Ein bizarrer Titel – einer, den ich direkt von diesem Beitrag How Doctors Die des Webprojekts Zócalo Public Square übernommen habe (auf den Beitrag selbst war ich via Mark Hoofnagle und seinen denialism blog gestoßen). Ein lesens- und nachdenkenswerter Artikel, wie ich finde, denn er beschreibt, wie sich Ärzte verhalten, wenn sie selbst die Nachricht erhalten, unheilbar krank zu sein. Sicher, es ist ein rein anekdotischer Beitrag, dem es an methodisch gesicherten Fakten fehlt; aber die Idee, dass Ärzte oft einfach besser wissen, wie wenig Heilungschancen bestehen – und vor allem welche oftmals qualvollen Nebenwirkungen die scheinbar lebensrettenden Maßnahmen haben können – und sich daher gegen das, was medizinisch möglich ist und statt dessen für einen würdevollen Tod entscheiden, scheint mir plausibel. Und sie verrät, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig so umfassend wie nur möglich zu informieren, um dann nicht in einer extremen Stress-Situation sponatne Entscheidungen treffen zu müssen, die dem eigenen Interesse (oder dem einer nahestehenden Person) entgegengesetzt sind.

Die Frage nach dem würdevollen Sterben ist ja hier bei den ScienceBlogs schon diskutiert worden; spontan fallen mir dabei diese Beiträge ein: Zum einen Ulrich Bergers Beitrag über
Steve Jobs: Tod durch Alternativmedizin?, vor allem aber mein eigener Eintrag zum Thema Wissen und Wille bei tödlich Kranken.

Meine Position ist, wie ich zugeben muss, nicht neutral. Nicht mehr, jedenfalls, seit eine mir sehr, sehr nahe stehende Person nach einer Gehirnblutung zwar durch schnelle Operation gerettet werden konnte, aber dann als Folge der Operation und der Medikation eine Trachealkanüle erhielt, die nicht nur das Sprechen, Essen und Trinken unmöglich machte, sondern als Folge der künstlichen Ernährung einen so rapiden Verlust Körpersubstanz nach sich zog, dass diese Person zwei Jahre lang, eingesperrt in ihren Körper und in den Rollstuhl, vor sich hin vegetierte (und all dies, wie ich sicher bin, im vollen Bewusststein dieser Situation), ehe der Tod letztlich als Erlöser kam. Aber auch dieser Tod kam einsam, nach Ablauf der Besucherzeiten, spätabends in einem Krankenhaus. Wie viel besser wäre es gewesen, wenn wir alle die Finalität der Situation ge- und erkannt hätten, und weder Trachealkanüle noch Magensonde dauerhaft geduldet hätten? Der Patient hätte sprechen können, essen können, vermutlich auch seiner lebenslangen Leidenschaft des Wanderns noch eine Zeitlang (ein paar Wochen oder Monate vielleicht) nachkommen können, und wäre so viel würdevoller gestorben als jenes abgemagerte Gespenst, das vermutlich bis zur letzten Sekunde mit seinem Schicksal gehadert hat …

Wie gesagt, es ist nicht die Behandlung an sich, die dabei in Frage gestellt werden sollte – aber wenn sich Ärzte selbst fragen würden, wie sie für sich in so einem Moment entscheiden würden, und wenn die Angehörigen oder vor allem die PatientInnen selbst dieser Einschätzung vertrauen könnten, wäre sicher viel unnötiges Leid zu verhindern. Doch welcher Arzt, welche Ärztin hat schon den Mut und das Selbstbewusstsein, dies gegenüber Todkranken und deren Familien zu vertreten, die doch so große Hoffung auf Rettung in die Medizin setzen? Welcher Patient, welche Patientin, hat den Mut, lieber einen nahen und unausweichlichen Tod in Würde zu akzeptieren, als der aussichtslosen Hoffnung nachzugeben, dass es doch noch eine Rettung geben könnte?

