– Die Todesstrafe scheint, wie es derzeit aussieht, in ihrer Praxis zudem der amerikanischen Verfassung zu widersprechen: Der dabei in fast allen US-Staaten verwendete Drogencocktail ist keineswegs so human, wie er seit Jahren angepriesen wurde. Die Todeskandidaten sterben, wie es scheint, ziemlich qualvoll. Auch wenn dies das Rachebedürfnis einiger Hardliner zu befriedigen scheint – es verstößt gegen die amerikanische Verfassung, die “grausame und unübliche Strafen” verbietet.
– Hinzu kommt, dass sich die USA selbst ein Bein gestellt haben: Die für den Exekutionscocktail vorgeschriebene Droge Thiopental wird in den USA nicht mehr hergestellt; der Import aus anderen Ländern scheitert aber daran, dass diese Substanz nicht zu Hinrichtungszwecken verkauft werden darf …
– In den meisten (allen?) Bundesstaaten ist zudem vorgeschrieben, dass die Hinrichtung unter ärztlicher Aufsicht stattfinden muss – nicht nur, um hinterher den Tod ordnungsgemäß festzustellen, sondern auch um das EInsetzen der Kanülen und die Injektion der Drogen zu überwachen. Doch diese Mithilfe an der Tötung eines Menschen verstößt gegen den Hippokratischen Eid und wird daher von der American Medical Association als unethisch angesehen – was aber zugegebener Maßen nicht unbedingt dazu führt, dass sich Ärzte daran gebunden fühlen.
All dies Faktoren zusammen – ohne jetzt sagen zu können, welcher davon dominiert (obwohl ich selbst hier vor allem dem finanziellen Argument eine gewisse Überzeugungskraft zuschreiben würde) haben dazu geführt, dass die Zahl der Todesurteile, und vor allem der Hinrichtungen in den USA deutlich gesunken ist: Ein Artikel im aktuellen New Yorker beziffert die Zahl der Todesurteile, die 2010 gefällt wurden, mit 114 – fast ein Drittel der Zahlen, die in den 90-er Jahren Standard waren; auch die Praxis, Verurteilte hinzurichten, ist zunehmend unpopulär: Von den 34 Staaten, in denen es noch die Todesstrafe gibt (zuletzt hat Illinois beschlossen, sie ab dem 1.7.2011 endgültig abzuschaffen; alle bis dahin verkündeten Todesurteile werden automatisch in lebenslange Haftstrafen umgewandelt), haben im vergangenen Jahr “nur” 12 solche Strafen auch vollstreckt. Selbst in Texas, das mit 17 Vollstreckungen immer noch der exektionsfreudigste aller US-Staaten ist, setzt ein Umdenken ein: Laut dem Artikel im New Yorker hat selbst die Staatsanwaltschaft in Houston (Texas), das einst den fraglichen Ruhm hatte, die “Hinrichtungshauptstadt Amerikas” zu sein (weil kein anderer Bezirk mehr Todeskandidaten dem Henker überantwortet hatte als Harris County, in dem Houston liegt), inzwischen ihren Kurs geändert: Von 28 Fällen, in denen die Rechtslage ein Todesurteil erlaubt hätte, wurde sie nur in zwei Fällen gefordert.
Scheint also, als ob die Henker Amerikas das gleiche Problem haben werden wie so viele andere, deren Job einst so sicher schien: Downsizing wird auch vor der Henkerstube nicht halt machen, falls der Trend sich durchsetzt.
Foto: California Department of Corrections Public domain], via Wikimedia Commons
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