Ich bin zwar Geograph und kein Gender-Forscher, aber das Thema Gleichstellung und Genderdisparitäten finde ich – auch aus beruflichen Gründen, wie ich schon mehrfach betont habe – zu wichtig, als dass ich mich dafür nicht jederzeit aus dem Fenster lehnen würde. Selbst wenn mir dann ein scharfer Wind entgegen bläst. Und ich versuche diese Haltung nicht nur explizit in Blogbeiträgen zu thematisieren, sondern auch in meinem Sprachgebrauch zu reflektieren: Wer hier relativ regelmäßig mitliest, wird feststellen, dass ich sehr häufig Formulierungen wie “Leserinnen und Leser” oder “LeserInnen” oder “der/die Leser(in)” benutze. Warum tue ich das?

Ganz einfach: Weil es Männer und Frauen gibt (und an all jene, die jetzt gleich aufspringen und rufen, “Das sexistische Schwein hat die Transgender-Personen vergessen”: auch Transgender-Personen identifizieren sich, soweit ich das mitbekommen habe, als Mann oder Frau, doch diese Identifikation ist nicht notwendig kongruent mit dem, was ihre Chromosomen anzeigen würden). Und weil diese gleichberechtigt angesprochen werden sollen. Macht manchmal ein bisschen Mühe, und ist vielleicht nicht immer die eleganteste Form – aber das sind Futur II und indirekte Rede auch nicht immer, gehören aber trotzdem zur korrekten deutschen Sprache. Wer beide Geschlechter meint, sollte auch beide Geschlechter benennen – und das sage nicht nur ich, sondern auch die Freiburger Professorin Evelyn Ferstl, die in diesem lesenswerten Beitrag Nur wer von Frauen spricht, meint sie auch in der Stuttgarter Zeitung zu Wort kommt. Mit anderen Worten: Die Einführung eines (scheinbar) geschlechtsneutralen Begriffs – selbst wenn es ein “generisches Femininum” wäre, das beispielsweise an der Uni Leipzig versuchsweise praktiziert wird – ist keine Lösung für das sprachliche-gesellschaftliche Genderproblem, da damit letztlich dann doch nur – wie hier ausgeführt wurde – die bereits bestehenden Gender-Stereotype gefestigt werden. Und das heißt halt: lieber “Raumfahrttechnik-Studentinnen und -Studenten” sagen, weil dann wirklich unmissverständlich klar ist, dass sowohl Frauen als auch Männer dieses Fach studieren, statt “Studierende der Raumfahrttechnik”, die sich dann in all zu vielen Köpfen doch nur wieder als Männer manifestieren.

Aber eine beckmessernde Anmerkung habe ich dann doch noch. Ich zitiere mal direkt aus dem Artikel:

Das ergab auch eine noch nicht veröffentlichte Studie von Ferstl selbst, bei der sie 18 Testpersonen Sätze vorlegte wie „Jack saw the mechanic, because she looked out of the window“ und deren Hirnaktivitäten mittels Magnetresonanztomografie (MRT) beobachtete. Dieses Beispiel von einem Mechaniker oder einer Mechanikerin, der/die aus dem Fenster schaut und dabei von Jack gesehen wird, lässt sich schwierig ins Deutsche übersetzen, da „the mechanic“ im Englischen vom Geschlecht her unbestimmt ist. Obwohl der Satz also grammatikalisch korrekt ist, sah Ferstl im MRT ähnliche Aktivierungen des Gehirns wie bei objektiv falschen Sätzen wie: „Die Frau war beliebt, weil er attraktiv war.“ Ein Zeichen, dass Frauen nicht mitgemeint sind, sagt Ferstl: „Eine Verletzung der stereotypen Geschlechtszuordnung löst ähnliche Aktivierungen aus wie Sätze mit Pronomenfehler.“ Offenbar ist in unserem Unterbewusstsein „the mechanic“ ein Mann. Zu verstehen, dass es sich hier um eine Frau handelt, irritiert das Gehirn.

Es ist leicht einzusehen, dass die Hirne der Testpersonen über den Satz stolpern werden “Jack saw the mechanic, because she looked out the window”. Aber dass sie das tun, wie in dem Artikel erklärt wird, weil sie den “mechanic” als Mann interpretieren und daher durch die Diskordanz mit dem weiblichen Pronomen “she” irritiert werden, wäre eine voreilige Folgerung. Der Satz ist einfach schlecht formuliert – es ist nicht klar, wer aus dem Fenster schaut. Die Interpretation, dass der (weibliche?) Mechaniker aus dem Fenster schauen muss, um für Jack sichtbar zu werden, ist nicht die zwingendste: Vom Satzbau und der Grammatik ist es viel naheliegender, dass Jack aus dem Fenster schaute und dabei einen Mechaniker sah. Dann würde sich das weibliche Pronomen der zweiten Satzhälfte auf Jack beziehen – und das verwirrt, egal ob da nun eine Mechanikerin oder ein Mechaniker im Hof steht.

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Kommentare (92)

  1. #1 Alderamin
    20. Januar 2015

    Was man sich da im Geiste vorstellt, hängt nun mal im wesentlichen mit persönlichen Erfahrungen diesbezüglich zusammen. Ich hab’ neulich in der Werkstatt meine Reifen wechseln lassen und da montierte auch eine Mechanikerin mit, was ich total klasse fand, aber eben ungewöhnlich genug, dass es mir besonders auffiel.

    Auf der anderen Seite: ich kenne nur weibliche Tierärzte. Wenn man mir den Begriff “Tierarzt” nennt, sehe ich geistig eine Frau vor mir. Auch wenn es “der Tierarzt” heißt. Weil das eben meine Erfahrung ist, dass Tierärzte normalerweise Frauen sind. Oder Purser um Flugzeug: bisher waren das stets Frauen, obwohl ich “der Purser” sagen würde. Es muss sich also zuerst in der Erfahrungswelt etwas ändern, damit sich das Bild im Kopf ändert. Ob ich da “der” oder “die” vorschreibe, ist für die Vorstellung völlig belanglos (ich denke bei “die Katze” ja auch nicht notwendig an ein weibliches Tier, bei “der Hund” an einen Rüden).

    Mach’ mal den Selbstversuch: Denk’ mal an einen Zahnarzt.
    (?ebraftuaH rezrawhcs nov eis tsI)
    Warum nicht?

    Und wie sieht ein Rapper aus?
    (.renie eräw menimE)

  2. #2 Jürgen Schönstein
    20. Januar 2015

    @Alderamin:
    Zum Selbstversuch: Meine Zahnärztin ist eine schwarze Frau. Wie Rapper aussehen? Keine Ahnung, unter dem Hoodie und hinter den dunklen Sonnenbrillen sieht man ja selten irgendwelche Gesichter 😉

    Das mit Hund und Katze ist durchaus interessant: Auch im Englischen wird die Katze meistens verweiblicht und der Hund vermännlich, obwohl es keinen Gender-Artikel gibt. Viele Menschen, die meinen Kater nicht näher kennen, bezeichnen ihn als “she”, während die knuffige Hündin einer Bekannten fast immer erst mal als “he” eingeordnet wird. Und das kann nur an antropomorphen Stereotypen liegen.

  3. #3 BerndB
    20. Januar 2015

    Vielleicht liegt es im letzten Zitat auch daran, dass “Jack” als männlicher Vorname wahrgenommen wird. Im Englischen wäre z.B. “Sam” besser gewesen, da diesen Vornamen beide Geschlechter haben können.

  4. #4 MartinB
    20. Januar 2015

    Hat man denn nicht den gegentest gemacht:
    “„Jack saw the X, because she looked out of the window“
    und für X stereotyp weibliche Bezeichnungen (im Zweifel auch einfach mal “the women” oder “the schoolgirl” ) eingesetzt, um zu sehen, ob der Effekt durch die Satzstruktur kommt? Das wäre natürlich sehr schwach…
    (Gibt es das paper irgendwo?)

  5. #5 Schotti
    20. Januar 2015

    Unterschiedliche Arten von Fehlern erzeugen unterschiedliche Arten von Reaktionen im MRT, die sogenannten “event-related Potentials”. Ohne die Studie gelesen zu haben: Vielleicht wurde ein ERP beobachtet, das eben typiach für semantische Inkongruenz und eben nicht für referenzielle Ambiguität ist? Das würde dann die beachriebene Schlussfolgerung stützen.

  6. #6 kvinna
    20. Januar 2015

    Mein Englisch ist vermutlich nicht gut genug um zu beurteilen ob dieses Satzkonstrukt von einem Muttersprachler anders gelesen wird, aber meine erste Interpretation war ebenfalls Jack schaut aus dem Fenster und sieht “the mechanic”. Da Jack wohl eher ungebräuchlich ist als Frauenname stolperte ich darüber und habe den Satz erst im zweiten Moment so verstanden, dass “the mechanic” ausm Fenster schaut.

    Falls es kein typisches Satzkonstrukt ist, dass man als Deutscher ungewöhnlich findet, frage ich mich warum der Satz so gewählt wurde und nicht klarer formuliert wurde, um die Reaktion des Gehirns auf das weiblich/männlich-Empfinden besser zu deuten. So scheint man ja “bloß” Verwirrung zu erkennen und die kann auch anders erzeugt werden.

    In meinem Hobby begegnet mir immer wieder die männliche Form als Sammelbezeichnung (SB) gekennzeichnet. In den meisten Fällen finde ich es ok, da es die Lesbarkeit der recht klar formulierten Vorschriften und Co. erschweren würde und fühle mich dadurch nicht diskriminiert. Auf allen persönlichen Dokumenten wird die Bezeichnung geschlechterspezifisch geschrieben.
    Zusätzlich würde ich mir aber wünschen, dass wenn in der Presse über uns berichtet wird bzw. die Pressesprecher sich zu Wort melden von beiden Geschlechtern geredet würde um der Bevölkerung zu zeigen diese Arbeit machen Frauen und Männer.
    Stattdessen liest und hört man immer wieder “Die Feuerwehrmänner retteten dies und jenes.” oder “Wir begleiten die Männer der Feuerwehr bei ihrer Arbeit.” während relativ wahrscheinlich eine oder mehrere Frauen im Hintergrund unterwegs sind.

  7. #7 Phil
    20. Januar 2015

    @Jürgen das englische hat als Indio-germannische Sprache durchaus Geschlechter. Diese werden nur nicht im Artikel ausgedrückt, sondern höchstens indirekt (im hohen Englisch) über die Pronomen.
    Das die Leute Hunde und Katzen entsprechend einordnen zeigt deutlich, das deren Sprachzentrum im Autopolit noch funktioniert und nicht völlig kaputt-gegendert ist.
    Hintergrundartikel: https://www.belleslettres.eu/artikel/der-oder-das-blog_genus.php

    Bzw. allgemein zum Sprachhandeln-Wahn: https://belleslettres.eu/artikel/genus-gendersprech.php

  8. #8 Phil
    20. Januar 2015

    @kvinna es gibt keine Frauen bei der Berufsfeuerwehr (zumindest nicht solange es genügend Männer gibt).

    Dies hat zwei Gründe:
    1. Schaffen nur wenige Frauen die körperlichen Anforderungen
    2. Verändern die Frauen die Gruppendynamik dermaßen zu negativen, dass es sinnvoller ist, mit einer Person weniger in ein brennendes Haus zu stürmen, als eine Frau mitzunehmen. Aus dem gleichen Grund werden Frauen beim Militär nicht in “heißen” Kampftruppen eingesetzt.
    Für die Gruppendynamik können die Frauen zwar nichts, es zählt aber in Extremsituationen das Gesamtergebnis.

    In der freiwilligen Feuerwehr gibt es durchaus Frauen und diese nehmen auch an Einsätzen teil. Allerdings führt das wieder zu anderen Problemen 😉
    https://web.archive.org/web/20130614002409/https://bestpractice-feuerwehr.de/ereignisse/technische-hilfeleistungen/reutlingen-ammoniakfreisetzung-an-einem-eislauf-und-freizeitcenter

    Bis zum Einsatzende mussten 21 Einsatzkräfte im Klinikum medizinisch untersucht werden. Mehrere Einsatzkräfte klagten über Kopfschmerzen, teilweise über Schwindel. Es zeigte sich, dass bei den meisten Feuerwehrleuten eine beginnende Dehydrierung die Ursache hierfür war. Obwohl genügend Getränke bereitgestellt waren, hatten die Einsatzkräfte für die bestehenden hochsommerlichen Temperaturen und die Belastungssituation nicht ausreichend Flüssigkeit zu sich genommen. Bei den jungen Feuerwehrfrauen waren diese Symptome als erste aufgetreten. Es wurde festgestellt, dass die Frauen über den Tag wohl wegen der „Toilettenfrage“ sehr wenig trinken. Sie kamen bereits mit Flüssigkeitsmangel zum Einsatz und hielten sich auch dort wegen fehlender Toiletten mit der Aufnahme von Flüssigkeit zurück. Auf diesen Umstand muss in Zukunft ein besonderes Augenmerk gerichtet werden und an länger dauernden Einsatzstellen sehr schnell die Frage der Toilettenbereitstellung geklärt werden.

  9. #9 kvinna
    20. Januar 2015

    @kvinna es gibt keine Frauen bei der Berufsfeuerwehr (zumindest nicht solange es genügend Männer gibt).

    Dies hat zwei Gründe:
    1. Schaffen nur wenige Frauen die körperlichen Anforderungen
    2. Verändern die Frauen die Gruppendynamik dermaßen zu negativen, dass es sinnvoller ist, mit einer Person weniger in ein brennendes Haus zu stürmen, als eine Frau mitzunehmen. Aus dem gleichen Grund werden Frauen beim Militär nicht in “heißen” Kampftruppen eingesetzt.
    Für die Gruppendynamik können die Frauen zwar nichts, es zählt aber in Extremsituationen das Gesamtergebnis.

    Wo hast du denn diesen Blödsinn her? 😀

    Zufällig bin ich bei der Feuerwehr, falls man das nicht rauslesen konnte. Zwar nur als Hobby, aber da lernt man die Berufsfeuerwehr ja genauso kennen. Und da gibt es natürlich Frauen, vom Einsatzdienst bis zum gehobenen oder höheren (rund 1,5% in ganz DE wenn ich mich recht erinnere, das ist zwar nicht viel aber immer noch mehr als gar keine)!

    Dass wenige Frauen die körperlichen Herausforderungen schaffen mag vielleicht eher an der geringen Anzahl liegen die sich darauf bewerben. Ich habe leider gerade keine Zahlen parat wie viele Männer die Anforderungen nicht schaffen, aber deren Anteil liegt prozentual viel höher. Die meisten Frauen die sich bei der BF bewerben sind sich des Sporttests (sowie der Theorie) sehr bewusst und trainieren darauf, viele Männer nehmen ihn auf die zu leichte Schulter. (Ein Bekannter war vor kurzem bei einem Einstellungstest. Knapp 600 Bewerber/innen, überwiegend männlich, 50 in der letzten Runde, die 24 Stellen konnten nicht vollständig besetzt werden, unter den Neuen sind 5 Frauen.)

    Mein bisheriger Eindruck, der mag verfälscht sein, ist dass sich die Gruppendynamik nicht zum negativen ändert und sich manche eher einbilden es würde sich etwas ändern
    Aber Frauen sich doch auch bloß Menschen und keine Aliens.

    Und was die kleine Anekdote zu der Toiletten- und Trinkangelegenheit angeht. Nur weil die jungen Frauen zuerst über Symptome der Dehydrierung klagten nimmt man sie lieber nicht mehr mit?!
    21 Kräfte mussten behandelt werden, wie viele Frauen waren darunter und warum ist diese (vermutlich nur) Handvoll die vielleicht wegen der fehlenden Toiletten (oder aus Zufall) zu wenig tranken nun ein Zeichen dafür dass es immer so ist?
    Vielleicht haben aber auch die Frauen auf Nachfrage eher gemeldet dass es ihnen körperlich schlecht geht, während die Männer (sie sind ja starke Kerle!) die Kopfschmerzen und das Unwohlsein ignorierten…

  10. #10 Ursula
    20. Januar 2015

    @ Phil
    Würde mich auch interessieren, wie du auf die Idee kommst, dass es keine Frauen bei der Berufsfeuerwehr gibt. Nur kurz googeln, und du findest sogar eine vollständige Arbeit zu diesem Thema bezogen auf Deutschland. In Österreich richten sich Ausschreibungen auch dezitiert an Frauen. Das mit der katastrophalen Gruppendynamik verstehe ich nicht. Woher hast du das?

  11. #11 Stefan Wagner
    https://demystifikation.wordpress.com/2015/01/10/vorurteile-gestern-und-heute/
    20. Januar 2015

    Die Einführung eines (scheinbar) geschlechtsneutralen Begriffs – selbst wenn es ein “generisches Femininum” wäre, das beispielsweise an der Uni Leipzig versuchsweise praktiziert wird – ist keine Lösung für das sprachliche-gesellschaftliche Genderproblem, (…)

    An der Uni Leipzig wurde ein Dokument derart geändert. Dass sich das noch nicht rumgesprochen hat ist selbst schon wieder bemerkenswert: https://www.bildblog.de/49640/mein-lieber-frau-gesangsverein/

    Dieses Beispiel von einem Mechaniker oder einer Mechanikerin, der/die aus dem Fenster schaut und dabei von Jack gesehen wird, lässt sich schwierig ins Deutsche übersetzen, da „the mechanic“ im Englischen vom Geschlecht her unbestimmt ist.

    Das verstehe ich nicht. Wenn jemand sagt: “Das Gerät ist kaputt – kannst Du einen Mechaniker anrufen?” ist Mechaniker im Deutschen auch vom Geschlecht unbestimmt.

    Wenn sich im Kopf des Hörers ein Mann mit dem Beruf verbindet, dann wahrscheinlich, weil es in dessen Erfahrung meist Männer sind. Die oft unterstellte Annahme, es sei andersrum – Frauen würden qua Sprache aus dem Beruf rausgehalten wird dadurch nicht widerlegt.

    Solange es nur darum geht die Funktion Mechaniker zu beschreiben ist die sprachliche Form männlich wie bei Fußgängern, Briten und Toten.

    Wenn das Geschlecht – also nicht das sprachliche, sondern das, was sich im Unterleib manifestiert – als wichtig herausstellt, dann ist die kürzeste Darstellungsmöglichkeit im Deutschen allerdings “Mechanikerin”, daher stellt sich die Frage, wann man in einem Text eine Zäsur macht und von der unbestimmten auf eine bestimmte Form wechselt.

    Die männliche Form dagegen kann man nicht so leicht sichtbar machen, weil sie meist die generische Form ist.

    Bizarr finde ich die Forderung die Sprache so zu wählen, dass der Zuhörer sich eine Vorstellung macht, die von dessen Erfahrung abweicht und die auch von der Realität abweicht (“Wir schicken Ihnen 3 Mechanikerinnen und Mechaniker um das Problem zu lösen” – es kommen dann 3 männliche Mechaniker) um eine atomare, politische Zielsetzung losgelöst von ihrem Kontext zu erreichen, ohne dass es den geringsten Anlass gibt zu glauben, dass diese Maßnahmen einen Einfluss auf die zukünftige Berufswahl von Frauen und Männern haben wird.

    “Der oder die Mechanikerin/Mechaniker ist schon zu Ihnen unterwegs” drückt ungewollt aus, dass der Sprecher nicht weiß welchen Geschlechts der Mechaniker, der unterwegs ist, ist.

  12. #12 rolak
    20. Januar 2015

    Woher?

    Aus ‘Das kleine MachoHandbuch’, Ursula – hat eine lange Tradition, am bekanntesten aus Film und Funk dürfte der Aberglauben vom Unglück durch Weiblichkeit von der Seefahrt her sein.

  13. #13 Stefan Wagner
    https://demystifikation.wordpress.com/2014/09/19/klassiker-der-bachblutenkritik/
    20. Januar 2015

    @Phil: Danke für belles letres Link, den kannte ich noch nicht.

    Bis auf sein Fazit zur Quote kann ich dem nur zustimmen und muss ihn jedem empfehlen, der unabhängig von seinen politischen Zielen an der Wahrheit interessiert ist, und nicht denkt, dass der guten Absicht wegen die Mittel egal sind.

    Ich war selbst einst ein Befürworter des Binnen-I und bin ohne meine Werte aufzugeben davon abgekommen, weil am Ende, wenn man seine Ziele so oder so nicht erreicht, nur die Wege und Mittel zählen.

    Ich bin nicht bereit als Seiteneffekt die wissenschaftliche Integrität zu opfern. Solche Opfer ziehen meist weitere Opfer nach sich, fördern nur ein korruptes Cliquenwesen und billiges Schulterklopfen.

    Vor allem ist es aber bei mir eine Frage der Eitelkeit. Ich will nicht dumm dastehen. Ich glaube aber auch dass es der Sache schadet, wenn wir dumm dastehen – hier lässt sich also die Eitelkeit mit den guten Zielen verbinden.

    Wenn ich hier für Maßnahmen eintrete die nur aussehen als täte ich was, aber nicht wirken, wieso dann nicht auch bei Vorratsdatenspeicherung, Flüssigkeiten im Flugzeug, Homöopathie und Eintritt in eine Kirche?

    Konsequenz mag keine Tugend sein, aber Inkonsequenz wirft doch meist ein schlechtes Licht auf einen.

  14. #14 Sim
    20. Januar 2015

    Mir gefällt an dieser geschlechterdifferenzierenden Sprache nicht, dass ständig das trennende betont wird, das Ziel aber eigentlich Gleichstellung lautet.

    In meinen Augen passt das nicht zusammen. Wenn ich also von Lesern und Leserinnen schreibe dann mache ich dort expliziet die Unterscheidung zwischen Lesern mit und ohne Gebärmutter. Bzw. da ja auch schon darauf hingewiesen wurde, dass es auch ein gefühltes Geschlecht gibt müsste man nach der Logik auch betonen ob man einen genetisch männlichen Leser der sich als Frau fühlt meint.

