Die Schlagzeile “Bienen erinnern sich an Gesichter” kann einen schon überraschen, vor allem wenn sie mit der Warnung gekoppelt ist: Aufpassen, wenn Du nach ihr schlägst (was wohl suggerieren soll, dass sie als Zeugin den Täter hinterher beschreiben oder, schlimmer noch, als Vigilantin später Rache üben könnte). Aber stimmt das denn so, wie es in der Science-Beilage der New York Times zu lesen war? Ich habe mir mal die Mühe gemacht, den Original-Artikel aus dem Journal of Experimental Biology rauszusuchen und durchzulesen (was für einen Nicht-Fachman wie mich zugegebenermaßen nicht ganz einfach war). Und ja, es stimmt schon, dass sich Honigbienen, wenn sie entsprechend trainiert werden, individuelle Gesichter merken und unterscheiden können – und zwar nicht nur anhand der einzelnen Elemente (z.B. Augenfarbe oder eine bestimmte Krümmung der Augenbrauen), sondern ganzheitlich. “Konfigurale Verarbeitung” nennen die Forscher diese Art der Gesichtererkennung, die sich von der “analytischen Verarbeitung” dadurch unterscheidet, dass die Elemente eben nicht einzeln, sondern in einer räumlichen Konfiguration erfasst werden (das lässt sich im Versuch einfach dadurch testen, dass man als Kontrollelement die Elemente eines Gesichts durcheinanderwirbelt – sie sind alle da, aber ergeben eben kein “Gesicht”).


Dass ein Insekt wie Apis mellifera mit seinen paar Gehirnzellen solch eine Leistung vollbringen kann, die wir vor allem mit Primaten assoziieren, ist schon erstaunlich. Der Haken ist nur – und das wird von den Forschern auch an keiner Stelle behauptet, im Gegenteil – dass sie eben nicht “Gesichter” erkennen; sie haben lediglich gelernt, ein bestimmtes, geometrisch komplexes Muster zu erkennen. Ein “Gesicht” wird dieses Muster ja erst dann, wenn wir es einer Person zuordnen können und in der geometrischen Anordnung also den Menschen wiedererkennen. Und das kann die Biene nicht. Was nicht heißen soll, dass man nun sorglos nach ihr schlagen kann, wenn sie einem das nächste Mal um den Kopf schwirrt – sie sticht auch Unbekannte!

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Kommentare (2)

  1. #1 Dr. Glukose
    3. Februar 2010

    Dazu gibt hier einen passenden Artikel.

  2. #2 Kristin
    3. Februar 2010

    Bienen sind aber auch sonst ein recht interessantes Forschungsfeld. Sie zeichnen sich durch ein Kommunikationsverhalten aus, was regional unterschiedlich ist. Dazu nutzen sie den sogenannten Bienentanz.

    Bis dato konnte aber noch nicht bestätigt werden, daß Bienen neue Informationen adäquat per Tanz so weitergeben können, daß der Adressant auch versteht, was gemeint ist.

    kristin