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Kommentare (28)

  1. #1 Ludger
    16. Januar 2012

    Jürgen Schönstein:

    […]Wie viel besser wäre es gewesen, wenn wir alle die Finalität der Situation ge- und erkannt hätten, und weder Trachealkanüle noch Magensonde dauerhaft geduldet hätten?[…] und […]Welcher Patient, welche Patientin, hat den Mut, lieber einen nahen und unausweichlichen Tod in Würde zu akzeptieren, als der aussichtslosen Hoffnung nachzugeben, dass es doch noch eine Rettung geben könnte?

    Deswegen sollten alle Menschen (in Deutschland) eine Patientenverfügung ( https://de.wikipedia.org/wiki/Patientenverf%C3%BCgung ) verfassen. Man braucht das für den Fall der fehlenden Einwilligungsfähigkeit, z.B. im Falle eines (unfallbedingten ) Komas oder einer Demenz. Das hilft zwar nicht immer aber vielleicht manchmal. Ich kenne allerdings nicht die Rechtslage außerhalb von Deutschland.

  2. #2 Hagen
    16. Januar 2012

    Die Diskussion über einen würdigen Tod passt wirklich sehr gut auf ein Wissenschaftsblog. Denn das Nicht Sterben Können gibt es doch erst seit der Erfindung der Maximalmedizin. Ohne Beatmung und ohne künstliche Ernährung stellen sich diese Fragen überhaupt nicht. Und die Maximalmedizin ist ohne viel Forschung und Ressourcen überhaupt nicht denkbar. Ohne den partiellen Größenwahn derer, die sie betreiben auch nicht.
    Aber, wenn wir vom Wert des Lebens an sich sprechen wollen und von der Lebensqualität nach einer schweren Operation, dürfen wir von der schlechten pflegerischen Versorgung in Deutschland nicht schweigen. Ich denke, vieles hängt davon ab, ob man einem schwer geschädigten Menschen ein eingeschränktes, aber vernünftiges Leben ermöglichen kann.
    Ich bin auch für eine Patientenverfügung. Das Problem ist nur, sie muss in Akutsituationen sofort verfügbar sein und auch fälschungssicher. Und sie muss jede Menge wahnwitziger Situationen abdecken, die der Laie natürlich nicht kennt.

    Es gibt im übrigen Trachealkanülen die, wenn nicht beispielsweise das Sprachzentrum oder die Stimmritzen gestört sind, das Sprechen ermöglichen können (jedenfalls zeitweilig). Und wenn der Schluckakt nicht durch Nervenschädigungen völlig unmöglich ist, kann man mit einer Trachealkanüle essen.

  3. #3 Wolf
    16. Januar 2012

    Dazu gehört erst einmal sich selbst damit auseinanderzusetzen, dass man sterben wird. Schon im Moment der Zeugung wurde uns das Rückfahrtticket in die Hand gedrückt.
    Nur: Wer setzt sich damit schon auseinander? Wer denkt wirklich darüber nach?

    Und dann ist da auch noch viel Unwissenheit. Es gibt Menschen in D, die glauben es wäre VERBOTEN zu Hause zu sterben. Da werden präfinale Leute zum sterben ins Krankenhaus verfrachtet. Dazu dann die Angehörigen die “Bitte tun Sie alles was sie für Mutti / Oma können ” zur Therapie der 98jährigen sagen.

    Unsichere Hausärzte, die (Sorry) nicht den Arsch in der Hose haben, den Angehörigen mitzuteilen, dass es zu Ende geht, und in einem blinden Aktionismus die Leute ins Krankenhaus einweisen, wo die gerade zwei Tage vorher zum Sterben im Kreis der Familie nach Hause verlegt wurden.

    Heimmitarbeiter, die der Ansicht sind, dass der ganze Papierkram besser vom Krankenhaus als von “ihm” selber gemacht werden sollte, also wird der Heimbewohner ins Krankenhaus eingwiesen. Und dann gehts erst mal los….

    Da könnte viel Leid, sowohl bei den Kranken als auch bei deren Familien vermieden werden, wenn das Sterben wieder Teil der Familien werden würde.

