Dass die Meldung auch durch die deutschen Medien gehen würde, war ziemlich klar: Eine Kundin verklagt Starbucks auf fünf Millionen Dollar Schadenersatz, weil die zuviel Eis in ihre Eiskaffees tun – oder so ähnlich. Und ehe jemand gleich wieder feststellt, dass die Amis offenbar nicht ganz dicht sind, möchte ich die Meldung doch ein wenig korrigieren. Und ja, mit Dichte hat das durchaus zu tun, denn Eis ist, wie wir wissen, weniger dicht als Wasser – im gefrorenen Aggregatszustand nimmt es mehr Platz ein als im flüssigen. Und das spielt in der Klage tatsächlich eine Rolle.
Aber der Reihe nach: Hier ist erst mal die Klageschrift selbst – und die ist gar nicht so absurd, wie die Meldungen es erscheinen lassen. Denn es geht nicht um zuviel Eis, sondern um zuwenig Kaffee; die Klägerin weist ziemlich klar (und mit eindeutigem Bildmaterial) nach, dass in den Starbucks-Bechern eben nicht die überall versprochenen Mengen an Kaffee (oder Tee oder Limonade oder anderen zu kühlenden Getränken) enthalten sind: Die größte Version, der “Venti-Eiskaffe”, beispielsweise, enthält statt der auf den Preistafeln versprochenen 0,7 Liter Kaffee nur 0,4 Liter – der Rest wird mit Eis aufgefüllt.
Nun könnte man ja sagen, dass Eis auch Wasser = Flüssigkeit ist, die Gesamtmenge im Becher (der ja insgesamt wohl die versprochenen Mengen fasst) also ungefähr stimmt. Doch dem hält die Klägerin in Punkt 34 ihrer Klageschrift entgegen, dass Eis eben weitaus weniger dicht sei als Wasser – und das stimmt auch; 1 Kubizkzentimeter Eis wiegt etwa 0,92 Gramm, also 8 Prozent weniger als ein Kubikzentimeter Wasser bei 4 Grad Celsius. Und wegen der acht Prozent wird hier also geklagt – vielleicht sind die wirklich nicht ganz dicht, oder?
Naja, die Frage ist vielmehr, ob das Eis Teil des Getränks ist, oder eben nicht. Und das Argument, dass es nicht Teil des Drinks ist, hat durchaus etwas Plausibles, da man Eis nicht wirklich trinken kann, sondern warten muss, bis es geschmolzen ist – dann hat man aber per definitionem kein Eisgetränk mehr. Das wird unter Punkt 36 der Klageschrift auch betont: “Getränk” bedeute “trinkbare Flüssigkeit”. Und von der würde eben nicht die versprochene Menge geliefert, sondern gerade mal ein bisschen mehr als die Hälfte. Mit anderen Worten: es ist nicht zu viel Eis im Getränk, sondern zu wenig Getränk im Eis. Ein kleiner, aber relevanter Unterschied, wie jede(r) Durstige bestätigen wird, wenn nach ein paar schnellen Schlucken nur noch geschmackloses Eis im Becher verbleibt, das dann mit selbigem weggeworfen wird. Wer Wasser gewollt hätte, hätte Wasser bestellt…
Das alles wäre natürlich nicht den kleinsten Aufreger wert, wenn da nicht die Summe von fünf Millionen Dollar im Spiel wäre. Ist sie aber eigentlich gar nicht: In der Klageschrift steht lediglich der Hinweis, dass sie stellvertretend für alle potenziell Geschädigten erhoben wird – und dass deren aggregierte Forderungen dann potenziell auch fünf Millionen Dollar überschreiten würden (das ist offenbar eine Grenze, die bei der Gerichtszuständigkeit eine Rolle spielt und darum betont wird) . Die Klägerin selbst beziffert den Streitwert mit 75.000 Dollar. Das ist zwar immer noch eine ganze Menge Geld für einen gelegentlichen Schluck Kaffee mehr oder weniger; aber andererseits kosten Eisgetränke bei Starbucks in den USA sowieso schon etwa ein Viertel mehr als die – wie wir nun wissen, nicht ganz – gleiche Menge reinen heissen Kaffees, beispielsweise. Und Starbucks setzt mit seinen Getränken im Jahr gute elf Milliarden Dollar um – wenn also diese Eis-Drinks auch nur ein Zehntel dieses Umsatzes ausmachen würden, wären das immer noch mehr als eine Milliarde Dollar. Mit nochmal anderen Worten bedeutet das, dass Starbucks-Kunden Hunderte von Millionen Dollar jährlich für gefrorenes Leitungswasser bezahlen – mein Mitleid angesichts der Klage ist da durchaus begrenzt.
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