Ich komme gerade zurück von einem Vortrag meines Kollegen Alan Lightman über ein Projekt, das er vor etwa acht Jahren in Kambodscha gestartet hatte. Ein erstaunliches Projekt, über das ich gleich ein bisschen mehr verraten werde (der Titel sagt ja schon zumindest so viel: es geht dabei um Bildung, besser gesagt: die Chancen auf Bildung). Aber erst mal ein paar schnelle Worte über Alan selbst, der einigen vielleicht vom Namen her bekannt ist, aber eine kurze Vorstellung kann nie schaden. Dass ich ihn meinen Kollegen nenne, ist zwar absolut korrekt, wenn auch etwa in dem Sinn, in dem sich ein Aushilfsfahrer bei Microsoft als Kollege von Bill Gates bezeichnen könnte: Wir gehören zwar beide zum Lehrkörper des Programms für Writing and Humanistic Studies am Massachusetts Institute of Technology, aber ich bin ein Teilzeit-Dozent, während Alan, ein promovierter Physiker, einer der ersten Professoren dieses Programms war. Ehe er ans MIT kam, war er Astronomieprofessor an der Harvard-Universität. Und neben all dem ist er ein anerkannter Romanautor, am bekanntesten dürfte sein Buch Einstein’s Dreams (deutscher Titel: Und immer wieder die Zeit) sein, das in rund 30 Sprachen übersetzt wurde.

Aber den Vortrag am Donnerstag Abend im Stata Center des MIT hielt er nicht als Physiker oder Astronom, nicht als Buchautor und nicht als Professor, sondern als ein Mann, der zufällig von einem Missstand erfahren hatte – und anstatt ihn achselzuckend zur Kenntnis zu nehmen, beschloss er, etwas dagegen zu tun. Und das, obwohl dieser Missstand in Kambodscha, rund 14.000 Kilometer entfernt von Boston, Massachusetts, herrschte. Bei einem Besuch in Pnom Penh hatte Alan eine Anwältin kennengelernt, die ihm erzählte, dass sie die vier Jahre ihres Studiums, zusammen mit ihren Komilitoninnen, in dem knapp 1,80 Meter hohen Hohlraum unter der juristischen Fakultät leben musste. Denn es gab zu jener Zeit keine Wohnheimplätze für Studenten; und während die jungen Männer immer einen Schlafplatz in einem der Klöster von Pnom Penh finden konnten, war den jungen Frauen diese Zuflucht verwehrt. Obwohl also rein theoretisch beide Geschlechter den gleichen Zugang zu den Bildungseinrichtungen hatten, war den Frauen, mangels Wohnmöglichkweit, dieser Zugang de facto verwehrt. Die Anwältin, die Alan getroffen hatte, war damals eine von insgesamt vier (!) Frauen, die ein Jurastudium in Kambodscha absolviert hatte.

Ab hier ist die Geschichte eigentlich schnell erzählt, obwohl sie lange Geduld und viele Mühen erforderte: Lightman und seine Frau gründeten eine Stiftung, die Harpswell Foundation, mit dem ersten Zweck, Wohnheime für begabte Stundetinnen in Pnom Penh zu bauen – und dem langfristigen Ziel, Frauen zu Führungspositionen in Kambodscha (das sich von der systematischen Vernichtung der Bildungsschicht durch die Roten Khmer in den 70-er Jahren noch immer nicht regeneriert hat) auszubilden und zu motivieren. Ende 2006 wurde das erste Wohnheim eröffnet , das zweite Anfang 2010; insgesamt 80 Studentinnen finden hier nicht nur Unterkunft und Schutz, sondern auch Zugang zu Computern, Büchern, Englischkursen, politischer Bildung und vor allem zu Vorbildern – sowohl in der Gestalt von “Ikonen” (Bildern und Biografien von starken Frauen wie Hannah Arendt, Wangari Maathai oder auch Golda Meir) an den Wänden, als auch durch den direkten Kontakt mit jungen Frauen aus den USA, aber auch aus Deutschland und Österreich, die für mehrere Wochen oder Monate nach Pnom Penh kommen.

Als Journalist musste ich ja immer vermeiden, mich parteiisch für eine Sache zu engagieren. Als Blogger habe ich diese Beschränkung glücklicher Weise nicht, und darum rühre ich jetzt mal ganz schamlos die Spendentrommel für Alan Lightmans Projekt. Es braucht, wenn man alle Kosten – vom Bau der Wohnheime bis hin zum monatlichen Essensgeld von 30 Dollar je Studentin – zusammenrechnet, etwa 1400 Dollar pro Jahr, um einen Wohnheimplatz für eine Studentin hier zu finanzieren. Das ist ein Bruchteil dessen, was ein Studium in den USA kosten würde; für die umgerechnet 3,85 Dollar (2.20 Euro) am Tag kriegt ein deutscher Raucher längst noch nicht mal eine Schachtel Zigaretten oder ein kleines Bier in der Kneipe. Wer ein paar Euro übrig hat und nicht weiß, wohin damit: Hier klicken, und er/sie kann eine Spende an die Harpswell Foundation auf den Weg bringen.

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Kommentare (2)

  1. #1 rolak
    4. November 2011

    Von wegen Einzelne können nichts ändern… Gilt selbstverständlich nur dann, wenn sie es auch erst gar nicht versuchen, weil sie der Meinung sind, daß etc etc

  2. #2 BreitSide
    5. November 2011

    xxx