    Denn ich behaupte, dass wenn man von einer Leserin spricht, sich die meisten Leute eben auch biologisch eine Frau vorstellen.

    Desweiteren gibt es sehr wohl auch Menschen die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Und wenn behauptet wird, dass ich nur den meine den ich auch explizit anspreche dann muss ich zwangsläufig auch von Personen mit geschlechtsneutraler Identität sprechen wenn ich anfange Menschen über Geschlechtsidentitäten zu partitionieren.

    Und nein @Jürgen ich halte dich nicht für ein sexistisches Schwein. Ich kann Intention hinter deiner Wortwahl ja verstehen. Es wäre ja auch schön wenn Menschen bei dem Wort Mechaniker gleichermaßen an Frauen, Männer oder Transgender denken würden. Aber wichtiger als das wäre doch wie man einen weiblichen oder transgender Mechaniker behandelt im Vergleich zu einem männlichen.

    Ich finde aber bei der geschlechtersensitiven Sprache sollte man nicht beim Sender sondern beim Empfänger ansetzen. Wenn ich das generische Maskulinum nutze sollte mir Niemand boshaft unterstellen ich würde damit nur Männer meinen. Das tue ich nicht, ich denke oft sehr weitläufig wenn ich einen Begriff verwende. Wieso soll ich das nicht von dem erwarten der die Botschaft hört/liest?

    Wenn ich jetzt aber explizit darauf hinweise, dass ich Frauen und Männer und Transgender meine dann kommt das auch etwas Oberlehrerhaft daher und unterstelle dem Empfänger so implizit, dass er da nicht dran denken würde wenn ich das nicht freundlicherweise dazugesagt hätte.

    So wirken jedenfalls Texte auf mich in denen immer penibel darauf geachtet wird immer zwischen weiblicher und männlicher Ansprache zu trennen. Sie sind anstrengend zu lesen, behandeln mich als ob ich nicht wüsste das es diese Geschlechter gibt, tragen dabei diese Agenda vor sich her und lenken damit vom eigentlichen Inhalt ab.

    Ich glaube daher die permanente Unterscheidung zwischen den Geschlechtern in der Sprache schadet der Idee der Gleichberechtigung mehr als das sie ihr nützt.

  15. #15 Sulu
    20. Januar 2015

    behandeln mich als ob ich nicht wüsste das es diese Geschlechter gibt

    Es geht zuallererst nicht darum, den Männern zu entsprechen, sondern vielmehr darum, Frauen in der Sprache ebenfalls zu berücksichtigen, und das Machtgefälle so wenigstens sprachlich aufzuheben. Es geht also nicht um dich als Mann, sorry…

    Das scheint mir das größte Hindernis für Männer zu sein: ihnen wird die Definitionshoheit genommen.

  16. #16 Horst Horstmann
    20. Januar 2015

    Ich stimme Sim da völlig zu. Eine Trennung in der Ansprache ist für mich auch immer eine Trennung der Angesprochenen in die eine Gruppe und die andere Gruppe. Als ob man die beiden Geschlechter normalerweise mit anderen Aussagen anspricht, aber in diesem einen Spezialfall ausnahmsweise für beide das gleiche sagt, die Trennung der Form halber aber bewahrt. Das ist doch genau das Gegenteil einer Gleichbehandlung.
    Vielmehr sollte meiner Meinung nach das allgemeine Empfinden in die Richtung gehen, dass das generische Maskulinum (meinetwegen auch femininum) eben grundsätzlich so verstanden wird, dass damit alle Geschlechter gemeint sind. Und wenn das mal nicht der Fall sein sollte, kann man das ja immer noch explizit dazu sagen.

    Persönlich stößt mir bei dem Thema (als Mann) öfter mal auf, dass die gegenderten Formen in der negativen Berichterstattung quasi gar nicht verwendet werden. Oder wann wurde schon mal die Überwachung von TerroristInnen gefordert? Oder sich beklagt, dass immer weniger MörderInnen gefasst werden? Oder sich darüber beschwert, dass die Zahl der TemposünderInnen immer weiter zunimmt? Muss man da nicht gendern, weil die Mehrheit der TäterInnen Männer sind? Wird die Genderung nicht gerade gefordert, weil man (wie im Textbeispiel der Mechaniker) aus den gefestigten Mann/Frau-Stereotypen ausbrechen will? Müsste man konsequenterweise dann nicht *gerade* bei all den VerbrecherInnen und ÜbeltäterInnen erst recht gendern? Klingt total dämlich, wäre aber nur konsequent. Das wird aber bei weitem nicht mit der Nachdrücklichkeit gefordert, wie Universitäten dazu angehalten werden, ihre Prüfungsordnungen von vorne nach hinten durchzugendern. Die ausländischen Studierenden sind da doch eh schon an der schlechten Lesbarkeit gescheitert – das hat sich durch das gendern nicht unbedingt verbessert. Diskriminierung durch Genderisierung quasi 😉

  17. #17 Dings
    20. Januar 2015

    Das verstehe ich nicht. Wenn jemand sagt: “Das Gerät ist kaputt – kannst Du einen Mechaniker anrufen?” ist Mechaniker im Deutschen auch vom Geschlecht unbestimmt.

    “Einen” in maskulin, wird aber auch für Personen mit unbestimmtem Geschlecht verwendet. Und damit haben einige ein Problem, weil Frauen ausgeschlossen werden. Du müsstest also einen Mechaniker oder eine Mechanikerin rufen. Oder: Eine Mechanikerin oder einen Mechaniker.

  18. #18 Jürgen Schönstein
    20. Januar 2015

    @Phil #7
    Danke für die Englisch-Nachhilfestunde. Was weiß ich schon von dieser Sprache?
    *Sarkasmus-Modus aus*

    @Alle, die mir hier das generische Maskulinum im Deutschen erklären wollen: Vielen Dank, ich bin mit diesem Sprachelement sehr gut vertraut. Und ich gebe gerne zu, dass es manchmal keine gute Alternative zum Generikum = Sammelbegriff gibt*. Das heißt aber genau nicht, dass dieses generische Maskulinum immer die Frauen mit einschließt. Genau darum geht es ja im oben angesprochenen Artikel.

    * Es geht mir jedenfalls nicht um ein Verbot oder die Abschaffung dieses generischen Maskulinums – aber um eine informierte und bewusste Abwägung, wann dieses verwendet werden sollte. Wenn ich in einem akuten Notfall nach “einem Arzt” rufe, wird sich gewiss keine Medizinerin dieser Hilfeleistung verweigern, weil sie sich nicht angesprochen fühlte. Es wäre hingegen durchaus sinnvoll, statt eines “Deutschen Ärzteverbandes” (gibt’s mit diesem Namen nicht, ist also ein Gedankenexperiment) in den “Verband deutscher Ärztinnen und Ärzte” umzubenennen, um ganz klar zu signalisieren, dass eben sehr wohl Männer wie Frauen diesen Beruf ausüben (und nicht nur die sprichwörtlichen “Halbgötter in Weiß”). Und es ist zwar auch nicht sehr sinnvoll, das gewählte Gemeindeoberhaupt als “Bürgerinnen- und Bürgermeister” zu bezeichnen – wohl aber als “Bürgermeisterin”, wenn eine Frau dieses Amt bekleidet. Aber wenn diese sich dann wiederum nur bei ihren “Bürgern” für die Wahl bedankt, die Bürgerinnen aber ignoriert, sollte sie sich nicht wundern, wenn bei ihrer Wiederwahl weniger Frauen für sie stimmen.

  19. #19 Phil
    20. Januar 2015

    @Jürgen Doch das generische Maskulinum schließt *immer* auch Frauen ein; deswegen heißt es *generisch*. Sprachlich ist es gar nicht möglich Frauen damit auszuschließen. Meint man nur Männer, muss dies explizit kenntlich gemacht werden., zB: Ein männlicher Busfahrer, ein Busfahrer, ein weiblicher Busfahrer, eine Busfahrerin.
    Man benutzt die explizit weibliche Form auch nur, wenn man die Weiblichkeit herausstellen möchte.
    Jede Form von Zuteilung von Geschlechtern zu den generischen Begriffen erfolgt nur in deinem Kopf und passiert für jeden individuell.
    Ein Fahrradfahrer ist für mich weder männlich noch weiblich. Ich käme nie die Idee aus Fahrradfahrer auf Mann zu schließen, andere tun dies.

    Nur um Diskussionen vorzubeugen, nochmals erwähnt: Die Begriffe maskulin, feminin und neutral für das Genus sind ein Erfindung deutscher Lehrer und frühen deutschen Sprachforscher. Sie haben *nichts*, aber auch gar nichts mit biologischen Geschlechtern zu tun.

    Frauen sind auch Bürger, männliche Bürger aber keine Bürgerinnen. Aber vermutlich bin ich zu jung um mit “Bürgern” Frauen auszuschließen. Sorry, aber ich bin mit gleichberechtigten Frauen aufgewachsen und sozialisiert worden. Das Konzept, dass Frauen etwas nicht dürfen habe ich erst später und nur als abstraktes Konzept kennen gelernt.

    Und zur Diskussion hier noch mal eine Zukunftsprognose: Das Feminismusthema wird sich in ca. 15-20 Jahren erledigt haben, wenn es den nächsten wirtschaftlichen Zusammenbruch gegeben hat. Ansonsten sorgt die Zuwanderung von ca. 1 Mio Personen pro Jahr ganz sicher für den Zusammenbruch unsere Gesellschaft, insbesondere wenn man davon ausgeht, dass die Wirtschaft nicht mehr viel wachsen wird. Zumal viele Zuwanderer gar nicht so viel von Frauenrechten halten, da dies eher eine westliche Idee ist. Ob sich die Feministen mal überlegt haben, was passiert wenn wir “böse weiße Männer” sie nicht mehr in Schutz nehmen?
    Die Produktivität von Feministen geht gegen Null, wie lange soll dies gut gehen? Frauenrechte sind etwas tolles, ich mag aufgeweckte, selbstbewusste und freche Frauen, aber Feministen mit Ihren “Frauen über alles” und dem “Sprachhandeln”-Wahn (Poststrukturalisten halt) gehen mir auf den Geist. Der Schwachsinn ist nicht auszuhalten und richtet so viel Schaden an. Die Gesellschaft könnte wirklich ernsthaftere Probleme lösen, als ständig gegen Frauen kämpfen zu müssen, welche mental das 5. Lebensjahr (Prinzessinnenphase) nie überwunden haben.
    Ansonsten bin ich ein Fan von: https://en.wikipedia.org/wiki/John_B._Calhoun#Mouse_experiments
    Die Übertragbarkeit auf den Menschen zeigt sich seit mindestens zwei Jahrzehnten.

    ps: Ich bin bekennender nihilistischer Atheist, erklärter Gegner von Poststruktaralismus.

  20. #20 Jürgen Schönstein
    21. Januar 2015

    @Phil #19

    Doch das generische Maskulinum schließt *immer* auch Frauen ein; deswegen heißt es *generisch*.

    Genau das ist der widerlegte Irrtum. Das generische Maskulinum ist in der Realität eben nicht so “generisch”, wie es gerne wäre. Warum auch? Bis vor ein paar Jahren durften Frauen ohne Genehmigung ihrer Ehemänner nicht mal ein Konto eröffnen oder eine Arbeit annehmen. Und auch die “Bürgerrechte” sind erst seit vergleichsweise kurzer Zeit auch Bürgerinnenrechte: In Deutschland leben beispielsweise aktuell noch mehrere Tausend Menschen, die die Einführung des Wahlrechts für Frauen noch miterlebt haben. Und in den USA (da weiß ich es jedenfalls, es kann in anderen Englisch sprechenden Ländern vergleichbar sein) ist es nach wie vor ganz üblich, bei Einladungen und anderen offiziellen Anlässen die Ehefrau als ein identitätsloses Anhängsel des Mannes zu präsentieren: “Mr. and Mrs. Walter B. Ector jr.” Unser pleistozänes Hirn macht diese “generöse” Generisierung aber nicht mit: Über Jahrzehntausende war es gut und passend, die menschliche Verpackung ziemlich schlicht nach Mann und Frau zu differenzieren – und wo “Mann” draufsteht, ist dann für dieses eiszeitliche Hirn auch “Mann” drin.

    Ansonsten empfehle ich allen, die hier das “Argument” vertreten haben, durch die Beidnennung – “Leserinnen und Leser” – würden Frauen “ausgesondert” (oder so ähnlich), mal im Duden die Bedeutung der Konjunktion “und” nachzuschlagen: “… verbindet … gleiche Wörter…” (Hervorhebung von mir.)

  21. #21 Phil
    21. Januar 2015

    Warum auch? Bis vor ein paar Jahren durften Frauen ohne Genehmigung ihrer Ehemänner nicht mal ein Konto eröffnen oder eine Arbeit annehmen.

    Das hätte ich gerne mit Paragrafen und Fallbeispielen gesehen. Zumindest letzeres ist meines Wissens falsch.
    Warum 1957 nicht auch die Unterhaltspflicht abgeschafft wurde, kann mir sicher auch niemand erklären.

  22. #22 Jürgen Schönstein
    21. Januar 2015

    @Phil #21
    Guckste hier. Bis 1957 brauchten Ehefrauen die Zustimmung ihres Mannes, um ein Konto zu eröffnen, und sie mussten sogar noch bis 1977 warten, bis sie auch ohne die Genehmigung ihres Mannes eine Arbeitsstelle annehmen durften. Dein Wissen ist also falsch. Und ja, ich ahne schon, dass Du jetzt dagegen halten wirst, dass das ja mehr als “ein paar Jahre” seien – angesichts der Jahrhunderte und Jahrtausende, in denen Frauen keine eigenen Rechte hatten, sind diese 38 bzw. 57 Jahre eben doch nur “ein paar”…

  23. #23 Sim
    21. Januar 2015

    @ Jürgen

    Genau das ist der widerlegte Irrtum. Das generische Maskulinum ist in der Realität eben nicht so “generisch”, wie es gerne wäre.

    Das hat doch nichts mit einem Irrtum zu tun. So wie Phil das sagt ist das ja tautologisch. Das generische Maskulinum schließt per Definition auch alle Frauen ein da gibt es nichts zu deuteln.

    Was du meinst ist wohl eher, dass das generische Maskulinum vom Zuhörer nicht notwendigerweise erkannt wird. Ich sage da muss der Zuhörer sich mehr Mühe geben. Ich gehe immer vom generische Maskulinum aus wenn nirgendwo etwas anderes steht.

    Ansonsten empfehle ich allen, die hier das “Argument” vertreten haben, durch die Beidnennung – “Leserinnen und Leser” – würden Frauen “ausgesondert” (oder so ähnlich), mal im Duden die Bedeutung der Konjunktion “und” nachzuschlagen: “… verbindet … gleiche Wörter…” (Hervorhebung von mir.)

    Ich weiß nicht wieso du da Argument in Anführungszeichen setzen musst. So als ob es falsch wäre. Das finde ich nicht in Ordnung. Ich sage nur ehrlich wie sich das für mich anfühlt und da du selber mit den Empfindungen anderer Menschen argumentierst muss hier gleiches Recht für alle gelten.

    Du kannst nicht einerseits sagen, dass die Leute das generische Maskulinum falsch interpretieren und das deswegen besser zu unterlassen ist aber bei der Konjunktion dann sagen: so da wird jetzt gleiches verbunden da hat man nichts trennendes zu sehen.

    Wenn man das Wort “und” benutzt, dann sind die beiden Dinge die da verbunden werden in mindestens einer Eigenschaft verschieden sonst müsste man die Konjunktion ja gar nicht verwenden und könnte gleich ein Wort benutzen. Das schwingt da einfach implizit mit und ich empfinde die ..innen/..er Anrede nunmal meistens als abgrenzend.

    Wobei jetzt “Leserinnen und Leser” oder “Mitbürgerinnen und Bürger” mich zum Beispiel gar nicht stört. Das sind Floskeln an die man sich gewöhnt hat.

    Aber würde man nun von weisen und farbigen oder behinderten und nichtbehinderten Ärzten/Bäckern/Radfahrern reden dann hätte das doch auch einen ganz anderen Geschmack. Da ist doch auch ganz offensichtlich, dass es sich um eine willkürliche Einteilung anhand eines Attributs handelt. Und auch in diesen Beispielen gibt es jeweils eine benachteiligte Gruppe an die seltener gedacht wird. Doch niemand verlangt ernsthaft diese Gruppen gesondert anzusprechen wieso muss man dann ausgerechnet an der Geschlechterlinie unterscheiden?

    Ich meine die Frage ganz ernst. Vielleicht ist es ja deswegen das Frauen die größte benachteiligte Gruppe darstellen die man definieren kann? Obwohl… nein man könnte auch z.B. am Einkommen entlang trennen. Wenn ich lese das bald 1% der Weltbevölkerung genauso viel Geld hat wie die anderen 99% dann liegt dieser Schluß nahe.

    Also welche Gruppen sollte man denn noch explizit benennen? Wo fängt man an wo hört man auf? Gibt es einen guten Grund wieso nur zusätzlich noch auf Frauen hingewiesen werden soll? Wenn nicht ist es Willkür und es wäre besser konsequent zu sein aber Konsequenz führt zu noch mehr Auswälzung der Anrede die beliebig bis ins Absurde verlängert werden könnte.

    Hmm… naja ich muss noch etwas mehr über dieses Thema nachdenken aber hier in Deutschland ist es jetzt um 4 und damit sogar für mich Nachteule bald Schlafenszeit.

  24. #24 Earonn
    21. Januar 2015

    Für mich ist Englisch auch “erste” Gebrauchssprache, ich habe in dem Beispielsatz das “she” allerdings auch auf “the mechanic” bezogen (und selbst das “Stolpern” in meinem Kopf bemerkt).
    Kann auch daran liegen, dass mehrere Jackies um mich herum sind, so dass der Name per default erst mal als weiblich eingeordnet wurde bevor ich überhaupt das Fehlen des -ie bemerkte.

    Warum man Frauen gesondert benennen sollte, obwohl es doch so viele Untergruppen gibt?
    – weil “Frauen” vermutlich die größte Untergruppe darstellen
    – weil die Einführung einer Untergruppe das Bewusstsein dafür wecken, dass es überhaupt Untergruppen gibt
    – weil z.B. Leute im Rollstuhl zwar nicht erwähnt, aber vermutlich auch nicht auf bestimmtes Rollenverhalten hinerzogen werden, jedenfalls nicht, was die Berufswahl angeht. Bei Frauen war und vielleicht ist das auch noch der Fall

  25. #25 Sim
    22. Januar 2015

    @ Earonn

    Warum man Frauen gesondert benennen sollte, obwohl es doch so viele Untergruppen gibt?
    – weil “Frauen” vermutlich die größte Untergruppe darstellen

    Aber ich schrieb doch bereits selber:

    Vielleicht ist es ja deswegen das Frauen die größte benachteiligte Gruppe darstellen die man definieren kann? Obwohl… nein man könnte auch z.B. am Einkommen entlang trennen. Wenn ich lese das bald 1% der Weltbevölkerung genauso viel Geld hat wie die anderen 99% dann liegt dieser Schluß nahe.

    Man kann also auch größere Gruppen definieren welche sich gegenüber der anderen Gruppe im Nachteil befinden.

    – weil die Einführung einer Untergruppe das Bewusstsein dafür wecken, dass es überhaupt Untergruppen gibt

    Ja ok. Wenn das die Intention ist wird man das durch die Einführung von Untergruppen sicherlich erreichen. Es bleibt aber zweischneidig. Solange man die Gruppen sprachlich unterscheidet erfährt diese Trennung auch eine sprachliche Legitimation.

    Man müsste dann in der Praxis unterscheiden wo es angebracht ist auf Misstände und benachteiligte Untergruppen hinzuweisen und wo es wenig Sinn macht. Zum Beispiel kann ich es verstehen wenn jemand von Mathematikerinnen spricht um auf deren Existenz hinzuweisen. Wobei die Mathematikerinnen die ich kenne in der Eigenbezeichnung eher Mathematiker benutzen aber das muss nicht repräsentativ sein.

    – weil z.B. Leute im Rollstuhl zwar nicht erwähnt, aber vermutlich auch nicht auf bestimmtes Rollenverhalten hinerzogen werden, jedenfalls nicht, was die Berufswahl angeht. Bei Frauen war und vielleicht ist das auch noch der Fall

    Sie werden vielleicht nicht dazu erzogen aber es gibt ja auch andere gesellschaftliche Vorurteile gegenüber solchen Gruppen. Das ist dann vielleicht ein Argument für die Nennung von Frauen aber kein Argument gegen die Nennung anderer Gruppen. Ist also der einzige Grund wieso man in der Berufsbezeichnung zwischen Männern und Frauen trennt, dass dies mit der vagen Hoffnung verknüpft ist, dass Frauen dadurch eher Berufe ergreifen welche sie bisher weniger oft ergriffen haben? Da schwingt ja auch implizit die Unterstellung mit, das manche Frauen bisher den falschen Beruf ergriffen haben. Da sollte man vorsichtig sein finde ich.

    Ich finde auch, dass wenn es einen Missstand gibt, dass man diesen konkret und offensiv benennent und nicht von hinten durch die Brust ins Auge hier gesellschaftliche Umwälzungen herbeizuführen versucht indem man seine Sprechweise ändert. Das löst das Problem nicht und kann sogar hinderlich sein wenn all zu offensichtlich mit der Sprache Politik betrieben wird.

  26. #26 Jürgen Schönstein
    22. Januar 2015

    @sim #25
    Tut mir leid, aber das ist ziemlicher Unfug. Es geht hier ganz alleine darum, dass die Behauptung, das generische Maskulinum schließe auch Frauen mit ein, auf einem Irrtum beruht. Ich unterstelle jetzt mal, dass alle, die das generische Maskulinum benutzen, Männer und Frauen meinen – warum ist dann das explizite Formulieren dieses Ansinnens, also das tatsächliche Nennen von Männern und Frauen, plötzlich “von hinten durch die Brust ins Auge” eine Waffe für “gesellschaftliche Umwälzungen”?

