Das ist zwar mehr als eine rhetorische Frage – trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob es eine Antwort darauf gibt. Denn darum, ob eine (der Idee des homo oeconomicus zugrunde liegende) rationale Kosten-Nutzen-Analyse überhaupt auf das Rauchen anzuwenden wäre, streiten sich derzeit in den USA die Experten. Die Food and Drug Administration, die den Tabakkonsum reglementiert und vor einigen Jahren drastische Warnetiketten für Zigarettenpackungen vorgeschrieben hat, ist der festen Überzeugung, dass diese Etiketten den Nutzen der Raucher mindern und damit beitragen können, den Konsum zu senken. Doch der MIT-Wirtschaftswissenschaftler Jonathan Gruber widerspricht dem energisch und hat dazu auch einen Beitrag in den Annals of Internal Medicine veröffentlicht. Seine These ist, dass Menschen gar nicht erst anfangen würden zu rauchen, wenn Tabakkonsum eine rationale Entscheidung wäre. Er beruft sich dabei auf eine Umfrage aus dem Jahr 2002, nach der neun von zehn Rauchern der Aussage zustimmten, “If you had to do it over again, you would not have started smoking” – wenn sie noch einmal neu entscheiden könnten, würden sie gar nicht erst mit dem Rauchen begonnen. Etwa die Hälfte aller Raucher hat es zumindest mal mit dem Aufhören versucht – und doch schaffen es letztlich nicht mal drei Prozent der amerikanischen Raucher, vom Nikotin wegzukommen.

Aus eigener Sicht will ich nur so viel beisteuern: Ich hatte als 15-Jähriger mit dem Rauchen begonnen – nicht etwa, weil ich den Geschmack mochte (meine erste Kippe war eine französische Gauloise ohne Filter!), sondern weil ich mit meinen Altergenossen mithalten und meine Freunde beeindrucken wollte. Meinen letzten Zug habe ich an dem Tag inhaliert, an dem meine Frau wusste, dass sie schwanger war; das ist jetzt 15 Jahre her – eine rund 25-jährige Raucherkarriere, wenn auch mit gelegentlichen Unterbrechungen. Doch eines kann ich mit Sicherheit sagen: Von all den Glimmstängeln – nach einer vorsichtigen Schätzung würde ich sagen, so um die 85.000 – hat mir nicht ein einziger wirklich geschmeckt

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Kommentare (21)

  1. #1 kamy
    14. Oktober 2014

    Natürlich war es eine rationale Entscheidung, mit 15 Jahren das Rauchen zu beginnen. Man ist Nutzenmaximierer; und Nutzen bedeutet: subjektiver Vorteil, wie er in diesem Moment empfunden wird. Das kann eine völlig blöde Entscheidung sein, aber wenn man der Gruppenzugehörigkeit einen hohen Wert beimisst, was man in jugendlichem Alter zumeist tut, dann macht man jeden Blödsinn, wenn es die Gruppe auch nur vermeintlich verlangt. Der Nutzen in diesem Moment ist unvergleichlich höher als irgendein – in diesem Alter – abstrakter Wert der Gesundheit in ferner Zukunft. Die Entscheidung war also nicht richtig oder gar vernünftig, aber zumindest rational.

  2. #2 schorsch
    14. Oktober 2014

    Ich habe 30 Jahre lang geraucht, und mir hat es geschmeckt! Ich wollte vor sieben Jahren eigentlich auch nicht aufhören, sondern lediglich meinen Konsum von ca. 40-50 g täglich (ich habe selbst gedreht) halbieren. Aber nachdem selbst streng eingehaltene selbstauferlegte Regeln, in einer Vielzahl von Standardsituationen nicht mehr zu rauchen, den Gesamtkonsum kein bisschen beeinflusst haben, habe ich mich schließlich entschlossen, das Rauchen ganz aufzuhören. Die Tatsache, derart abhängig zu sein, hat mich gestört.

    Seitdem habe ich keine einzige Zigarette mehr geraucht, und ich habe es auch nie vermisst. Ich kann mir dennoch vorstellen, das Rauchen später, z. B. wenn ich irgendwann in Rente gehe, wieder anzufangen. Von der knappen halben Tonne Tabak, die ich in meinem Leben geraucht habe, war der weitaus grösste Teil der Sucht geschuldet. Aber ein durchaus signifikanter Anteil dem Genuß!

