Sie haben also ihre zehn Prozent ganz schnell verkauft?

Ein paar Monate später erhielt ich einen Brief von Jobs mit dem Angebot, meine Anteile für 1500 Dollar zurück zu kaufen. Das war damals wie gefundenes Geld für mich. Was ich nicht wusste: Jobs hatte bereits einen Geldgeber gefunden, der ihm und Woz die Finanzierung für Apple (250.000 Dollar) zugesagt hatte. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich hatte damals nicht das Gefühl, dass ich aufs Kreuz gelegt wurde, und ich fühle mich auch heute nicht so. Ich wollte einfach raus. Jobs hatte noch ein paar Jahre lang immer wieder versucht, mich in die Firma zurück zu holen, aber ich fand andere Sachen spannender.

Aber Steve Jobs hat sicher nicht zu unrecht den Ruf, ein gerissener Geschäftsmann zu sein.

Oh ja, gerissen und sehr aggressiv. Er war ein Wirbelsturm, und so lange ich mit ihm gearbeitet hatte, fühlte ich mich, als ob wir einen Tiger beim Schwanz gepackt hätten, zu wild zum festhalten, und wer loslässt, wird gebissen. In meinem damaligen Gemütszustand konnte ich damit einfach nicht umgehen, ich wusste, dass ich da raus musste.

Aber hätten Sie damals geglaubt, dass Personalcomputer mal das große Geschäft werden könnten? Viele Leute hätten in den 70-er Jahren vermutlich nicht mal gewusst, was ein Computer ist.

Sicher, selbst IBM hielt PCs damals für ein Spielzeug. Aber für mich war es keine Frage, dass Computer ein außergewöhnliches Geschäftspotenzial hatten. Jobs hatte mich damals bei einem Abendessen gelöchert; er wollte meine Meinung hören, ob er diese Idee durchziehen sollte, wo es doch so viele andere Dinge gäbe, die er tun könnte. Ich erklärte ihm, dass er diese Dinge viel besser tun könnte, wenn er Geld hätte. Aber ich hatte ihn gewarnt: Du wirst bestimmt sehr erfolgreich sein, aber vergiss nicht, worauf es Dir eigentlich im Leben ankommt.

Und hat er das vergessen?

Ich denke schon. Jeder denkende Mensch würde, wenn er so ein Vermögen aufgebaut hat, mal kurz anhalten und sich fragen: “Was will ich eigentlich mit dem Rest meines Lebens anfangen?” Kann ich mit 400 Millionen Dollar etwas tun, was ich mit 200 Millionen noch nicht konnte? Bill Gates beispielsweise hat viele seiner Milliarden für gute Zwecke gestiftet.

Und Jobs … ?

Für Steve war das Reichwerden selbst zum aufregenden Spiel geworden, und das hat ihn so gefesselt, dass er darüber alles andere aus den Augen verloren hat. Das habe ich ihm auch genau so gesagt, als ich ihn bei meinem letzten Besuch vor etwa sechs Jahren gesehen habe.

Aber dass er Erfolg hat – obwohl er 1985 von Apple geschasst wurde und erst zwölf Jahre später zurück kehrte – ist nicht zu bestreiten, oder?

Steve hängt sein Mäntelchen nach jedem Wind, der in die ihm passende Richtung weht. Er kann heute eine unumstößliche Entscheidung treffen – und zwei Tage später kehrt er sie um, weil er nun eine neue Agenda beschlossen hat. Ihm geht es nur darum, sein Spiel zu gewinnen, und das ist ihm so wichtig, dass ich glaube, dass er alles andere darüber vergisst.

War das auch der Grund, warum Sie nicht wieder bei Apple anheuern wollten, obwohl Jobs Sie darum bat?

Steve war ein absoluter Wirbelwind, und dafür war ich wohl einfach zu alt. Ich habe statt dessen lieber das Modellbau-Studio des Lawrence-Livermore-Laboratoriums aufgebaut; danach war ich 16 Jahre lang der Chef einer Elektronikfirma. Ich habe es nie bereut, dass ich meine Anteile an Apple zurück gegeben hatte. Nie. Denn wenn ich dabei geblieben wäre, könnte ich heute vermutlich der reichste Mann auf dem Friedhof sein.

Foto: Matthew Yohe/Aido2002 [CC-BY-3.0], via Wikimedia Commons

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Kommentare (5)

  1. #1 Nils
    7. Oktober 2011

    Interessantes Interview. Danke. “Wirbelsturm” war auch den Eindruck, den Stephen Fry vermittelt, wenn er von einem seiner Begegnungen mit Jobs spricht: “[A] magnificently complicated man.”