    “[…]aber dann als Folge der Operation und der Medikation eine Trachealkanüle erhielt, die nicht nur das Sprechen, Essen und Trinken unmöglich machte[…]
    Das verstehe ich jetzt nicht. Orale Nahrungsaufnahme ist bei einer Tracheotomie durchaus möglich. Sprechen mit einer “normalen” Kanüle nicht, aber dafür gibt es Sprechkanülen.

  4. #4 BreitSide
    16. Januar 2012

    @Wolf: den Spruch muss ich mir merken:

    Schon im Moment der Zeugung wurde uns das Rückfahrtticket in die Hand gedrückt.

    Dabei würden ja Viele Dir widersprechen, schon nach der Zeugung von “uns” zu sprechen.Nach der Zeugung soll man ja noch lange nicht ein menschliches Wesen sein.

    Aber das war ein anderer Fred. Ich konnte nur nicht widerstehen…..

  5. #5 Jürgen Schönstein
    16. Januar 2012

    Nur soviel zur Trachealkanüle: Die war in dieser Form offenbar medizinisch indiziert, und nein, weder eine Sprachkanüle noch eine, die das Schlucken erlaubt (was wohl an einer Nervenschädigung gelegen haben dürfte) konnte eingesetzt wserden. Warum? Keine Ahnung, aber darüber schienen sich alle Ärzte, inclusive externer Spezialisten, absolut einig zu sein …

  6. #6 noch'n Flo
    17. Januar 2012

    Tja, das ist einer der Gründe, warum ich froh bin, in der Schweiz zu leben… so langsam sollte man in Deutschland aber auch mit der Sterbehilfe vorankommen… also jetzt ganz offiziell (unter der Hand läuft das eh’ schon seit jeher – ich kenne kaum einen Hausarzt, der sich einem entsprechenden Wunsch eines Patienten verschliesst).

  7. #7 Wolf
    17. Januar 2012

    @BreitSide:
    Na ja, auch ein Zellklumpen kann absterben. Insofern ist es nicht ganz falsch.
    Bei den Einen kommt es früher dazu, bei den Anderen später; und manchmal ist man auch geneigt festzustellen, dass einige Menschen intelektuell nicht über das Stadium eines mobilen Zellhaufens hinausgewachsen sind (habe ich gerade in einem Fred so mitbekommen, https://www.scienceblogs.de/science_meets_society/2012/01/hivinfektionspravention-durch-kombinierte-antiretrovirale-therapie.php ; bah, manche Leute möchte man am liebsten aus der Menschheit ausschließen)

    Die philosophische Betrachtung “ab wann ist ein Mensch ein Mensch” überlasse ich den, richtig, Philosophen.

  8. #8 BreitSide
    17. Januar 2012

    @Wolf: ja, mancher ist noch – oder wieder – ein rainer Zellklumpen…

    @Flo2: Da muss man ja ganz arg differenzieren zwischen aktiver Sterbehilfe (Beihilfe zum Suizid), unterlassener Hilfeleistung, Abbruch leidensverlängernder Maßnahmen, palliativer Versorgung, Hospizarbeit uvm.

    Auch Patientenverfügungen sind so eine Sache: Wie ich hörte, hat so Mancher, als es drauf ankam, seine eigene Verfügung ganz schnell über den Haufen geworfen und wollte doch wieder weiter leben. Veröffentlichte Anekdoten, von einer genaueren Statistik weiß ich – natürlich – nix Genaues.

    Hab mich letztens mit einer Hausärztin unterhalten. Die meinte: “An irgendetwas stirbt der Mensch allemal. Verhungern soll er nicht, verdursten soll er nicht, ersticken soll er nicht, dann bleiben bei “Altersschwäche” nur Herzinfarkt oder Schlaganfall, wenn nicht andere Organe versagen. Und die sind auch nicht so toll.”

