Wenn religiöse Menschen von sich behaupten, glücklicher und zufriedener zu sein, dann liegt das nicht an ihrer Nähe zu irgend einem Gott oder einer spirituellen Erleuchtung, sondern erst mal daran, dass Religionsgemeinschaften vor allem letzteres sind – Gemeinschaften. Mitglieder finden hier Anschluss an Freunde, und das sei vor allem, was sie glücklich mache, erklärt Chaeyoon Lim von der University of Wisconsin, gemeinsam mit Robert Putnam (Harvard University) Co-Autor des Papers über “Religion, Social Networks, and Life Satisfaction”, das in der Dezember-Ausgabe der American Sociological Review erscheinen wird (zurzeit noch nicht Online, werde bei Gelegenheit einen Link nachliefern; bis dahin muss der Link zur Pressemitteilung genügen):
“Our study offers compelling evidence that it is the social aspects of religion rather than theology or spirituality that leads to life satisfaction. In particular, we find that friendships built in religious congregations are the secret ingredient in religion that makes people happier.”
Unsere Studie liefert zwingende Beweise, dass es die sozialen Aspekte der Religion sind und nicht die Theologie oder Spiritualität, die ein zufriedenes Leben bewirken. Insbesondere fanden wir,. dass Freundschaften, die in religiösen Gemeinden geschlossen werden, die geheime Zutat in der Religion sind, die Menschen glücklicher machen.
Aus den Daten einer Telefonumfrage (Faith Matters – leider kein Link), die in den Jahren 2006 und 2007 mit 1915 erwachsenen Amerikanern durchgeführt wurde, hatten Lim und Putnam herausgefiltert, dass 33 Prozent der Personen, die wöchentlich den Gottesdienst besuchen und drei bis fünf Freunde in der Gemeinde haben, sich als “extrem zufrieden” mit ihrem Leben bezeichnen würden. Wöchentliche Gottesdienstbesucher hingegen, die keine Freunde in der Kirchengemeinde haben, sind nur zu 19 Prozent “extrem zufrieden” – das ist der gleiche Prozentsatz, den Personen erreichen, die nie zum Gottesdienst gehen (und daher per Definition auch keine Freunde in der Kirchengemeinde haben – was nicht heißen muss, dass sie keine Freunde haben, oder dass die Freunde nicht ihrerseits einer Kirchengemeinde angehören). Mit anderen Worten – es sind die Freundschaften, die den Unterschied machen, nicht der Inhalt des Gottesdienstes.
Kann man das wirklich so sagen? Nun, ohne das Paper (ist angefordert, aber noch nicht da) selbst gesehen zu haben, kämen mir etlich Zweifel an der Kausalität der Korrelation. Aber hier fand ich noch ein paar weitere Details, und die machen den Schluss schon ziemlich plausibel:
– Ob eine befragte Person nun angab, “persönlich die Gegenwart Gottes” oder “persönlich die Liebe Gottes im Leben” zu spüren oder nicht, machte keinen Unterschied im Niveau der Zufriedenheit im Leben;
– auch die Gewissheit, dass es einen Gott im Himmel gibt – oder eben nicht gibt – machte keinen nennenswerten Unterschied.
– Und wer seinen Glauben lieber im Stillen ausübt, also seine Gebete und Rituale im heimischen Kämmerchen pflegt, der wird dadurch auch nicht zufriedener als jemand, der ohne Religion im Leben auskommt.
Mit anderen Worten: Religionsgemeinschaften (zumindest die christlichen und jüdischen, von denen sich genug Teilnehmer in der Umfrage fanden – für relevante Aussagen über Muslime und Buddhisten reichten die Daten nicht aus) sind offenbar ebenso hilfreich wie ein Hobbyclub, ein Sportverein – wie jede andere Gemeinschaft, in dem man Menschen treffen und Freunde finden kann. Und die Nähe zu Gott – oder was auch immer – macht nicht wirklich zufriedener. Zumindest nicht in diesem Leben …
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