Da! Ich hab’s geschrieben, das Wort, an dem sich Deutschland offenbar gerade heiß reibt: Umweltsau. Und nein, ich habe in meiner Überschrift nicht vergessen, mich selbst distanzierende Anführungszeichen zu setzen – aber mehr dazu in einem Moment.
Erst mal ein paar Anmerkungen eines Beobachters, der über einen Ozean hinweg erst mal gar nicht nachvollziehen konnte, was da überhaupt Aufregbares dran sein soll. Aber dann fiel mir ein, dass Satire in Deutschland der “breiten Masse” (wer immer das sein mag, ich kenne ja eigentlich nur Individuen, aber man darf die Sozialdynamik einer Rechthaberkultur nicht unterschätzen) immer nur dann als akzeptabel galt, wenn sie niemanden brüskiert – was genau das Gegenteil von dem ist, was Satire soll und kann; ich kann mich an keinen Satiriker, keine Satirikerin des 19., 20. oder auch 21. Jahrhunderts erinnern, auf dem oder der nicht irgendwann im Laufe Ihres Schaffens genau diese Kritik losgelassen wurde. Alles also ganz normal, womit zumindest schon mal bestätigt ist, dass die Umweltsau-Satire den richtigen Nerv getroffen hat.
Was ist den eigentlich der Aufreger hier? Das Wort “Umweltsau” mag nicht unbedingt das schönste der deutschen Sprache sein, aber es ist – als Abwandlung der viel besser etablierten “Drecksau” – in der Rangliste der Schimpfwörter eher im Mittelbau. Und eine Nation, die Schimanskis “Scheiße” aushalten konnte, sollte damit auch zurechtkommen können. Aber offenbar war’s ja gar nicht das Schimpfwort an sich, sondern die Tatsache, dass damit die Oma gemeint war. Wo Omas doch immer nur nett und hilflos sind…
Moment mal! Die Kinder des WDR-Kinderchores sind neun bis 13 Jahre alt; das heißt, ihre Großeltern müssten, nach grober Schätzung, in ihren 50-ern und frühen 60-ern sein – meine Generation also! Und diese Generation ist, wie ich aus persönlicher Anschauung weiß, weder hilflos noch zwangsläufig nett. Und schon gar nicht über satirische Kritik erhaben. Im Gegenteil: Wir sind die Generation der Umweltversauer, der Umweltpolitikverhinderer, der Ressourcenverschwender, die diesen Kindern einen vermutlich irreparablen Saustall (na gut, meinetwegen auch Hühnerstall – der ist in der heutigen Massentierhaltung genauso abscheulich wie die Schweinefabriken) hinterlassen haben. Diese Omas und Opas sind alle noch gut im Geschäft, besetzen Machtpositionen in Wirtschaft und Politik, und zeigen, global und als Kollektiv betrachtet, zu wenig Mühe, dieses Problem ernsthaft anzugreifen. Darüber habe ich mir, vor allem in in den ersten Jahren meines Blogs, die Finger müde geschrieben, und das hat sich seitdem nicht verbessert.
Sicher, in der gleichen Generation (und einigen vor uns) sind auch jene zu finden, die Umweltparteien gegründet haben, gegen Umweltverschmutzung und atomare Rüstung auf die Straße gegangen sind, und die mit ihrer Arbeit überhaupt erst auf das Klimaproblem aufmerksam gemacht haben. Aber die Geschichte zeit, dass die Ausrede “ich war’s nicht” am Ende wenig zählt, wenn die Welt erst mal in Flammen ist. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass niemand – ich schreib’s lieber noch mal groß und fett: NIEMAND! – aus meiner Generation, der oder die sich aktiv für den Umweltschutz eingesetzt hat und noch einsetzt, ein Problem mit dem umgedichteten Kinderlied hat. Wir (ich zähle mich da jetzt mal ganz selbstgefällig mit) wissen, dass wir diese Umweltkatastrophe mit zu verantworten haben. Weil es einen Generationenverantwortung ist. Vor der wir uns nicht drücken können. In diesem Sinn: #jesuisumweltsau.
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