Untätigkeit angesichts der Probleme, die der Klimawandel verursacht (und noch weiter verursachen wird), wird uns teuer zu stehen kommen. Das ist das Fazit zweier Berichte, die in dieser Woche herausgebracht wurden: Ein aktueller Report der US-Umweltbehörde EPA schätzt, dass bis zum Jahr 2100 allein durch die bei Nichthandeln zu erwartenden extremen Wetterereignisse jährlich etwa 12.000 Menschen zusätzlich in den USA an den Folgen extremer Temperaturen sterben werden. Dass dieser Zusammenhang eine reale Gefahr darstellt, haben die amerikanischen National Institutes of Health schon vor acht Jahren nachgewiesen (interessanter Weise erhöht auch extreme Kälte das Herzinfarktrisiko, durch gesteigerten Blutdruck zum Beispiel). Und die Centers for Disease Control and Prevention beziffern die Zahl der jährlichen Todesopfer durch Extremtemperaturen in den USA auf derzeit rund 2000; die Hitzewelle des Jahres 2003 soll 70.000 Todesopfer in Europa gefordert haben. Weitere 57.000 Menschen jährlich würden, nach den Schätzungen des EPA-Reports, an den Folgen verringerter Luftqualität sterben, wenn nichts gegen den Klimawandel – und dessen Hautursache, die Emissionen durch fossile Brennstoffe – unternommen wird.
Der zweite Bericht wurde von der Kommission für Gesundheit und Klimawandel des britischen Medizinjournals The Lancet präsentiert, und auch darin wird der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Umweltverschmutzung analysiert (diese beiden Komponenten wurden leider allzu lange als völlig getrennte Phänomene betrachtet). Die Analyse ist dabei etwas komplexer; sie bezieht nicht nur direkte physiologische Effekte von Atemluft-Qualität und Temperatur in die Betrachtung mit ein, sondern auch die Folgen von Mangelernährung, Ausbreitung von Krankheiten, gewaltsamen Konflikten etc.:
(Quelle: The Lancet Commissions: Health and climate change: policy responses to protect public health, Juni 2015, Seite 3)
Die Zahl der potenziellen Todesopfer geht da schnell in die Millionen, zum Beispiel durch weitere Ausbreitung der Malaria (die derzeit schon etwa 600.000 Menscheneben jährlich fordert), oder vermehrte Cholera-Epidemien als Folge knappen und verseuchten Trinkwassers etc. Allein die Zahl dr Todesopfer durch Hitzewellen werde sich, so fürchtet der Bericht, um den Faktor 12 steigern.
Doch der Zyniker in mir sagt: Na und? Wenn Menschenleben wirklich ein Maßstab des menschlichen Handelns wären, dann gäbe es keine Kriege, und die USA hätten längst ihre Waffengesetzgebung verschärft. Wer so denkt (ich haue meinem inneren Zyniker zwar regelmäßig aufs Maul, aber andere denken da vielleicht wirklich anders), dem sei dann folgende Zahl ans Herz und in die Geldbörse gelegt: Untätigkeit gegen den Klimawandel kostet nicht nur Menschenleben, sondern – wie der EPA-Bericht vorrechnet – auch richtig Geld. Schäden an der Infrastruktur, Küstenerosion und entsprechende Schutzmaßnahmen, Hochwasser, landwirtschaftliche Produktionsausfälle – das alles addiert sich. Allein durch den steigenden Meeresspiegel und potenziell stärkere Sturmschäden rechnet die EPA bei unverändertem Status quo bis zum Jahr 2100 mit Gesamtschäden in Höhe von 5 Billionen Dollar; durch entsprechende Klima- und Umweltschutzmaßnahmen lasse sich dieser Schaden auf weniger als ein Fünftel, rund 810 Milliarden Dollar, eindämmen. Und diese Einsparung würde übrigens die Kostensteigerung bei klima-relevanten Infrastrukturprojekten ziemlich gut aufwiegen, wie man hier nachlesen kann.
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