  3. #3 bruno
    15. Oktober 2014

    ….als ich vor 30 Jahren 15 war, war es extrem cool und vor allem billig finanzierbar (!), zu rauchen…
    Ich habe (für meine … rauchende … asthmakranke … Freundin) von einem Tag auf den anderen mit dem Rauchen aufgehört. Ein “Genuss” war es nie!! Der Geschmackssinn leidet, die Klamotten stinken, alles stinkt … das war letztlich der Faktor, der mich beim “Aussteigen” begleitet hat. Das wirklich schwierige waren die “besonderen” Situationen … wie: Theke+Alkohol+Kippe …. das war schwer. Ich habe ein Jahr lang Theke und Alkohol gemieden … dadurch wurde es einfach.
    Schwer war, als End-Zwanziger Theke+Alkohol zu meiden!
    Nach 6 Monaten wurde es leichter, nach einem Jahr konnte ich auch wieder in Kneipen gehen – in denen damals noch schwer geraucht wurde.
    Zwischenzeitlich habe ich dann und wann mal an einer Kippe gezogen …. nach 2 Monaten “schmeckten” sie nur noch nach Aschenbecher-Auslecken – widerlich!

    Wünsche jedem, der noch raucht, er könne das Gleiche nachempfinden und sich auf den WIDERLICHEN Geschmack konzentrieren – und quasi “freiwillig” mit Rauchen fertig werden.

    Kippen schmecken ÜBERHAUPT nicht …. und das weiss eigentlich jeder, der sich an seine “Anfangszeit” erinnert!!

    @Schorsch: du verarscht dich selbst. Deine ERSTE Zigarette war scheisse und war kein “Genuss” – ganz sicher!! Und was du dann im Anschluss als “Genuss” empfandest war einfach nur Suchtbefriedigung!
    Sucht ist ja OK – aber wenn man sichs dann schönreden will, wirds erbärmlich!!

  4. #4 schorsch
    15. Oktober 2014

    Hallo Bruno,

    ich empfinde evangelikale Ergüsse wie diesen Artikel, aber insbesondere auch deinen Kommentar als erbärmlich… – nein, der passendere Begriff ist ‘unappetittlich’.

    Ich habe es schon oft erlebt, dass Menschen, die mit irgendeiner alten Angewohnheit gebrochen haben, zu Missionaren ihrer neuen Lebensform geworden sind. Aufdringliche Menschen, die der festen Überzeugung sind, sie hätten eine völlig neue Erkenntnis gewonnen, von der sie ihrer Umwelt dringend berichten müssen…

    Ich darf dir aber versichern, dass du nicht der erste bist, der das Rauchen aufgehört hast, dass du deswegen auch nichts besonderes bist. Die Welt braucht keine Flagellanten, die sich heute öffentlich geisseln für ihre Sünden von gestern…

    Insbesondere sind solche Sermone nicht zielführend, denn weder werden sie irgendeinen Raucher davon überzeugen, das Rauchen aufzuhören, noch werden sie irgendeinen Jugendlichen davon abhalten, mit dem Rauchen anzufangen.

    Als ich noch geraucht habe, haben Missionare wie ihr mich vielmehr abgestossen und es war meine größte Sorge, als ich mit dem Rauchen schließlich aufgehört habe, ich könne selbst zu einem Flagellanten zu werden und meiner Umwelt mit solchen Episteln die Nerven zu ruinieren.

    Aber ich habe zum Glück aufhören können, ohne einen Nervenschock zu erleiden. Vielleicht einfach deshalb, weil ich nicht aus irgendwelchen Gründen aufhören musste, weil ich mich nicht in Sorge um die Gesundheit Dritter zum aufhören gezwungen habe, sondern weil ich mit dem Rauchen schlicht und einfach abgeschlossen hatte.

  5. #5 Struppi
    15. Oktober 2014

    Ich habe gerne geraucht und ich die Diskussion darüber ob es “schmeckt” dürfte nicht zielführend sein, da Geschmäcker bekanntlich verschieden sind.
    Mich z.b. hat der Rauchgeruch in den Klamotten nie gestört. Dagegen war ich nie unmittelbar nach dem morgendlichen wach werden dem Rauch zugetan, es musste immer der Kaffee dabei sein. Ich kenne aber auch andere.

