Ich habe gerade die Märzausgabe von National Geographic aus dem Briefkasten geholt, und die Coverstory wird mich gewiss ziemlich aufregen: The War on Science – ich werd’ mir wohl besser erst mal einen Tee kochen und meinen Blutdruck meditativ senken, bevor ich mir diese Story reinziehe, die auf der Titelseite mit den provokativen Thesen “Climate change does not exist”, “Evolution never happened”, “The moon landing was fake”, “Vaccinations can lead to autism” und “Genetcally modified food is evil” angerissen wird).
Doch bevor ich mich der Story widme, noch ein paar eigene Gedanken, denn die Themen an sich sind uns ja nicht neu. Von einem “Krieg gegen die Wissenschaft” zu sprechen halte ich für wenig hilfreich, genau so wenig wie der “Krieg gegen den Terror” eine nützliche Metapher war. Wenn Politiker den Klimawandel nicht nur ignorieren, sondern ihre politische Macht dazu einsetzen, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu verhindern, dann ist das ein ganz anderes Kaliber als wenn Spinner in irgendwelchen Internetforen über eine gefälschte Mondlandung fabulieren. Doch es gibt auch anerkannte Wissenschaftler, die sich als Klimawandelleugner outen. Und so leid es mir tut, müssen wir doch anerkennen, dass ziemlich am Anfang der Impfhysterie ein Versagen des wissenschaftlichen Prozesses stand – der im Sinn der Wissenschaft korrekte Versuch der nachträglichen Korrektur ist in der öffentlichen Diskussion halt nur so erfolgreich wie der Versuch, das Läuten einer Glocke rückwirkend unhörbar zu machen. Und in der GMO-Debatte hat sich die Anbieter-Seite, wie ich hier in meinem Blog schon versucht habe zu erklären, ziemlich vom Start weg selbst in eine Position begeben, die man wohl am ehesten mit “ungeschickt” bezeichnen könnte.
Gibt es denn “die Wissenschaft” als etwas Konkretes, gegen das man “Krieg” führen könnte? Ich denke eher nicht. Wissenschaft ist primär ein Konzept, eine Methode der Erkenntnisgewinnnung, und man kann auch die Resultate dieser Methode noch dazu zählen. Aber was Wissenschaft leistet ist zu vielfältig, in den Thematiken ebenso wie in deren Relevanz, als dass man sie auf einen simplen Sammelbegriff reduzieren sollte. Und jedes einzelne dieser Erkenntnisse, jedes Resultat, jede Theorie, muss sich selbst vertreten können, mit Argumenten (in denen übrigens das Wort “wissenschaftlich” eigentlich gar nicht vorzukommen braucht).
Und nachdem ich nun vorab und vorsorglich Dampf abgelassen habe, werde ich mich an die Lektüre machen. Mit Pfefferminztee…
P.S.: Tee ist getrunken, der Artikel gelesen – und nein, ein großer Aufreger war’s dann doch nicht. Nicht etwa, dass ich befürchtet hätte, National Geographic könnte die Attacke gegen “die Wissenschaft” anführen, im Gegenteil. Aber ich habe halt Befürchtungen, wenn mit solchen Schlagzeilen ein Bild von “der Wissenschaft” als einer irgendwie organisierten oder organiserbaren Gruppe geweckt wird. Denn das ist, wie ich fürchte, das größere Problem – die Idee, das es so etwas wie “die Wissenschaft” gibt, die mit einer gemeinsamen Intention oder zu einem gemeinsamen Zweck handelt, ist ja letztlich das, was sie überhaupt erst zum Objekt irgendwie gearteter Verschwörungstheorien machen kann. Und ja, letztlich sind all die genannten Beispiele (siehe oben) nichts anderes als Verschwörungstheorien.
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