    Ich sag’s nochmal gerne explizit: Entweder man findet, dass Frauen in der Sprache nicht als gleichwertig mit Männern behandelt werden sollen. Dass es also genügt, von “Lesern” zu reden, weil “Leserinnen” sowieso nicht relevant sind. Dann, bitteschön, mögen diese Sprecherinnen und Sprecher beim generischen Maskulinum bleiben. Wenn sie aber beabsichtigen, sowohl von Männern als auch Frauen zu reden, dann müssen sie eben von “Lesern und Leserinnen” (um beim Beispiel zu bleiben) reden. Die Forschungslage, dass nur dann, wenn im Deutschen beide Geschlechter genannt werden, auch zuverlässig beide Geschlechter erkannt werden, ist eindeutig. Alles andere (“warum grammatisch nur nach Geschlecht differenzieren und nicht auch nach Hautfarbe?”, zum Beispiel) sind Strohmänner.

  27. #27 Jürgen Schönstein
    23. Januar 2015

    @alle
    Machen wir doch mal ein einfaches Gedankenexperiment: Eure Frau/Tochter/Mutter/Enkelin* fährt zu einer einwöchigen Tagung. Leider sind keine Einzelzimmer zu bekommen; alle Tagungsteilnehmer müssen ihr Zimmer mit einer in aller Regel unbekannten Person teilen; die Zimmerverteilung übernimmt das Organisationsbüro.

    Szenario A: Da es nur 7 Doppelzimmer für 7 Männer und 7 Frauen gibt, muss sich eure Frau/Tochter/Mutter/Enkelin* ein Zimmer mit einem fremden Mann teilen – findet Ihr das in Ordnung?

    Oder wäre es Euch lieber (Szenario B), wenn sie dieses ZImmer mit einer anderen Frau, egal welcher Nationalität, Hautfarbe, Haarfarbe, Kontostand etc. teilt?

    * Entscheidend ist, dass Ihr eine wie auch immer geartete persönliche Beziehung zu dieser Frau habt.

    Wer Szenario A ablehnt: bitte begründen, ohne auf dabei das Geschlecht als Argument zu benutzen.

  28. #28 Sim
    23. Januar 2015

    Es geht hier ganz alleine darum, dass die Behauptung, das generische Maskulinum schließe auch Frauen mit ein, auf einem Irrtum beruht.

    Ok es ist klar was du meinst aber fällt dir denn gar nicht auf das diese Aussage doppeldeutig ist? Man kann es interpretieren als “der Sprecher schließt Frauen und Männer ein” oder “Der Zuhörer erkennt das Frauen und Männer angesprochen werden”. Du beziehst dich ja ganz offensichtlich auf die letztere Aussage und dass alle wissenschaftlichen Belege dahin deuten, dass Frauen sich bei der Verwendung des generischen Maskulinums in der Regel nicht angesprochen fühlen?

    warum ist dann das explizite Formulieren dieses Ansinnens, also das tatsächliche Nennen von Männern und Frauen, plötzlich “von hinten durch die Brust ins Auge” eine Waffe für “gesellschaftliche Umwälzungen”?

    Da bringst du komplett was durcheinander. Das bezog sich nur darauf wenn das einzige Ziel der Beidgeschlechtlichen Nennung wäre, dass Frauen andere Berufe ergreifen sollen. Das war der letzte Stichpunkt von Earonn.

    Du hingegen sagst ja, dass der Zweck wäre, dass sich Frauen auch wirklich angesprochen fühlen. Da sind wir aber auch schon zwei.

    Du möchtest das sich Frauen angesprochen fühlen. Ich möchte dass sich Frauen angesprochen fühlen. Wir haben nur unterschiedliche Lösungsansätze. Du sagst, dann muss man eben beide immer explizit bennennen. Ich sage: Das finde ich unelegant und werbe für mehr Verständnis für das generische Maskulinum.

    Und wenn es jetzt noch nicht so ist. Wieso soll sich das nicht ändern können? Sprache ändert sich andauernd. Wörter ändern ihre Bedeutung. Grammatik verändert sich. Sprache durchlebt ständig eine Evolution. Und irgendwann wird sich das auch im MRT niederschlagen. Ich bin da halt Idealist und denke in einer idealen Welt würde sich jeder von einem Begriff angesprochen fühlen.

    Und ich werbe auch nur deswegen für das generische Maskulinum weil das eh schon am häufigsten benutzt wird und kürzer ist.

    Ich will mal einen Vergleich ziehen zu etwas das mich auch etwas aufregt:

    Ich habe letztens im Laden festgestellt, dass es nun Überraschungseier extra für Mädchen gibt. Mit schönen pinken Blüten auf der Verpackung kenntlich gemacht. Da frage ich mich: was soll das? Heißt das die normalen Ü-Eier waren nur für Jungs und jetzt gibts endlich auch welche für Mädels? Das ist auch meiner Freundin sauer aufgestoßen, da waren wir uns einig das das sexistischer Blödsinn ist.

    So ungefähr fühlt sich das mit dem generischen Maskulinum für mich auch an. Das Problem ist halt auch, dass das generische Maskulinum immer mehr verwässert wenn man jetzt immer genau nach Geschlechtern trennt so wird dass dann nämlich nix mit der Evolution der Sprache 🙁

    Alles andere (“warum grammatisch nur nach Geschlecht differenzieren und nicht auch nach Hautfarbe?”, zum Beispiel) sind Strohmänner.

    Nein. Ein Strohmann ist wenn ich dir etwas unterstelle was du nicht gesagt hast und dann diese Position wiederlegen würde. Die Fragen sind einfach nur Fragen die ich mir gestellt habe und die sich auch jeder gerne stellen darf. Da geht es um Konsequenz und sich selbst hinterfragen.

    @ Gedankenexperiment

    Ich weiß zwar nicht genau worauf du da hinaus willst aber ich kann meiner Mutter/Tochter/Enkelin ja kaum Vorschriften machen ob sie mit irgendwelchen Männern in einem Zimmer hausen oder nicht. Bei meiner Frau/Freundin könnt höchstens die Gefahr bestehen, dass die miteinander anbandeln aber da bin ich eher entspannt.

    Wenn man Szenario A nicht ablehnen kann ohne es mit dem Geschlecht zu begründen kann ich Szenario A nur deswegen ablehnen weil es Szenario A heißt und ich Szenarien die A heißen nicht leiden kann 😉

  29. #29 Jürgen Schönstein
    23. Januar 2015

    @sim
    Einfache Grundregel: Entscheidend ist nicht, was man sagen wollte, sondern was beim Gegenüber ankommt. Das generische Maskulinum – das ich als grammatische Form ja absolut verteidige – vermittelt leider nicht klar genug, dass es “generisch” ist. Und eine der Folgen ist, dass bei allzu generösem Gebrauch des generischen Maskulinums nahezu unvermeidlich Frauen aus der Bedeutung ausgeschlossen werden. Und das wiederum führt dazu, dass sich Frauen auch aus den Berufen ausgeschlossen fühlen können. Es wird nichts verwässert, und auch keine Grammatik vergewaltingt, wenn man von den simplen Möglichkeiten eben dieser Grammatik gebrauch macht, Substantive in ihrer männlichen und weiblichen Form mit einer simplen Konjunktion zu verbinden. Zwei Wörter mehr – weit entfernt vom Untergang der deutschen Sprache. Wenn in einer Gruppe sieben Männer und sieben Frauen sind, dann ist es sogar der korrekte Gebrauch der Sprache, Männer und Frauen zu nennen. Ganz einfach. Mit anbiederndem Marketing hat das genau nichts zu tun. Im Gegenteil.

    Dass Du DIch aus dem Gedankenexperiment rauswieseln willst, habe ich schon vermutet. Aber das sehen auch andere, die hier mitlesen. Aber letzlich sagst Du ja mit Deinem Schlusssatz, dass das Geschlecht eben manchmal relevant ist, wo andere Kriterien nicht überzeugen würden.

  30. #30 Sim
    23. Januar 2015

    @Jürgen

    Ok ich hab deine Position jetzt auch hinreichend zur Kenntnis genommen und ich stimme auch damit überein dass die Botschaft die man übermitteln möchte auch ankommen muss. Vielleicht bin ich auch etwas zu extrem rüber gekommen aber vom Untergang der deutschen Sprache oder Vergewaltigung der Grammatik habe ich glaube nichts gesagt.

    Aber den Vorwurf des rauswieselns kann ich mir nicht gefallen lassen. Woraus soll ich mich denn auch wieseln? Ich gebe unumwunden zu dass es Situationen gibt in dem das Geschlecht eine Rolle spielt. Wenn es das ist worauf du in deinem Gedankenexperiment hinaus willst. Wieso sollte ich etwas anderes behaupten?

    Nur aus deinem Gedankenexperiment geht das halt nicht notwendigerweise hervor. Wenn ich über Szenario A nur weiß dass es sich um einen fremden Mann handelt und bei Szenario B weiß ich dass es sich um eine Frau handelt und ich kann mir ein beliebiges Attribut raussuchen. Dann wäre mir der fremde Mann lieber als eine Terroristin oder eine Frau mit einer ansteckenden Krankheit oder einer Crystal-Meth-Abhängigen.

    Aber wie gesagt ich gebe trotzdem zu dass es Situationen gibt in denen das Geschlecht am ehesten einen Unterschied macht.

  31. #31 MartinB
    23. Januar 2015

    @Sim
    “wieso muss man dann ausgerechnet an der Geschlechterlinie unterscheiden?”
    Weil unsere Sprache nun mal grammatikalische Geschlechter hat (die mit biologischen Zusammenfallen, zumindest bei der Bezeichung von Menschen), aber eben keine speziellen Marker für Hautfarben etc.
    Hier mal der immer wieder gern gebrachte Link, wie die Sprache aussehen würde, wenn es andersherum wäre:
    https://www.cs.virginia.edu/~evans/cs655/readings/purity.html

    Deswegen gibt es ja auch einen langen Streit darüber, ob es nicht besser wäre, geschlechtsneutrale Worte zu (er-)finden, aber den wärme ich jetzt nicht wieder auf…

  32. #32 MartinB
    23. Januar 2015

    PS: Den Sinn des Gedankenexperiments (das Geschlecht ist ja manchmal wichtig) verstehe ich nicht – manchmal ist auch das Alter wichtig, oder die Körpergröße, die Ausbildung oder die Religionszugehörigkeit, für die haben wir auch keine speziellen grammatischen Formen.

  33. #33 Jürgen Schönstein
    23. Januar 2015

    @MartinB #32
    Spiel’s einfach mal in Gedanken durch. Während Religion, Alter, Essgewohnheiten oder auch politische Überzeugung in so einer Situation vielleicht problematisch sein könnten, würden vermutlich (LeserInnen, bitte melden) deutlich mehr, wenn nicht alle Menschen das Szenario A für unzumutbar halten. Und zwar unabhängig davon, ob die Sprache das Geschlech grammatisch kodiert.

  34. #34 MartinB
    23. Januar 2015

    @Jürgen
    So what? Ich kann andere Szenarien bauen, in denen das Geschlecht egal ist, aber das Alter wichtig ist. Brauchen wir nicht z.B. spezielle grammatische Formen für Kinder? Ob jemand Kind oder erwachsen ist, ist in nahezu allen Situationen (einschließlich des von dir erfundenen Szenarios) wichtiger als die Frage des Geschlechts.

    Mir erschließt sich auch nicht, wie der Unterschied z.B. der Pronomina er/sie für das Buchen von Hotelzimmern wichtig ist – klar muss ich beim Anmelden mein Geschlecht ankreuzen (was natürlich auch Probleme mit sich bringen mag – nicht alle Menschen sind damit einverstanden, sich eindeutig zuordnen zu sollen), damit man mich richtig zuordnen kann, aber wenn mir jemand zugewürfelt wird, dann hoffe ich, dass es auch ein Kreuzchen für z.B. “Nichtraucher” setzen kann. Warum braucht die Person, die nur Personen gleichen Geschlechts in ein Zimmer steckt, für diese Tätigkeit geschlechtsspezifische Pronomina?

  35. #35 Sulu
    23. Januar 2015

    Brauchen wir nicht z.B. spezielle grammatische Formen für Kinder?

    Adultismus geht sehr oft auch mit Diskriminierung einher, nur gibt es im Deutschen keine explizite grammatikalische Form – außer vielleicht Verniedlichungen (die ja oft auch auf Frauen und andere Menschen angewandt wird, um ein eigene Machtposition zu behaupten*).

    wichtiger als die Frage des Geschlechts.

    Aber es geht doch hier um das Geschlecht…

    Wenn ich sage: “Die Professoren an deutschen Hochschulen …” spiegelt das leider auch die Realität wieder. Denn es sind weitaus mehr Männer als Frauen. Dass Professorinnen sich (dann auch sprachlich) exkludiert fühlen, ist doch nachvollziehbar. Was ist so schwer daran, zumindest sprachlich die Existenz von Frauen deutlich zu machen?

    _____________
    * Häuptling, Flüchtling, Fräulein, Kindchen etc.

  36. #36 Earonn
    23. Januar 2015

    @Sim
    Nun, vielleicht sind die Kiddies heute ja cleverer. Aber für mich “gab” es viele Berufe noch nicht, einfach, weil sie automatisch mit Männern besetzt in Verbindung gebracht wurden. Bin dann zwar über meinen Bruder auf einen technischen Beruf gekommen, aber da war dann das Problem, dass es eben für viele andere auch noch “undenkbar” schien, dass eine Frau so einen Beruf ergreift.
    Okay, das ist anekdotisch, aber immerhin wenigstens tatsächliche Erfahrung und nicht Mutmaßung.

    Übrigens: die meisten wissen doch, dass man uns Schotten nicht als “Engländer” bezeichnen oder mit diesen in einen Topf werfen sollte. In der Regel wird das auch ohne Murren durchgezogen. Warum sollte als dasselbe nicht in Bezug auf Geschlechter möglich sein? – Ganz ehrlich: warum nicht? Wo liegt der Unterschied?

    Und selbst wenn der generische Maskulinum mal beide Geschlechter umfasste – weil gesellschaftlich gesehen Frauen in vielerlei Hinsicht als “Anhang des Mannes” gesehen wurden – muss es ja nicht so bleiben. Wir haben unsere Sprache vielen neuen gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst.

  37. #37 MartinB
    23. Januar 2015

    @Sulu
    “nur gibt es im Deutschen keine explizite grammatikalische Form”
    Das ist ja genau mein Punkt: Die Existenz solcher Formen für eine bestimmte Unterscheidung hat wenig damit zu tun, wie wichtig diese Unterscheidung im Alltag ist.

    ” Was ist so schwer daran, zumindest sprachlich die Existenz von Frauen deutlich zu machen?”
    Ich gebe mir selbst ja auf meinem Blog Mühe, das auch konsequent zu tun. Im Unterschied zu Jürgen sehe ich nur in der (ausschließlichen, weil es in den meisten Fällen keine generisch neutralen Formen gibt) Existenz geschlechtsspezifischer Formen in der Sprache eben keinen besonderen Vorteil und halte die Begründung “Aber das Geschlecht ist doch wichtig, wenn wir willkürlich Menschen auf Hotelzimmer verteilen, deswegen muss es geschlechtspezifische Formen geben” für wenig gelungen. Die Diskussion hatten wir vor längerer Zeit schon sehr ausführlich, siehe z.B.
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2013/05/17/geschlechtergerecht-oder-geschlechtsneutral-eine-antwort/
    (und die darin verlinkten texte).

    Wer übrigens mal einen konsequent im generischen Femininum geschriebenen Text (bei dem man bis zum Ende nicht weiß, welches geschlecht viele der beteiligten Romanfiguren haben) lesen möchte, dem empfehle ich das Buch “Ancillary Justice”.

  38. #38 Jürgen Schönstein
    24. Januar 2015

    @MartinB
    Du diskutierst hier offenbar auf der falschen Veranstaltung: Die Frage, die hier zur Diskussion steht ist: Wie sollte inklusive Sprache funktionieren? Du diskutierst “was tun, wenn ich zu faul bin, die Möglichkeiten der Sprache zu nutzen”? Auf Deine Frage habe ich keine Antwort außer: ein bisschen Mühe erfordert Kommunikation immer.

    Um es noch einmal klar zu machen: Die Ausgangsbasis der Diskussion hier ist a) dass es nach wie vor eine Gender-Disparität im Alltag und speziell auch in MINT-Berufen gibt. Das ist nicht nur eine Behauptung meinerseits: Der Global Gender Gap Report des Word Economic Forum – ein Instrument, das die globalen Geschlechterdisparitäten vermutlich eher unter- als überschätzt – ergibt selbst für die geschlechtergerechtesten Gesellschaften, im konkreten Fall sind das übrigens die skandinavischen Länder, einen Index von maximal etwa 0,86 (1,0 wäre echte Geschlechterparität). Es ist ebenfalls etabliertes Wissen, dass Disparitäten mit Stereotypen zu tun haben, und wir wissen auch, dass Sprache dazu beiträgt, Steretoype zu zementieren. Die in meinem obigen Beitrag vorgestellte Forschung wiederum zeigt, dass generische Formulierungen, also auch ein bisher nicht existierendes “generisches Femininum”, nicht geeignet sind, diese Stereotype zu durchbrechen. Am effektivsten ist hier die Beidnennung – also “Männer und Frauen”.

    Die ganze Scheindebatte, ob man das braucht, und warum die deutsche Sprache dann nicht auch andere differenzierende Merkmale grammatisch markiert, ist doch ein Strohmann. Und das Argument, das Du immer vorbringst, lässt sich so zusammenfassen: Egal, wie nützlich diese Differenzierung wäre, Du willst sie nicht wahrnehmen. Also anstatt darüber nachzudenken, wie diese nützliche Inormation (siehe obigen Beitrag) auch auf andere Differenzierungen angewendet werden könnte, ziehst Du es vor, sie dann lieber auch für Frauen abzuschaffen. Obwohl einschlägige Studien bestätigen, dass dadurch die (anti-weiblichen) Stereotype, die Du ja selbst vorgibst abzulehnen, eher bestärkt werden. Etwa in dem Sinn: Was wollen die Frauen denn – wir behandeln andere Gruppen ja auch nicht besser. Wobei der Beweis für letzteres erst noch anzutreten wäre – auch dazu habe ich Dich schon öfter aufgefordert. Sprache ist komplexer als ein einzelnes grammatisches Merkmal, und Differenzierung ist auch mit anderen Methoden als der Grammatik möglich – entscheidend ist, dass die im obigen Beitrag vorgestellte Forschung den Nutzen dieser Differenzierung bestätigt. Und Deine Position bleibt dazu: “Ich will aber keine Differenzierung!” Und das heißt: Ich will nicht, dass die Disparitäten beseitigt werden. Das sagt dann ja schon alles.

  39. #39 MartinB
    24. Januar 2015

    @Juergen
    Das ist so weit an meiner Position vorbei, dass esich kaum lohnt, darauf weiter einzugehen. Mein Standpunkt ist differenziert im zitierten Blogartikel dargestellt, und du bleibstdie Antwort schuldig, was nun eschechtsspezifische Pronomina mit der Verteilung auf Hotelzimmer zu tun haben sollen.
    Du willst also mehr Differenzierung, vielleicht so wie in Thailand, wo die zu verwendenden Worte auch noch vonAlter und Rang abhaengen? Die schöne Differenzierung Frau /Fräulein fehlt dir wahrscheinlich auch….

  40. #40 ralph
    24. Januar 2015

    Gibt es denn in vergleichbaren Ländern ohne generisches Maskulinum deutlich mehr weibliche Mechanikerinnen, Ingenieurinnen, Physikerinnen?
    Anders formuliert, kann man nachweisen, dass ein Sprachmerkmal “generisches” Maskulinum die Gleichstelllung der Frau innerhalb eines Sprachraums verzögert, oder ist das nur eine Behauptung?

  41. #41 Jürgen Schönstein
    24. Januar 2015

    @MartinB
    Meine Antwort bezieht sich auf exakt das, was Du hier von Dir gibst. Und an keiner Stelle gehst Du darauf ein, was in meinem einleitenden Beitrag beschrieben wurde: Dass inklusive Sprache nur (oder besser gesagt: am besten) durch Beidnennung zu erreichen ist. Das ist übrigens auch im angeblich (grammatisch) geschlechtsneutralen Englischen notwendig und wird mit “she and/or he” praktiziert. Du sagst, Du willst das nicht – Du willst nicht überhaupt nicht erst wissen müssen, ob jemand männlich oder weiblich ist (und red’ Dich jetzt bitte nicht raus: genau das ist Deine Forderung; die hast Du nun wirklich bis zum Abwinken in allerlei Diskussionsforen hier breitgetreten). Doch das Problem is halt, dass die Forschung sagt: Das bestärkt den Status quo der Stereotype. Ergo: Du willst, das bestehende Geschlechterstereotype fixiert bleiben. q.e.d.

    Aber wenn Du gerne das Maskulinum und Femininum abschaffen willst: Tu’s doch einfach. Ich hatte Dir früher schon mal einen einfachen Vorschlag dazu gemacht; das Deutsche ist ja, dank seiner (bisher) drei grammatischen Geschlechter, hervorragend dafür ausgestattet:
    – Es gibt nur noch zwei Artikel: “das” im Singular, “die” im Plural. Letzteres ist ja schon der Fall, und durch Abschaffung des weiblichen Singular-Artikels “die” entfällt eine mögliche Verwechslung.
    – Die Pronomina “er” und “sie” werden durch das neutrale “es” ersetzt. Das bisherige Pluralpronomen “sie” bleibt auch weiterhin erhalten (in Analogie zum Plural-Artikel).
    – Die männliche Endung -er oder -ler wird durch das neutrale -el (wie heute schon in Mündel, Bündel, Debakel, Vehikel etc.) ersetzt; das weibliche Suffix -in wird abgeschafft. Du würdest Dich dann also wahlweise als “Physikel” oder “Materialwisssenschaftel” bezeichnen. Die Pluralform ist “-els”, also “die Physikels”. Um Dir ein Beispiel zu geben, habe ich Deinen Autoren-Profiltext Deines Blogs entsprechend modifiziert:

    Martin Bäker ist Physikel.
    Es hat in Hamburg studiert und über das Simulation von Elementarteilchenprozessen promoviert. Seit 1996 erforscht es an dem TU Braunschweig das mechanische Verhalten moderner Werkstoffe.
    Wie Cäsar über sich in dem dritten Person zu schreiben, findet es ein wenig seltsam.

