Ich habe in diesem Blog ja schon mehrfach zum Thema “USA und Schusswaffen” geschrieben (muss ich jetzt nicht verlinken, oder? Na gut, hier sind ein paar Beiträge zu finden), und dabei kann der zweite Zusatz zur amerikanischen Verfassung, auch als “Second Amendment” bekannt, nicht unerwähnt bleiben. Denn darin ist – angeblich, dazu später mehr – das Recht eines jeden US-Bürgers kodifiziert, Feuerwaffen zu besitzen und zu benutzen. Lesen wir also erst mal diesen Text im Wortlaut (die kompletten Verfassungszusätze findet man beispielsweise hier):
A well regulated Militia, being necessary to the security of a free State, the right of the people to keep and bear Arms, shall not be infringed.
Aha, da ist also die Rede von “well regulated” – was ja Regulierungen geradezu zwingend macht – und von Milizen, also Bürgerwehren. Und von deren Zweck, die Sicherheit eines freien Staates zu gewährleisten. Aber ehe ich hier weiter übersetze, machen wir erst mal einen Abstecher zur Frage der juristischen Auslegung generell. Unsere Rechtstraditionen haben ja im Allgemeinen sehr alte Wurzeln: Das Bürgerliche Gesetzbuch, beispielsweise (selbst schon seit 113 Jahren in Kraft), enthält viele Elemente, die bereits im antiken Rom kodifiziert wurden; der französische Code Civil wurde unter der Herrschaft Napoleons I., also vor mehr als 200 Jahren, verabschiedet. Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika wurde am 21. Juni 1788 ratifizert; die Ratifizierung der Bill of Rights – also der ersten zehn Zusatzartikel (Amendments) – folgte gut drei Jahre später, am 15. Dezember 1791. Der Trick für diese Langlebigkeit von Rechtswerken ist, dass sie “novelliert”, also der jeweiligen Zeit angepasst werden. So ist es beispielsweise gar nicht so lange her, dass ein Mann seiner Ehefrau in Deutschland verbieten konnte, einen Beruf auszuüben. Das hat sich inzwischen geändert.
Eine Frage der Lesart
Doch wenn es um ihre Verfassung geht, neigen US-Juristen zu einer eher fundamentalistischen Lesart: Was dereinst festgelegt wurde, muss auch heute noch Gültigkeit besitzen. Die Frage ist nur, wie wörtlich dieses juristische Rahmenwerk zu verstehen ist. Und da gibt es – im Wesentlichen – drei Denkschulen: Den strikten Konstruktionismus, den beispielsweise der frühere Verfassungsrichter Hugo Black (zumindest gelegentlich, wenn es ihm nützlich schien) vertrat: Es gilt das geschriebene Wort. Nur das, was im Wortlaut des Rechtstextes enthalten ist, hat juristische Relevanz ist. Keine Herumdeuteleien, keine Interpretationen. Klingt simpel – ist es aber nicht, wie schon das Lieblingsthema Blacks, die im ersten Zusatzartikel garantierte Pressefreiheit, zeigt: “Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof; or abridging the freedom of speech, or of the press; or the right of the people peaceably to assemble, and to petition the Government for a redress of grievances.” Für Black war die wörtlich zu nehmende Vorschrift “make no law” – Gesetze, die in irgend einer Weise sich auf Regulierungen von Religion, Meinung, Presse bezögen, seien automatisch schon verfassungswidrig. Aber wenn man diesen Passus wörtlich nehmen will, dann gilt diese Feiheit beispielsweise nicht für Transparente (werden nicht gesprochen und nicht gedruckt) oder Schweigemärsche, und schon gar nicht das Fernsehen. Denn da steht nur “Presse” und “Rede”.
Diesem radikalen Konstruktionismus steht der Originalismus entgegen, der die Rechtsauslegung auf das beschränken will, was das Gesetz in seinem Ursprung zu bedeuten hatte. Der Originalismus teilt sich in zwei Grundauffassungen: Die Anhänger des “original intent”, denen es darauf ankommt, was der Gesetzgeber “gemeint” haben könnte, als er das Gesetz erließ. Auf das Pressebeispiel bezogen, würden sie argumentieren, dass damit alle Formen von (Massen)Medien gemeint sein mussten, da “Presse” damals die einzig vorstellbare Form eines solchen Massenmediums gewesen sei, und dass mangels eines weit verbreiteten Alphabetismus die typische Form der Individualkommunkation die Sprache sein musste. Wenn es damals schon Hörfunk oder Internet gegeben hätte, wären sie – so diese Auffassung – selbstverständlich auch mit erwähnt worden. Und daher müsse der Begriff heute auch auf diese Medien anwendet werden. Dem stehen die Anhänger der “original meaning”, auch Textualisten genannt, entgegen, die wissen wollen, wie die Begriffe damals von einem vernünftig Denkenden verstanden worden wären. Und die könnten dann argumentieren, dass Wandzeitungen, Transparente, offene Briefe und so weiter auch damals schon existiert hätten, und dass demzufolge schon damals die Kategorie als eine spezielle Form der Massenkommunikation erkannt worden wäre – dass also Presse tatsächlich nur gedruckte Medien gemeint haben könne. Dann wäre eine Zensur von Internetmedien beispielsweise absolut zulässig.
