Zweimal wöchentlich führt mich mein Lehrplan hier am Massachusetts Institute of Technology in einen Seminarraum, der gleich um die Ecke vom Research Laboratory of Electronics liegt. Und jedes Mal war mir im Kreis der Studentinnen und Studenten, die hier auf den Beginn einer Vorlesung im benachbarten Hörsaal warten, eine kleine Familie aufgefallen, die selbst im diversen Umfeld des MIT ungewöhnlich scheint: Er mit Vollbart, sie im Kopftuch, beide mit dem Habitus, der gemeinhin auf eine orthodoxe Religionsgemeinschaft assoziiert wird; zumeist sitzt sie, mit einem Säugling im Arm oder an der Brust, zu Füßen ihres Mannes – wie ich zumindest aus der intim anmutenden Familienszene entnehme – und scheint sehr auf das Kind konzentriert. Klar, was die Situation ist, oder? Bis ich in dieser Woche die Konversation mit einer Kommilitonin – es ging um irgend etwas Phsyikalisch-Elektronisches – überhörte: Sie ist die Studentin, und er kümmert sich während sie in der Klasse sitzt, um das Kind. Und ich habe – mal wieder – lernen und einsehen müssen, wie leicht man sich in seinen nur scheinbar plausiblen Erwartungen und Vorurteilen verlaufen kann…
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