  9. #9 Ludger
    18. Januar 2012

    BreitSide·17.01.12 · 22:24 Uhr […]
    Auch Patientenverfügungen sind so eine Sache: Wie ich hörte, hat so Mancher, als es drauf ankam, seine eigene Verfügung ganz schnell über den Haufen geworfen und wollte doch wieder weiter leben. […]

    Die Horrorkombination ist z.B. Demenz + PEG-Sonde + Dialyse. Wenn man nicht festgelegt hat, dass man das nicht will, kann das noch 20 Jahre so weitergehen. Dann kommen noch Dekubitus und Kontrakturen dazu. Wer soll oder darf dann die Therapie abbrechen? Also: Patientenverfügung! Die ist ja für den Verfasser keine Verpflichtung zum Therapieabbruch sondern nur ein Verbot für das pflegerische und ärztliche Personal, eine Therapie wider Willen durchzuführen.

  10. #10 Thomas
    18. Januar 2012

    Jürgen, ich respektiere deine Meinung und wahrscheinlich hast du auch Recht mit dem Fall, den du beschrieben hast.

    Und trotzdem musst du auch sehen, dass es Leute wie mich gibt, die gerne alles daran setzen würden zu überleben. “Ausweglose” Situationen gibt es in der Medizin eher selten, wir können schlicht und ergreifend nicht mit physikalischer Präzison die Entwicklung vorhersagen. Außerdem prescht die Forschung so rasant voran, dass das was heute “unheilbar” ist morgen schon heilbar sein kann. Man sollte daher die Hoffnung wirklich erst kurz vor dem Eintritt des Todes aufgeben.

    Stephen Hawking lebt meines Wissens nach übrigens auch mit Tracheotomie.

  11. #11 BreitSide
    19. Januar 2012

    @Ludger: Wahrlich, es gibt da ein paar Horrorszenarien. Ich hatte da eher an Locked-in-Patienten gedacht. Schauder!

    @Thomas: Denkst Du da an diese Indianerin, die nach Jahrzehnten aus dem Wachkoma(?) aufgewacht ist, und das mW ganz ohne bleibende Schäden?

    Eine Patientenverfügung ist ja immer was höchst persönliches, im Zweifel werden Ärzte immer weiter behandeln, allein schon aus Haftungsgründen, sollte die Verfügung doch nicht so 1000% glasklar sein.

    Also kein Grund zur Veranlassung, wenn Du nicht abbrechen lassen willst, wirst Du in D bis zum Ende behandelt und gepflegt.

  12. #12 Jürgen Schönstein
    19. Januar 2012

    @Thomas
    Falls Du mich so verstanden hast, dass ich für eine “Euthanasie” bei bestimmten Indikationen bin, dann habe ich mich zu unklar ausgedrückt. Jeder soll das Recht haben, über sein eigenes Leben (und Sterben) zu bestimmen. Und was man selbst als “lebenswert” empfindet, variiert von Person zu Person sicher sehr stark. Aber wichtig ist doch, dass man dazu eine echte Entscheidungsgrundlage braucht – und dafür böte es sich an, wenn man mit Ärzten nicht nur über lebenserhaltende Maßnahmen sprechen kann, sondern auch übers Sterben. Und das vielleicht nicht erst, wenn es zu spät ist, sondern … ja, eigentlich immer wieder mal. Denn dass wir sterben werden, ist unausweichlich. Die Frage ist nur wie (und wann, natürlich). Wenn ich im konkreten Fall zu entscheiden hätte, ob ich mich einer vielleicht lebensverlängernden, aber mein “Leben” (d.h. all das, was mich als Person ausmacht) dauerhaft zerstörenden Operation unterziehen soll, die mir zwei – oder meinetwegen auch zwanzig – Jahre in einer Art Wachkoma beschert, oder lieber noch sechs oder neun Monate in vollen Zügen lebe und dann ohne lange Qualen sterbe, dann brauche ich erst mal möglichst genaue Informationen, um diese Entscheidung fällen zu können. Und ja, da sind Ärzte, die sich tagein-tagaus mit solchen Fällen befassen, eine ganz gute Quelle. Entscheiden will ich aber immer noch selbst, das nimmt mir (hoffentlich!) niemand ab.