    Wie auch immer mir haben viele Zigareten geschmeckt, auch die ersten.

    In den ca. zwei Jahren mehr oder weniger Rauchfreiheit die ich hinter mir habe, habe ich aber auch kein Problem, dass bei mir in der Wohnung oder im Auto geraucht wird.
    Das liegt aber vielleicht auch daran, dass ich noch die schönen Zeiten des Rauchens erleben durfte.
    Ich konnte bis vor ca. 5 Jahren noch auf dem Arbeitsplatz rauchen und fand es immer geil in vollgequalmten Zugabteilen zu sitzen und symphatische Raucher kennen zu lernen :-).
    Die Einschränkungen unter denen wir “litten”, waren dagegen eher dem Rauchen förderlich, da man sich um so mehr auf die Kippe freute, die man in den 5 Minuten auf dem Balkon rauchen durfte.

    Nicht mehr zu rauchen war aber bei mir tatsächlich auch eine Entscheidung der Vernunft, zumindest ursächlich – da es keinen Sinn macht, bei einem recht geringen Einkommen jeden Monat 100-150 Euro zu verqualmen.
    Vereinfacht wurde es aber auch durch den körperlichen Aspekt, da ich den Eindruck hatte dass ich durch das Rauchen körperliche Beschwerden litt. Was sich zwar mittlerweile nicht bestätigt hat, aber den Entzug hätte ich nicht ohne diesen Druck durchgehalten.

  6. #6 Jürgen Schönstein
    15. Oktober 2014

    @schorsch #4
    Wo siehst Du hier “evangelikale Ergüsse”? Es geht um die Frage, ob die Entscheidung, Raucher zu werden, rational ist, also vom Nutzen in Form des Genusses motiviert wird.

  7. #7 mela
    15. Oktober 2014

    Als Raucherin (die hier beim besten Willen keine evangelikalen Ergüsse erkennen kann) pflichte ich Gruber bei.
    Würde man (=homo oec) die Konsequenzen seiner Taten in vollem Umfang erkennen und entsprechend einstufen, würde sich wohl kaum jemand auf dieses doofe Spiel einlassen. Die unerwünschten und schädlichen Folgen werden mMn völlig unterbewertet, was mich zu der Frage führt ob solches Verhalten angeboren, menschlich, normal (was auch immer) ist.
    Wenn die Aussage, dass positive Konsequenzen einen höheren “erzieherischen Wert” haben als etwaig negative, stimmen sollte (https://de.wikipedia.org/wiki/Framing-Effekt), dann kann man vermuten (oder spekulieren) dass Mensch negative Folgen womöglich vorschnell als unwichtig, irrelevant (sonstwas) abtut.
    Und dann wäre die Entscheidung wohl kaum noch rational zu nennen, oder?

    PS Glückwunsch an Jürgen Schönstein und die anderen Aufhörer. Ich hoffe eines Tages schlägt mir diese Erkenntnis und Kraft auch endlich mal mitten ins Gesicht.

  8. #8 schorsch
    15. Oktober 2014

    Evangelikal wird’s spätestens da, wo einer wie Bruno nicht nur im Nachhinein seine eigenen Motive fälscht (denn hätte er das Rauchen immer als derart abscheulich empfunden, wie er’s hier darstellt, hätte er’s kaum viele Jahre lang durchgehalten), sondern sich sogar anmaßt, ohne jede Kenntnis des Gegenübers diesem dessen Motive abzusprechen.

    Brunos Argumentation trifft auf Liebhaber vieler, auch gesundheitsschädlicher, Genußmittel zu. So wird z. B. keinemTrinker alter schottischer Whiskys je der erste Whisky geschmeckt haben, kaum ein Liebhaber vollreifer französischer Weichkäse wird als Kind einen solchen ohne Würgen und Kotzen verzehrt haben…

    Hier wird Lustfeindlichkeit in ein rationales Argument verpackt – nicht erst von Bruno, sondern, zwar in minderem Maße, aber durchaus schon vom Autor des Artikels selbst.

    Ich beanspruche für mich ohne weiteres, ein rationaler Mensch zu sein. Und dennoch trinke ich Whisky (in letzter Zeit zunehmend Whiskey, die Iren haben geschafft, wo die DDR versagte: Überholen ohne einzuholen), esse französischen Stinkekäse und werde, wenn ich Lust drauf haben sollte, auch das Rauchen wieder anfangen.

