Planeten die nicht einen einzigen Stern umkreisen sondern gleich zwei davon regen die Fantasie der Menschen an. Jeder denkt dabei sofort an Science-Fiction á la Star Wars und überlegt, wie das Leben dort wohl aussehen würde. Das gilt auch für Astronomen, die solche Planeten im Detail untersuchen. Über Planeten und Doppelsterne habe ich hier im Blog schon einiges geschrieben – zum Beispiel hier und hier zu der grundlegenden Frage, ob so etwas überhaupt möglich ist. Ist es (hier gibt es noch einen ganz ausführlichen Text) und nicht nur theoretisch: Auch in der Realität hat man solche Planeten schon entdeckt. Und natürlich wird auch untersucht, wie die Bedingungen dort aussehen können. Rein prinzipiell spricht nichts dagegen, dass Planeten in einem Doppelsternsystem lebensfreundliche Bedingungen aufweisen. Aber wie wirkt sich die Anwesenheit von zwei Sonnen im Detail auf das Klima so eines Planeten aus? Das haben Max Popp vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und Siegfried Eggl vom JPL in einer kürzlich erschienenen Arbeit untersucht (“Climate variations on Earth-like circumbinary planets”.
Das Referenzsystem in ihrer Untersuchung war Kepler-35. Darüber habe ich schon 2012 anlässlich der Entdeckung dieses Planetensystems berichtet: Es besteht aus zwei Sternen die beide ein bisschen weniger Masse haben als unsere Sonne die einander in einem Abstand von 26 Millionen Kilometer umkreisen. Beide Sterne werden von einem Gasriesen umkreist, den Popp und Eggl allerdings ignoriert haben. Sie haben stattdessen einen fiktiven erdgroßen “Wasserplaneten” in eine Umlaufbahn um die Sterne von Kepler-35 gesetzt und mit Computersimulationen nachgesehen, wie sich die Strahlung der Sterne auf dessen Klima auswirkt.
Dass die Sache ein klein wenig komplizierter ist als beispielsweise im Fall von Erde und Sonne liegt auf der Hand: Der Planet bewegt sich um die Sterne; die Sterne bewegen sich umeinander. Einer der beiden Sterne ist 400 Grad heißer als der andere und die auf den Planeten eintreffende Energiemenge ändert sich, je nachdem ob er gerade dem heißen Stern näher ist oder dem kalten. In ihren Computersimulationen haben Popp und Eggl die Bewegung der drei Himmelskörper mathematisch modelliert und das ganze mit einem mathematischen Modell für das Klima auf dem Planeten kombiniert. Drei fundamental unterschiedliche Zustände wurden unterschieden: Den “Moist Greenhouse state”, also den Fall in dem der Planet so heiß wird, dass es keine lebensfreundliche Bedingungen mehr gibt und eine Abkühlung nicht mehr stattfindet. Angenehmer ist da schon der “habitable state” also der Zustand in dem die Bedingungen auf dem Planeten prinzipiell lebensfreundlich sein können. Und dann gibt es noch den “Snowball state”, in dem die ganze Planetenoberfläche quasi einfriert und ebenfalls unbewohnbar wird (Und ja: Entgegen dem was man von den Wüstenwelten aus Star Wars kennt muss ein Planet mit zwei Sonnen nicht zwangsläufig eine heiße Wüste sein – es kommt halt darauf an, wie weit er von den Sternen entfernt ist).
Dann haben die Astronomen nachgesehen, wie sich das Klima des Planeten verändert, wenn man zum Beispiel den Abstand zu den Sternen ändert. Das sieht dann so aus:
In der Mitte ist schematisch das Planetensystem dargestellt. Im Uhrzeigersinn sieht man von oben links nach unten rechts vier Fälle in denen der Abstand des Planeten 1,225 AE, 1,195 AE, 1,165 AE und 1,140 AE beträgt. Die fiktiven Planeten sind also aller weiter von den Sternen entfernt als die Erde von der Sonne bei der der Abstand genau 1 AE (also eine Astronomische Einheit) beträgt. Die schwarze Kurve zeigt die tägliche Sonneneinstrahlung während eines Zeitraums von 700 Tagen an; die rote Kurve die globale mittlere Oberflächentemperatur. Oben links ist es ziemlich frisch; hier beträgt die mittlere Temperatur um die -76 Grad Celsius. Unten rechts dagegen sind es um die 65 Grad Celsius. Nur die beiden übrigen Fälle sind halbwegs lebensfreundlich. Insgesamt hat man echte habitable Zustände für Abstände des Planeten gefunden, die zwischen 1,165 AE und 1,195 AE.
Das ist von der Ausdehnung her ungefähr so wie die habitable Zone in unserem Sonnensystem. Aber nur ungefährt: Bei Kepler-35 liegt sie ein kleines Stück weiter vom Stern entfernt und ist auch ein klein wenig größer (aufgrund der höheren Strahlungsleistung der beiden Sternen im Vergleich zur einzelnen Sonne). Das, so Popp und Eggl, könnte bedeuten, dass Doppelsternsystem der untersuchten Art besonders gute Orte sind, um nach lebensfreundlichen Planeten zu suchen.
Ob da dann aber auch wirklich Leben existieren kann und existiert ist wieder eine ganz andere Frage. Die kann so eine Computersimulation natürlich nicht beantworten. Dazu braucht man erst noch bessere Beobachtungsdaten und weitere Simulationen die all die anderen Parameter im Detail untersucht die ebenfalls noch eine Rolle spielen können (der Einfluss von anderen Planeten auf die Bahn des erdähnlichen Planeten; die Aktivität der Sterne, und so weiter). Aber die Faszination wird bleiben und wir werden darüber spekulieren, wie es dort aussehen würde. Auf dem fiktiven Planeten von Popp und Eggl wäre zum Beispiel immer deutlich mehr als nur die Hälfte des Himmelskörpers beleuchtet. Und es würde alle 11 Tage eine Sonnenfinsternis geben…
Kommentare (31)