Ohne Gelder aus der Industrie liefe an amerikanischen Universitäten vermutlich nicht sehr viel: 31,6 Milliarden Dollar sammelten sie im vergangenen Jahr von privaten und institutionellen Spendern ein. Die Harvard-Universität, die von diesen 31,6 Milliarden etwa 650 Millionen Dollar für sich abzweigen konnte, bestritt damit knapp ein Fünftel ihres 3,5-Milliarden-Budgets. Aber nicht nur die Unis selbst genießen die Großzügigkeit von Spendern – es scheint ganz normal zu sein, dass sich auch Professoren direkt für Beratungsleistungen und andere Gefälligkeiten von der Pharmaindustrie bezahlen lassen. Die Medizinstudenten in Harvard scheinen sich jedenfalls ernste Sorgen um die Integrität der Lehre unter dem Einfluss der Pharmaindustrie-Gelder zu machen, wie man einem Artikel im Wirtschaftsteil der heutigen (3.3.2009) New York Times entnehmen kann.

Laut dem Artikel sind 1600 der insgesamt etwa 8900 Professoren der Harvard Medical School direkt oder – durch Angehörige – indirekt finanziell an Unternehmen beteiligt oder werden (als Berater) von Unternehmen finanziert, die in ihr Forschungs- oder Lehrgebiet fallen. Für Forscher gilt zwar eine Grenze von 20.000 Dollar jährlich, die sie als Berater oder Referenten von der Industrie kassieren dürfen (und mehr als 30.000 Dollar dürfen sie nicht in Firmenanteile investieren). Doch zu einer detaillierten Auflistung ihrer Nebeneinnahmen kann offenbar keiner verpflichtet werden.

Warum auch, wenn doch jahrelang der Dekan mit schlechtem Beispiel voran gegangen war: Laut der New York Times kassierte Dr. Joseph B. Martin, bis Juni 2007 Leiter der medizinischen Fakultät, jährlich bis zu 197.000 Dollar für seine Funktion als Aufsichtsrat des Pharmakonzerns Baxter International – und zwar mit dem offiziellen Segen der Uni. Sein Nachfolger, Dr. Jeffrey S. Flier, hat nun auf Druck der Studenten ein 19-köpfiges Komittee zur Untersuchung solcher Interessenkonflikte eingesetzt.

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