  9. #9 howie_
    15. Oktober 2014

    Hallo erstmal!

    Natürlich gibt es darauf keine Antwort. Ich dachte es wäre mittlerweile Konsens das der homo ökonomicus ausserhalb von Gedankenexperimenten der Wirtschaftskünstler keinerlei Entsprechung in der realen Welt hat.
    Das beschreibt Jonathan Gruber ja eindrücklich, welcher ja nichts anderes herausgefunden hat als “Hinterher ist man immer schlauer”
    Um sich vollkommen rational zu verhalten, muß man ja auch alle Fakten kennen. Ob man an Krebs oder anderen Raucherleiden erkrankt, ob die Kippen noch teurer werden, ob man die Frau wegen der man angefangen hat auch wirklich rumkriegt…
    Mit dieser ganzen Theorie kann man doch blos sein Hirn bei dem Unterstützen, was es am besten kann: Sich selbst belügen.

    Gruß,
    howie_

  10. #10 Hobbes
    15. Oktober 2014

    Da ich nie angefangen habe zu rauchen kann ich nur indirekt mitreden. Denn bei den Suchtmitteln die ich Konsumiere habe ich nie das Bedürfnis gehabt diesen Konsum einzuschränken.
    Raucher kenne ich hingegen viele die gerne aufhören würden.
    Wenn man jetzt das Konzept des Nutzenmaximierers vor Augen hat ist das anfangen des Rauchens wirklich nur auf eine reine Fehleinschätzung der Lage zurück zu führen. Niemand würde bei dem direkten Tausch der beiden Werte mitmachen.
    Allerdings wird beim Anwenden ökonomischer Prinzipien viel zu oft eines vernachlässigt. Nämlich das das Anwenden ökonomischer Prinzipien nervt. Je abstrakter der Schaden ist, desto größer ist der Aufwand diesen korrekt zu bewerten. Da ist die Anstrengung den Sachverhalt richtig einzuschätzen viel größer als einfach “diese eine Kippe” zu rauchen. Außerdem fehlt in der Situation auch die Zeit sich damit auseinander zu setzen. Deshalb wird nur die direkte Konsequenz bewertet. Eine eventuelle soziale Ächtung vs. irgendwas was komisch schmeckt. Der optimale Ressourceneinsatz wird also schon an früherer Stelle getroffen.

    Kleine Anekdote am Rande: Das Rauchverbot hatte für unsere nächstgelegene Großraumdisko ungeahnte Folgen. Die mussten die komplette Lüftung verbessern weil die Leute sich alle über den widerlichen Schweißgestank beschwert haben, nachdem man dort nicht mehr rauchen durfte.

    @schorsch:
    Welcher Whiskey kommt den bitteschön an einen guten island single malt ran?

  11. #11 Joseph Kuhn
    15. Oktober 2014

    1. Was ist hier mit einer “rationalen” Entscheidung überhaupt gemeint? Rational im Sinne von “bewusst”? Rational im Sinne von “subjektiv verständlich motiviert”? Rational im Sinne von “ärztlich sinnvoll”? Rational im Sinne von “nach allgemeinem Gutdünken vernünftig”? Rational im Sinne von “wenn ich damals gewusst hätte dass”? …

    2. Psychologisch gesehen muss dem Rauchen eine für das Rauchen positive Bilanz von Motiven (bewusster oder unbewusster Art) zugrunde liegen. Sonst würde man es nicht tun. Aber genauso muss dem Nichtrauchen eine für das Nichtrauchen positive Bilanz von Motiven zugrunde liegen, sonst würde man eben das nicht tun. Der Homo oeconomicus, wenn man ihn als Motive-Bilanz versteht, erklärt hier nichts.

    3. Eine “Kosten-Nutzen-Analyse” vergleicht eigentlich zwei monetäre Faktoren, aber das ist hier letztlich egal (eine vollständige Monetarisierung der subjektiven Vor- und Nachteile des Rauchens eines Menschen würde genau zu der Bilanz führen, die man seinem Handeln ansehen kann).

