Zu diesem Kontext gehört nicht selten auch der Tonfall, oder der “Metakontext” (wo etwas gesagt wird): Die durch Goethe im Götz von Berlichingen zu literarischen Ehren gekommene Aufforderung kann im Bayerischen beispielsweise eher Bewunderung als Missbilligung ausdrücken. Auch der Kontext muss also gelernt werden – so wie ein Handwerker zwar das gleiche Werkzeug zu grundverschiedenen Arbeiten verwenden kann, aber eben wissen muss, wann welches Werkzeug angebracht ist. Trotzdem erlaubt ihm das, mit einem vergleichsweise überschaubaren Sortiment auszukommen und nicht für jede einzelne Schraube, jeden verschieden großen Nagel ein eigenes Werkzeug mitzubringen.

Wie ein einziges (Stamm-)Wort je nach Zusammenhang und Intonation seine Bedeutung ziemlich unmissverständlich verändern kann, belegt – auf eine etwas derbe Weise, wer sich an saftiger Ausdrucksweise stört, sollte also bitte nicht den Abspielknopf drücken – dieser nachfolgende, vor allem in New York zum sprachlichen Grundwissen zählende Klassiker:

flattr this!

1 / 2

Kommentare (16)

  1. #1 Bullet
    23. Januar 2012

    “Fuck the fucking fucker”? Den kenn ich:
    Tim Minchin rules.

  2. #2 René
    23. Januar 2012

    Hallo,

    sehr schön und plausibel. Allerdings hab ich noch eine (“fucking” korinthenkacker-) Frage: Warum “auf der Hut” mit Genitiv? Ich ging bisher vom Dativ aus.

  3. #3 threepoints...
    23. Januar 2012

    René· 23.01.12 · 14:30 Uhr

    Ich ging bisher vom Dativ aus.

    -> … also huten? … ist ja wie wulffen… und also derzeit durchaus im allgemeinen Sprachgebrauch vorhanden..?!

    Allerdings hüten wir uns besser davor…


    Zitat:

    Noam Chomsky, der Vorzeigelinguist des Massachusetts Institute of Technology, folgerte aus diese Ambiguität der Sprache(n), dass sie offenbar gar nicht primär zur Kommunikation entstanden war:

    -> Mir erscheint diese These gar nicht so abwägig. Möglicherweise nämlich hatte die Entwicklung der Verbalsprache mehr mit einem Unterhaltungsaspekt zu tun, als mit Kommunikation… Aber auch Kommunikation zur Unterhaltung sei ja gerade heute nicht wirklich unüblich…
    Das liesse aber auch erwarten, dass es ausser der Verbalkommunikation eine noch ältere und viel grundlegendere Kommunikationsart gegeben hat / oder noch immer gibt.

    Words doesn´t matter … nur für die Entwicklung des individuellen Bewusstseins sind sie wohl nötig.

  4. #4 Jürgen Schönstein
    23. Januar 2012

    @René

    Warum “auf der Hut” mit Genitiv

    Na, weil der Dativ dem Genitiv sein Tod ist …;-) Nein, ganz im Ernst: Weil ich den Text ziemlich spätabends geschrieben hatte und meinem Hirn offenbar schon ein zwei Windungen eingeschlafen waren. Und darum haben meine Finger “Genitiv” getippt, wo mein Verstand “Dativ” meinte.

  5. #5 BreitSide
    23. Januar 2012

    3p: words don´t matter…

    Das mit der Mehrdeutigkeit erinnert mich doch stark an Samuel Langhorne Clemens, der bewies, dass die deutsche Sprache eigentlich mit 2 Worten auskommt: Zug und Schlag:

    https://www.alvit.de/vf/de/mark-twain-die-schreckliche-deutsche-sprache.php

    oder im Original:

    https://german.about.com/library/blmtwain02.htm

    Ist leider im hinteren Teil des Textes, strg-f hilft…

  6. #6 IrgendeinName
    24. Januar 2012

    Nur eine kleine Anmerkung am Rande. Rad und Rat klingen nicht einfach nur “ähnlich”, sondern aufgrund der Auslautverhärtung im Deutschen exakt gleich: [ʀaːt].

  7. #7 Martin
    24. Januar 2012

    So arbeitet die Werbung
    Sehr wahrscheinlich ist das weder eine Ente noch ein Kaninchen. Jemand mit anatomischen Kenntnissen könnte das vermutlich rasch bestätigen.
    Glaubt man zuerst es wäre eine Ente nur weil es im Text zuerst als Ente verkauft wird? Und billigt man zu, dass es auch als Kaninchen zu gebrauchen wäre, weil in der Werbung danach auch die Kaninchenfunktion hervorgehoben wird?
    Ich brauche momentan keine solche Ente mit Kaninchenfunktion und kaufe daher nicht.

  8. #8 CM
    24. Januar 2012

    Ich weiß noch wie ich bei einem Vortag von einem alten Bioprof gerügt wurde, weil ich von “genetischen Algorithmen” sprach – “genetisch” sei belegt und hätte nichts mit Computern zu tun … Ob ich ihm mal den Link zu diesem Post senden sollte? Besser nicht, das kann der wohl eher nicht verknusen.