  2. #2 KommentarAbo
    7. Oktober 2011

  3. #3 Dr. Webbaer
    7. Oktober 2011

    Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich hatte damals nicht das Gefühl, dass ich aufs Kreuz gelegt wurde, und ich fühle mich auch heute nicht so.

    Bemerkenswertes Interview! – Ja, man muss schon an seine Geschäfte glauben…

    R.I.P. Steve

  4. #4 Dete
    7. Oktober 2011

    Ja Ja der Steve,

    als ich gestern morgen an meinem Arbeitsplatz Safari öffnete (iMac, die Apple Seite ist immer noch die default Startseite) und realisierte was das 1955-2011 bedeutet, musste ich doch erstmal tief Durchatmen.

    Unglaublich der riesige Nachhall in den Medien, aber die Kommentare wie bei z.B Spiegel Online oder heise sind einfach nur Ekelhaft.

    Es erstaunt mich immer wieder welche Apple-Feindschaft doch in Deutschland vorherscht. Man liest nur: Er hat gar nichts Erfunden, Er war ein Foxconn Sklaventreiber, scheiss Personenkult, warum wird er wie ein Gott verehrt, er hat die IT verdorben weil er die Gängelung des Kunden Hoffähiggemacht hat, etc, etc.

    Natürlich haben diese Leute sogar prinzipiell Recht, aber sie sitzen vor Ihren PCs, dessen Innereien auch bei Foxconn (oder ähnlichen) produziert werden, Schmäh-Posts auf Rechnern Ihrer Wahl schreibend, dessen Betriebsystem auch von “Gurus” ihrer Wahl programmiert wurde.

    1.
    Natürlich hat Steve Jobst nicht den PC erfunden, das war Woz und andere Geeks, welche blinkende Lampen als Rechenausgabe für Cool genug fanden. Er hat nur dafür gesorgt, dass es marktfähig und benutzbar wird.

    2.
    Natürlich hat er nicht die GUI erfunden, das waren Jungs bei XEROX im Palo Alto Research Center, aber er kam, er sah, und ließ verbessern.

    3.
    Natürlich hat er nicht die Computer-Maus erfunden, er kam, er sah, und er lies Jef Raskin sie verbessern. (keep it simple, 1 Maustaste, wir entwickeln das System dass das funktioniert)

    4.
    Natürlich hat er nicht das Ethernet erfunden (Palo Alto), er kam, er sah, und er ignorierter es. Er sah es später als einen seiner größten Fehler an und wurde später beim Mac serienmäßig verbaut.

    5.
    Natürlich hat er nicht den Laser Drucker erfunden (Palo Alto), er kam, er sah, und er ignorierter es. Er sah es später als einen seiner größten Fehler an und trotzdem wurde der mac mit der Kombination Postscript + Laserdrucker zur Revolution im Mediengewerbe zu der Zeit.

    6.
    Natürlich hat er nicht das Internet erfunden (war das nicht Al Gore, oder Bill Gates, oder …?), nein nur den NeXT Cube, den ersten Webserver der Welt (CERN/Tim Berners-Lee).

    7.
    Natürlich hat er nicht MP3 erfunden, auch nicht den ersten Player. Trotzdem hat sich schon wieder eine Technologie mit dem iPod beim Anwender durchgesetzt.

    8.
    iTunes, (ich hatte noch SoundJam von Casady & Greene als ersten MP3 Player) gekauft und zu einem Gesamtkonzept mit obigem iPod auf Datenbankbasis vermarktet.

    9.
    Natürlich hat er nicht das mobile Telefon neu erfunden, mit dem iPhone
    aber schon selbigen Markt revolutioniert.

    10.
    Natürlich hat er nicht den Tablett-PC erfunden, aber mit dem iPad ……

    Hier bricht es leider ab, denn ein Visionär ist Tot,
    auch wenn andere meinen es hätte jemand anderes genauso gemacht,
    ohne Steve.
    Alleine ich glaube ihnen nicht!

    Um etwas durchzusetzen aus dem Nichts, auch wenn die wissentschaflichen und technischen Vorlagen vorhanden sind, bedarf es eines genialen Menschen um
    diese Technik zu kombinieren und für den Menschen “einfach” nutzbar zu machen.
    Dies ist unser Vermächtnis von Steve Jobst, mach die Technik beherschbar, immer.

    Huch, wurde doch zu viel Text. Aber er hat es Verdient!

    R.I.P. Steve

  5. #5 Dr. Webbaer
    9. Oktober 2011

    @Dete
    Solider Nachruf! – Cooler Typ, wurde übrigens in der IT-nahen doitschen Presse jahrelang heruntergezogen, wenn’s mal nicht so lief…