Man sieht also, dass es letztlich doch oft nur subjektive – und sehr heutige – Interpretationen solcher Gesetzestexte geben kann, da zumeist weder Meinung noch Intention des Gesetzgebers bekannt sind und wir heute bestenfalls darüber spekulieren können. Doch der 2. Verfassungszusatz ist da eigentlich eine Ausnahme: Er benennt die Intention, und er benutzt nur Worte, deren Bedeutung sich bis heute nicht verändert hat. Eine Miliz ist, damals wie heute, eine Bürgerwehr, also eine Gruppe von Personen, die sowohl die Aufgaben der Polizei als auch der Armee (mit) übernimmt. Begreiflich, da es damals keine Polizei im heutigen Sinn gab, und das Militär erstens noch neu und zweitens allein der Bundesregierung unterstellt war – die Zusatzartikel hingegen sollten vor allem die Rechte der einzelnen Bundesstaaten manifestieren. Diese Idee eines Sicherheitsapparates kommt auch in der Formulierung “necessary for the security of a free State” zum Ausdruck, und sie belegt, dass es hier um die Rechte der Staaten geht (“state” meint, wie schon der offizielle Name des Landes verrät, immer nur das Teilelelement, nie den Staatenbund an sich). Dann geht es um das Recht des Volkes (“the people”), Waffen bereitzustellen (“keep”) und sich damit zu bewaffnen (“bear arms”). Und dieses Recht darf nicht durch ein Gesetz beschnitten werden. Diese Maßgabe deckt sich auch sprachlich in großen Teilen mit dem 6. Konföderationsartikel (diese Articles of Confederation waren eine vorläufige Verfassung), in dem es heißt:
… every state shall always keep up a well regulated and disciplined militia, sufficiently armed and accoutered, and shall provide and constantly have ready for use, in public stores, a due number of field pieces and tents, and a proper quantity of arms, ammunition and camp equipage.
Jeder Staat soll eine ständige, wohl geordnete und disziplinierte Miliz unterhalten, die hinreichend bewaffnet und ausgerüstet ist, und soll jederzeit gebrauchsfertig in öffentlichen Lagern eine angemessene Zahl von Feldstücken (= Kanonen) und Zelten bereitstellen, und eine geeignete Menge von Waffen, Munition und Lagerausstattung.”
Im Klartext: Dieser Artikel gibt in seinem Wortlaut den Bürgern der einzelnen Bundesstaaten das Recht, sich in Bürgerwehren zu organisieren und zu diesem Zweck Waffen bereitzuhalten, mit denen diese Bürgerwehren ausgerüstet werden. So, wie es heute die Nationalgarde (die ist eine Miliz) und die von einzelnen Bundesstaaten aufgestellten Staatsgarden tun. Von Privatbesitz, und schon gar nicht vom uneingeschränkten Privatbesitz an Waffen ist hier also nirgendwo die Rede. Sowohl unter Originalisten als auch Konstruktivisten sollten man sich darin einig sein, dass der Verfasser der Bill of Rights (es war der spätere US-Präsident James Madison) die Selbstverteidigung, das Jadgrecht und all die anderen Gründe, eine Waffe zu benuzten, sehr wohl gekannt haben muss und daher, wenn er gewollt hätte, sie in diesem Amendment auch hätte benennen können. Da er das nicht tat – und der Kongress keine entsprechende Nachbesserung gefordert hat – muss es Absicht gewesen sein, dass die Bildung einer geordneten Miliz als alleiniger Grund für das Recht auf Bewaffnung genannt wird. Auch ist nirgendwo die Rede, dass Bürger ein Recht auf Eigentum an Waffen haben müssen, sondern lediglich, dass sie sich bewaffnen können (das Recht “to keep and bear arms” ließe sich auch mit einem Zeughaus, in dem für jeden Bürger Waffen bereit gestellt werden, vollinhaltlich erfüllen).