    Na, aktive Scienceblogsleser wissen da mehr ;-).

  9. #9 René
    24. Januar 2012

    “Na, weil der Dativ dem Genitiv sein Tod ist …;-)”

    Oh ja, lustiges Buch. 🙂

    “Weil ich den Text ziemlich spätabends geschrieben hatte…”

    Okay, versteh ich, dann würde mein Hirn auch nur noch den Gähnitiv kennen. 🙂

  10. #10 HF
    24. Januar 2012

    Die Kaninchenente ist auch eine Kippfigur. Die Wahrnehmung kippt zwischen Ente und Kaninchen hin und her, mit einer sehr langen Periode von einigen Sekunden. Bei Sprache ist es wegen der Entfaltung in der Zeit etwas schwieriger, ein Wort länger festzuhalten. Bei rascher Wiederholung eines “Mantras” gibt es aber ähnliche Effekte.
    Mehrdeutigkeit ist ungeheuer weit verbreitet, und die Frage, wie Information in Gehirnen codiert ist, halte ich trotz aller dicken Bücher für ungelöst.
    Sprache dient dazu, Gehirne zu koppeln. Die Frage, wie Informationen in Sprache repräsentiert sind wirft daher auch Licht auf entsprechende Frage für Gehirne.
    Eine eindeutige, nichtredundante Codierung ist m.E. gar nicht in der Lage, diese Kopplung herbeizuführen, weil Gehirne so nicht arbeiten und auch gar nicht arbeiten können.

  11. #11 Jeeves
    24. Januar 2012

    “Fuck” comes from the German “Frichen” which means “to strike” ?! …sagt die Stimme im Video und das Video zeigt auch groß: “Frichen”.
    Ich bin Deutscher: hab ich was übersehen? ist da was an mir vorbei gegangen? oder hat der englischsprachige Verfasser des Videos nur wenig Ahnung? oder weiß er tatsächlich mehr?

  12. #12 Bullet
    24. Januar 2012

    die englische Wikipeh weiß jedenfalls nichts davon. 🙂

  13. #13 DerLustigeRobot
    24. Januar 2012

    @Jeeves: “Fuck” hat meines Wissens (bzw. nach einer Erklärung, an die ich mich zu erinnern meine) dieselbe Herkunft wie das deutsche “Fach”, was früher, im Mittelalter oder davor, die Bedeutung von “Tasche” gehabt haben soll. Man konnte damals wohl Taschen aus Spaltleder herstellen, indem man mit einem Spaltmesser ein dickes Lederstück an einer Seite und in der Mitte so in der Fläche zweiteilte, dass die entstehende Tasche an den Rändern nicht noch genäht werden musste.

    Die repetitive und zustoßende Arbeit mit dem Spaltmesser –das Fachen oder “fucken”– ist in einleuchtender Weise eine Bewegung, die man(n) ziemlich gut wiedererkennen kann. – – Eine Konnotation als emotionales Allerweltsbeiwort erklärt das aber wohl noch nicht.

  14. #14 Jürgen Schönstein
    24. Januar 2012

    @Jeeves
    Das soll ein Scherz sein. Ich bin mir zwar sicher, gelesen zu haben, dass das Wort einen indogermanischen Ursprung hat und selbigen unter anderem mit “fegen” teilt. Aber im konkreten Fall hat sich der Autor des Video-Scripts nur einen (zugegeben schwachen, weil nur schwer erkennbaren) Witz erlaubt: Im Englischen wird, das Adjektiv “f*cking” gerne durch den Euphemismus “fricking” oder “frigging” ersetzt – das darf man dann auch im Fernsehen sagen. 😉 Und ja, das angebliche “deutsche” Wort “frichen” spricht sich auf Englich nun mal “frickin” aus …

  15. #15 Bort
    24. Januar 2012

    Dass die Unschärfe der Sprache Verständigung erst ermöglicht und damit zwingend notwendig ist, ist eigentlich keine neue oder bahnbrechende Erkenntnis. Eher ist die Annahme seltsam, es gäbe präzisen Begriffe mit eindeutiger, unveränderlicher Bedeutung. Stattdessen existieren stets nur hinreichende, pragmatische Übereinstimmungen – die immer scheitern können (man versteht sich nicht), aber dann doch überraschend oft funktionieren. Wie es schon Wilhelm von Humbildt feststellte: „Keiner denkt bei dem Wort gerade und genau das, was der andere, und die noch so kleine Verschiedenheit zittert, wie ein Kreis im Wasser, durch die ganze Sprache fort. Alles Verstehen ist daher immer zugleich ein Nicht-Verstehen”. Es ist daher auch schwer, eine exakte Grenze zwischen ‘zwei’ Bedeutungen zu ziehen, also zu entscheiden, ob ein Wort polysem oder homonym ist (beispielsweise bei ‘Zug’)

  16. #16 BreitSide
    26. Januar 2012

    Ich hatte mal gehört/gelesen, dass das deutsche Wort “ficken” sowas Ähnliches wie “wichsen”, also hin-und-her reiben, heißen soll.

    Diese Zweideutigkeiten sind ja für Spaßmacher – jeglicher Sprache – eine überquellende Fundgrube, auch schon längst vor Heinz Erhardt.