  12. #12 CM
    16. Oktober 2014

    Eigentlich fand ich Kommentar #1 wenig hinzuzufügen – gut, man kann den Rationalitätsbegriff betrachten, wie Du, Joseph, das getan hast, man kann auch darüber diskutieren, ob es bei der soziobiologischen Interpretation immer noch um den homo oeconomicus geht (und darüber, ob die Wirtschaftswissenschaft sinnvoll ohne Bezug auf die Soziobiologie forschen kann). Eines aber kann man nicht sinnvoll tun: Jürgen Schönstein moralinsaure Predigten bzw. “evangelikale Ergüsse” vorwerfen. Sorry, das kann ich nirgendwo lesen. Der erste Absatz gibt prägnant einen Aspekt einer Debatte wieder, den Dritte führen. Der zweite schildert eine persönliche Sicht – gerade OHNE anderen irgendetwas vorzuschreiben.

  13. #13 Patrik
    Linz
    16. Oktober 2014

    Ich muss Jonathan Gruber zustimmen. Auch ich bin der Meinung, dass die Entscheidung zu Rauchen nicht rational getroffen wird, da die Sucht doch das rationale Denken beeinflusst. Ein Glückspielsüchtiger wacht zumeist auch nicht von selbst auf und gesteht sich ein das er all sein Hab und Gut verzockt und Schulden anhäuft, nur um dann sofort aufzuhören.

    Jede Sucht beeinflusst das Hirn durch die Ausschüttung von Hormonen wie Serotonin und Dopamin. Dieser Effekt wird dann noch durch die Suchtmittel die zu einer körperlichen Abhängigkeit führen verstärkt.

    Die Entscheidung mit dem Rauchen überhaupt erst anzufangen ist da noch etwas komplizierter und hängt da noch an vielen anderen Faktoren. Jemand dem das persönliche Ansehen in einer bestimmten Gruppe nicht so wichtig ist wird dem “Gruppenzwang” nicht so schnell erliegen und zur ersten Zigarette greifen. Dazu gehört dann eben Selbstbewusstsein. Auch der momentane Gemütszustand kann die Entscheidung beeinflussen, denn auch das beeinflusst das Denken maßgeblich. Wenn jemand niedergeschlagen ist und ihn ein aufmunternder Freund dann eine Zigarette anbietet, wird er sich dann nicht wahrscheinlicher dafür entscheiden?

  14. #14 mela
    16. Oktober 2014

    Hallo Patrik #12
    Da gibt es ein Problem mit den Begrifflichkeiten.
    Herr Kuhn #10 hatte bereits darauf hingewiesen.

    Die Rationalität der h.oec. meint eigentlich “nur” die Nutzenmehrung. (vgl. ökonomisches Prinzip) Für ihn ist eine Handlung nur dann vernünftig und vertretbar, wenn sie mit angemessenem Einsatz und Risiken zu realisieren ist.
    Es geht um die Mittel die nötig sind um ein Ziel zu erreichen.
    Jetzt muss man hinterfragen, welches Ziel der (oft junge) Rauchanfänger formuliert und verfolgt hat (wahrscheinlich gar keins – zumindest hat er wohl nie richtig darüber nachgedacht) und welche “Kosten” (=Mittel) er als noch verhältnismäßig ansah.

    Dem h.oec. wird zudem eine gewisse Allwissenheit zugesprochen. Man unterstellt ihm, dass er bei Entscheidungsfindung sich über alle Konsequenzen im Klaren ist. Ein Fehlschluss aufgrund “wenn ich damals gewusst hätte dass…” dürfte somit nicht vorkommen.

    Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass der junge Rauchanfänger sich keine großen Gedanken über die Folgen und Gefahren macht (sie waren zwar durchaus bekannt – doch ob sie einem auch richtig bewusst waren lass ich mal offen).
    Und wenn ich heute meine (damaligen) Ziele formulieren sollte, dann wüsste ich auch nicht so recht, was ich sagen soll. Dazugehörigkeit, Cool sein, Nachahmung. Gruppenzwang…was weiß denn ich.

    Ich bleibe dabei: Der (fiktive) hom oec würde nicht rauchen, da bin ich ganz bei Gruber. Aber da der hom oec ohnehin nur als philosophisches Kopfkino existiert, bringt uns diese Erkenntnis nicht viel.