    @ralph #40
    Das generische Maskulinum ist nicht das Problem – es ist ein Problem des Generikums generell. Generika zementieren die bereits bestehenden Stereotype: Generically intended, but specifically interpreted: When beauticians, musicians, and mechanics are all men. Ich habe zwar an dieser Studie scharfe Kritik wegen ihrer erkennbaren Schwäche in ihrer Anwendung des deutschen generischen Maskulinum geübt – aber an der Aussage hinsichtlich der Sterotyope, die ja über die Betrachtung des Deutschen hinaus geht, ändert das nichts. Und sie hat zudem die bestechende Eigenschaft, dass sie auch plausibel ist.

  42. #42 MartinB
    24. Januar 2015

    @Juergen
    O.k., ich erklaere es nochmal: Wie du auch auf meinem blog sehen kannst, schreibe ich auch meist mit einer inklusiven Variante, oft mit binnen.I, manchmal mit generischem Femjninum und manchmal mit Beidnennung. Daraus allein solltest du schließen können, dass ich das für sinnvoll halte.
    Es waere mir aber eben als Ideal lieber, wenn die Sprache neutral waere,und das sehen uebrigens auch viele andere so, insbesondere auch Frauen, die im Netz feststellen, dass sie vollkommen anders behandelt werden, wenn sie sich als weiblich zu erkennen geben. (Auch ineinigen Bewertungsverfahren wird inzwischen ja das Geschlecht nicht mehr angegeben und MusikerInnen spielen hinter Vorhaengen…)
    es geht naemlich nicht darum, was ich will, sondern was viele wollen, die nicht zur privilegierten Gruppe gehören.

    Meine Idealvorstellung waere deswegen tatsaechlich eine Sprache, die neutral ist, so wie in deinem Entwurf (oder wie im oben erwaehnten Roman, in dem es nur weibliche Formen gibr). Da wir das imMoment aber nichg haben (und deine Konstruktionen nun mal nach aktuellerGrammatik falsch sind), behelfe ich mir auch mir Beidnennung etc, ich behaupte nur nicht, dass sei irgendwie ideal, weil man sonst Leute nicht nach Geschlecht auf Hotelzimmer verteilt bekommt, und halte das Differenzierungsargument fuer falsch.

  43. #43 MartinB
    24. Januar 2015

    PS: Hier ein gerade erlebtes beispiel für einen Nachteil der Geschlechterdifferenzierung. Ich lese und verblogge gerade ein paper, das von mehreren Personen geschrieben wurde. Die meisten davon tragen chinesische Vornamen (soweit ich die Namen kenne, sind es männliche), es ist aber auch eine Person dabei, die mit Vornamen “Andrea” heißt, was sowohl männlich als auch weiblich sein kann. (Tatsächlich ist Andrea Tintori ein Mann.) Schreibe ich also “Autorinnen und Autoren” – auch wenn die möglicherweise doch alle männlich sind? Schreibe ich nur “Autoren”, auf die Gefahr hin, die Sichtbarkeit von Frauen zu verringern? Oder muss ich versuchen, von allen AutorInnen das Geschlecht herauszubekommen (habe ich gerade versucht, ist mir aber bei Guan-Bao Chen nicht gelungen, der Vorname als solcher kann anscheinend beides sein)?

  44. #44 Jürgen Schönstein
    24. Januar 2015

    @MartinB
    Dass Du gerne falsch verstehen willst, was ich zu diesem Thema schreibe, weiß ich inzwischen. Kein Grund, dies immer wieder zu bestätigen – ich nehme das inzwischen sowieso schon als Nullfall an. NIemand wird gezwungen, etwas zu tun oder zu lassen, selbst von der Grammatik nicht – ob sie “richtig” oder”falsch” angewendet wird, ist ohne rechtliche Konsequenzen. Es gibt keine Ge- oder Verbote – Grammatik beruht darauf, dass die Regeln des Gebrauchs identifiziert und dann kodifiziert werden; wenn sich der Gebrauch andert, ändert sich die Grammatik (und der Dativ ist dann halt dem Genitiv sein Tod). Von welcher Autorität Du die Neutralisierung der deutschen Sprache erhoffst, weiß ich nicht; mr ist aber keine Autorität bekannt, die dazu befugt oder befähigt wäre.

    Was hindert Dich, meinen Vorschlag umzusetzen? Das es dann grammatisch “falsch” wäre, schreibst Du. Doch das hat Dich beispielsweise nicht gehindert, ein “generischens Femininum” zu benutzen (was Dein übrigens gutes Recht ist). Wenn “grammatische Richtigkeit” das Kriterium ist, dann ist auch am generischen Maskulinum grundsätzlich nichts auszusetzen – es ist eine grammatische Form, und bei korrekter Anwendung daher immer richtig. Doch wie ich schon sagte: Korrekt angewendete Grammatik allein macht noch keine korrekt angewendete Sprache …

    Es geht hier um eine relativ simple (im Sinn von: ohne kompliziert verschachtelte Logik ) Angelegenheit: Dass hinsichtlich Bezahlung und Berufswahl – noch – keine Parität zwischen Männern und Frauen besteht, ist eine Tatsache (siehe Global Gender Gap Report). Es gibt sicher viele Menschen, die an dieser Stelle sagen: Na und? Oder die das nicht nur begrüßen, sondern sogar verstärken wollen, indem sie Frauen auf ganz spezifische Rollen beschränken. Diese Rollenbeschränkung der Frau (und damit im Prinzip auch der Männer) war, wie ich in diesem Dskussionsstrang bereits belegt habe, noch vor ein oder zwei Generationen in Deutschland sogar gesetzlich so verankert.

    Aber ist gibt Menschen, zu denen ich mich auch zähle, die diese Genderdisparität nicht für erstebenswert halten. Weil ja damit, wie ich eben schon mit der geklammerten Anmerkung zur “Rolle der Frau” angedeutet habe, auch die Rollen des Mannes auf das “Nicht-Weibliche” reduziert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es viel zu tun – aber ein Schritt dahin ist, diese Inklusion beider Geschlechter auch sprachlich klar zu machen. Ich nehme mal wieder ein Beispiel: Es kommt manchmal vor, dass ich in meiner MIT-Inbox eine Einladung zu einer privaten Party bei einem Kollegen oder einer Kollegin finde, mit dem/der ich zwar mal gemeinsam eine Klasse unterrichtet habe, ansonsten aber keinen privaten Kontakt pflege. In solchen Fällen schaue ich dann erst einmal, wie diese Einladung versandt wurde: Wenn ich sehe, dass die Einladung an eine Sammeladresse a la “InstructorsClassXYZ@mit.edu” ging, dann nehme ich erst mal NICHT an, dass ich da wirklich gemeint war, sondern dass sich dies primär an die Kolleginnen und Kollegen richtete, die enger mit der einladenden Person befreundet sind. Wurde aber mein Name explizit ins Adress- oder auch ins cc-Feld eingetragen, dann fühle ich mich in jedem Fall schon direkter angesprochen und auch persönlich eingeladen.

    Ein bisschen ist das halt auch mit den “generischen” Formulierungen so: Wenn die Erfahrung (= bestehende Stereotype) sagt, dass Personengruppe B hier eher NICHT angesprochen ist, und auch keine ausdrückliche Anstrengung unternommen wird, diese Personengruppe deuticher anzusprechen, dann akzeptiert man das Risiko, dass sich diese Personengruppe dann auch nicht angesprochen fühlt. Wenn ich das aber ändern will, dann muss ich die Ansprache ändern – weil sich sonst eben nichts ändert. Ganz simpel.

    Deine “Forderung”, dass aber ein generisches Neutrum besser wäre, ist nicht nur durch keine Erkenntnis gestützt – die in meinem obigen Beitrag vorgestellte Forschung widerlegt diese Annahme sogar ausdrücklich. Niemand hindert Dich daran, Widerlegtes und Unplausibles zu wollen – aber mich hindert dann auch nichts daran, dies widerlegt und unplausibel zu nennen.

    Und nein, es ging in meinem Gedankenexperiment nicht um Hotelzimmerbelegung, und das weißt Du vermutlich sogar genau. Ich gebe Dir gerne ein anderes Beispiel, in dem keine Hotelzimmer vorkommen (achte bitte auf meine Frage am Ende des Beispiels – wie so viele Gedankenexperimente dient es allein dazu, auf diese spezifische Frage zuzuarbeiten, und nur diese Frage soll, wie auch immer, damit beantwortet werden): In den meisten Schwimmbädern, die ich in meinem Leben besucht habe, gibt es separate Umkleideräume für Männer und Frauen. Nehmen wir mal an, Du betreibst Dein Nicht-Sehen-Wollen dieser Differenzierung ganz konsequent, und nehmen wir auch mal an, dass Du heute mal Schwimmen gehen willst. Da der Weg zum Umkleideraum der Frauen kürzer ist, gehst Du da rein, die durch Worte und Piktogramme markierte Differenzierung ignorierend. (Dieses Szenario lässt sich natürlich modfizieren: die Männerumkleide war überfüllt, oder Du hast die Beschilderung nicht sehen können – such Dir was aus.) Hier also die Frage, auf die es nun ankommt: Bist Du überrascht, wenn Du daraufhin aus dem Schwimmbad fliegst, und wenn ja, warum?

    Aber ich will auch Dein Argument, dass ja auch Frauen nicht immer “als Frau” identifizert werden wollen, nicht unbeantwortet lassen. Das ist nämlich kein Widerspruch zu dem, was ich weiter oben geschrieben habe: Im Gegensatz zur Beidnennung ist die Titulierung “als Frau” tendenziell sogar abwertend. “Wie haben Sie es als Frau geschafft, Professorin zu werden?” unterstellt ja, dass dies von einer Frau eigentlich nicht zu erwarten ist. “Was sagen Sie als Frau dazu?” schränkt die Perspektive der möglichen Antworten ein, reduziert sie auf einen Aspekt der Person. Und wenn wir einen “Frauentag” einführen, an dem sie endlich auch mal ans Steuer dürfen, dann ist das an diskriminierender Arroganz nicht zu überbieten. Der Unterschied ist der, dass durch diese Formulierung eine Frau “als Frau”, also auf eine Rolle der Frau festgelegt werden soll. Und genau das geschieht bei Beidnennung eben nicht.

    Und wenn Du mit der Beidnennung keine Probleme hast, wie Du sagst – warum schreibst Du dann jedes Mal dagegen an?

  45. #45 MartinB
    24. Januar 2015

    @Jürgen
    “NIemand wird gezwungen, etwas zu tun oder zu lassen, selbst von der Grammatik nicht – ob sie “richtig” oder”falsch” angewendet wird, ist ohne rechtliche Konsequenzen”
    Wenn man aber verstanden werden will, macht es schon Sinn, nicht zu schreiben: “Jürgen falsch Martin versteht”. Insofern ist das kein besonders gutes Argument.

    “Was hindert Dich, meinen Vorschlag umzusetzen? ”
    Das texte dadurch schwer lesbar werden, weil diese seltsamen Formen ungewohnt sind – ähnlich wie mit dem Vorschlag Professx (hieß das so?). Überraschenderweise schreibe ich, um verstanden zu werden.

    “Aber ist gibt Menschen, zu denen ich mich auch zähle, die diese Genderdisparität nicht für erstebenswert halten. ”
    Und du glaubst ernsthaft, ich würde dazuzählen?

    ” aber ein Schritt dahin ist, diese Inklusion beider Geschlechter auch sprachlich klar zu machen. ”
    Und überraschenderweise ist dieses Thema auf den Scienceblogs zum ersten Mal thematisiert worden, als ich darüber gebloggt habe.

    “Ein bisschen ist das halt auch mit den “generischen” Formulierungen so: ”
    Echt jetzt? Das hätte ich ja nie gedacht oder gar behauptet (/Sarkasmus)

    “Deine “Forderung”, dass aber ein generisches Neutrum besser wäre, ist nicht nur durch keine Erkenntnis gestützt – die in meinem obigen Beitrag vorgestellte Forschung widerlegt diese Annahme sogar ausdrücklich. ”
    Du verstehst es immer noch nicht, fürchte ich.
    1. In unserer heutigen Welt ist es sinnvoll, gut und richtig, Frauen explizit mit einzubeziehen und sprachlich zu berücksichtigen, das sage ich seit der Anfangszeit meines Blogs.
    2. Das bedeutet aber nicht, dass eine Sprache, die das tut, deshalb schon ideal ist. Ideal wäre eine Gesellschaft, in der das Geschlecht nur Erwähnung findet, wenn es relevant ist (und in der natürlich keine Disparität bezüglich Einkommen etc. herrscht). Da es die nicht gibt, ist im Moment eine vollständig neutrale Sprache nicht unbedingt die richtige Lösung – das muss mich aber nicht daran hindern, die nachteile der Beidnennung wahrzunehmen.

    “Bist Du überrascht, wenn Du daraufhin aus dem Schwimmbad fliegst, und wenn ja, warum?”
    1. Was hat das mit generischen Maskulina oder der Grammatik zu tun? Klar, manchmal ist es wichtig, welches geschlecht man hat. Gibt es in Ländern, in denen es kein generisches maskulinum gibt, Deiner Ansicht nach keine getrennten Duschen? In anderen Situationen ist – wie oben schon angeführt – das Alter wichtig oder die Ausbildung – da können wir Leute auch passend sortieren, ganz ohne Unterstützung durch die Grammatik.

    2. Wesentlich besser wäre es übrigens (insbesondere z.B. auch für Menschen, die sich in ihrem Körper nicht wohl fühlen, die eine gender disphoria haben o.ä.), wenn es einfach Einzelkabinen gäbe und fertig (soe wie es in einigen Schwimmbädern inzwischen auch ist).

    ““Was sagen Sie als Frau dazu?” schränkt die Perspektive der möglichen Antworten ein, reduziert sie auf einen Aspekt der Person. ”
    Richtig. Und du siehst nicht, dass man bei der Frage “Wie haben Sie es geschafft, Professorin zu werden” selbst ohne das “als Frau” die Hervorhebung des geschlechts durch die speziell angehängt weibliche Endung auch bewirkt, eben weil die Sprache eine spezielle Endung an das Wort “Professor” anhängt, das ja als Maskulinum wahrgenommen wird, wie wir wissen?

    “Und wenn Du mit der Beidnennung keine Probleme hast, wie Du sagst – warum schreibst Du dann jedes Mal dagegen an?”
    Ich schreibe gegen zwei in meinen Augen absurde Argumente an
    1. die Tatsache, dass wir getrenntgeschlechtliche Umkleidekabinen haben, hätte irgendetwas mit der Grammatik zu tun
    2. es sei immer wünschenswert, wenn die Sprache Differenzierungen erzwinge (siehe Frau/Fräulein).

    Eingestiegen bin ich ja nur wegen der Frage von Sim, warum man ausgerechnet am Geschlecht trennt – und das liegt eben schlicht daran, dass unsere Sprache das fordert/fördert.

  46. #46 Jürgen Schönstein
    24. Januar 2015

    @Martin Bäker #43
    (Unsere Kommentare haben sich überschnitten – meine Nr. 44 war als Antwort auf Nr. 42 und voran gegangene gedacht)

    Vielen Dank für das Beispiel, denn es schildert sehr genau, was ich immer schon geschrieben habe: Wenn Du weißt, dass es sich bei dem Autorenteam ausschließlich um Männer handelt, dann schreib “die Autoren”. Wenn Du in diesem Falle “Autorinnen und Autoren” schriebest, wäre das entweder absichlich irreführend oder könnte dahingehend verstanden werden, dass Du Dich über die Beidnennung eher lustig machen willst. In jedem Fall wäre es eher absurd – ebenso, wie es absurd wäre, eine Gruppe von ausschließlich Frauen mit “Sehr geehrte Damen und Herren” anzureden.

    Wenn Du es nicht weißt, dann … schlag nach (hast Du ja auch getan). Diese Möglichkeit besteht heute, dank Internet, und sie ist auch ziemlich leicht umzusetzen. Wenn Du aber weder die Zusammensetzung kennst, noch eine Möglichkeit hast – weil oft nur die Initialen genannt sind uns es mehrere Möglichkeiten gibt, wer sich dahinter verbergen könnte, schreib “die AutorInnen”, wie sich das in solchen Fällen inzwischen eingebürgert hat – keine Bange, es wird keine Sprachpolizei mit Hafbefehl und Handschellen vor Deiner Haustür auftauchen.

    Wie ich schon mehrfach gesagt habe: Manchmal muss man sich ein bisschen Mühe machen, wenn man sich – aus oben genannten Gründen – möglichst inklusiv ausdrücken will. Aber niemand wird dazu gezwungen.

  47. #47 MartinB
    24. Januar 2015

    @Jürgen
    ” Manchmal muss man sich ein bisschen Mühe machen, wenn man sich – aus oben genannten Gründen – möglichst inklusiv ausdrücken will. ”
    Habe ich ja auch getan – ich sage ja lediglich, dass das nicht wirklich ideal ist, die Gründe dafür habe ich genannt.

    Ich kann auch noch mal anders fragen: Wäre es deiner Ansicht nach in einer Sprache, die kein generisches Maskulinum kennt und in der es nur geschlechtsneutrale Formulierungen gibt, schwieriger, die Gleichberechtigung von Frauen umzusetzen? (Oder noch anders: Scheitert das Überwinden des Rassismus z.B. in den USA daran, dass es Worte wie “Presidentroon” nicht gibt?)

  48. #48 Sebi
    24. Januar 2015

    Meiner Meinung nach führt die Nennung beider Geschlechter nicht in die richtige Richtung, ich bin da ganz auf Martins Seite. Besser wären generell Bezeichnungen, die sowohl geschlechtsunabhängig sind als auch unabhängig von allen anderen Eiganschaften einer Person (letzteres ist ja in der Regel der Fall).

    Die Stereotypenbildung durch Generika ist doch letztlich einfach nur ein klassischer Effekt von Vorurteilen, die jeder Mensch hat. Man assoziiert mit einer bestimmten Berufsgruppen nun einmal meist einen bestimmten Menschentypen, welcher bei Verwendung des Generikums eben in die Vorstellung des Rezipienten tritt. Theoretisch müsste doch um dies zu unterbinden jedesmal nicht nur darauf hingewiesen werden, dass Menschen beider Geschlechter diesen Beruf ausüben, sondern auch Menschen aller Hautfarben, Körpergrößen usw., um die Vorurteile zu dämpfen. Das halte ich für völlig unpraktikabel. Es wäre denke ich besser, nicht bei der Sprache sondern direkt bei den Vorurteilen anzusetzen (nicht dass ich wüsste wie das gehen soll).

  49. #49 MartinB
    24. Januar 2015

    @Sebi
    Meine Meinung ist differenzierter (s.o.), ich nenne auch oft beide Geschlechter, weil es in der momentanen Situation (auf Grund der historische gewachsenen Sprache) vermutlich eine gute Lösung ist. Vielleicht gehe ich aber auch mal wieder konsequent zum generischen Femininum über.

  50. #50 Jürgen Schönstein
    24. Januar 2015

    @MartinB #45
    Worum geht es Dir eigentlich? Wenn Du keinen Widerspruch zu dem siehst, was ich hier geschrieben habe – warum widersprichst Du dann?

    Davon abgesehen, dass Du keineswegs das Gender-Thema und dessen Problematik bei den ScienceBlogs lanciert hast (es gab dazu sogar mal ein eigenes Sonder-Blog hier: For Women In Science), trittst Du – auch hier wieder – als der Verfechter eines irgendwie gearteten generischen Neutrums auf, selbst wenn es belegbar ist, dass dies genau nichts nützen würde. Auch Deine Ausführungen zur Verständlichkeit sind nicht mehr nachvollziehbar: Es ist ja Deine Forderung, mit diesem generischen Neutrum die Sprache unverständlicher zu machen. Ich konnte Dir meinerseits noch an jedem Beispiel, das Du vorgebracht hast, mit wenig Mühe zeigen, dass auch unsere bestehende Sprache leicht und elegant die Problematik lösen kann, die Du nur durch so eine Frankenstein-Grammatik für lösbar hältst. Warum sagst Du dann, dass “meine” generisch neutrale Variante Deines Autorenporträts nicht verständlich ist? Was genau ist daran unverständlich? An der Satzkonstruktion, ebenso wie an der Zahl und Art der verwendeten Wörter, hat sich nichts geändert. Und generischer geht es nicht. Aber wenn Du einen konkreten, besseren Vorschlag hast – ich würde mich freuen, ihn zu lesen.

    Ah ja, Du sagst es ja selbst:

    Ideal wäre eine Gesellschaft, in der das Geschlecht nur Erwähnung findet, wenn es relevant ist (und in der natürlich keine Disparität bezüglich Einkommen etc. herrscht). Da es die nicht gibt, ist im Moment eine vollständig neutrale Sprache nicht unbedingt die richtige Lösung

    Genau! Aber warum bringst Du sie dann jedes Mal an, wenn von konkreten Vorschlägen die Rede ist?