Regulierung mit Western-Tradition
Traditionell wurde dieses Recht aber immer schon großzügiger ausgelegt. Kein Wunder: Die Siedlungspolitik und -Praxis, mit der die Amerikaner ihren Kontinent “eroberten”, ließ Selbst- und Kollektivverteidigung untrennbar erscheinen. Die Pionierfamilien hätten keine Polizei und kein Militär zu Hilfe rufen können; ohne bewaffnete Bürger hätte der Westen nie oder zumindest nie so schnell besiedelt werden können. Doch dies war eher eine Frage des “common sense” und des Gewohnheitsrechts – die Verfassung, und vor allem ihr zweiter Zusatzartikel, wurden dabei eigentlich nie wirklich bemüht. Und Waffenbeschränkungen gab es auch im angeblich “Wilden Westen”: Die Stadt Tombstone in Arizona, beispielsweise, hatte per Verordnung vom 18. April 1881 das Tragen tödlicher Waffen innerhalb des Stadtgebietes untersagt. Die Durchsetzung dieser Verordnung spielte bei jener als “Gunfight at the O.K. Corral” berühmt-berüchtigt gewordenen Schießerei zwischen den Brüdern Earp und ihrem Freund Doc Holiday einerseits, und der Clanton-McLaury-Bande andererseits eine wesentliche Rolle. Gesetzliche Regelungen des Waffenbesitzes waren eher die Regel als die Ausnahme: Bereits im Jahr 1813 verboten die Staaten Kentucky und Louisiana das Tragen verdeckter Waffen, Western-Städte wie Wichita, Dodge City und das bereits erwähnte Tombstone verboten gänzlich das Tragen von Waffen. Das Magazin New Yorker zitierte in einem Artikel über die amerikanische Waffenkultur den texanischen Gouverneur des Jahres 1893, James Hogg, mit den Worten: “Der Sinn einer verdeckt getragenen tödlichen Waffe ist Mord. Sie abzugeben ist die Pflicht eines jeden selbstbewussten, gesetzestreuen Mannes.”
Selbst die National Rifle Association hatte sich lange Jahre als Vertreterin einer vernünftigen Waffenkontrolle verstanden: Sie trug Gesetzesinitiativen wie den National Firearms Act aus dem Jahr 1934, mit dem Maschinengewehre und andere “Gangsterwaffen” aus dem Verkehr gezogen werden sollten. Dieses Gesetz – eines der wenigen, das auf den Prüfstand des 2. Zusatzartikels geschickt wurde, fand vor dem Obersten Gerichtshof in der Entscheidung U.S. gegen Miller 1939 Zustimmung: Abgesägte Schrotflinten und andere “Gangsterwaffen” zeigten keinen “vernünftigen Bezug zur Erhaltung oder Wirksamkeit einer wohl geordneten Miliz” und daher auch nicht im Sinne des 2. Verfassungszusatzes geschützt. Auch hier war die “well regulated militia” als der eigentliche Zweck des Second Amendment anerkannt und verfassungsgerichtlich bestätigt worden.
Umdeutung von Kollektiv- in Individualrecht
Trotz dieser klaren Wortwahl, trotz der langjährigen juristischen Praxis, die diese Auslegung unterstützte, kam ausgerechnet der erklärte Textualist und konservative (= also jedem juristischen Aktionismus angeblich abholde) Verfassungsrichter Antonin Scalia ausgerechnt in der bislang letzten – und damit der aktuell verbildlichen – Entscheidung des US Supreme Court zum 2. Zusatzartikel der Verfassung zum Schluss, dass damit doch letzlich nur das Recht auf persönliche Selbstverteidigung gemeint gewesen sein konnte: “The Second Amendment protects an individual right to possess a firearm unconnected with service in a militia, and to use that arm for traditionally lawful purposes, such as self-defense within the home”, schrieb er in der Urteilsbegründung District of Columbia gegen Heller am 26. Juni 2008, die der US-Bundeshauptstadt – und damit eigentlich auch allen anderen Gebietskörperschaften – das Recht absprach, den privaten Besitz von Feuerwaffen zu untersagen. Kernstück seiner Argumentation ist, dass die erste Hälfte des Zusatzartikels nur “einleitend” gedacht sei, aber nicht den Umfang der “operativen Klausel” (damit meint er “shall not be infringed – soll nicht eingeschränkt werden) in irgend einer Form begrenze oder erweitere. Als Textualist hätte Scalia eigentlich wissen müssen, dass der Bill-of-Rights-Autor sehr wohl einen Unterschied zwischen Individual- und Kollektivrechten kannte; wenn er den einzelnen Bürger meint, dann spricht er von “Person”, doch wenn es um Kollektivrechte geht, immer nur von “the People”. Schon die ersten Worte der Verfassung machen diese Bedeutung von “the People” klar: “We, the People …” wir, das Volk. Und wenn er statt Staatsverteidigung die Selbstverteidigung gemeint hätte, würde da auch “Self Defense” stehen, und nicht “security of a free State”. Ausgerechnet der vorgebliche Anti-Aktionist Scalia hat also, mehr als 200 Jahre nach der Urfassung, in seiner Mehrheitsbegründung eine neue Interpretation des 2. Zusatzartikels etabliert; das “Grundrecht” auf freie, uneingeschränkten privaten Waffenbesitz wurde damit nicht etwa, wie man meinen sollte, nur bestätigt, sondern de jure erst geschaffen.
