Ich frage ich selbst ja immer wieder, warum mir das Bloggen seit einige Zeit so schwer von der Hand geht. Und dann erinnere ich mich daran, was mich vor nun schon fast einer Ewigkeit mal dazu motiviert hatte, ein eigenes Blog zu schreiben: Die “Diskrepanzen zwischen dem, was als Wissen verfügbar wäre und was als solches akzeptiert wird“, was zwar ein sehr Amerika-typisches, aber nicht für Amerika exklusives Phänomen zu sein schien, wollte ich ausloten und vielleicht mit Information ausgleichen (um es mal ganz unbescheiden zuzugeben – Weltverbesserungs-Obsessionen sind für Journalisten manchmal eine Berufskrankheit).
Das war damals, und ein paar gute Jahre lang schien sich dieses Bemühen, wenn auch in manchmal nur homöopathischen Dosierungen, zu lohnen. Doch was ich mir selbst an meinen schwarzmalerischsten Tagen hätte ausdenken können: dass sich diese Wissenslücken schließen – und es doch anscheinend keinen Unterschied macht. Dass das semantische Gegenteil von “Wissen” nicht etwa “Unwissen”, sondern Ignoranz im Sinn von “Verachtung für Wissen” ist. Und dass politische Macht nicht mehr durch Information legitimiert werden muss oder sich zumindest aktiv um Desinformation bemühen muss, sondern sich ganz unverblümt über Wissen – selbst das, was man als Allgemeinwissen bezeichnen würde – spottet und tut, was ihr beliebt. Und schon gar nicht hätte ich geglaubt, dass sowas nicht nur eine kurzfristige Infektion sein könnte, sondern ein offenbar globaler Trend wird (wer nicht weiß, wovon ich rede, kann ja mal bei meinem Blogger-Kollegen Joseph Kuhn blättern gehen – da gibt es ein paar klare Beispiele).
Ein aktuelles Belegstück habe ich hier: Laut einem Bericht des Yale Program on Climate Change Communication halten mehr als 80 Prozent der US-Bevölkerung den Klimawandel für real, fast genau die Hälfte (49 Prozent) ist sogar “sehr sicher” bis “extrem sicher”, dass die globalen Durchschnittstemperaturen steigen (12 Prozent mehr als noch vor drei Jahren). Und selbst im “Flyover Country”, also jenen bevorzugt republikanisch und gerne auch rückschrittlich wählenden Landesteilen fernab von den Bevölkerungszentren an den Küsten scheint man sich einig zu sein darüber, dass diese Entwicklung im Schulunterricht gelehrt werden sollte:
(Quelle)
Doch nichts deutet darauf hin, dass die amtierende US-Regierung diese Erkenntnis auch nur ansatzweise politisch respektieren wird, dafür deutet alles darauf hin, dass sie genau das Gegenteil tun wird. Die Förderung des ökonomisch und ökologisch schon längst untragbar gewordenen Kohle-Bergbaus, das auftrumpfende Abschaffen aller erdenklichen Umweltschutz-Vorschriften; ein Leiter der Umweltschutzbehörde, der den Treibhauseffekt bestreitet und außerdem findet, dass es gut wäre, wenn die Erde sich weiter erwärmt… mit Information und Aufklärung ist hier nichts mehr zu erreichen.
Der Klimawandel ist nur ein Beispiel. Es gibt eigentlich keinen Bereich der aktuellen Politik – auch hier sind die USA nur Vorreiter, aber eben keine Einzelgänger – der sich hier nicht als Beleg anführen ließe. Und spätestens an diesem Punkt verlässt mich dann die Motivation, weiterzuschreiben…
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