    Eine Frau als “Professorin” zu bezeichnen, ist – auch wenn Du das nicht glaubst – erst mal wertneutral ist. Ebenso, wie ihr Vorname (der sie vermutlich als Frau identifiziert) wertneutral ist. Oder um Iggy Pop hier noch einmal zu zitieren: I am not ashamed to ‘dress like a woman”, because I don’t think it’s shameful to be a woman. Und in aller Regel steht es den Frauen frei zu wählen, ob sie als “Professor” oder “Professorin” – oder, wie Lann Hornscheid als Profx – angesprochen werden wollen. Diese Präferenz können sie zumeist problemlos mitteilen (und einen ersten Fauxpas der Unwissenden werden sie dabei sicher verkraften) – wir wiederum können dies ebenso problemlos akzeptieren. Nichts hindert uns daran, zu fragen: Mit welchen Titel darf ich Sie anreden?

    Deine Replik zu einem Gedankenexperiment – das ja darauf abzielte, ob Differenzierung nach Geschlechtern genaus willkürlich und unvertretbar se wie beispielsweise nach Rassen – kannst Du Dir sparen, denn Du hastv es ja verstanden, auch wenn Du das nur im “Kleingedruckten” zugibst:

    Klar, manchmal ist es wichtig, welches geschlecht man hat.

    Exakt. Und es ist nie wichtig, welche Rasse man hat. Verstehst Du jetzt, warum es manchmal wichtig ist, das Geschlecht zu markieren, aber nie, die Rasse zu markieren?

    Außer uns liest hier sowieso kein(r) mehr mit, und den Wert, diese Privatdiskussion mit Dir, die sich sowieso immer in den gleichen Bahnen dreht, hier fortzusetzen, erkenne ich nun wirklich nicht mehr. Vor allem nicht nach solchen “zusamenfassenden” Statements, für die man sich als Leser hier an Deiner Stelle fremdschämen muss:

    Ich schreibe gegen zwei in meinen Augen absurde Argumente an
    1. die Tatsache, dass wir getrenntgeschlechtliche Umkleidekabinen haben, hätte irgendetwas mit der Grammatik zu tun
    2. es sei immer wünschenswert, wenn die Sprache Differenzierungen erzwinge (siehe Frau/Fräulein).

    Außer Dir hat niemand geschrieben oder gar als Tatsache festgestellt, dass Umkleidekabinen etwas mit Grammatik zu tun haben. Du schreibst also, nach eigener Aussage, gegen Dich selbst an. Es hat auch niemand außer Dir von der (Wieder)Einführung des Wortes Fräulein geschrieben; auch hier schreibst Du also gegen Dich selbst an. Das Wort “Fräulein” ist ja nicht daran gescheitert, dass es ein Femininum ist (grammatisch es ist Neutrum, was Du ja zu bevorzugen scheinst), sondern daran dass es
    a) ein Diminutivum und als solches abwertend ist (was übrigens auch beim “Mädchen” problematisch ist);
    b) es die Bezeichnete allein nach ihrem eherechtlichen Status (unverheiratet) definiert, was in unserer heutigen Gesellschaft genau nichts über die Person oder ihre Lebensgemeinschaft(en) aussagt, und weil es
    c) kein Äquivalent bei Männern gibt.
    Das “Fräulein” hat sich also selbst abgeschafft.

  51. #51 Jürgen Schönstein
    24. Januar 2015

    @MartinB #47
    Seufz!

    Wäre es deiner Ansicht nach in einer Sprache, die kein generisches Maskulinum kennt und in der es nur geschlechtsneutrale Formulierungen gibt, schwieriger, die Gleichberechtigung von Frauen umzusetzen?

    Nochmal, seufz! Denn ja: Genau das steht in obigem Beitrag. Oder bei Gygax – oder in allerlei gender-sprachlich orientierten Artikeln, die Du selbst auch immer gerne bemühst. Die Idee, dass generische Sprachen “ideal” wären, ist Deine eigene – und Belege dafür hast Du bisher nicht erbracht. Also nochmal: seufz!

    “Presidentroon”? Wirklich jetzt? Erwartest Du wirklich von mir, dass ich Dir den Unterschied zwischen Grammatik und Semantik erkläre? Tut mir leid, aber das ist nicht mein Job.

  52. #52 Sebi
    25. Januar 2015

    Sorry Martin. ich wollte dich nicht vereinnahmen. Mir ist klar, dass dein Engagement für gleichberechtigte Sprache deutlich größer als meins ist, nicht zuletzt da letzteres nicht vorhanden ist. Mein Interesse an der Thematik ist dazu einfach zu gering, wenngleich ich gerne Diskussionen dazu verfolge.

    @Jürgen: versuch doch einmal etwas sachlicher zu argumentieren. Martin ist nun wirklich kein Diskussionspartner, der dies erschwert. Trotz beinahe beleidigender Psotings deinerseits bleibt er absolut ruhig. Deine Art zu reagieren fällt durchaus negativ auf.

  53. #53 MartinB
    25. Januar 2015

    @Jürgen
    “Verstehst Du jetzt, warum es manchmal wichtig ist, das Geschlecht zu markieren, aber nie, die Rasse zu markieren?”
    Und was ist mit dem Alter? Der Ausbildung? usw.?

    “Aber warum bringst Du sie dann jedes Mal an, wenn von konkreten Vorschlägen die Rede ist?”
    Weil es einfach ein falsches Argument ist zu sagen: Wir brauchen grammatikalische Geschlechter, um Leute auf Hotelzimmer zu verteilen. Wenn Braunschweig gegen Hannover Fußball spielt, dann verteilt die Polizei auch die Fans auf unterschiedliche Bereiche im Stadion, und das schaffen die ganz ohne Unterstützung durch die Grammatik.
    Warum verstehst du nicht, dass man ein falsches Argument auch dann kritisieren kann, wenn man die daraus gezogene Schlussfolgerung im Kern teilt?

    “Außer Dir hat niemand geschrieben oder gar als Tatsache festgestellt, dass Umkleidekabinen etwas mit Grammatik zu tun haben.”
    Was sollte dann das Beispiel, wenn es mit dem Thema hier (das ist ja nun mal die Grammatik) nichts zu tun hat?
    Du wolltest uns nur die überraschende Erkenntnis mitteilen, dass in manchen Situationen das Geschlecht wichtig ist? Ich dachte, daraus sollten wir schlussfolgern, dass deswegen die grammatischen Geschlechtsformen irgendwie wichtig oder nützlich sind.

    “Oder bei Gygax – oder in allerlei gender-sprachlich orientierten Artikeln, die Du selbst auch immer gerne bemühst. ”
    Falsch. Diese Studie hier:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2012/05/11/gibt-es-ein-generisches-maskulinum/
    zeigte ja deutlich, dass es in Sprachen ohne generisches Maskulinum das Stereotyp ist, das über die Zuordnung des Geschlechts entscheidet.

    “Erwartest Du wirklich von mir, dass ich Dir den Unterschied zwischen Grammatik und Semantik erkläre?”
    ?? Was ist denn der Unterschied zwischen “waiter and waitresses” einerseits und “presidents and presidentroons” (in Hofstadters hypothetischer Sprache) andererseits?

    @Sebi
    “ich wollte dich nicht vereinnahmen.”
    Schon o.k., ich wollte nur verhindern, dass jemand deine verkürzte Darstellung für meine Meinung hält.

    Ansonsten Danke für die Unterstützung.

  54. #54 MartinB
    25. Januar 2015

    @Jürgen
    Ich glaube, ich habe einen Teil deines Arguments falsch verstanden – den Satz zum Gygax-Artikel oben bitte gedanklich streichen. Du willst ja anscheinend gerade sagen, dass wir die Doppel-Nennung des Geschlechts brauchen, um Stereotype zu überwinden und dass das in Sprachen, die echte neutrale Formen haben, so nicht geht. Insofern fehlt also eine Möglichkeit, Stereotype zu durchbrechen.
    Dem steht aber entgegen, dass es in diesen Sprachen die sprachlich bedingte Benachteiligung und Stereotypisierung, die wir dank des generischen Maskulinums haben, so eben auch nicht gibt. In Sprachen mit generischem Maskulinum sind bei verwendung dieser Form ja alle Rollen männlich besetzt, selbst stereotyp weibliche. (Siehe den Gygax-Artikel.) In meinen Augen sind das deswegen zwei unterschiedliche Dinge – die gesellschaftliche Benachteiligung einerseits und die sprachliche andererseits.

    Ansonsten glaube ich, dass der Kern der Meinungsverschiedenheit zwischen uns woanders liegt. Das Hotel- oder Schwimmbadbeispiel sollte ja dazu dienen, zu sagen, wie wichtig die Unterscheidung nach Geschlecht sein kann. (Was ich übrigens nicht teile – ich kenne mindestens eine Frau, die mit Sicherheit das Zimmer lieber mit einem nichtrauchenden Mann als mit einer rauchenden Frau teilen würde – andere Merkmale können auch hier wichtiger sein als das Geschlecht…)
    In einem alten Artikel hast du mal (sinngemäß) geschrieben, dass die Geschlechtsunterscheidung deshalb so wichtig sein, weil wir nun mal sexuelle Wesen sind. Da liegt meiner Ansicht nach der Knackpunkt: Ich denke, dass es 99% aller Situationen eben vollkommen egal ist, welches Geschlecht jemand hat. Wenn mir jemand die Schrödingergleichung erklären soll oder meine Ware im Supermarkt kassiert, dann ist das Geschlecht eben vollkommen egal. (Und dazu empfehle ich nochmal das Buch “Ancillary Justice”, in dem man bis zum Ende das Geschlecht nahezu aller ProtagonistInnen nicht erfährt – am Anfang ungewohnt, aber irgendwann merkt man, dass es wirklich keine Rolle spielt, man erfährt viel über die beteiligten Personen und kann sich ein gutes Bild von ihnen machen.) Deswegen braucht es auch keine Sonderform wie “Kassiererin” – wenn ich zu Hause erzähle, dass die Person an der Kasse heute besonders freundlich war oder mir aus Versehen zu viel Geld rausgegeben hat o.ä., ist doch das Geschlecht dieser Person genau so egal wie die Hautfarbe oder das Alter oder die Körpergröße. Du würdest vermutlich sagen, dass diese Information wichtig ist und dass ich so ja besser differenzieren kann – ich sehe die größere Notwendigkeit, nach Geschlecht zu differenzieren als z.B. nach Alter, nicht.

    Dass wir in der aktuellen gesellschaftlichen Situation Gleichstellungsmaßnahmen brauchen, darin sind wir uns ja einig. (Und dein Versuch, mich rhetorisch in eine andere Ecke zu drängen, war schon ziemlich grenzwertig.)

  55. #55 Sim
    25. Januar 2015

    Und es ist nie wichtig, welche Rasse man hat.

    Wenn diese Aussage jetzt nicht ironisch gemeint war oder ich irgendwas übersehen habe, dann ist das schlicht falsch.

    Beispiel: Die Polizei sucht einen Mörder der auf der Überwachungskamera als großer, blonder Kaukasier identifiziert wird.

    Haarfärbemittel für Asiaten funktionieren nach einem anderen Prinzip als für Europäer. Liegt an der, genetisch codierten, Beschaffenheit der Haare.

    Auch können unterschiedliche Rassen unterschiedlich anfällig für Krankheiten sein oder bestimmte Medikamente nicht vertragen.

    Und nicht zuletzt kann die Rasse auch die Antwort auf die Frage liefern ob man das Zusammentreffen mit einem militanten Rassisten überlebt oder nicht.

    Aber ich will jetzt hier keine Rassismusdiskussion vom Zaun brechen und lieber noch mal auf das eigentliche Thema zurückkommen.

    ——————————————————————-

    @ Jürgen und Martin

    Dazu würde ich erst nochmal die Positionen zusammenfassen:

    Wenn ich das richtig sehe dann erkennen wir alle die Aussage an, dass wenn heute im Jahr 2015 von einem Maler, im generischen Maskulinum, die Rede ist, die meisten Menschen das Stereotyp eines männlichen Malers im Kopf haben. Das ist erstmal so.

    Jetzt kann man verschiedene Gründe dafür finden, wieso man das ändern möchte. Sei es ganz allgemein der Gleichstellungsgedanke oder dass sich explizit Frauen auch angesprochen fühlen sollen ( z.B. damit sie später mit höherer Wahrscheinlichkeit den Beruf ergeifen) oder dass Geschlechterausprägungen ganz generell in den Hintergrund treten sollen usw.

    An der Stelle können die Positionen also schon voneinander abweichen. Man kann all diese Dinge in beliebiger Kombination und in beliebiger Gewichtung vertreten. Vieles von dem genanntem überschneidet sich aber es ist eben nicht identisch.

    Es sollte also klar kommuniziert werden was genau erreicht werden will. Jürgen schrieb ja oben bereits, dass wenn man möchte, dass sich Frauen und Männer (Transgender sind in dieser Diskussion ja schon lange unter den Tisch gefallen) gleichermaßen angesprochen fühlen, dass man dann diese explizit ansprechen müsse. Ich denke auch da gibt es keinen Dissens.

    Aber ich denke wo sich Martin und ich einig sind ist, dass das nicht der Weisheit letzter Schluß ist und man doch idealerweise gar nicht dazu gezwungen sein müsste nach Geschlechtern zu unterscheiden wenn man Männer und Frauen ansprechen möchte.

    An der Stelle sollte klar sein, dass das Ideal ein Zustand ist den man anzustreben versucht der aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben ist.

    Jürgen sagt ja, dass nicht etwa nur das generische Maskulinum sondern auch das generische Femininum oder jedes wie auch immer gearte Generikum nichts an der Vorstellung eines Stereotyps ändert.

    Und an der Stelle hab ich bei Jürgen immer das Gefühl er würde hier von einem unveränderbaren Naturgesetz reden. Korrigiere mich wenn ich falsch liege.

    Jedenfalls habe ich wegen dieser Annahme die Evolution der Sprache mit ins Spiel gebracht. Wir sollten hier auch vor allem zwischen syntaktischer und semantischer Evolution der Sprache trennen. Gerade die Bedeutung von Worten kann sich über die Zeit ändern obwohl das Wort das gleiche bleibt.

    Beispiel: toll
    Bedeutung früher: verrückt , heute: klasse

    Oder man denke an die Euphemismus-Tretmühle. Die ist für diese Diskussion wahrscheinlich sogar besonders wichtig zu beachten.

    Wichtig ist: Wie ein Begriff wahrgenommen wird und damit auch welches Bild er im Kopf erzeugt und welche Konotationen mitschwingen, ändert sich über die Zeit. Es kann also nicht darauf geschlossen werden das nur weil heute bei der Verwendung eines geschlechtsneutralen Ausdrucks von den meisten Leuten im Kopf Männer gesehen werden, dass das auch in 100 Jahren noch so sein wird. Es kann sein, dass in Zukunft dann zu 50% Männer und zu 50% an Frauen gedacht wird. Vielleicht wird aber auch zu 5% an Männer, Frauen, Transgender und zu 90% an Roboter gedacht.

    Wie dieser geschlechtsneutrale Ausdruck aussieht, das ist völlig unerheblich. Ich sage: das kann genausogut das generische Maskulinum von heute sein. Das kann auch ein generisches Femininum sein das kann aber auch eine ganz neue Wortschöpfung sein. Voraussagen kann man das eh nicht. Und hier halte ich wieder das anzustrebende Ideal hoch: All diese Varianten wären erstrebenswerter als eine Sprache in der man immer zwischen beiden Geschlechtern explizit trennen muss. Ich setze also auf eine semantische Evolution und gedenke die zu erreichen indem die realen Bedingunen für beide Geschlechter, wo nötig, verbessert werden.

    Aber das schließt nicht aus, dass es heute Situationen gibt in denen es besser wäre beide Geschlechter zu nennen.
    ————————————————————————-

    @ Martin

    Eingestiegen bin ich ja nur wegen der Frage von Sim

    Da hab ich ja was angerichtet 😀

    Den von dir verlinkten Text und deinen schon älteren Blogpost hab ich dann auch gelesen. Beides sehr interessant zu lesen und bietet einige Möglichkeiten die eigene Position zu reflektieren.

  56. #56 Sulu
    25. Januar 2015

    Aber ich will jetzt hier keine Rassismusdiskussion vom Zaun brechen

    Sorry, aber diesen Unsinn kann man zumindest nicht unkommentiert stehen lassen:

    Und nicht zuletzt kann die Rasse auch die Antwort auf die Frage liefern

    Ich hoffe, du glaubst nicht, es gäbe menschliche Rassen.

    Die Polizei sucht einen Mörder der auf der Überwachungskamera als großer, blonder Kaukasier identifiziert wird

    Nicht verwechseln mit “racial profiling”, das ist verboten.

  57. #57 Sim
    26. Januar 2015

    @ Sulu

    Ich hoffe, du glaubst nicht, es gäbe menschliche Rassen.

    Nicht im Sinne eines wissenschaftlich streng definierten Taxons. Aber jeder der Unterschiede zwischen Menschengruppen mit unterschiedlicher Abstammung finden möchte wird auch fündig und kann dann diesen Gruppen entsprechende Namen geben und genau das ist in der Geschichte bereits passiert. Ich hab mir den Unsinn ja nicht selber ausgedacht. Umgangssprachlich wird der Begriff fälschlicherweise auch gern mal anstelle von Ethnie verwendet. Ich bin in meinen Beispielen auf beide Bedeutungen eingegangen.

    Man muss von der konkreten Definition ja nichts halten und sie für nicht hilfreich oder gar schädlich befinden. Das heißt aber nicht, dass es nie eine Rolle spielt in welche Gruppe man aufgrund dieser Definition gesteckt wird.

    Mit racial profiling hat mein Beispiel aber auch nichts zu tun. Wenn der Täter Aufgrund des allgemein fragwürdigen Attributs Rasse in einer anderen Kategorie steckt als man selber ist man ja wohl trotzdem aus dem Schneider selbst wenn Jemand einen selbst als Täter anschwärzen möchte.

    Aber auch racial profiling selbst ist ein gutes Beispiel für meinen Punkt egal ob es verboten ist oder nicht solange es Jemand macht spielt es für die Betroffenen eine Rolle. Eben drum ist es ja auch verboten. So und mehr als diese simple Feststellung wollt ich jetzt auch nicht treffen.

  58. #58 Jürgen Schönstein
    26. Januar 2015

    @MartinB

    ?? Was ist denn der Unterschied zwischen “waiter and waitresses” einerseits und “presidents and presidentroons” (in Hofstadters hypothetischer Sprache) andererseits?

    Muss das jetzt wirklich sein? Du behauptest also weiterhin ernsthaft, dass es keinen semantischen Unterschied zwischen der Bezeichnung “waitress” und “presidentroon” gibt? Dass Du also nicht erkennen kannst, wie Du damit “waitress” als ein Schimpfwort bezeichnest? Denn genau das ist “presidentroon” – eine ganz üble, rassistische Beleidigung. Und dann wunderst Du Dich, wenn Du Dich “rhetorisch in einer anderen Ecke” wiederfindest? Denn das heißt ja nichts anderes – und das hast Du ja in Deiner Antwort auf meinen HInweis mit der Frau Professorin auch so geschrieben – als dass Du “weiblich” mit “abwertend” gleichsetzt. Alles Weitere dazu hat schon Iggy Pop (siehe oben) gesagt.

    Auch Deinen Strohmann, dass ich mit Grammatik irgendwelche Hotelzimmer belegen will, kannste ruhig wieder einpacken. (Wenn ich so einen Bock geschossen hätte, würde ich nicht weiter drauf rumreiten, sondern mich dafür entschuldigen…)

  59. #59 Jürgen Schönstein
    26. Januar 2015

    @sim #57
    Es gibt “Rassen”, aber nur als ein absurdes soziales Konstrukt – in den USA werde ich beispielsweise auf fast jedem amtlichen Formular aufgefordert, eine oder mehrere Rassenzuordnungen für mich zu wählen. Das Problem bei diesem “Rassenbegriff” ist unter anderem, dass er nicht definiert und nicht definierbar ist und noch nicht mal etwas über den Phänotyp einer Person aussagen kann, obwohl er dies ja vorgibt.

  60. #60 MartinB
    26. Januar 2015

    @Jürgen
    Ich glaube, du hast den Hofstadter-Text (aus dem das Wort presidentroon stammt und auf den ich mich bezog) nicht verstanden. Zitat aus dem Nachwort:
    “The entire point of it is to use something that we find shocking as leverage to illustrate the fact that something that we usually close our eyes to is also very shocking”

    Dass “presidentroon” für dich offensichtlich eine Beleidigung ist und waitress ebenso offensichtlich nicht liegt doch an zwei Dingen:
    1. Die eine Form ist vertraut und gewohnt.
    2. Du hältst den Unterschied der Geschlechter für extrem fundamental wichtig, selbst wenn es darum geht, wer dir einen Teller vor die Nase stellt.

    “Auch Deinen Strohmann, dass ich mit Grammatik irgendwelche Hotelzimmer belegen will,”
    Kannst du dann bitte endlich erklären, warum du in dieser Debatte über Grammatik von Hotelzimmern und Schwimmbädern redest, wenn die nichts mit Grammatik zu tun haben? Nur um die unglaubliche Erkenntnis loszuwerden, dass es Situationen gibt, in denen das Geschlecht wichtig ist? Hat das irgendwer bestritten?

    @Sim
    “Transgender sind in dieser Diskussion ja schon lange unter den Tisch gefallen”
    Bei mir nicht – wobei die meisten transgender-Personen sich ja einem Geschlecht zuordnen, so dass das für diese kein Problem ist (in meinen Augen sollten Menschen, die sich einem Geschlecht zugehörig fühlen, auch so behandelt werden, ganz einfach). Aber natürlich gibt es auch Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen – die wären bei einer neutralen Formulierung auch gut bedient.

    ” Jürgen sagt ja, dass nicht etwa nur das generische Maskulinum sondern auch das generische Femininum oder jedes wie auch immer gearte Generikum nichts an der Vorstellung eines Stereotyps ändert. ”
    Wobei der Beweis für das generische Femininum noch aussteht – und wenn wir in der heutigen Welt erst mal Frauen als “default” setzen, scheint mir das auch nicht so schlimm.

