Die charakterlichen Parallelen zwischen Donald Trump, dem republikanischen Kandidaten für das Amt des US-Präsidenten, und Tom Riddle, besser bekannt als Lord Voldemort und Erzbösewicht der Harry-Potter-Romane, sind ja nun schon öfter herausgehoben worden, nicht zuletzt von der Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling. Muss man nicht weiter ausmalen – Vergleiche zwischen Fantasy-Figuren (die nahezu zwangsläufig zweidimensional sein müssen) und realen Menschen haben sowieso ihre hermeneutischen Grenzen. Aber es gibt trotzdem einen guten Grund, diese Voldemort-Trump-Relation noch einen Moment länger zu betrachten: Eine neue Studie der Politologin und Kommunikationsforscherin Diana Mutz von der University of Pennsylvania sieht einen (negativen) Zusammenhang zwischen der Lektüre der Harry-Potter-Romane und der Einstellung zu Trump als Präsidentschaftskandidaten:
It may simply be too difficult for Harry Potter readers to ignore the similarities between Trump and the power-hungry Voldemort
beschreibt Mutz die Resultate einer Langzeit-Befragung von 1142 Amerikanerinnen und Amerikanern, die ursprünglich im Jahr 2014 (also deutlich vor Trumps Kandidatur) mit Fragen hinsichtlich ihrer Einstellung zu Minderheiten (speziell Muslime und Homosexuelle), aber auch zu Todesstrafe, Folter, Terrorbekämpfung und zur sozialen Dominanz befragt wurden; da dies auch die zentralen Themen von Trumps Wahlkampfs sind, lag es nahe, diesen Personenkreis jetzt, im Jahr 2016, nachträglich auch noch einmal speziell nach seiner Einstellung zum aktuellen republikanischen Präsidentschaftskandidaten zu fragen. Die Studie mit dem Titel Harry Potter and the Deathly Donald soll in einer Wahl-Sonderausgabe des Journals PS: Political Science & Politics veröffentlicht werden.
Schon die Lektüre eines einzelnen Harry-Potter-Bandes verschlechtert demnach die Einstellung des Lesers oder der Leserin gegenüber Trump um zwei bis drei Punkte; mit jedem weiteren konsumierten Potter-Band verschlechtert sich diese Einstellung in entsprechendem Maße (ich gehe hier von der Interpretation der Daten im Ergebnisteil des Papers aus – leider werden die Resultate nur in Koeffizienten-Tabellen präsentiert). Und dieser Effekt gilt – offenbar – in gleichem relativem Maß (wenn auch mit unterschiedlichen Ausgangswerten) für LeserInnen die sich selbst als RepublikanerInnen identifizieren. Wer also alle sieben Bände verschlungen hat, wird am Ende nicht mehr viel Sympathie für The Donald aufbringen können…
Na gut, dass Harry-Potter-Fans nicht unbedingt eine Affinität zu machthungrigen Typen jeder Art zeigen würden, scheint erst mal nicht sonderlich überraschend. Und dass die Fragestellung vielleicht in sich schon den Bias trägt, dass sie eben nur nach Trump fragt und nicht nach anderen Politikerinnen und Politikern, darf man auch nicht ignorieren – wer weiß, vielleicht sind Harry-Potter-LeserInnen generell keine Fans von Politik (die ja in den Büchern nicht unbedingt hochgelobt wird). Doch um diese Selbst-Selektion zu reflektieren, hat Mutz auch den Fall untersucht, dass die Befragten eben keine eingefleischten Potter-Fans sind, sondern nach einem Band schon keine Lust mehr zum weiterlesen hatten – trotzdem blieb genug hängen, dass Trump in ihren Augen weniger Respekt verdient.
Ursache und Wirkung sind, wie schon gesagt, bei solchen Studien nicht immer klar auseinander zu halten: Wir lesen Bücher, die unserem Geschmack und unseren Vorlieben entsprechen – aber diese Lektüre bildet uns und formt nicht selten unser Denken und unsere Wertsysteme. Die Harry-Potter-Filme hatten übrigens, zumindest hinsichtlich der Einstellung zu den politischen Fragen der Studie, so gut wie keine Wirkung. Und das alleine ist ja schon mal, aus der Sicht all jener, die schreiben (und zu denen zähle ich mich), eine gute Nachricht.
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