Eine Glocke, so sagt ein englisches Sprichwort, könne man nicht “entläuten” – will heißen: Man kann Dinge nicht ungesagt oder ungeschehen machen. Aber im wissenschaftlichen Diskurs gibt es zumindest den Versuch: Paper, die aus irgendwelchen Gründen (das reicht von formalen Fehlern über Urheberrechtsfragen bis zum akademischen Betrug) zu beanstanden sind, werden im Idealfall offiziell zurückgezogen und diese Retraktionen in den entsprechenden Journalen – und meist auch mit begleitenden Presseerklärungen – bekannt gegeben. Und das Blog Retraction Watch sorgt seit sieben Jahren dafür, dass diese akademischen Rückrufaktionen nicht in der metaphorischen Nebelnacht versteckt werden.
Welche (gravierenden) Auswirkungen solche Retraktionen auf die betroffenen Journale haben können, habe ich hier schon mal beschrieben. Doch die Autoren des Papers The career effects of scandal: Evidence from scientific retractions, die sich die Auswirkungen von Retraktionen auf dem Feld der Biowissenschaften über drei Jahrzehnte hinweg angeschaut und die Ergebnisse im aktuellen Journal Research Policy veröffentlicht haben, fanden zusätzlich heraus, dass – wie zu erwarten – auch die Autorinnen und Autoren solcher zurückgezogener Arbeiten einen Preis bezahlen: Sie werden als Folge des Rückrufs deutlich seltener zitiert (also nicht nur das beanstandete Paper wird weniger zitiert, sondern auch alle nachfolgenden Veröffentlichungen dieser ForscherInnen). Im Schnitt (und im Vergleich zu Kolleginnen/Kollegen mit adäquater, aber unbefleckter fachlicher Publikationshistorie) um zehn Prozent weniger. Aber bei schweren Verstößen gegen die Forschungsethik, also beispielsweise wenn Daten gefälscht wurden, bezahlen die beteiligten WissenschaftlerInnen sogar mit einem Rückgang ihrer Zitierwürdigkeit um runde 20 Prozent. In einer Welt, wo der Wert eines Forschers oder einer Forscherin praktisch nur in Publikationen und Zitaten gemessen wird, ist das ein signifikanter Preis.
Das ist einerseits gut, denn es zeigt, dass für Schlampigkeit oder im Extremfall sogar Betrug ein Preis gezahlt werden muss – aber andererseits ist dieser Preis (meiner Ansicht nach) noch eher zu niedrig, um ein nachhaltiges Korrektiv zu bilden: Ein Fünftel weniger Zitate lässt sich durch höheren Ausstoß an Papern sicher zu einem guten Teil wieder ausgleichen.
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