    Ansonsten danke für die Zusammenfassung.

  61. #61 Sebastian
    26. Januar 2015

    Hallo Herr Schönstein, ich habe eine Frage an Sie. Und zwar folgende: Selbst wenn man jetzt einfach mal davon ausgeht, dass es an dem von Ihnen anfänglich erwähnten Hirn-Scan-Experiment wissenschaftlich nichts auszusetzen gäbe und das Experiment eindeutig und zweifelsfrei beweisen würde, dass sich in den Köpfen bei einigen Personen ein anderes Bild manifestiert, als das beabsichtigte – mit welchem Recht eigentlich wollen Sie anderen, freien Individuen vorschreiben, was diese in ihrem Geist zu denken haben?
    Ich habe absolut kein Problem damit zuzugeben, dass ich bei dem Plural “die Mechaniker” eher an Männer denke (was übrigens daran liegen könnte, dass die meisten Mechaniker tatsächlich Männer sind. Umgekehrt denke ich bei dem Plural “die Studenten” grundsätzlich an Männer und Frauen, wenn man nicht explizit den Plural “die männlichen Studenten” verwendet). Und, so what?! Genauso hat ja auch selbsverständlich eine Frau das Recht nur an Frauen zu denken, oder an was auch immer. Oder eine gläubige Person nur an gläubige, christliche Mechaniker (so absurd oder diskriminierend oder wie auch immer dies politisch korrektem Gedankengut entgegenstehen mag), jedenfalls ist das die völlig private Gedankenwelt dieser Person und nur sie hat das Recht darüber zu bestimmen, was sich darin abspielt. Wie kommen Sie also auf die, sorry, dass ich es nicht anders auszudrücken vermag, ‘höchstgradig faschistoide’ Idee (im Orwell’schen Sinn) bestimmen zu wollen, was im Geist einer anderen Person abzugehen hat? Und was würden Sie empfehlen, sollte man mit Personen machen, die nicht das Gedankengut in ihren Köpfen haben, welches Sie oder andere Personen tragen… sollte man diese Personen wegen gedanklichen Verbrechens verklagen, oder wie muss man sich das jetzt vorstellen? Ich wäre wirklich sehr interessiert, was sie dem entgegnen zu haben und wie Sie die von Ihnen vorgeschlagene ‘kognitive Diktatur’ eigentlich moralisch rechtfertigen wollen?

  62. #62 Jürgen Schönstein
    26. Januar 2015

    @MartinB #60
    Dass Du den selben Strohmann immer weiter drischst, ist jetzt wirklich schon jenseits der Peinlichkeitsgrenze:

    Dass “presidentroon” für dich offensichtlich eine Beleidigung ist und waitress ebenso offensichtlich nicht liegt doch an zwei Dingen:
    1. Die eine Form ist vertraut und gewohnt.
    2. Du hältst den Unterschied der Geschlechter für extrem fundamental wichtig, selbst wenn es darum geht, wer dir einen Teller vor die Nase stellt.

    “Presidentroon” ist nicht nur “für mich” beleidigend – es ist ein Portmanteau aus President und Quadroon – einem Wort aus der Sklavenhalterzeit, in seiner sprachlichen Angemessenheit dem “Nigger” vergleichbar. Damit Deine Analogie funktioniert, müsste “Waitress”also gleichbedeutend mit, sagen wir mal, “Hure” oder “Schlampe” sein. Du sagst damit, in anderen Worten: “Alle Frauen sind Huren.” Und da wunderst Du Dich, dass Du von mir keine Zustimmung bekommst?

    Du vertrittst also den Standpunkt, dass Frausein etwas ist, was man besser nicht erwähnen sollte. Und verlangst nun von mir, Dir zu erklären, warum das so ist? Bevor Du diese bahnbrechende “Erkenntnis”, dass Frauen offenbar daduch herabgewürdigt werden, dass ihre Weiblichkeit erwähnt wird, weiter verbreitest, solltest Du vielleicht erst mal das hier lesen.

    Wie Du dem obigen Beitrag (und auch dem von Gygax, beispielsweise) entnehmen kannst, geht es nicht um das generische Maskulinum – der maßgebliche Begriff ist generisch. Das ist der Teil, der nicht funktioniert. Wenn Du also behauptest, für das generische Femininum sei das ja noch nicht bewiesen, dann beweist Du nur, dass Du lernresistent bist. Aber das erklärt immer noch nicht, warum Du einerseits so hartnäckig ein generisches Neutrum forderst, das Du als “ideal” bezeichnest (auf welcher empirischen oder akademischen Basis, übrigens? Auch hier gilt erst mal das Problem mit Generika) – es aber andererseits, wenn man Dir zeigt, wie es geht, als unverständlich ablehnst. Erklär doch mal, was daran unverständlich ist – und wie das dann zu dem Rest Deiner generischen Sprachtheorien passt.

    Dein allergrößter Denkfehler ist aber, dass Du offenbar darauf wartest, dass jemand per Dekret die Grammatik ändert. Irgendwie scheinst Du ja sogar zu glauben, dass ich die Autorität bin, der die Genus-Beugung in der deutschen Grammatik zuzuschreiben ist. Denn Du verlangst immer wieder von mir, dass ich deren Existenz rechtfertigen soll.

    Weißt Du, wie man Sprache ändert? Durch den Sprachgebrauch. Wenn wir das generische Maskulinum abschaffen wollen, dann am besten dadurch, dass wir es nicht benutzen. Dann wird es sehr schnell als “veraltet” oder “früher gebräuchlich” verschwinden – wie das “Fräulein”. Und durch konsequente Beidnennung ist dieses Ziel sehr leicht zu erreichen – und besser als durch jedes neu zu schaffende, grammatisch (nach Deiner eigenen Definition) “falsche” Generikum.

    Das ist aber, wie Du gerne noch einmal nachlesen kannst, schon die Kernaussage des obigen Postings. Wir kommen also nach kurzen Pirouetten immer wieder zu der simplen Tatsache zurück, dass wir im Deutschen bereits die Möglichkeit haben, uns inklusiv auszudrücken.

    Dass wir zwei Begriffe benutzen, um ein Konzept auszudrücken, ist nichts Neues, es gibt dafür sogar einen Fachausdruck: Hendiadyoin, und wir benutzen dieses Stilmittel ganz selbstverständlich: “Hab und Gut”, “Haus und Hof”, “Leib und Leben”, aber auch “Tod und Teufel,”, schnurz und piepe”… Niemand beklagt sich, dass das ja zu schwer oder zu umständlich wäre. Warum also nicht auch “Leserinnen und Leser”?

  63. #63 Jürgen Schönstein
    26. Januar 2015

    @Sebastian #61
    Da ich niemandem etwas vorschreibe, was er oder sie zu denken hat, erübrigt sich eigentlich schon jede weitere Ausführung. Es geht hier nur darum, wie man etwas, das man sagen will, am klarsten ausdrücken kann.

  64. #64 Sebastian
    26. Januar 2015

    Ersteinmal, danke für die Antwort. Dann sind wir uns ja einig darüber, dass es anmaßend wäre sich herauszunehmen für jemanden bestimmen zu wollen, was er zu denken hat. Damit wäre also auch das von Ihnen erwähnte Experiment ohnehin irrelevant, da es kein solches Experiment braucht, um festzustellen, dass nicht jeder in jedem Fall bei jeder Vokabel exakt das selbe denkt. Selbst bei dem banalen Wort “Apfel” denkt Person A vielleicht an einen roten Apfel, während Person B eher an einen grünen Apfel denkt, weil sie generel lieber grüne Apfel isst. Am Ende kommt man sogar zu dem Ergebnis, dass letztendlich alles nur eine Frage der Definition ist, sofern man sich eben gemeinsam auf eine einigt… D.h. also ob ich die Variable “Studenten” als “nur männliche Studenten” oder “männlich und weibliche Studenten” oder “nur Studentinnen” definiere ist eben eine Frage der Definition. Ich kenne sehr wohl die Argumentationen von Feministinnen, die dann immer sagen, ja, aber sie wollen ja als Frauen GEMEINT sein und nicht nur “MITGEMEINT”. Das ist natürlich ein schönes semantisches Spielchen, um dem Kontrahenten wieder ein schlechtes Gewissen einzureden. Über so eine Argumentation muss man sich aber nicht aufregen, zumal sich diese leicht aushebeln lässt… nämlich folgendermaßen: Wenn ich die Variable “Studenten” als “männliche und weibliche Personenen, welche studieren” definiere, dann können ja aufgrund der Definition Frauen eben nicht nur “mitgemeint” sein, sondern sie sind per Definition tatsächlich gleichermaßen gemeint wie Männer -> folglich ist es also die Eigenverantwortung und Schuld der Feministin, die sich dann beschwert, sie fühle sich nur ja “mitgemeint”, weil sie es offensichtlich absichtlich falsch versteht. Dieses Argument mit dem vonwegen nur “mitgemeint” könnte man sogar argumentativ weiterverfolgend auch als Opferrollen-Konstruktion bezeichnen, was so eine Argumentation auch übrigens ist, ausgehend von der Feststellung der reinen Definitionsfrage von sprachlichen Begriffen und der damit in der Sprache inhärent liegenden Flexibilität. Ich stimme Ihnen zu, dass es, wenn es also nicht um eine kognitive Diktatur geht, vor allem darum gehen sollte, wie man, das was man sagen will, am klarsten und unmisverständlichsten ausdrücken kann, aber Klarheit und Unmisverständlichkeit ist am schnellsten da vertreten wo sprachliche Ausdrucksweise vor allem kurz und prägnant ist. Was ist also gegen einen generisch Maskulinen Plural alla “die Studenten”, der von seiner Definition her sowohl Frauen als auch Männer gleichermaßen meint, einzuwenden, wenn es wie Sie zugeben, eben nicht darum geht, was die Personen denken? Ist dann ein solcher Vokabulargebrauch nicht kurz, prägnant, und vor allem klar und unmisverständlich genug?

  65. #65 MartinB
    26. Januar 2015

    @Jürgen
    “Du vertrittst also den Standpunkt, dass Frausein etwas ist, was man besser nicht erwähnen sollte.”
    O.k., du schreibst sowas und wirfst mir “Strohmänner” vor, das ist schon entweder absurd oder perfide.
    (Oder bist du der Ansicht, dass man Alter nicht erwähnen sollte, weil du keine spezielle Formulierung “alte und junge Wissenshcaftler” verwendest?) Ich bin der Ansicht, dass menschen selbst entscheiden sollten, welche ihrer Eigenschaten sie erwähnt haben wollen.

    Und in Hofstadters hypothetischer Sprache ist die Endung “oon” genau das Äquibvalent von “ess”, ohne die Konnotationen, die du da siehst (lies den Artikel einfach…)

    “der maßgebliche Begriff ist generisch. Das ist der Teil, der nicht funktioniert. ”
    Das ist nicht bewiesen. Da wir aktuell die Sprachgeschichte haben, die wir haben, läuft das generische Femininum der sprachlichen Gewonheit zuwider und schafft deswegen Aufmerksamkeit, was das generische Maskulinum nicht tut. Und soweit ich weiß, wurde das generische Femininum bisher nicht in dieser Weise getestet.

    ” Erklär doch mal, was daran unverständlich ist”
    Schreib mal einen text in der Weise hier auf deinem Blog und schaue, was du für Kommentare bekommst, dann wirst du sehen, ob die Leute dich so gut verstehen…

    “Dein allergrößter Denkfehler ist aber, dass Du offenbar darauf wartest, dass jemand per Dekret die Grammatik ändert”
    Nein. Ich schließe nur nicht – wie du – vom sein aufs sollen und suche auch nach Lösungen, die jenseits dessen liegen, was im Moment möglich erscheint.

    “dass wir im Deutschen bereits die Möglichkeit haben, uns inklusiv auszudrücken. ”
    Darum geht es bei meiner Kritik ja nicht. (Obwohl auch das Beispiel mit den AutorInnen zeigt, dass es nicht immer trivial ist.) Es geht um die Frage, warum das Geschlecht überhaupt so wichtig sein soll, dass es einer speziellen grammatischen Form bedarf. Deine Antwort lautet bisher “weil das so ist” oder wegen der Schwimmbäder und Hotelzimmer. Das stellt mich nicht zufrieden.

  66. #66 Omnivor
    ex-BS
    26. Januar 2015

    @Phil
    Vor einigen Jahren fuhr die Feuerwehr in Braunschweig mit der Werbung FRAUEN AN DEN (brand)HERD* herum.
    Da wurden deine Bedenken offensichtlich nicht geteilt.

    *Schreibweise sinngerecht angepasst

  67. #67 Earonn
    27. Januar 2015

    @Sebastian # 64

    Ich denke, das Problem mit dem “Mitgemeint” liegt darin, wer das entschieden hat. Keiner hat Frauen gefragt ob es ihnen recht ist, “mitgemeint” zu sein. Das ist natürlich so gewachsen, aber eben aus Verhältnissen heraus, die nicht eben frauenfreundlich waren.
    Heute sind die Verhältnisse anders, und wie in allen anderen Bereichen auch, kann die Sprache das auch hier ruhig widerspiegeln. Tut keinem weh. Klingt vielleicht ungewohnt, aber ach, wenn wir wegen jedes Details des modernen Lebens, das sich ändert und darum ungewohnt ist, ein solches Geschrei veranstalteten würden…

    Soweit ich weiß, werden die Lernenden an der Uni doch auch inzwischen “Studierende” genannt?
    Und wenn denn ein geschlechtsneutrales Wort vorhanden ist, kann man das m.E. auch ruhig benutzen.

    Und weil die wirklich gute Frage aufkam, ob die geschlechtsneutrale Sprache etwas ausmacht, hab ich mal rasch zwei Statistiken rausgesucht.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Frauenanteilen_in_der_Berufswelt#Ausbildungsberufe

    https://www.catalyst.org/knowledge/women-automotive-industry

    Mir scheint schon, dass zumindest die US-Autoindustrie da besser dasteht. Die sind sicherlich nicht 1:1 vergleichbar und sollen NUR EINEN ANHALTSPUNKT darstellen.

  68. #68 Sebastian
    28. Januar 2015

    @ Earonn
    ich glaube du hast nicht verstanden, was ich geschrieben habe. Auch du bestehst ja weiterhin darauf , dass die Variable die “Studenten” bedeutet “mitgemeint” und nicht “gleichermaßen gemeint”. Derjenige, der entscheidet, wie diese Variable heißt, ist derjenige der die Botschaft kommuniziert, anders machts keinen Sinn. Natürlich kann der Empfänger sich dann beschweren und sagen, für mich bedeutet das aber was anderes und ich fühle mich ja so furchtbar diskriminiert, obwohl der Sender der Botschaft das Gegenteil definiert hat. Aber in jedem Fall ist der Empfänger Schuld, wenn er die Botschaft bewusst anders interpretiert obwohl er ganz genau weiß, wie sie gemeint war. Du beschwerst dich doch auch nicht darüber, dass ein gewisser Herr Peano in der Mathematik die Natürlichen Zahlen N inklusive der Null definiert und dann etwas vorrechnet und sagt, das Ergebnis ist so und so und du sagst dann, ne, das ist aber nicht so, weil ich trotzdem die natürlichen Zahlen N exklusive der Null verstehe, obwohl Peano N mit Null definiert hat. Man bräuchte sich nur mal vorzustellen, wie absurd das wäre. Und ich habe bewusst das Wort Feministin benutzt, weil die Frauen, die sich über die Definition von Variablen beschweren eben meistens Feministinnen sind, die nur einen sehr sehr kleinen Teil aller Frauen repräsentieren… Es gibt auch keine Statistik, zumindest ist mir keine bekannt, die belegt, dass alle Frauen das generische Maskulinum als “so schrecklich diskriminierend” empfinden wie es am laufenden Band von Feministinnen insinuiert wird. Und es ist ja auch keineswegs so, dass irgendeine Person, z.B. eine besagte Feministin die Definitionshoheit allein für sich über einen Begriff besäße. Die kann man ihr sofort streitig machen, in dem man ihr eben eine eigene Variable entgegenstellt mit ner eigens festgelegten Definition 🙂 Und ja, richtig, man KANN auch den Begriff “Studierende” benutzen, der übrigens nur lediglich von offiziellen Stellen einer Uni benutzt wird, weil diese nicht selten unter der Fuchtel von Feministinnen stehen oder zumindest unter großer Beeinflussung. Oder man kann diesen Blödsinn natürlich auch sein lassen und weiterhin Studenten sagen 😉 Was, wenn du mal mit normalen Studenten sprichst, auch der Fall ist, und sowohl Frauen als auch Männer in der normalen Alltagssprache genau das tun, anstatt sich irgendwelchen künstlichen Sprachdeformationen von meistens link-radikal gerichteten Gruppierungen zu beugen, die über die magischen sich gesellschaftlich ausbreitenden Kräfte von Sprache delirieren, für welche es bis heute nicht den allergeringsten wissenschaftlich validen Beweis gibt. 😉 Genau das Gegenteil ist sogar der Fall. Auch bekannt als das norwegische Gender – Paradox. Norwegen ist ein Land wo diese Gender-Sprachregelung deutlich länger wütet, als sie das hier in Deutschland tut. Fakt ist, dass sich dort beruflich an der Verteilung der Geschlechter bei typischen Männerberufen und typischen Frauenberufen nichts getan hat. Wie sollte es das auch? Nur weil ich einen Tisch als TischlerIn bezeichne, ändert sich ja nichts an dem Tisch selbst. – tatsächlich entspricht das mit der Sprachveränderung und ihrer angeblichen Auswirkung auf gesellschaftliche Verhältnisse genau diesem Beispiel. Wers bezweifelt, der soll mal versuchen eindeutig kausale Auswirkungen seit der Einführung der Begriffe die Studierenden, LehrerInnen, SchülerInnen, etc. auf die entsprechenden gesellschaftlichen Umfelder, in denen sie benutzt werden, zu beweisen. Korrelationen sind übrigens keine Kausalitäten, das nur vorab und somit auch kein gültiger Beweis 😉 Und auf einen solchen Beweis wäre ich doch mal sehr gespannt 😀

  69. #69 Earonn
    28. Januar 2015

    @Sebastian

    – Zeilenumbrüche helfen und werden nicht mal nur von den pöhsen Feministinnen geschätzt.

    – jaja, alle “Feministinnen” sind total plöhd, und überhaupt, da sie niemals für alle Frauen sprechen sind alle ihre Ideen auch doof. Überhaupt, deine Ablehnung gegen Feministinnen tropft aus jeder Zeile. Aber ob eine Idee gut oder schlecht ist, hängt nicht davon ab, welches ad hominem-Argument Du gegen denjenigen anbringst, der sie macht.

    – Zwar kann der Kommunzierende die Worte so wählen, wie er sie für richtig hält. Bedeutet nur nicht, dass der Sinn wie gewünscht beim anderen ankommt. Kommunikation sollte so ausgelegt sein, dass Empfänger die Botschaft verstehen können. Sonst ist es ein Selbstgespräch.

    Und nochmal: wo wäre der große Verlust?
    Wir sagen nicht mehr Nigger, Behinderte, benutzen Anglizismen, haben gelernt ” 😉 ” zu interpretieren usw.usf.
    Warum geht die Welt unter, wenn “Studierende” statt “Studenten” für passender gehalten wird?
    Ach ja. Weil das nur Leute machen, die “unter der Fuchtel von Feministinnen stehen”.
    Da aber auch an den Unis noch größtenteils Männer entscheiden, müssen das sehr dumme Leute sein, wenn sie so eine Entscheidung treffen, nur weil “Feministinnen” sie “unter ihre Fuchtel” bringen. Dann sollten wirklich Frauen das Ruder übernehmen, die Männer sind ja anscheinend nicht fähig, Entscheidungen rational zu treffen. Das ergibt sich aus deinem Vorwurf an die Feministinnen.
    Womöglich wurde so entschieden, weil die Entscheidungsträger die Begründung anerkannten? Weil sie auch denkende Wesen sind, die lediglich die Welt anders sehen als Du?

    Was Norwegen betrifft – deine unbelegte Aussage deutet in die entgegengesetzte Richtung der Links, die ich gepostet habe. Allerdings wurde nie behauptet, dass die Sprache allein die Ursace für die ungleiche Geschlechteraufteilung ist. Wie lange macht das Norwegen denn schon, hatte die Änderung überhaupt schon Zeit, sich auszuwirken?

    Insgesamt würde ein bißchen Höflichkeit und Respekt deiner Ausdrucksweise nicht schaden. So bekomme ich den Eindruck, dass es eher Abneigung gegen Frauen ist, die da spricht, insbesondere gegen Frauen, die mehr Gleichberechtigung anstreben.

  70. #70 Jürgen Schönstein
    28. Januar 2015

    @MartinB #65
    Wer sagt, dass wir Alter, Ausbildung oder sonstiges “nicht erwähnen”, nur weil es dafür keine grammatische Markierung hat? So ein Unsinn: Ich kann auch ohne grammatische Beugung feststellen, dass Dr. Martin Bäker 49 Jahre alt ist (Du hast, wie ich Deiner TU-Seite entnehmen kann, übrigens am gleichen Tag Geburtstag wie mein Sohn; nachträglichen Glückwunsch). Ich kenne also, ohne eine grammatische Form bemüht zu haben, Dein Alter, Dein Geschlecht (der Vorname verrät’s) und Deinen Bildungsgrad. Grammatik ist nur ein Teil der Sprache, und sie bestimmt absolut nicht, was wir sagen.

    Und es ist kein Strohmann, aus Deiner Geichbewertung von “Frau” (oder, in diesem Fall, “waitress”) mit einer bösen rassistischen Beleidigung zu folgern, dass Du die weiblichen Formen von Personenbezeichnungen als beleidigend empfindest. Es ist schlichtweg die einzige logische Erklärung, ansonsten ergibt das ja nicht mal in sich einen Sinn. Deine “Erklärung” (#60), dass man sich an diese rassistische Beleidigung halt nur gewöhnen müsse, bestätigt das ja: Nach Deiner Logik ist es dann auch das gleiche, wenn ich statt “Ausländer” das Wort “Kanake” verwende – alles nur eine Frage der Gewöhnung.

