Da kann man als Journalist einfach nicht widerstehen: Eine Studie, die in der Oktoberausgabe des Journal of The American Osteopathic Association erschienen ist, fand heraus, dass Achterbahnfahrten generell helfen können, Nierensteine bis zu einem Durchmesser von einem halben Zentimeter ohne Operation loszuwerden – und dass es wesentlich effektiver ist, sich dafür hinten in die Achterbahn zu setzen, wo die Erfolgsrate fast viermal so hoch is wie vorne in der Achterbahn (24 von 36 Nierensteinen wurden erfolgreich auf den Rücksitzen rausgeschüttelt, aber nur 4 von 24 auf den Vordersitzen): Validation of a Functional Pyelocalyceal Renal Model for the Evaluation of Renal Calculi Passage While Riding a Roller Coaster (Validierung eines funktionalen Nierenbeckenmodells zur Evaluierung des Abgangs von Nierensteinen bei der Fahrt auf einer Achterbahn).
Das klingt zwar wie ein Brüller, aber zumindest wurde es ziemlich systematisch und mit erstaunlichem Aufwand getestet. Nicht an echten PatientInnen, sondern mit einer Nierenattrappe, die bisher eigentlich zu Simulationszwecken für Operationen verwendet wurde und die dazu speziell auf der Basis von Tomographiescans eines Patienten nachgebaut wurde; die drei Nierensteine (4,5 Kubikmillimeter, 13,5 Kubikmillimeter und 64,6 Kubikmillimeter), die für den Test verwendet wurden, stammten von dem gleichen Patienten/der gleichen Patientin, der/die auch die Vorlage für die “künstliche Niere” geliefert hatte. Getestet wurden diese echten Nierensteine in der – zumindest geometrisch realistischen – Niere, in Urin schwimmend, auf der Big-Thunder-Mountain-Achterbahn in Disneyworld. Bei jeder Fahrt wurden alle drei Steine in den Nierensiumulator geladen, allerdings immer an unterschiedlichen Stellen (wie sie auch in der Natur verteilt wären). Insgesamt 20 Fahrten wurden auf der Achterbahn gemacht, was also 60 Einzelfälle für die Auswertung ergab; in acht Fahrten saß die falsche Niere in den vorderen Reihen des vorderen Achterbahnwagens, in 12 Fällen in den hinteren Reihen des hinteren Wagens. Die Erfolgsquote (ca. 64 Prozent auf den hinteren Sitzen; ca. 17 Prozent auf den Vordersitzen) war dabei ziemlich unabhängig von der Größe des Nierensteins.
Wie gesagt, der Aufwand war vergleichsweise hoch, und ich will mir gar nicht erst vorstellen, wie die Buchhalter auf die Spesenabrechnungen für einen Trip nach Disney World zu Forschungszwecken reagiert haben. Und vielleicht bin ich sowieso nur wieder auf einen jener mysteriösen Wissenschafts-Streiche reingefallen, die sich nicht an den sonst üblichen Scherzkalender halten. Aber erstens sind Nierensteine in meinem Bekanntenkreis ein zunehmendes (und extrem schmerzhaftes) Übel, während Achterbahnen wiederum generell als ein Vergnügen gelten und es daher wirklich sensationell wäre, wenn man diese Übel auf solch eine vergnügliche Weise loswerden könne. Und zweitens ist wirklich nichts dagegen einzuwenden, wenn Forschung auch mal den ForscherInnen Spaß macht – was ich in diesem Fall wirklich hoffe.
Kommentare (9)