Biochemie ist nicht meine Stärke – aber von Online-Spielen verstehe ich noch weniger (ist halt nicht mein Ding, ich spiel lieber Gitarre – auch wenn ich mich in diesem Umfeld vermutlich zur Minderheit mache. Daher muss ich zugeben, dass ich bei diesem Paper, das in der aktuellen Ausgabe von nature structural & molecular biology erschienen ist, gleich doppelte Probleme hatte, den Inhalt zu verstehen:

Crystal structure of a monomeric retroviral protease solved by protein folding game players

. Aber eigentlich ist das auch nicht so schlimm, denn es geht mir nur darum, auf eben jenes Paper hinzuweisen und die Umstände, unter denen es entstanden ist.

Es geht dabei um die Struktur des Enzyms M-PMV retroviral protease, also einem Protein, das bei der Vermehrung des so genannten Mason-Pfizer Monkey Virus (M PMV) eine Rolle spielt. Dieses Virus verursacht bei Rhesusaffen Aids-ähnliche Symptome; eine Entschlüsselung seiner geometrischen Struktur könnte also bei der Aids-Forschung von großen Nutzen sein. Der Haken ist nur, dass dies bisher trotz aufwändiger Computeranalysen nicht gelungen ist – im Prinzip ist es aber dennoch “nur” ein dreidimensionales Puzzlespiel. Und daher schien es sinnvoll, routinierte Puzzlespieler einzuschalten. Naja, nicht irgend welche Puzzlespieler: Die Aufgabe wurde an die Gaming-Website Fold.it ausgelagert, die von Zoran Popovic, Computerwissenschaftler und Leiter des Center for Game Science an der University of Washington genau zu dem Zweck entwickelt wurde, den Biochemikern bei der Lösung solcher Probleme zu helfen.

Ab hier beginnen die Details – die von der molekularbiologischen Aufgabenstellung bis hin zum Design und der Ablaufgestaltung des “Spiels” reichen – die weit jenseits meines fachlichen Horizonts liegen. Aber wer sich dafür interessiert, kann sich ja das nature-Paper (hier noch einmal der

Link

zum pdf, das die Autoren übrigens höchstselbst auf der Fold.it-Seite verfügbar gemacht haben) direkt anschauen. Bemerkenswert finde ich hier vor allem, dass diese bisher unlösbar scheinende Aufgabe durch das Crowdsourcing an Internet-Mitspieler – die, wie gesagt, keineswegs Biochemiker oder Molekularbiologen oder sonst irgendwie Fachleute sein mussten, sondern lediglich Spaß am (und vermutlich auch ein gewisses Talent fürs) Lösen solcher 3D-Puzzle mitbringen mussten – in drei Wochen geschafft haben. Natürlich waren die Wissenschaftler selbst auch am Spiel beteiligt, ihre Aufgabe war es, die Lösungsvorschläge zu evaluieren und eventuell entsprechend das Spiel neu zu kalibrieren (so habe ich’s jedenfalls verstanden).

In gewisser Weise erinnert mich das an IBM und seinen Supercomputer Watson: Es ist enorm, was man mit hinreichend starker Rechenpower schaffen kann (und eine Crwod Source ist ja letzlich auch nichts anderes), aber es ist auch notwendig, dass man diese Spielmaschine entsprechend gut füttert. Also ganz einfach so, mit ein bisschen (Herum-)Spelen ist es am Ende dann doch nicht getan.

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