  15. #15 shader
    16. Oktober 2014

    Ein Aspekt blieb noch unberücksichtigt. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob drastische Warnetiketten an die rationale Entscheidungsfindung der Raucher (und Nichtraucher) appellieren kann. Kann man durch energisches Warnen Menschen zum Umdenken bewegen? Okay, wie man hörte, würden viele Raucher auch ohne dem eigentlich gerne damit aufgeben. Man kennt das ja, der Geist ist willig…

    Ich muss da an eine Geschichte denken, die ich mal gesehen habe. Ein Hotel wollte die Reinigungskosten für die Handtücher reduzieren. Man kennt das ja, wenn man die Handtücher auf den Boden legt, werden sie zum Waschen mitgenommen, egal ob sie tatsächlich benutzt wurden oder nicht. Aber im Grunde wären die meisten Handtücher nach ein paar mal benutzen immer noch brauchbar. Was machte man, man appellierte an das Gewissen der Gäste und forderte sie auf, an die Umwelt zu denken und sparsam beim Zurückgeben der Handtücher zu sein. Aber so richtig half das nicht. Der 2.Versuch, man schrieb auf Schildern, dass die meisten Gäste das Programm unterstützen und die Handtücher nicht zurückgeben, solange sie im Hotel sind. Und siehe da, weil die Gäste glaubten, dass die meisten der anderen Gäste mitziehen, gingen sie auch sparsam mit der Rückgabe der Handtücher um. Man könnte jetzt abschätzig sagen, die Menschen sind Herdentiere. Man kann es auch positiv formulieren, sie beobachten zuerst, wie andere sich in der Situation verhalten und passen entsprechend Ihr Verhalten an.

    Zum Rauchen, oder besser gesagt dem Aufhören. Ich denke mir, der größte Anschub aufzuhören war wohl, dass so viele in ihrer Umgebung auch aufhörten. Hinzu kam natürlich, dass die Gelegenheiten zum Rauchen durch rauchfreie Restaurants und Arbeitsplätze rapide abnahm. Aber letztlich denke ich schon, wenn ein Trend zum Aufhören in der Bevölkerung entsteht, hat das durchaus eine enorme Sogwirkung. Ist das dann ein rationales Verhalten, wenn man es anderen nachtut?

  16. #16 Karl Mistelberger
    16. Oktober 2014

    > Seine These ist, dass Menschen gar nicht erst anfangen würden zu rauchen, wenn Tabakkonsum eine rationale Entscheidung wäre.

    Der Anteil der Raucher unter den Jugendlichen ist stark zurückgegangen. Vielleicht sind die doch gar nicht so unvernünftig, wie gerne unterstellt wird. 😉

    Ich selbst habe mit ca. 14 Jahren zum Rauchen angefangen. Bei den Bundesheermärschen bin ich gerne mit der Zigarette im Mund voraus gelaufen und die meisten anderen mit hängender Zunge und ohne Zigaretten hinterher.

    Warum ich mit dem Rauchen angefangen habe weiß ich nach über 50 Jahren nicht mehr so genau. Mit 30 habe ich die letzte Schachtel fertig geraucht (ich bin gelernter Schwabe). Geschätzt waren es an die 200.000 Stück.

    Motivation zum Aufhören war die Einschränkung der sportlichen Leistungsfähigkeit durch das Rauchen. Hilfreich war auch die einfache Möglichkeit, dem Schmidt eins auszuwischen, gewissermaßen das effektivste Steuersparmodell aller Zeiten.

  17. […] Jürgen stellt die Frage ob Raucher sich bei der Entscheidung zu rauchen, vernünftig verhalten und lässt sie einen Wissenschaftler beantworten, der belegen kann, dass dem nicht so ist. Die meisten befragten Raucher würden, wenn es eine Zeitmaschine gäbe, nicht noch mal anfangen. Insofern verhalten sie sich nur vernünftig wenn sie nicht rauchen. […]

  18. #18 Hobbes
    17. Oktober 2014

    ” Kann man durch energisches Warnen Menschen zum Umdenken bewegen?”
    Naja durch das warnen selber wird sich, insbesondere kein Jugendlicher, von einer Dummheit abbringen lassen. Aber es hat entscheidenden Einfluss auf die öffentliche Debatte und darauf was von der jungen Generation als “cool” angesehen wird.
    Mich stört an der Sache auch immer eher wie das aufgezogen wird und von wem das kommt. Das sind meistens die Leute die aufgrund ihrer Freiheit damals Sachen gemacht haben, die sie rückblickend lieber nicht gemacht hätten und wollen das der Folgenden Generation “ersparen”. Soweit wäre das in Ordnung aber komischer Weise will diese freieste aller Generationen dies fast alles über Verbote regeln. Als wäre die Betrachtungsweise eines 50jährigen die einzig richtige im Leben.

