All das war noch nicht mal als ein “offenes Geheimnis” zu bezeichnen, weil nicht mal so getan wurde, als ob man es verheimlichen müsste. Und darum bin ich mir sicher, dass wir in sehr kurzer Zeit noch viel mehr solcher “Enthüllungen” über Politiker, Manager, Journalisten, aber auch die Erfolgreichen in anderen Branchen, also auch in der Kunst und der Lehre (siehe hier und hier, beispielsweise) erleben werden. Und ich wäre nicht überrascht, wenn diese Verhalten auch heute noch immer und überall weit verbreitet wäre..
Und all jenen Männern, die nun einwerfen wollen, dass diesen Frauen ja andererseits durch die “Aufmerksamkeit” der sexuellen Ausbeuter auch Karrierevorteile erwachsen seien (etwas deutlicher: die ihren Kolleginnen vorwerfen, sich “hochgeschlafen” zu haben), will ich nur sagen: Ihr habt offenbar keine Ahnung. Soweit ich es sehen konnte, mussten die jungen Frauen schon immer mindestens ebenso gut in ihrem Fach sein wie ihre männlichen Kollegen – geschenkt wurde ihnen schon bei der Auswahl nichts. Aber sie mussten dann zusätzlich die sexuellen Belästigungen und Nötigungen (wenn nicht noch mehr) erdulden, weil ihnen jene sonst die Karriere verwehrt hätten. Ein Blick auf die Liste der Weinstein-Opfer belegt schon, dass hier keine kleinen Starlets mit zweifel- oder gar mangelhaftem Talent betroffen waren.
Wie würde ich mich heute in der gleichen Situation verhalten? Vermutlich immer noch diskret, zumindest gegenüber dem Schulleiter – sicher mit einer deutlicheren Ablehnung, und mit einem Hinweis darauf, dass dies nicht tragbar ist. Aber ich würde – und werde – jeder Frau, die auch nur in Andeutungen von solchen Erfahrungen spricht, nicht nur glauben, sondern ihr auch dazu raten, diese nicht für sich zu behalten (auch wenn sie selbst zur Überzeugung gebracht wurde, eine starke Frau halte das aus) – und ihr dabei jede erdenkliche Unterstützung zusichern. Das mag wenig sein – aber wenigstens ein Anfang…
* P.S.: Ich nehme an, dass viele Leser (und manche Leserin) hier einwerfen könnten, dass das doch oft nur Gerede oder Getue sei, dass den Worten meistens keine Taten folgen etc. Das macht die Sache nicht ein Stück besser, und die jungen Frauen nicht ein bisschen weniger zu Objekten männlicher Lust. Aber wie so oft geht es ja in solchen Fällen gar nicht (nur) um die (unmittelbare) Befriedigung einer körperlichen männlichen Lust, sondern mindestens ebenso wichtig um das Gefühl von Macht.Und für die, dieses Verhalten erdulden müssen, macht es letztlich keinen großen Unterschied – es ist in jedem Fall erniedrigend und entwürdigend, so behandelt zu werden. Und “nochmal davongekommen” zu sein bringt nur wenig Erleichterung, wenn’s beim nächsten Mal ernst gemeint sein könnte.
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