit hoher Wahrscheinlichkeit tödliche Krankheit wie das Ebolafieber gefunden wird, dann ist das definitiv eine gute Nachricht. Und von denen gibt es, wenn ich meiner täglichen Zeitungslektüre folge, zurzeit nicht viele (was einer der Gründe ist, warum mir im Moment der Drive zum Bloggen ein wenig fehlt – die Themen, die mich beschäftigen würden, sind einfach zu deprimierend). Falls die experimentelle Droge mit dem Namen ZMapp tatsächlich zur Heilung von Dr. Kent Brantly und der Missionarin Nancy Writebol beitragen kann, die derzeit beide in einer Quarantänestation der Emory-Universitätsklinik in Atlanta behandelt werden, dann wäre dies ein großer Schritt in der Bekämpfung einer der vermutlich furchterregendsten Krankheiten unserer Zeit. Brantly und Writebol arbeiteten beide in einer Klinik in der liberianischen Hauptstadt Monrovia; die derzeit grassierende Epidemie in Westafrika hat bisher schon rund 900 Todesopfer gefordert.
Ich bin kein Mediziner oder Biochemiker; ich verweise also primär auf das oben verlinkte Informationsblatt des Herstellers Mapp Biopharmaceuticals, falls jemand wissen will, wie ZMapp funktioniert. Nur so viel: Es ist ein “Cocktail” aus drei verschiedenen monoklonalen Antikörpern, die in Nikotinpflanzen gezüchtet und speziell für die menschliche Anwendung optimiert wurden. Seit Januar 2014 sind die Mapp-ForscherInnen dem Stoff auf der Spur; Brantly und Writebol sind die ersten Menschen überhaupt, die mit dem Mittel behandelt wurden.
Dass Brantly und Writebol der Behandlung zugestimmt haben, wird niemanden überraschen – allem Anschein nach war das Fieber bei beiden schon so weit fortgeschritten, das sie sich andernfalls selbst keine Chance eingeräumt hätten. Doch so verständlich diese Entscheidung scheint, ist sie doch nicht ohne ethische Stolpersteine. Denn einerseits regt sich natürlich eine gewisse Skepsis, wenn hunderte von Westafrikanern dieser Krankheit erliegen, jedoch die bisher einzigen Menschen, denen ein Erfolg versprechendes Medikament gegeben wurde, weiß und aus den USA sind. Doch es wäre ethisch genauso bedenklich, wenn dieses Präparat ohne ausreichende Labortests und ohne etablierte Protokolle an Westafrikanern ausprobiert würde; von potenziell Todkranken aus einem mit westlicher Forschungsethik nicht vertrauten Teil der Welt ein “informiertes Einverständnis” zu erwarten, wäre – wie auch dieser Beitrag in der Washington Post erklärt – unrealistisch und ethisch bedenklich. Ein solcher Versuch stünde der illegalen Tuskegee-Syphilis-Studie (mein Kollege Christian Reinboth hat hier schon mal darüber geschrieben) gefährlich nahe.
Aber es gibt auch noch einen anderen Grund, mit der Bewertung der Behandlung sehr vorsichtig zu sein: So gefährlich das Fieber auch sein mag, es gibt dennoch eine realistische Überlebenschance. Ein “Versuch” mit zwei Testpersonen wäre nach allen Maßstäben der evidenzbasierten Medizin nicht geeignet, irgend welche Schlüsse auf die Wirksamkeit des Mittels zu ziehen. Aber andererseits wäre es, falls Brantly und Writebol genesen, politisch und menschlich kaum vertretbar, dieses Präparat – das nach Angaben des Herstellers frühestens 2015 klinisch getestet werden soll – der Bevölkerung Westafrikas vorzuenthalten. Was aber, wenn es nur eine Illusion war?
Vielleicht sollte man zurzeit über Nachrichten einfach nicht so viel nachdenken. Sonst werden auch scheinbar gute Meldungen doch wieder nur deprimierend …
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