Man könne einem Manager bereits am Gesicht ablesen, ob seine Firma erfolgreich sei oder nicht – behauptet eine Studie der Tufts University, die in der nächsten Ausgabe des US-Fachmagazins “Psychological Science” erscheinen wird. Und gemeint ist damit nicht etwa das Siegerlächeln oder die zerknirschte Verlierermiene bei der Bilanz-Pressekonferenz.

Die Psychologieprofessorin Nalini Ambady und ihr Student Nicholas Rule hatten ihren Testpersonen anonymisierte Fotos der Chefs von insgesamt 50 US-Unternehmen – den 25 Spitzenreitern der FORTUNE-1000-Liste 2005 und den 25 Schlusslichtern – vorgelegt, die einheitlich in Größe, Gesichtsausschnitt und Schwarzweiß-Wiedergabe waren. Aufgabe war, aus diesen zumeist eher schlechten Bildern Aussagen über die Kompetenz, Beliebtheit etc. abzuleiten. Dabei habe sich, so die Autoren der Studie, eine signifikante Korrelation zwischen den aus den Gesichtern vorurteilsmäßig abgelesenen Eigenschaften und den tatsächlichen Profiten der Firmen ergeben.

Eigentlich ein sehr beunruhigendes Ergebnis. Vor allem, wenn man sieht, dass praktisch alle betrachteten CEOs weißhäutige Männer sind – was alleine schon drauf hin weist, dass es nicht alleine an ihren natürlichen Business-Begabungen liegen kann. Oder dass einige der scheinbar Erfolgreichsten in dieser 2005-Liste später ziemlich unrühmlich geschasst wurden, wie etwa der Citigroup-Chef Chuck Prince, der Home-Depot-Boss Bob Nardelli (der nun bei Chrysler am Steuer sitzt) oder der damalige CEO des Pharmagiganten Pfizer, Henry McKinnell.

flattr this!

Kommentare (11)

  1. #1 blugger
    11. Januar 2008

    Wann wurden die Bilder der Manager denn geschossen? Zeitnah zum Ableben oder Abheben der jeweiligen Firma?

  2. #2 Jürgen Schönstein
    11. Januar 2008

    Die Fotos wurden den Managerprofilen der jeweiligen Firme-Webseiten entnommen – man darf also annehmen, dass sich die Herren (wie schon gesagt, ausschließlich Herren!) – in ihrem jeweils besten Licht zeigten. Was die Studie aber nicht beantworten kann ist die Frage, ob es tatsächlich den Fähigkeiten dieser Topmanager zuzuschreiben ist, dass ihre Firmen so profitabel sind – oder ob sie dank ihrer vermeintlich wahrgenommenen Talente (die echt sein mögen oder nicht) die besseren Chancen haben, von erfolgreichen Unternehmen angeheuert zu werden, die auch ohne ihr Zutun Profite machen würden. Wenn ich mich so umschaue, halte ich Letzteres für reichlich plausbel …

  3. #3 Conserv
    12. Januar 2008

    Das finde ich nicht erstaunlich. Im Alltag merke ich auch, welche Menschen mal eine wichtige Aufgabe hatten in ihrem Leben. So etwas prägt einfach sehr stark.
    Die einen sind die Macher, die es nicht nötig haben, sich aufzuspielen. Die anderen sind die Neider und Besserwisser, die sich mit ihrer Bedeutungslosigkeit nicht abfinden können.

  4. #4 Hardrian
    12. Januar 2008

    Könnte es sein, dass in der Studie ein ganz, ganz grosser Fehler steckt? Die Fortune-Liste ist nämlich nicht nach dem geschäftlichen Erfolg (=Gewinn) sortiert, sondern nach der Größe der Firma (=Umsatz).

    In dem Link zu den Fortune 1000 von 2005 sind fogende Firmen “vorne”:

    Nr. 3 General Motors Umsatz: 193,517.0 Gewinn: 2,805.0
    und Nr.4 Ford Motor Umsatz: 172,233.0 Gewinn: 3,487.0

    während diese Firmen auf den “unteren” Plätzen weilen:
    995 Gilead Sciences Umsatz: 1,324.6 Gewinn: 449.4
    996 Pogo Producing Umsatz: 1,323.0 Gewinn: 261.8
    997 Coach Umsatz: 1,321.1 Gewinn: 261.7

    Jetzt sieht aber jeder 1.Semester BWL, dass die Manager von General Motors und Ford eine viel schlechtere Umsatzrentabilität (Umsatz/Gewinn-Verhaltnis) haben als die kleinen Unternehmen. Falls diese Faktoren (ich habe den Artikel noch nicht lesen können) nicht berücksichtigt sind, bedeutet die Studie nur, dass die Studenten die Manager GROSSER Firmen erkennen konnten aber nicht, dass sie ERFOLGREICHE Manger erkannt haben 😉

  5. #5 Jürgen Schönstein
    13. Januar 2008

    @Hardrian: Die Studie bezieht sich auf Profite, nicht auf Umsätze. Gerade deswegen wurden wohl auch die Firmen am Ende der Fortune-Liste mit einbezogen (und auch, weil deren Manager nicht so prominent sind, dass man deren Gesichter schon aus den Zeitungen kennt).

