Mit Hilfe von präzisen GPS-Messungen haben Forscher der University of Arizona in Tucson, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der University of Washington in Seattle und in Kroatien, eine aktive Verwerfung unter der Adria lokalisiert, an der sich die adriatische Mikroplatte – tektonisch betrachtet ein Fragment der afrikanischen Platte, und besser vorstellbar als der “Absatz” des italienischen “Stiefels” – unter die eurasische Platte schiebt und dort für eine weitere Auffaltung der dinarischen Alpen sowie die Bildung neuer Inseln sorgt. Dieser Prozess galt bisher als seit mehr als 20 Millionen Jahren abgeschlossen.

Diese Verwerfung erstreckt sich nordwestlich von Dubrovnik für etwa 200 Kilometer parallel zur dalmatinischen Adriaküste. Besonders eilig hat es der Stiefelabsatz (also die Region südlich von Bari) zwar nicht, nach Dalmatien zu reisen – die Forscher registrierten mit ihren fest installierten GPS-Antennen in den Felsformationen entlang der Küste und auf den dalmatinischen Inseln ein Tempo von etwa vier Millimetern pro Jahr. Bei diesem Tempo würde es etwa 50 bis 70 Millionen Jahre dauern, bis sich die Adria hier geschlossen hat, schätzt Richard A. Bennett  von der University of Arizona, der auch die Federführung für den Artikel “Eocene to present subduction of southern Adria mantle lithosphere beneath the Dinarides” (Subduktion des südadriatischen lithosphärischen Mantels unter die Dinariden, vom Eozän bis in die Gegenwart), der die Resultate in der Januarausgabe der Fachzeitschrift “Geology” veröffentlichte.

Dass diese Verwerfung bisher nicht entdeckt wurde, hat zwei Gründe: Zum Einen war diese Region wegen ihrer politischen Instabilität als geologisches Forschungsgebiet lange vernachlässigt worden, und zum Zweiten herrschte, wie Bennett in einer Pressemitteilung seiner Uni erklärt, entlang dieser Verwerfung seit zwei Jahrtausenden seismisch Ruhe (die Erdbeben, die in dieser Region gemessen werden – so zum Beispiel das Beben von 1979, bei dem die Stadt Bar in Montenegro weitgehend zerstört wurde – werden durch die weiter südlich verlaufende Grenze zwischen der afrikanischen und der eurasischen Platte verursacht).

Weitere Messungen könnten allerdings ergeben, dass die Verwerfung doch ein signifikantes Erdbebenrisiko mit sich bringt. “Wir wollen herausfinden, ob die Verwerfung sich ungehindert verschieben kann oder ob sich dabei Spannungen aufbauen, die dann in der Zukunft ein großes Erdbeben auslösen können”, beschreibt Bennett seine nächste Aufgabe.

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