Eigentlich war es ja nur ein lokales Ereignis: Ein vergleichsweise noch junges Bildungsinstitut zieht von einer Seite des Charles River, der Boston von seinem nördlichen Nachbarn Cambridge trennt, zur anderen. Dass dies vor genau hundert Jahren geschah und nun am Massachusetts Institute of Technology (wo ich, wie inzwischen sicher die meisten Leserinnen und Leser hier wissen, als Lecturer – im Deutschen würde man wohl sagen: Dozent – arbeite) mit einer ganzen Reihe von Festivitäten gefeiert wird, wäre auch trotz des runden Jubiläums nur eine lokale Geschichte. Aber als Geograf bin ich natürlich immer an Storys interessiert, wo ein Ortswechsel auch den Verlauf der Ereignisse, wenn nicht sogar der Geschichte im größeren Umfang, beeinflusst hat.
Und wenn ich mir dieses Video anschaue, dann denke ich schon, dass dies so eine Story ist. Denn nicht nur hatte sich das MIT, das damals in einem durchaus vorzeigbaren, aber letztlich zu kleinen Gebäude im Herzen von Boston residierte, mit dem Umzug auf ein eher industriell geprägtes (und keineswegs besonders prestigeträchtiges) Grundstück – das, ganz nebenbei, aus dem Bauschutt der Bostoner U-Bahn in den Fluss gefüllt worden war – einen Raum geschaffen, auf dem es hundert Jahre lang wachsen konnte (und noch immer wachsen kann). Dank des radikalen Neuanfangs und der großzügigen Spende des Kodak-Gründers George Eastman war es auch möglich, die Fachbereiche im Prinzip unter einem Dach – wenn auch mit langen Flügeln und Trakten (die Gänge im MIT sind geradezu legendär) – und in unmittelbarer Nachbarschaft unterzubringen, anstatt sie, wie auch heute noch üblich, in separaten Gebäuden eher neben- als miteinander anzusiedeln. Und das in einer Zeit, als der Begriff “interdisziplinär” praktisch noch unbekannt war. Das MIT von heute wäre ohne diese starke Überschneidung, räumlich wie inhaltlich, seiner Fachdisziplinen nicht vorstellbar – und sicher nicht die weltweit renommierte Institution, die täglich Busladungen von Touristen anzieht.
Aber auch wenn dies keine harten geowissenschaftlichen Fakten sind, sondern eher Folklore, und auch wenn niemand wirklich sagen kann, was aus dem MIT geworden wäre, wenn es in Boston geblieben wäre (ich vermute mal, der damals schon konkurrierende Name “Boston Tech” hätte sich dann durchgesetzt, und wer weiß, ob das MIT überhaupt unabhängig geblieben wäre oder beispielsweise von der Boston University vereinnahmt worden wäre). Und hier nun, zum selber Anschauen, das Video, das zu diesem Anlass produziert wurde:
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