    Die Sache ist doch ganz einfach: Egal welches Generikum man benutzt, um Männer und Frauen gleichzeitig zu meinen – es greift nicht. Das wurde durch die im obigen Beitrag thematisierte Arbeit belegt. Diese Resultate erkennst Du nicht an, und schreibst sogar, im Gegenteil: “Wobei der Beweis für das generische Femininum noch aussteht”. Oder, in anderen Worten: “Belege? Welche Belege? Ich sehe keine Belege!”

    Ich habe nun wirklich alles dazu gesagt, was dazu zu sagen ist. Und es ist, wie gesagt, ziemlich simpel – man muss sich schon sehr anstrengen, es nicht verstehen zu wollen. Antje Schrupp hat es hier, bei Fisch & Fleisch, sehr passend zusammengefasst: “…Erkenntnisse der Sprach- und Kognitionswissenschaften einfach beiseite zu fegen, bloß weil sie einer nicht gefallen, ist irgendwie kindisch. “

  71. #71 Sebastian
    28. Januar 2015

    @Earonn

    – ok, das mit den Zeilenumbrüchen ist geschenkt. Ich gehe jetzt also Zeile für Zeile deine Antwort durch

    – wo steht, dass Feministinnen alle blöd sind (bzw. etwas auch nur annähernd ähnliches)? Welche Ad-hominem-Argumente? bitte zitieren, sonst handelt es sich bei deiner Argumentation um ein Strohmann-Argument 😉

    – nochmal, wenn Sender A an Empfänger B eine Nachricht sendet und vorher klar definiert, was themenrelevante Begriffe bedeuten, dann gibt es da nichts miszuverstehen, außer man tut es bewusst. Dann handelt es sich aber nicht um ein “Misverständnis”, sondern um ein bewusstes falsch interpretieren! Siehe Beispiel mit Peano – bei diesem deiner Argumente handelt es sich also schon mal definitiv um einen Strohmann.

    – deutlich interessantere Gegenfrage: wo wäre der große Gewinn bei dem Neusprech?, vor allem, da eben die meisten dieses Neusprech eben nicht sprechen (wollen). Wer eine Neuerung durchsetzen möchte, der muss die Sinnhaftigkeit dieser Neuerung beweisen – oder erwartest etwa auch von einem Atheisten , dass er die Nicht-Existenz Gottes beweisen soll? 🙂 Falls du das tust, wirst du feststellen auch Probleme zu haben haben die Nicht-Existenz von Zwergen und Elfen zu beweisen – macht es den Glauben an solche deswegen berechtigt? *Achtung, rhetorische Frage*

    “Wir sagen nicht mehr Nigger, Behinderte, benutzen Anglizismen, haben gelernt…” – das sagen wir aber deshalb nicht mehr, weil Nigger einheitlich von einem sehr großen Teil der Bevölkerung zur bewussten Degradierung benutzt wurde, was sich eben historisch und sprachanalytisch beweisen lässt!! Wie weit abseits der Realität muss man eigentlich denken, um die “Studenten” von seiner angeblich diskriminierenden Wirkung her mit “Nigger” gleichstellen zu wollen? Gehts eigentlich noch?! 🙂 Aber ich bin auch hier auf den Beweis gespannt, der zeigt, dass “die Studenten” die gleiche diskrimierende oder auch nur annähernd diskriminierende Wirkung hat, wie “Nigger” – und diese Qualität der Argumentation übrigens, wie du sie gerade bringst findet man zu Hauf in moderner feministischer Literatur 😉 Empfehlung, einfach mal in ne Uni-Bib gehen und diesen Blödsinn selbst lesen, man würde es nicht glauben, wenn man es nicht selbst gelesen hätte.

    – “Warum geht die Welt unter, wenn “Studierende” statt “Studenten” für passender gehalten wird?” – gleiches Spielchen wie oben, auch hier liegt die Beweislast wieder bei dir: Warum geht die Welt unter, wenn “Studenten” statt “Studierende” für passender gehalten wird?

    Warum an oberster Stelle der Uni das entschieden wurde fragst du? Das zu beantworten ist so offensichtlich wie simpel: frag einfach diejenigen, deren Gehälter an den obersten Stellen aus Steuergeldern finanziert werden 😉 Das ist also weit entfernt von der Abwägung irgendwelcher Argumentation, was genau daran bemerkbar ist, dass ernsthafte Begründungen und Beweise für die Sinnhaftigkeit dieser “Sprach-Unterfangen” vollkommen fehlen und stattdessen Hinterfragungen und Einwände, wie solche simplen, die ich hier ausführe vollständig unbeantwortet sind und mit ähnlichen Tricks wie du es versuchst ausgewichen wird.

    Aus meinem Vorwurf an entsprechend argumentierende Feministinnen ergibt sich “folglich” überhaupt nichts und am allerweingsten, dass irgendwer Blöd ist, das habe ich nicht behauptet, blöd müsste man als Rektor einer Uni sein, wenn man sich gegen politisch befohlenes Gendersprech stellen würde, weil man dann einfach sehr schnell seinen Job los wäre 😉

    – “Was Norwegen betrifft – deine unbelegte Aussage …” …Sorry!!! Im Gegensatz dazu, dass du bisher unhöflicherweise noch keiner einzigen Belegung deiner Aussagen nachgekommen bist, mache ich den ersten Schritt und belege meine Aussage von vorhin, Seite 9 folgende Statistik, Zitat: “However, the existence of “typical” female fields of study as well as “typical” male fields
    of study is observable, with women predominantly engaged in the fields of health and welfare, education and humanities.” https://ec.europa.eu/justice/gender-equality/files/epo_campaign/131014_countryprofile_norway.pdf .

    – “Allerdings wurde nie behauptet, dass die Sprache allein die Ursache für die ungleiche Geschlechteraufteilung ist” – ich habe auch nicht behauptet eine solche Aussage widerlegen zu wollen oder widerlegt zu haben. Ich sage lediglich, es gibt keinen Beweis für überhaupt irgendeine Auswirkung von Sprache im Bezug auf die Verwendung der Begrifflichkeiten “Studierende”, “LehrerInnen”, “SchülerInnen” auf entsprechende Umgebungen, etc. 😉 – auch nur der geringste Hauch an Hinweis, dass es doch irgendwelche sinnvollen Auswirkungen hat, außer, dass es eben ungeheuerlich nervt und penetrant an Orwells 1984 erinnert, steht doch bisher völlig aus!… bevor du also versuchst hier irgendwas von Multikausalität zu plappern, versuche doch erstmal eine kausale Auswirkung von den besprochenen Begriffen als Einzelne Elemente auf die entsprechenden Umgebungen nachzuweisen, bevor du es im Anschluss versuchst in multikausale Zusammenhänge einzubetten, was übrigens noch schwieriger ist! – du machst doch damit deine eigene Argumentation nur noch diffuser, anstatt klarer 😉

    Eine argumentative anstatt affektive Diskussionsweise deinerseits würde hier also insgesamt nicht schaden. Das fängt damit an, dass du deiner Beweislast nachkommst. Hineinterpretieren von emotionalen Zuständen, wie eine angebliche Abneigung gegen Frauen, etc. ist affektiv und emotional und nicht argumentativ.

    Goldene Preisfrage zum Ende: Wenn Vokabeln wie “Studierende”, etc. aller Warscheinlichkeit nach wie es mangels jeglicher seriöser Beweisführung aussieht nicht die geringsten (positiven) Auswirkungen haben, wie kommt man dann auf die noch absurdere Idee jemandem vorzuwerfen, er hätte was gegen Frauen, die sich für Gleichberechtigung einsetzen??? Inwiefern hängt dann Gleichberechtigung denn bitte mit dem Neusprech zusammen? Oder ist das dann eine völlig neue Erfindung des Begriffs “Gleichberechtigung”?

    Wenn eine reale Ungleichberechtigung besteht, z.B. eine Frau irgendwo gefeuert wird, nur weil sie eine Frau ist, oder nicht eingestellt wird, nur weil sie eine Frau ist oder tatsächlich schlechter bezahlt wäre als nen Mann, obwohl sie den identitischen Job ausübt, bin ihc absolut dafür sich für die Frau einzusetzen, da ihr eine echte Ungleichbehandlung widerfahren ist!… aber das ist bei der Verwendung von harmlosen Worten wie “Studenten” ja wohl kaum der Fall, weswegen sich eben normale Studentinnen nie darüber beschweren. – Und gleich präventiv an dieser Stelle – bevor du ankommst mit, ich solle das wieder beweisen, ich verweise dich höflich auf die Zwerge und die Elfen 😉 Echte Ungleichberechtigung mit dieser angeblichen, bisher nicht nachgewiesenen sprachlichen Ungleichberechtigung in einen Diskriminierungs-Topf werfen zu wollen ist genauso hahnebüchen, wie der Vergleich zwischen “Nigger” und “Studenten” – wieso bezeichnest du jemanden, der die Vokabel “die Studenten” bezeichnend für alle studentischen Personen einer Uni benutzt nicht gleich als Nazi? 🙂 Willkommen in Absurdistan sage ich dann nur. Ich glaube das probiere ich mal in der nächsten Mathe-Vorlesung, da sage ich meinem Professor, der sich eine Variable für irgendeinen Zusammenhang hernimmt, dass man ja Nigger auch nicht mehr sagt, und er die Variable für den Zusammenhang doch bitte politisch korrekter und “inkludierender” wählen soll, sonst fände ja eine Benachteiligung der anderen Elemente statt 🙂

  72. #72 Sebastian
    28. Januar 2015

    ich verweise in diesem ganzen Zusammenhang noch einmal auf diesen Artikel hier, dort werden entsprechende Ergebnisse aus entsprechenden Studien zitiert…

    https://www.focus.de/kultur/medien/eine-bilanz-von-harald-eia-soziale-wuensche-ersetzen-kein-testosteron_aid_852562.html

    und noch eine Frage … unabhängig davon, was auch immer die Gründe dafür sind, warum Männer tendenziell solche Berufe wählen und Frauen eher andere… was geht es Politiker oder sonst irgendwann an, welche Gruppe von Mensch welche Berufe wählt? Was will man denn machen? Den einzelnen Menschen dafür bestrafen, dass er sich für den aus Sicht der Politik oder einer bestimmten (feministischen) Gruppe falschen Beruf entschieden hat? Ich unterrichte auch unter anderen junge Schüler. Jedem dürfte ja wohl dieser schwachsinnige Girls- und Boysday geläufig sein, welcher gleichermaßen wie das Neusprech eine Stumpfe Resourcen- und Zeitverschwendung ist…. Wie nicht anders erwarte nützt auch dieser nichts… und genauso wie für dieses Neusprech gibts auch für diese politische Umerziehungsmaßnahme nicht den geringsten Beweis irgendeiner Auswirkung. Und dann noch die Frage, genauso wie ja auch oben schon bei meinem allerersten Beitrag der Einwand, dass sich niemand in die privaten Gedanken eines Menschen einzumischen hat (außer er ist faschistoid veranlagt), folgender Einwand: Wie kommt man eigentlcih politisch auf die freche und absurde Idee sich bei Menschen in ihre private Entscheidung einmischen zu wollen, welche Berufe sie wählen sollten, nur auf Grund der Tatsache, dass sie zu einer bestimmten Menschengruppe gehören, in dem Fall die Gruppe eines bestimmten Geschlechts? Fällt eigentlich niemandem auf, was für ein krasser Einmischungssversuch dies in die Privatsphären von Menschen ist?

  73. #73 MartinB
    29. Januar 2015

    @Jürgen
    “Ich kann auch ohne grammatische Beugung feststellen, dass Dr. Martin Bäker 49 Jahre alt ist”
    Herzlichen Glückwunsch. Warum also braucht das Geschlecht eine Sonderbehandlung.

    Davon abgesehen war das nicht meine Frage. Die lautete, warum eine geschlechtsneutrale Formulierung Frauen unsichtbar macht, eine altersneutrale Formulierung aber nicht problematisch ist. Und die Antwort darauf ist rein historisch durch unsere Sprache bedingt (siehe unten).

    ” mit einer bösen rassistischen Beleidigung zu folgern”
    Ich bezog mich auf die Endung -oon in Hofstadters Text, die dort nicht speziell als beleidigend fungiert, sondern alltäglich ist. Das steht im Text, da etwas anderes reinzuinterpretieren ist nun mal ein Strohmann. Würde sich an der Aussage von Hofstadters Text etwas ändern, wenn er eine andere weniger vorbelastete Endung gewählt hätte? Nein? Eben.

    “as wurde durch die im obigen Beitrag thematisierte Arbeit belegt. Diese Resultate erkennst Du nicht an”
    Doch. Diese Resultate sind für unsere aktuelle Sprache mit ihrem aktuellen historischen Hintergrund korrekt, das habe ich nicht nur nie bestritten sondern mit zahlreichen Artikeln in meinem Blog selbst argumentiert.

    “, und schreibst sogar, im Gegenteil: “Wobei der Beweis für das generische Femininum noch aussteht”. Oder, in anderen Worten: “Belege? Welche Belege? Ich sehe keine Belege!” ”
    Welcher Artikel hat denn das generische Femininum im Deutschen (oder von mir aus im Englischen) untersucht?

    Ich erkläre es noch einmal:
    1. Unser Sprachverständnis beruht auf der aktuellen Verwendung von Sprache. In einer Sprache, in der ein generisches Maskulinum existiert, wissen wir, dass dieses nicht korrekt verstanden wird und zu einer geistigen Unterrepräsentation von Frauen führt. Deshalb ist es *in der momentanen Situation* sinnvoll, Frauen sprachlich hervorzuheben und keine generischen Maskulina zu verwenden. Deswegen verwende ich auf meinem Blog ja auch oft Beidnennungen oder Binnen-Is.
    2. Auf grund der aktuellen Sprache verstößt ein generisches Femininum gegen unsere Gewohnheiten. Meiner Ansicht nach wird die Verwendung eines generischen Femininums deshalb anders wirken müssen als die eines – gewohnten – generischen Maskulinums. Wenn es Forschung gibt, die das widerlegt, dann werde ich diese Ansicht gern überdenken, aber Forschungen am vertrauten generischen Maskulinum so zu interpretieren, dass auch ein generisches Femininum ein Problem darstellt, halte ich für eine übertriebene Schlussfolgerung. Im übrigen könnte man selbst dann darüber nachdenken, wenn denn ein generischen Femininum dazu führt, dass Männer nicht mitgedacht wären (weil unsere Gesellschaft nach wie vor eh männlich dominiert ist).
    3. Die echt geschlechtsneutrale Sprache ist ein Ideal. Sie existiert zumindest im Deutschen zur Zeit nicht, ein Text, den man mit deinen seltsamen Konstruktionen schreiben würde (Menschen als “es” zu bezeichnen, gilt ja auch meist als beleidigend (außer für Kinder im Allg. und Mädchen im besonderen…)) würde im Moment die meisten so stark irritieren, dass es schwer wäre, noch den eigentlichen Inhalt zu vermitteln. Trotzdem ist es in meinen Augen vollkommen legitim und sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass eine sprachliche Trennung nach dem Geschlecht letztlich genau so wenig notwendig ist wie eine nach dem Alter oder einem sonstigen Merkmal.

    PS: Im übrigen magst du es ja bestreiten – aber soweit ich sehe, hast auch du bis Herbst 2010 (als mein Artikel erschien) generische Maskulina verwendet, z.B. die ersten beiden Artikel aus der Liste für September 2010
    https://scienceblogs.de/geograffitico/2010/09/29/atheisten-sind-die-besseren-religionskenner/
    https://scienceblogs.de/geograffitico/2010/09/28/51-minus-funf/
    (Da gibt es Atheisten, Techniker, mehrere Dutzend Ingenieure, etc…)

    PPS: Nach wie vor habe ich keine Ahnung, was mir jetzt das Schwimmbad oder das Hotelzimmer in diesem Kontext sagen sollte…

  74. #74 Earonn
    29. Januar 2015

    @Sebastian
    Ich habe ‘pöhse’ als Kurzfassung Ihrer Aussage
    “meistens link-radikal gerichteten Gruppierungen )…), die über die magischen sich gesellschaftlich ausbreitenden Kräfte von Sprache delirieren”
    benutzt.
    Wie gesagt, etwas Respekt und Höflichkeit ständen Ihnen gut zu Gesicht.

    Zwergen-, Elfen- und Gottesbeweis: ein Strohmannargument, da ich selbst darauf hinwies, dass die Sprache nicht die einzige Ursache für die Geschlechterdivergenz sei.
    Übrigens hatte ich zuvor Belege gebracht, die m.E. in die entsprechende Richtung weisen. Wenn Sie diese ignorieren, kann ich nichts dagegen tun.

    Ein Strohmannargument ist auch Ihr Bezug auf Begriffe wie “Nigger”, da ich nie behauptete, die Sprache in Bezug auf Frauen habe diese erniedrigen sollen. Ich fragte lediglich, wo der Verlust, i.e. das Problem mit einer Änderung der Sprache sei und meine Beispiele wiesen darauf hin, dass wir solche Änderungen schon mehrfach vorgenommen haben.
    Insofern Sie dies missverstehen und als “Nazivorwurf” ansehen wollen, hilft es Ihnen nicht, da auch dies nur ein Strohmann ist. Ich wünschte, Sie würden das unterlassen. Wir sind Erwachsene und können vernünftig diskutieren. Solche Tricks stärken Ihre Argumentation keineswegs.

    Sie geben selbst zu, auch nicht zu wissen, wieso die Leiter der Uni diese Entscheidung getroffen haben, geben jedoch an, diese stünden unter einer “Fuchtel”. Wie belegen Sie dies, bitte?

    Ob eine Änderung der Sprache eine Änderung der Denkweise nach sich zieht, kann ich nicht beweisen. Offenbar geht man davon aus, insofern die alte Sprachform beleidigend ist oder aufgefasst werden könnte. Das legt die Vermutung nahe, dass dieser Effekt auch in Bezug auf die Wahrnehmung der “Rollenverteilung” greifen könnte.

    @all
    Im Zusammenhang mit dieser Diskussion ist mir eine sehr treffende Aussage bei Cracked untergekommen:
    In a previous article, we talked about the classic male/female conflict over not putting the toilet seat down. The reason it’s such a sore subject in some couples is that, as we explained, it demonstrates that the man simply isn’t factoring in the woman’s needs at all. It’s not that he intentionally wants to make her life worse, or that he hates her or feels any negative emotion whatsoever. Why would he? The seat is where he likes it, he has the power, everything is fine. It’s not even that he disagrees on the issue; it’s that he refuses to acknowledge it as an issue at all.
    https://www.cracked.com/blog/5-ways-youre-accidentally-making-everyone-hate-you_p2/?wa_user1=1&wa_user2=Science&wa_user3=blog&wa_user4=companion

    In der Tat erscheint es mir sehr oft, dass es bei vielen dieser Diskussionen weniger darum geht, ob die jeweilige Maßnahme wirkt oder nicht.
    Es scheint mehr um das “Wegnehmen” zu gehen: alles war toll (für denjenigen, der sich jetzt ändern soll), und auf einmal darf man nicht mehr A, B oder C, und muss sich einschränken oder umgewöhnen.
    Und das scheint für einige eine ungeheure Zumutung zu sein…

    BTW, ich führe diese Art Diskussionen jetzt, seitdem ich erwachsen bin, also über 20 Jahre. Hat sich an den Argumenten der “war doch alles prima!”-Fraktion nicht viel geändert. An den Lebensumständen für Frauen jedoch schon – eben weil vieles geändert wurde, was “unnötig” und “lästig” war.
    Aber die ständigen Diskussionen, die immer gleichen Argumente (und immer gleichen Tricks, s.o. – gähn) werden gerade arg langweilig, daher klinke ich mich hier aus. Wünsche aber allen noch viel Spaß und bitte nochmals um Fairness und Höflichkeit.

  75. #75 MartinB
    29. Januar 2015

    @Earonn
    Ja, die Argumente sind immer dieselben, siehe auch hier:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2013/05/13/warum-wir-nie-etwas-andern-sollten/

  76. #76 Jürgen Schönstein
    29. Januar 2015

    @Earonn
    Lass Dich von Martin nicht verwirren: Beidnennung IST eine Änderung, und sie wird praktiziert. Aber es ist auch eine Tatsache, dass sich das Problem der Gleichstellung nicht alleine durch Sprachregelungen lösen lässt – eine inklusive SPrache ist nur eine Komponente.

  77. #77 Jürgen Schönstein
    29. Januar 2015

    @MartinB

    Warum also braucht das Geschlecht eine Sonderbehandlung.

    Warum braucht die Vergangenheit eine Sonderbehandlung, oder die Zukunft? Warum kann der Plural nicht zwischen zwei, drei, vier, fünf … unterscheiden? (Mathematiker sollten hier dringends eine Reform fordern.) Mal im Ernst: Wenn Du die Grammatik ändern willst, dann tu’s doch. Oder wartest Du darauf, dass der Oberste Grammatik-Kontrollrat endlich die Verordnung 426-G erlässt, nach der die geschlechtsspezifische Beugung ab sofort unter Strafe gestellt wird? Es gibt keine zentrale Kontrollstelle; Sprache ändert sich durch den Sprachgebrauch, und durch konsequente Beidnennung werden Generika überflüssig gemacht (so geht das nämlich). Ich werde den Verdacht nicht nur nicht los, sondern sehe in in jeder dieser endlosen Diskussionen mit Dir, die sich immer nur im Kreis drehen, diesen Verdacht sogar erhärtet, dass es Dir in Wirklichkeit gar nicht darum geht, etwas zu ändern, sondern im Gegenteil: So lange nicht etwas für Dich geändert wird, also beispielsweise ein generisches Neutrum eingeführt wird oder die ganze Grammatik – ach was, ALLE Grammatiken der Welt – in Deinem Sinn umgeschrieben werden – sind wir anderen alle Schuld daran, wenn sich nichts ändert. Mit dem Unterschied, dass Änderungen stattfinden – die Dir aber (Stichwort: Beidnennung oder inklusive Sprache, die ich Dir in ich weiß nicht mehr wie vielen Beispielen auf Deinen Wunsch schon gezeigt habe) nicht genehm sind.