  13. #13 Wolf
    19. Januar 2012

    Ok dann teile ich den Kommentar auf 😛

    Da muss auch die Ärzteschaft (in D zumindest) auch mal beigehen und die Musterberufsordnung ändern (na ja, eigentlich müsstge erst mal das Gesetz geändert werden):

    § 16 Beistand für Sterbende
    Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.
    (OK, ist jetzt aktive Sterbehilfe)

    Die passive Sterbehilfe ist ja durchaus verbreitet.

  14. #14 Wolf
    19. Januar 2012

    @Thomas:”[…]Außerdem prescht die Forschung so rasant voran, dass das was heute “unheilbar” ist morgen schon heilbar sein kann. […]”
    Kann man manchmal denken, wenn man so etwas liest
    https://www.focus.de/finanzen/news/perspektiven-laser-schiesst-loecher-ins-herz_aid_149930.html
    Leider bleibt oft nur das https://www.medicalforum.ch/pdf/pdf_d/2001/2001-19/2001-19-406.PDF

    Und die Frage ist ja auch: Wie lange will ich warten, bis eine adäquate Therapie vorhanden ist? 1 Monat, 1 Jahr, 5 Jahre? Und was ist in dieser Zeit? Liegt man da im Bett, kein Bild, kein Ton?

  15. #15 Wolf
    19. Januar 2012

    Für unseren eigenen Tod und den Weg dorthin, den Sterbevorgang, wünschen wir uns alle wohl das :

    https://www.cristobal-colon.info/bilder/kolmbustot2.jpg

    Leider endet es heutzutage oft so:
    https://farm2.static.flickr.com/1414/1423446560_91c3d0e026.jpg

  16. #16 Ludger
    19. Januar 2012

    BreitSide·19.01.12 · 00:33 Uhr
    @Ludger: Wahrlich, es gibt da ein paar Horrorszenarien. Ich hatte da eher an Locked-in-Patienten gedacht. Schauder![…]

    Über längere zeit Locked-in-Patienten sind wohl eine Rarität, Demente an der Dialyse, die nicht wissen, was mit ihnen passiert, gibts in jeder Dialysestation. Wenn dann noch Gelenkversteifungen und Druckgeschwüre dazu kommen, ist eine PEG-Sondenernährung nicht das, was ich für mich zulassen möchte. meine Formulierung in meiner Patientenverfügung etwa wie folgt: “Wenn es keine realistische Hoffnung mehr auf ein späteres selbstbestimmtes Leben gibt, lehne ich intensivmedizinische Maßnahmen wie Ernährung über PEG-Sonde, Langzeitbeatmung und Langzeitdialyse ab.” Bei dem Blog ging es allerdings um ein ganz anderes Thema: Wieviel soll/will ein einwilligungsfähiger Tumorpatient in einer palliativen Situation an agressiver zytostatischer Therapie mit sich machen lassen. Der Onkologe wird sagen: bei z.Zt. besten Therapie haben wir 20 % Remission mit einer Durchschnittsdauer von 2 Monaten, die in Einzelfällen auch ein Jahr anhalten kann. Bei weiteren 20 % ist ein no Change für 3 Monate zu erwarten, beim Rest kommt es trotz Therapie zum Progress. Die Nebenwirkungen sind: Übelkeit, Schwäche, Herzschäden neurologische Ausfälle (Polyneuropathie). Wie entscheiden Sie sich? Der oben im Text genannte Arzt hat sich in der Situation entschieden, keine Zytostase durchführen zu lassen. Wie würdet Ihr reagieren?