    Sicher wer mit 50 an Lungenkrebs dahin siecht, der wird Gott und die Welt verfluchen das er jemals mit dem Rauchen angefangen hat und wer heute am Fließband steht wird sich wünschen in der Schule mehr gerissen zu haben. Aber wer im sterben liegt und nicht einmal was verrücktes in seinem Leben gemacht hat, der wird auch nicht Glücklich sein.
    Freiheit ist immer die Freiheit was dummes zu tun. Niemand wird einem Verbieten das (in seinen Augen)”Richtige” zu tun.

    Bei starken Suchtmitteln ist es natürlich so eine Frage in wie fern diese vermeintlich kleine Dummheit nicht doch eine viel zu große ist.

    Ich persönlich habe zum Beispiel nie angefangen zu rauchen, dank meiner Eltern. Denn diese haben immer gequalmt ohne ende. Und das hat mit ziemlich angeekelt.
    Und komischer Weise meine ich auch das der Raucherrückgang kurz vor den ganzen “Antiraucherinitiativen” eingesetzt hat. Einzig das Verteuern und Werbeeinschränkungen so wie die breite Wahrnehmung wie gefährlich rauchen wirklich ist waren da schon im Gange.

  19. #19 shader
    17. Oktober 2014

    @Hobbes, eigentlich sämtliche Rauchverbote sind auf den Schutz vor Passivrauchen ausgerichtet. Die meisten werden sich vermutlich nicht daran erinnern, aber es war mal gesetzlich erlaubt, in Büroräumen zu rauchen. Und da finde ich, kann die grenzenlose persönliche Freiheit nicht greifen, weil sie die Freiheit anderer einschränkt und noch schlimmer dessen Gesundheit gefährdet.

  20. #20 Patrik
    20. Oktober 2014

    Hallo mela#14

    Das Problem mit den Begrifflichkeiten ist mir bewusst. Jedoch bleibe ich bei der Meinung das sowohl der fiktive Homo oecononicus, als auch der rational denkende Jugendliche nicht mit dem Rauchen beginnen würde, da sich dabei kein längerfristiger Nutzen finden lässt, der so enormen möglichen Kosten gegenübersteht. Dies gilt wohl für einen Großteil der Nichtraucher. Die Evaluierung der Kosten bzw. des Nutzens ist wiederum komplex und hängt natürlich wieder von der Person selbst ab, sollte aber mit genügend Zeit zum informieren und nachdenken zum Nichtrauchen als besseren Weg führen.

    Selbst wenn der junge Raucher in seinem Freundeskreis durch das Rauchen momentan an Ansehen gewinnt ist es nach einer Woche normal und nicht mehr der Rede wer, also Ansehenssteigernd. Oder wird jemand bei jedem Zigarette anzünden gelobt?

    Andersrum… Wenn er mit dem Rauchen nicht beginnt könnte das in einem Verlust von Ansehen oder im schlimmeren Fall mit Ächtung in der Gruppe verbunden sein. Dies wiederum würde wohl einen Druck in Form von Gruppenzwang oder Angst vor dem Ausstoß aus der Gruppe auslösen, was sich wohl wieder auf das rationale Denken auswirkt.

    Ich gebe dir Recht, bei deiner Behauptung, dass junge Raucher eben zu wenig darüber nachdenken. Sollte dies nicht der Fall sein würden sie sich doch über Folgen informieren, da wohl jeder einmal irgendwo hört, dass Rauchen Gesundheitsschädigend sein kann. Somit würde sich die Bilanz beim “Kosten-Nutzen-Faktor” wieder verschieben.

    Zu den Begrifflichkeiten: Bewusst würde ich nicht unter Rational verstehen da man sich doch einer Entscheidung bewusst sein kann wenn man sie nicht Rational getroffen hat. Eine Entscheidung ist Rational wenn sie “vernünftig”, oder “überlegt und sinnvoll” ist wie es sowohl in Duden definiert ist als auch von mir verstanden wird, oder nicht?

  21. #21 Patrik
    20. Oktober 2014

    Ich stimme Shader zu. Persönliche Freiheit soll gegeben sein solange sie die Freiheit anderer nicht einschränkt.