Als Schlagzeile macht das doch was her: “Ältere Männer mit hohem Sexhormonspiegel sind weniger religiös” – das ist fast exakt die Zeile, die der wissenschaftliche Springer-Verlag über seine Pressemitteilung zu einer Veröffentlichung im Fachjournal Adaptive Human Behavior and Physiology gesetzt hat (der Unterschied liegt im Konjunktiv – “könnte” steht im O-Text). Und ganz ohne Basis ist diese Aussage auch nicht: Der Soziologieprofessor Aniruddha Das von der kanadischen McGill University hat Daten der Langzeitstudie National Social Life, Health and Aging Project ausgewertet, die in den Jahren 2005-2006 und 2010-2011 mit amerikanischen Erwachsenen erhoben wurden, deren Geburtsdatum zwischen 1920 und 1947 lag. Neben Fragen zu ihren Lebensgewohnheiten, zu denen auch “Marker” wie Kirchenbesuche und Geistliche im Bekanntenkreis gehörten, wurden die rund 3000 Studienteilnehmerinnen und -Teilnehmer auch physiologisch untersucht, unter anderem mit Blut- und Speichelproben, die dann später im Labor ausgewertet wurden.
Der Artikel selbst ist hier nachzulesen; die Arbeitshypothese war, dass ein höherer Testosteronspiegel bei Männern unter anderem mit einer stärkeren Neigung zur häufigen Partnerwechseln und einer höheren Aggressivität und andern eher sozialschädlichen Verhaltensweisen verbunden wird – und da diese Verhaltensweisen im Allgemeinen potenziell im Konflikt mit religiösen Werten stehen, folglich auch die Neigung zur Religion mit dem Steigen der Sexualhormonspiegel reduziert wird.
Die Zahlen – die, wie in sozialwissenschaftlichen Journalen offenbar üblich, nur in wenig anschaulichen Tabellen präsentiert werden – scheinen diese Hypothese eines Zusammenhangs zwischen religiöser Aktivität und Sexualhormonen zu bestätigen. Da könnte man natürlich eine ganze Menge hinein interpretieren, aber das lass ich jetzt mal lieber… (obwohl’s verlockend ist).
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