  17. #17 BreitSide
    19. Januar 2012

    Wolf·
    19.01.12 · 07:53 Uhr

    Für unseren eigenen Tod und den Weg dorthin, den Sterbevorgang, wünschen wir uns alle wohl das :

    https://www.cristobal-colon.info/bilder/kolmbustot2.jpg

    Leider endet es heutzutage oft so:
    https://farm2.static.flickr.com/1414/1423446560_91c3d0e026.jpg

    Naja, am verbreitetsten ist ja die Meinung “Am liebsten einfach morgens nicht mehr aufwachen!” oder so: https://www.scienceblogs.de/bloodnacid/2012/01/wtf-forensik-mors-in-coitu.php

    Eine längere Vorbereitung ist für die Meisten, die ich kenne, für ihren eigenen Tod nicht erwünscht. Umgedreht wird es für die Angehörigen wohl besonders schlimm, wenn der Tod so plötzlich kommt, dass keine Zeit zum Abschied – oder zu einer Versöhnung – bleibt.

  18. #18 rala
    1. Februar 2012

    Es ist auf jedenfall eine sehr persönliche Entscheidung, sich, statt für lebensverlängernde Maßnahmen, für ein Sterben in Würde zu entscheiden.

    Allerdings sehen das Ärzte manchmal etwas anders. Ich hatte während er Besichtigung einer Dialysestation im Rahmen meines Studiums (Medizintechnik) beispielsweise meiner Freundin gegenüber geäußert, dass ich die Vorstellung jahrelang auf eine Dialyse angewießen zu sein, schrecklich finde. Es bedeutet schließlich min. 3 Tage die Woche für 5-6 Stunden Krankenhaus. Genau definierte Mengen, die man an Flüssigkeit zu sich nehmen darf. Daraus folgt ein ständiges Durstgefühl. Die Dialyse verlängert bei Patienten über 65 das Leben um ca. 4 bis 5 Jahre. Die durchschnittliche Wartezeit auf ein Spendeorgan beträgt ca. 6 Jahre. (Die Zahlen sind mir aus dem Vortrag zu dem Thema in Erinnerung geblieben. Ich habe also keine Quellen dafür.) Der Arzt, der die Führung gemacht hat, hat gehört, dass ich sagte: “Wenn ich über 70 wäre, wäre ich mir nicht so sicher, ob ich mir diese Tortur zu muten würde statt gleich in Würde zu sterben.” (Ich habe das natürlich nicht auf der Station, sondern im Konferenzsaal geäußert.) Statt einer sachlichen Diskussion über das Thema, bekam ich jedoch nur ein “Kommen Sie erstmal in das Alter.” und einen abwertenden Blick.

    Ich wünsche mir auf, dass auch mit diesem Thema offener umgegangen wird auch von Seiten der Ärzte.

  19. #19 BreitSide
    2. Februar 2012

    Mit dem “kommen Sie erst mal in das Alter” hat der Knabe gar nicht so Unrecht.

    Wir können uns einfach nicht vorstellen, wie anders wir in 10, 20 oder 30 Jahren denken werden. Und wenn wir nicht mehr so gut drauf sind wie jetzt.

    Es haben schon Viele ihre Patientenverfügung ganz flott umgeworfen, als sie in lebensbedrohenden Situationen waren. Auch wenn die wiederbelebenden Maßnahmen nur ein paar Wochen oder Monate bringen.

  20. #20 rala
    5. Februar 2012

    Mag sein, dass ich das in vielen Jahren wirklich anders sehe. Es kann aber genauso gut sein, dass ich meine Meinung nicht ändere.

    Aber allen zu unterstellen, dass sie in den entsprechenden Situationen sowiso einen Rückzieher machen und deswegen darüber nicht aufgeklären bzw.nicht gewillt sind darüber zu diskutieren, ist trotzallem nicht der richige Weg.

  21. #21 BreitSide
    14. Februar 2012

    Naja, Du hast gesagt, Du seist Dir nicht sicher, ob…

    Darauf der Einwurf, Du sollest erst einmal in das Alter kommen.

    Geschickt war der Knabe sicher nicht. Aber wer weiß, was die Vorgeschichte war. Kann ich natürlich nicht beurteilen.