    Die lautete, warum eine geschlechtsneutrale Formulierung Frauen unsichtbar macht, eine altersneutrale Formulierung aber nicht problematisch ist.

    Weil es erkennbare und in manchen Fällen gravierende Geschlechtsstereotype gibt, aber keine entsprechenden Altersstereotype. Genauer gesagt, es mag zwar Altersstereotype geben, aber die erledigen sich in aller Regel durchs Älterwerden selbst; Geschlechter hingegen ändern sich bei Menschen, so weit ich weiß, nur in extrem seltenen Fällen von selbst. Mit anderen Worten: Beim Alter kommt jede/r mal dran.

    Ich bezog mich auf die Endung -oon in Hofstadters Text, die dort nicht speziell als beleidigend fungiert, sondern alltäglich ist.

    Ehrlich? Die Nachsilbe “-roon” ist hier in den USA alltäglich? Seltsam, ich lebe seit einem Vierteljahrhundert hier, und sie ist mir immer nur im Zusammenhang mit der Sklavenzeit und üblem Rassismus untergekommen. Vielleicht ist das Hofstadters Alltag, aber ich würde Dir raten, bei einem Besuch in den USA solche Sprachanregungen lieber nicht zu beachten, denn das könnte zu sehr unerfreulichen Reaktionen kommen. Aber Deine Antwort belegt ja nur, dass Du nicht weißt, wovon Du eigentlich reden willst. Dass Obama der erste schwarze Präseident ist, hat nichts Beleidigendes. Genau so, wie es – was man sich ja wünschen darf – es nicht beleidigend wäre zu sagen, dass die USA ab 2016 hoffentlich eine Präsidentin haben werden. Nochmal: “Presidentroon” ist ein Schimpfwort, eine üble rassistische Anspielung (und das “hab ich aber nicht so gemeint” gilt nicht, worüber wir ja hier einen Konsens zu haben schienen); um aber Deine (Hofstadters?) These zu erhalten, dass “waitress” und “presidentroon” gleichwertig seien, müssen dann beide Schimpfwörter sein (Presidentroon ist eins) – und das funktioniert, da lässt die Logik keinen Spielraum, nur dann, wenn man “Frau” (oder “weiblich”) als Schimpfwort betrachtet.

    Die Frage nach den Belegen hast Du doch eigentlich selbst beantwortet: Wenn eine Studie belegt, dass Generika – egal welcher Art – nicht greifen, und Du hier betonst, dass Du diese Resultate akzeptierst: Warum ist dann deine Frage noch offen? Nimm’s mathematisch: Wenn der große Satz nach Fermat keine Lösungen größer als zwei zulässt, würdest Du dann auch behaupten, es sei damit ja noch nicht bewiesen, dass es nicht mit 3 geht? (Ab hier darfst Du gerne wieder hyperventilieren, aber Deine Behauptung “…Forschung nur am vertrauten generischen Maskulinum …” geht halt ins Leere. Nach Deiner eigenen Überzeugung gibt es letzteres im Englischen ja nicht, und die Masser der einschlägigen Studien wird in Englisch durchgeführt – siehe auch den Beispielsatz, den ich – auß anderen Gründen – am Ende meines Beitrags kritisch zitiert habe.)

    Abgesehen davon, dass Du ja meinen Vorschlag mit dem (von Dir geforderten!) generischen Neutrum damit abgebügelt hast, dass es a) grammatisch falsch sei und b) nicht verständlich – damit hast Du dann auch schon für Dich beantwortet, was das Problem mit dem “generischen Femininum” wäre: Es ist, weil es im Deutschen kein allgemeines generisches Femininum* gibt (im Gegensatz zum generischen Maskulinum, dass es in der Tat gibt), a) grammatisch falsch und b) weil auch weiterhin ein Generikum, also mit den gleichen Problemen aller Generika behaftet (die Du ja vorgibst anzuerkennen) un- oder missverständlich. Q.e.d.

    * Es gibt in der Tat ein paar generische Feminina: die Kurie, beispielsweise, oder die Wache, oder die Polizei. Die Regierung könnte eines sein, oder die Verwaltung, die Behörde, die Chefetage – alles, in gewisser Weise, Sammelbegriffe, und alle Femnininum singular. Sind diese Begriffe Deiner Meinung nach “geschlechtsneutral”, siehst Du also ebenso leicht Frauen wie Männer in diesen Rollen?

    Und was willst Du damit beweisen, dass ich manchmal das generische Maskulinum benutze (auch heute noch, Deine Text-“Analyse” meiner Blogbeiträge zielt also ins Leere)? Ich bin ja kein Gegner des generischen Maskulinums; inklusive Sprache ist kein inhaltsleerer Selbstzweck, und “Bürger- und Bürgerinnenmeister und -meisterinnen” sind in der Tat groteske Übungen, die eher dazu dienen sollen, inklusive Sprache zu verunglimpfen. Und ich werde auch weiterhin das spezifische Maskulinum benutzen, wenn ich weiß, dass es sich um eine rein männliche Gruppe (von Technikern, Autoren oder was auch immer handelt) – alles andere wäre in solchen Fällen (siehe meine Antwort #44 auf Deinen Kommentar #43) sogar irreführend.

    Die echt geschlechtsneutrale Sprache ist ein Ideal.

    Sagt wer, auf welcher Basis? Persisch ist, zumindest grammatisch, geschlechtsneutral. Ein anderes Beispiel wäre, so weit ich weiß, das Türkische (aber da bin ich mir nicht sicher) In welcher Weise sind diese Sprachen und die Gesellschaften, die sie sprechen, “idealer” als andere? Bitte belegen.

    Nach wie vor habe ich keine Ahnung, was mir jetzt das Schwimmbad oder das Hotelzimmer in diesem Kontext sagen sollte…Nochmal, damit auch Du es verstehst: Diese Beispiel sollen nur zeigen, dass Geschlecht manchmal eine Rolle spielt, wo alle anderen Differenzierungen unerheblich sind. Hast Du Kinder? Töchter vielleicht? Oder kennst Du jemanden, der Kinder – im Teenager-Alter, idealer Weise – hat? Die werden Dir sicher erklären, warum es einen Unterschied macht, ob sich ihr Kind auf der Klassenreise ein Zimmer mit einem Freund oder einer Freundin teilt, während es ziemlich egal wäre, welche Hautfarbe, Schulnoten oder religiöse Präferenz diese Person nun hat. Hatte Ihr das nicht inder Oberstufenbiologie? Wir haben das sogar im katholischen Bayern gelernt …

    P.S.: Was mich an allen Deine Ausführungen immer stutzig macht ist, dass Du stehst betonst, wie unfair es ist, Frauen als Frauen zu identifizieren. Wie kommst Du eigentlich auf so etwas? Und was sagt das über Dein Frauenbild aus?

  78. #78 MartinB
    30. Januar 2015

    @Jürgen
    “Warum braucht die Vergangenheit eine Sonderbehandlung, oder die Zukunft? ”
    Au weia. Weil ich gegen eine spezifische sdprachliche Differenzierung bin, bin ich gegen alle Arten von Differenzierung? Slippery-slope-fallacy?

    ” dass es Dir in Wirklichkeit gar nicht darum geht, etwas zu ändern, sondern im Gegenteil”
    Genau. Deswegen benutze ich auch wo möglich geschlechtergerechte Sprache mit Beidnennung oder andere Varianten. Weii ich nichts ändern will. Deswegen schreibe ich auch immer gegen Leute an, die sich über beidnennungen und Binnen-I’s aufregen.

    Ich halte die Beidnennung nur nicht für die beste denkbare Lösung, sondern allenfalls für die momentan meist brauchbarste Lösung. Klar kann jede Autorin oder jeder Autor für sich selbst entscheiden, ob sie oder er die Beidnennung in ihren oder seinen Werken benutzen möchte, um ihren oder seinen Standpunkt deutlich zu machen. Ich als Autor hätte eben gern manchmal eine einfache und von allen sofort verstandene Möglichkeit, mich geschlechtsneutral auszudrücken, die unsere Sprache im Moment nicht hat. Das finde ich unschön, darauf darf ich hinweisen. (Und leider beherrsche ich keine der Sprachen, die vollkommen geschlechtsneutral gestrickt sind, deswegen kann ich nicht sagen, wie es da aussieht…)

    “Weil es erkennbare und in manchen Fällen gravierende Geschlechtsstereotype gibt, aber keine entsprechenden Altersstereotype”
    Ach so, weil jeder älter wird, gibt es keine echten Stereotype dafür. Nee, ist klar. Sieht man immer, wohin man blickt. Das Alter spielt bei Stereotypen nie eine Rolle, ob jemand 20 oder 80 ist, er wird immer gleich behandelt. (Andere Sprachen haben übrigens spezielle Formen für unterschiedliche Alter; selbst das Deutsche hat sie insofern, als wir unbekannte Kinder Duzen, unbekannte Erwachsene nicht. Anscheinend ist das Alter wohl doch wichtig, vielleicht sollten wir spezielle Pronomina für Kinder und ältere Leute einführen, damit wir besser differenzieren können?)

    ” Die Nachsilbe “-roon” ist hier in den USA alltäglich?”
    Hofstadters Text beschreibt eine fiktive Sprache, in der diese Endung normal ist. Ist das wirklich so schwer zu begreifen? An der Aussage des textes würde sich nichts, wirklich gar nichts ändern, wenn man die Endung durch eine andere ersetzen würde.

    “Wenn eine Studie belegt, dass Generika – egal welcher Art – nicht greifen”
    Welche Studie belegt denn das “egal welcher Art”?

    “Nach Deiner eigenen Überzeugung gibt es letzteres im Englischen ja nicht,”
    Das kann man ganz so nicht sagen (weil es ja auch spezielle weibliche Formen gibt und auch im Englischen z.B. “actor” sowohl generisch als auch speziell männlich gemeint sein kann – in der “screen actors guild” waren ja nicht nur Männer). Aber die Gygax-Studien zeigen ja schon, dass es im Englischen das Stereotyp ist, das über die Zuordnung entscheidet. (Das wird ja auch durch dein ziteirtes Experiment oben mit dem “mechanic” nicht widerlegt.)

    “Und was willst Du damit beweisen, dass ich manchmal das generische Maskulinum benutze”
    Ich zeige dir, dass du vor meinem Text aus dem Herbst 2010 das generische Maskulinum an Stellen verwendet hast, wo du es heute nicht tun würdest. (Oder würdest du immer noch von dutzenden Ingenieuren schreiben, ohne jede Beidnennung? Oder hattest du dich davon überzeugt, dass die alle männlich waren?) Dies tue ich in der Hoffnung, dass du auch an hand dessen begreifst, dass wir was die momentane Sprach-Situation angeht, tatsächlich auf derselben Seite stehen, weil wir *beide* versuchen, Frauen sprachlich sichtbarer zu machen. Vielelicht solltest du tatsächlich mal versuchen, das was ich schreibe und tue losgelöst von dem seltsamen Bild, das du von meiner Meinung inzwischen zu haben scheinst, zu bewerten.

    “Sagt wer, auf welcher Basis? ”
    Ich, auf der Basis der hier und anderswo ausgeführten Überlegungen.

    “Diese Beispiel sollen nur zeigen, dass Geschlecht manchmal eine Rolle spielt, wo alle anderen Differenzierungen unerheblich sind.”
    Wirklich? Es wäre also für dich unerheblich, ob zum Beispiel ein 5-jähriges kind mit einem dir unbekannten Erwachsenen oder einem dir unbekannten Kind in einem Zimmer übernachtet? Lieber ein Junge mit einem Mann als ein Junge mit einem gleichaltrigen Mädchen?
    Und ansonsten kann ich problemlos sehr viele Situationen finden, in denen das Alter wichtiger ist als das Geschlecht (Schulen, Strafmündigkeit, Rechte, Arbeitsfähigkeit, Gesundheitliche Konsequenzen des Alters etc.). Was folgt dann daraus? Doch spezielle Alterspronomina?

    ” dass Du stehst betonst, wie unfair es ist, Frauen als Frauen zu identifizieren”
    Das wird durch Wiederholung nicht wahrer. Ich halte es für fairer (übrigens auch im Hinblick darauf, dass das Geschlecht nicht so binär ist, wie die Sprache es gern hätte), wenn das Geschlecht – genau so wie alle anderen Eigenschaften – nicht speziell sprachlich hervorgehoben wird. Weil es für die Frage, wer mir die Schrödingergleichung erklärt, meinen Bus fährt oder mein Auto repariert, wirklich absolut vollkommen egal ist, welches Geschlecht jemand hat. (Oder wie alt diese Person ist, oder welche Hautfarbe sie hat etc.)
    Die Differenzierung nach Geschlecht ist in meinen Augen nicht fundamental wichtiger als die nach dem Alter oder nach anderen Kriterien, je nach Situation. ich halte es insbesondere für fundamental unnötig, beim Sprechen über generische Personen ein Geschlecht bestimmen zu müssen – das verstärkt Geschlechts-Stereotype letztlich nur dadurch, dass es immer wieder auf die Wichtigkeit des Geschlechts hinweist, auch da, wo es wirklich keine Rolle spielt. (Und gerade für Menschen, die sich keinem Geschlecht eindeutig zuordnen können, ist das ein besonderes Problem, die werden nämlich so auch unsichtbar.)

  79. #79 IO
    1. Februar 2015

    Was ist die Auffassung/Position der gelehrten Diskutanten zu Magnus Pettersons Dissertation “Geschlechtsübergreifende Personenbezeichnungen: Eine Referenz- und Relevanzanalyse an Texten” (2011)?

  80. #80 Phil
    18. Februar 2015

    Schon witzig, wie viele Leute sich aufregen, bloß weil vor langer Zeit ein paar Pädagogen auf die Idee gekommen sind, die Artikel als Merkhilfe mit “Geschlechtern” zu bezeichnen. (Eigentlich wird Genus in der Sprache als Art/Gattung benutzt. Genus im griechischen aber eben auch die Bedeutung Geschlecht. Die Verwirrungen sprachlicher Laien mit dem Sexus ist immer wieder erheiternd.) Hätte man damals Rot, Grün und Blau genommen wäre die ganze Diskussion überflüssig wie Kropf.

    Bzgl. des Wikipedia Artikel über (angebliche) Frauenbeteiligung: Nach dem 31. März 1953 waren Frauen benachteiligende Gesetzen gegenstandslos (außer Kraft): Art 117 GG.
    Genau deswegen Frage ich nach Fallbeispielen.
    Bzgl. des angeblichen Rechts des Mannes, die Arbeitsstelle seiner Frau kündigen zu können, oder wie du es darstellst, sogar zustimmen zu müssen: Dieses Recht gab es in der dargestellten Form schlicht nicht. Alles war ein Mann hätte tun können, wäre eine Kündigung vor dem Vormundschaftsgerichts (!) zu erwirken, wenn (Trommelwirbel) die Frau ihre Kinder vernachlässigt. Meines Wissens wurde entsprechen Norm niemals angewendet. (Auch deswegen die Frage nach Fallbeispielen.)
    Den Gesetzestext bzgl. der Erlaubnis des Mannes zur Kontoeröffnung hätte ich auch mal gerne gesehen.

  81. #81 rolak
    18. Februar 2015

    hätte ich auch mal gerne gesehen

    Na dann mach doch einfach die Augen auf, Phil – und zwar an einer Stelle, bei der die alten Gesetzestexte noch einsehbar sind. Bei §1358 BGB zB findest Du heute nur noch ein “(entfallen)”.

  82. #82 Adent
    18. Februar 2015

    @Phil
    Fallbeispiel, bitteschön, meine Schwiegermutter hat in den 60ern studiert, zur Anmietung eines Zimmers im Schwabenland (ich sag nicht welche Stadt ;-)) musste ihr Ehemann mit unterschreiben und sie zusichern, dass kein anderer Herrenbesuch auf das Zimmer kommt. Ihr damaliger Mann studierte in München, der bekam sein Zimmer ohne dass sie mit unterschreiben musste oder Damenbesuch reglementiert wurde.
    Phil, sie sind ziemlich lächerlich in ihren Aussagen. Ist aber ganz allein meine Meinung.

  83. #83 Sulu
    18. Februar 2015

    Ist aber ganz allein meine Meinung.

    ganz und gar nicht…

    Na dann mach doch einfach die Augen auf, Phil

    ja, auch hier z.B.: https://lexetius.com/BGB/1356,3

    Ansonsten Phil, kannst du hier mal nachlesen.

  84. #84 Phil
    18. Februar 2015

    @rolak Der Paragraph ist mir im Wortlaut bekannt, wie ich durch die Paraphrasierung deutlich gemacht habe.
    Ich habe nach dem Gesetz zur Eröffnung der Konten gefragt.
    Darüber hinaus war der Paragraph unstrittig seit 1953 nichtig.
    https://de.wikimannia.org/1358_BGB (die Seite bitte nicht zu erst nehmen, aber manchmal findet auch ein blindes Huhn ein Korn)

    @Adent was haben private Verträge mit Grundrechten zu tun? Jeder kann seine Wohnung so vermieten wie er es für richtig hält. Mit einen Aussagen hat dein Einwand nichts zu tun. Er belegt nur eine Haltung einiger Leute.

    @Sulu den Text habe ich vor dem Posten gelesen. Dort steht nichts was mir widersprechen würde. Das Wort “Bank” oder “Konto” kommen dort auch nicht vor. Fallbeispiele eben sowenig.

  85. #85 Phil
    18. Februar 2015

    Nachtrag: Ein interessanter historischer Artikel der Zeit:
    https://www.zeit.de/1952/29/ist-die-ehe-keine-hauptaufgabe-der-frau

  86. #86 Phil
    18. Februar 2015

    Und nochmal, die Vorschriften wurden seit 1953 nicht mehr angewendet: https://www.xn--krting-rechtsanwlte-vwb67a.de/akuelles/und-historisches/

  87. #87 Adent
    18. Februar 2015
  88. #88 Phil
    20. Februar 2015

    @Adent Was ist an Artikel 117 Abs. 1 unklar? Wie aus in #85 verlinktem Zeitungsartikel hervorgeht, war man sich über die Implikationen schon 1952 voll im Klaren.

    Ich denke du fällst hier auf die subtile feministische Propaganda herein. Es gab tatsächlich diverse Gesetze, welche Frauen benachteiligten, jedoch waren all diese Gesetze nichtig und wurden ab 1953 nicht mehr angewandt. Genauer gesagt galt ab 1953, mangels gesetzlicher Alternativen, die Gütertrennung.
    https://www.xn--krting-rechtsanwlte-vwb67a.de/akuelles/und-historisches/

    Du solltest nicht den gesetzlichen Wortlaut mit dem geltendem Recht verwechseln. Auch in Hessen gilt laut Gesetz noch die Todesstrafe, nur ist das nicht geltendes Recht.

  89. #89 BreitSide
    11. August 2015
  90. #90 BreitSide
    11. August 2015

    Kennt sich jemand in Spanisch aus?

    Dort heißt es “el mecanista”. Aber ich weiß natürlich nicht, wie spanische Personen (das ist doch schön generisch…) das auffassen bzw. welches Geschlecht sie sich vorstellen.

    Ich hab nur die Hälfte der Kommentare “geschafft”, aber zu einem Trugschluss will ich noch was sagen:

    Ob “der Mechaniker” jung, alt, schwarz, gelb, blond, groß, klein ist oder sonstwelche Eigenschaften hat, würde nie dieses Erstaunen hervorrufen wie wenn es eine Frau wäre. Habe natürlich keine Belege, aber jedeR mache dieses Gedankenexperiment mal durch.

    Wäre “er” ein Kind, ein Rollstuhlfahrer oder blind, wäre das Erstaunen natürlich noch größer, aber eben aus anderen Gründen. Lustigerweise beinhaltet “der Mechaniker” auch alle diese Varietäten, aber das Erstaunen käme daher, dass diese Menschen die Aufgaben eines Mechanikels prinzipiell nicht ausführen können. Eine Frau kann das schon.

    Noch ein Beispiel: Wenn “ein Pfleger” angekündigt wird, wäre ich auch überrascht, wenn eine Frau käme. Warum wohl?

    Und hieße es, “eine Schwester” käme und es kommt ein Mann, wäre das genauso.

  91. #91 IO
    11. August 2015

    @ BreitSide

    “Noch ein Beispiel: Wenn “ein Pfleger” angekündigt wird, wäre ich auch überrascht, wenn eine Frau käme. Warum wohl?

    Und hieße es, “eine Schwester” käme und es kommt ein Mann, wäre das genauso.”

    Hmm, im Schwedischen ist es im letzteren Beispiel genau so: “Schwester” (sjuksköterska – wörtlich: Krankenpflegerin), ein Femininum, ist das Genericum, einerlei ob ein biologischer Mann oder eine biologische Frau daher kommt.

    “Människa” (Mensch) ist hier übrigens feminines grammatisches Geschlecht und wird auch mit den entsprechenden femininen Pronomina gebraucht.

    (Ich muss bei Femininum und dergleichen geradezu zählen, wieviele “in” ich schon habe, damit es nicht Feminininum wird. Oder Femininininität. Noch gut, dass man nicht mehr deutsche Kurrentschrift schreibt).

  92. […] ist, worüber ich selbst schon immer wieder mal geschrieben habe (hier, zum Beispiel, oder auch hier). Im konkreten Beispiel des Zeit-Newsletters war die “Genderung” durchaus begründbar: […]