  6. #6 Hadrian
    13. Januar 2008

    Danke für die Antwort. Im Spiegel-Bericht war das meines Erachtens nicht eindeutig beschrieben. Haben Sie den Orginal-Bericht bereits gelesen? Ich habe ihn angefordert und werde hoffentlich morgen eine Antwort bekommen. Ich bin da noch skeptisch. Vor allem, weil explizit auf “unten” und “oben” eingegangen wird (Sie selbst schreiben ja auch von den 25 Spitzenreitern und den 25 Schlusslichtern 🙂

    Ausserdem werden Sie mir vielleicht zustimmen, dass Profit allein ohne eine Berücksichtigung des Umsatzes auch nicht besonders aussagekräftig in Bezug auf den Erfolg des Unternehmens ist. Mal ganz davon abgesehen, dass der Erfolg ja nicht unbedingt dem aktuellen CEO anzulasten ist. Wie verhält es sich denn mit einem Herrn Löscher, der für die aktuellen Ergebnisse von Siemens sicher noch nicht verantwortlich zeigt?

    Die Frage drängt sich also auf, wass hier eigentlich die Forschungsfrage und, noch viel wichtiger, die Messkriterien waren? Selbst aus der Pressemeldung von der Tuft University bin ich daraus nicht recht schlau geworden.

    Das Argument mit den Gesichtern gilt übrigens nicht, da in der Studie sowieso diejenigen Studenten-Urteile entfernt wurden, bei denen jemand einen CEO erkannt hat. Wäre das das Ziel gewesen, hätte man doch am besten Firmen jenseits der 100, aber mit hervorragenden und schlechten Unternehmenszahlen verwenden können.

    Mein Verdacht bleibt: die Forscher haben es sich hier zu einfach gemacht und werden sich damit noch einigen Ärger einfangen.

  7. #7 Hadrian
    13. Januar 2008

    Nachschlag: was ich vermisse, ist eine klare Definition für Unternehmenserfolg. Die Position in der Fortune-Liste ist es nicht, die reine Größe der Profite ist es auch nicht. Bleibt also nur (wenn man nur die Daten der Fortune-Liste heranzieht) die Umsatzrentabilität (die wird aber nirgends erwähnt).

    Darüber hinaus fehlen völlig die Angaben darüber, WIE GUT jetzt eigentlich die Urteile der Studenten waren(Korrelationskoeffizient?).

    Vielleicht zum Kontext: ich bin selbst Psychologe in der Forschung und weiss um die harten Standards, die eigentlich angelegt werden. Um so mehr überrascht es mich, wie spärlich und mehrdeutig die publizierten Informationen dazu sind.

    PS: ich finde es auf jeden Fall sehr gut, dass jemand dieses Thema in seinen Blog aufnimmt und bin gespannt, wie sich die Sache entwickelt.

  8. #8 Jürgen Schönstein
    14. Januar 2008

    Die Forscher haben als Messlatte für den Unternehmenserfolg ganz einfach die Durchschnittsgewinne der Jahre 2004 bis 2006 gewählt. Die Rangfolge in der Fortune-Liste war kein Erfolgskriterium; meine Formulierung “Spitzenreiter” und “Schlusslichter” war nicht als Wertung im Hinblick auf den Unternehmenserfolg gemeint (und auch keine Bewertung im Sinne dieser Studie), sondern nur eine etwas saloppe Illustrierung der Position innerhalb der Top 1000. Es ist mir absolut klar, dass ein Unternehmen schon ziemlich groß sein muss, um überhaupt in dieser Liste zu erscheinen, und dass die Position innerhalb der Top 1000 nichts über Profite und schon gar nichts über die Umsatzrendite aussagt.

  9. #9 Hadrian
    14. Januar 2008

    Ich habe jetzt das Paper erhalten und ich muss sagen, wenn solch eine Arbeit von meinen Studenten gekommen wäre, hätte ich sie gleich wieder nach Hause geschickt.

    Allein schon der Sachverhalt, dass eine klare Hypothese über den Zusammenhang von Gesicht, Führungsverhalten und Unternehmenserfolg fehlt, wäre IMHO ein Grund, die Arbeit abzulehnen. Genauso kann man die Länge der Nase des CEOs mit der Anzahl der Mitarbeiter des Unternehmens korrellieren. Wenn man dann was findet, wird das Ergebnis publiziert und alle Medien stürzen sich auf die tolle Nachricht “An der Nase eines Mannes…”.

    Ich arbeite gerade mit einem Kollegen an einer Kritik des Artikels und wir werden das an die Zeitschrift schicken. Ich bin allerdings gespannt, ob Diese Replik sich ebenso verbreitet, die Hoffnung ist gering.

  10. #10 bellini
    23. Januar 2008

    Hallo,
    woher bekommt man das paper ? die untersuchung wird doch erst in der febr ausgabe von
    psy science veröffentlciht

  11. #11 Jürgen Schönstein
    25. Januar 2008

    Ich habe es mir vorab vom Verlag besorgt.