Ob es nun verkappter Sadismus der Chefs ist, der in dieser Situation wie bei Fuggers Hund (weil’s eh’ schon nicht mehr drauf ankommt) durchbricht, oder ob es tatsächlich vor allem jene Chefs sind, die sich am wenigsten vorstellen konnten, mal Leute zu entlassen und dann aus Feigheit solche Fehler machen – egal: schlechter Kündigungsstil ist immer schlechter Managementstil. Wer sein Spitzengehalt damit rechtfertigt, dass er/sie ja auch eine größere Verantwortung trage, aber genau dann versagt, wenn diese Verantwortung zum Tragen kommt (was sonst, außer Stellenabbau, tun Manager denn heute noch, um ihre Zahlen aufzubessern? Der Karren ist doch im Dreck, weil ihre unternehmerische Begabung, ihr angeblich so einmaliges “Gespür für den Markt”, mit dem sie ihre besoldungstechnische Sonderstellung rechtfertigen, schon nichts geholfen hat) – der hat auch als Manager versagt. Und die Ausrede, Entlassungen seien für ihn/sie mindestens ebenso schmerzhaft wie für die Entlassenen ist ebenso ehrlich und glaubhaft wie die Beteuerung prügelnder Eltern, dass ihnen die Schläge genau so weh täten wie ihren Kindern …
Und zum Anderen geht es mir darum zu zeigen, dass ein Arbeitsplatz eben nicht nur ein substituierbarer Wirtschaftsfaktor ist. Selbst wenn die finanzielle Situation der Familie, dank des Einkommens der Ehefrau (in meinem Fall ergab es sich, beinahe wunderbar, dass meine Frau ein gutes Jobangebot genau zu der Zeit erhielt, als meine Position auslief), nicht gefährdet wird, muss man kein ewiggestriger Macho sein, um mit dem eigenen Jobverlust zu hadern. Okay, als Journalist ist man ja sowieso nie “arbeitslos” – man wechselt schlicht, und quasi automatisch, in den Status des “freien Journalisten” über. Wie man aber von Jobs, die für mehrere Tage Recherche und Schreiben dann gerade mal hundert Euro zahlen, überleben soll, ist eine ganz andere Frage. Zum Glück habe ich ja nun die Aufgabe als redaktioneller Leiter der ScienceBlogs – sie gibt mir Beschäftigung und, auch wenn sie keine Vollzeit-Tätigkeit ist, genug Einkommen, um zum Familienunterhalt beizutragen.
Was mich nachts wach hält, ist nicht die gekränkte Eitelkeit des Nun-nicht-mehr-Haupternährers – im Gegenteil: Dass ich diese Verantwortung nicht mehr alleine tragen muss, ist eher eine Erleichterung – die Rolle des Alleinverdieners fand ich nie wirklich erstrebenswert. Es ist auch nicht mehr die immer noch schwelende Wut über die Art und Weise der Entlassung. Es sind viel konkretere Fragen: Werde ich wieder eine feste Vollzeit-Beschäftigung finden? Wenn nicht, was passiert dann mit den ja nun suspendierten Alterversogungs-Plänen? Was ist, wenn meine Frau überraschend ihre Stellung verliert? Oder – und auch das kann einem den Schlaf rauben – was wäre, wenn ich tatsächlich einen neuen Job finde, der aber wieder mit einem Umzug verbunden ist? Denn die Arbeit meiner Frau – sie unterrichtet am Massachusetts Institute of Technology – ist ja auch mehr als ein simpler Beitrag zum Lebensunterhalt, sondern verbindet sich mit Anerkennung, Kollegialität, fachlicher Herausforderung … nichts gibt mir automatisch das Recht zu erwarten, dass sie dies alles im Handumdrehen aufgeben muss, nur damit ich mich wieder als Ernährer und Verantwortungsträger fühlen kann. Diese Einstellung, dass Frauen lediglich als Flexibilitätsreserve des Arbeitsmarktes taugen, die sich gefälligst zurückziehen sollen, wenn’s uns Herren genehm ist, fand ich schon zum Kotzen, als dieses Problem für mich nur ein theoretisches war.
Also: Wer denkt, dass man sich nicht so anstellen soll, weil der Arbeitsplatz halt dem Firmenwohl geopfert werden musste; wer denkt, dass es dabei nur um materielle Sicherheit geht; wer glaubt, dass Stress und nicht Arbeiten einander gegenseitig ausschließen – der sollte vielleicht noch einmal alles von Anfang lesen.
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