  22. #22 Kai
    24. Februar 2012

    jeder wird wohl oder übel mal sterben müssen!
    dennoch finde ich die “lebenserhaltenden Maßnahmen der Kliniken (Herzlungenmaschine) nicht so toll, da sich auch durch Operationen die Lebensqualität verschlechtern kann!

  23. #23 Andrea N.D.
    24. Februar 2012

    @Jürgen:
    “zwanzig – Jahre in einer Art Wachkoma beschert, oder lieber noch sechs oder neun Monate in vollen Zügen lebe und dann ohne lange Qualen sterbe”
    Das geht leider oft an der Realität vorbei: in vollen Zügen ohne Qualen. Ich beobachte eher in vollen Zügen Qualen ohne medizinische Behandlung. Und dafür ist ein Krankenhaus gut: Mittel vorhanden, schnell verfügbar, schnelle Linderung.

    Hier wurde immer einmal wieder das Sterben in der Klinik angeprangert (nicht von Dir Jürgen) und die Pflege/das Sterben zu Hause idealisiert (am besten so, wie vor 100 Jahren – wie war es da eigentlich so genau?). Ich möchte diese Leute, die solche Pauschalurteile abgeben, einmal dazu anregen, darüber nachzudenken, was es bedeutet, den erbrochenen Stuhlgang eines Sterbenden mit Darmverschluss vom Wohnzimmerschrank zu kratzen oder Mitten in der Nacht die Apotheken nach Betäubungsmitteln abzuklappern, nächtelang durchzuwachen und Angst zu haben, von der emotionalen Belastung (die sowohl zu Hause als auch im Krankenhaus vorhanden ist) und den ganzen Formalien (die wesentlich komplizierter zu Hause sind) noch nicht gesprochen. Könnt Ihr alle Spritzen setzen? Beutel für die Ernährungssonde austauschen? Voraussetzung für die Pauschalisierung ist ein einseitiges Bild von Kliniken und ein Wunschbild vom Sterben zu Hause. Mir jedenfalls ist der Zahn gründlich gezogen, seit ich in der Situation war.

    Was die Entscheidungshilfen angeht – da kann und muss sicherlich viel getan werden. Patienten, die unter Schock stehen, sind einfach nicht fähig, alles zu erfassen und oftmals auf den Arzt angewiesen. Wenn dieser – aus welchen Gründen auch immer – eine Richtung favorisiert, hat der Patient verloren, wenn dies nicht die beste Entscheidung für ihn ist. Meines Erachtens kann der gesamte Bereich “Aufklärung” nur über Prozesse gehen, um die Entscheidungshilfen möglichst objektiv zu machen. Aber gerade bei der Aufklärung beschwerden sich auch wieder viele Patienten, was sie da alles für Risiken unterschreiben müssten. Zudem wollte ich noch an die Angehörigen erinnern, die – nach meiner Erfahrung (Achtung, für Erbsenzähler, dies ist eine wiederholt erfahrene Anekdote) – meistens deutlich stärker und länger auf lebensverlängernden Maßnahmen bestehen und es einen extremen Konflikt darstellt, wenn dies nicht mit dem Patiententestament korrespondiert. Wenn keines existiert, sind – wie gesagt – oftmals auch die Angehörigen für die Verkabelung auf IPS verantwortlich. Und das sind wir alle.

  24. #24 Krebs Arzt
    22. März 2012

    Gut recharchiert, hast du noch weitere Informationen dazu?

  25. #25 Arzt
    22. März 2012

    Vielleicht sollte man noch näher drauf eingehen, sonst danke!

  26. #26 Zahnarzt
    22. März 2012

    Danke für diesen Artikel!

  27. #27 recep
    8. Juli 2012

    Ärzte können nicht behandeln und wenn das nur im geringen Niveu deshalb kommt das Gesetz des Tode zu kraft was Gesetz ist.

  28. #28 Wolf
    18. Juli 2012

    “Ärzte können nicht behandeln und wenn das nur im geringen Niveu deshalb kommt das Gesetz des Tode zu kraft was Gesetz ist.”

    Darüber meditieren ich werde…