Aber, und das ist natürlich entscheidend: Egal, ob es nun falsch verstandener Aktionismus war oder einfach nur eine gewagte Interpretation eines alten Gesetzestextes – die Bedeutung des Second Amendment als Recht auf unbegrenzte Bewaffnung von Individuen ist damit erst einmal festgeschrieben. Sie ist der Höhepunkt einer Kampagne, die von der NRA in den 70-er Jahren (vermutlich als Reaktion auf das von Lyndon Johnson durchgesetzte Waffengesetz, das als Reaktion auf die Ermordungen der beiden Kennedys und Martin Luther Kings enstanden war) begonnen wurde; Ronald Reagan war der erste Präsidentschaftskandidat, der sich den freien Waffenbesitz auf die Fahnen geschrieben hatte, und seither hat noch jeder konservative/republikanische Kandidat sich zu dieser Auslegung des Second Amendment bekannt (und die NRA hat es mit großzügigen Wahlkampfspenden stets belohnt).
Die Illusion der Selbstverteidigung
Andererseits: Das Recht auf Selbstverteidigung ist sicher eines, das nicht von der Hand zu weisen ist. Wenn es mit der Selbstverteidigung halt klappen würde: Bereits 1986 konnten die Mediziner Arthur Kellerman und Donald Reay im Artikel Protection or Peril?, der im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, den Nachweis antreten, dass Waffen 18 Mal häufiger dazu benutzt wurden, den Waffenbesitzer oder ein Mitglied seiner Familie zu töten, als einen (einbrechenden?) Fremden. Anders ausgedrückt: Die eigene Waffe im Haus ist für ihren Besitzer um ein Vielfaches gefährlicher als für einen potenziellen Angreifer.
Es wäre nun nützlich, wenn es mehr solcher Studien gäbe, die eine breitere Datenbasis nutzen könnten und dann auch klarere Aussagen liefern würden. Der Haken ist nur, dass es solche Studien nicht geben wird, wie der selbe Arthur Kellerman erst vor wenigen Tagen in einem Aufsatz für das Journal of the American Medical Asssociation darlegte: Die Centers for Disease Control and Prevention wurden per Kongressbeschluss 1996 daran gehindert, Geld für irgend etwas auszugeben, das letztlich als Material zur Unterstützung von Waffenregulierungen verwendet werden könnte. Unfallaufklärung und Vorbeugung, gerne, aber nicht, wenn dabei Schusswaffen eine Rolle spielen. Vermutlich lässt sich das auch mit etwas Begabung aus der Bill of Rights heraus lesen …
Aber die Idee der Selbstverteidigung an sich klingt doch plausibel. Nach jeder Schießerei, ob in einem Kino in Colorado oder in einer Grundschule in Connecticut kommt, wie ein Mantra, die Erklärung der NRA, dass nicht weniger, sondern mehr Waffen – im Fall des Schul-Amoklaufs also beispielsweise bewaffnete Schulpolizisten – die Bluttat verhindert hätten.
Schießen ist leichter als treffen
Wer seine Informationen aus Kriminalfilmen und Western bezieht, wird das sicher gerne glauben. Doch die Treffsicherheit selbst gut ausgebildeter Sicherheitskräfte ist, wie die Realität zeigt, sehr bescheiden. Die New Yorker Polizei zählt sicher zu den professionellsten im Land, wenn nicht der Welt. Doch von den 41 Schüssen, die vier Polizisten am 4. Februar 1999 auf den unbewaffneten Passanten Amadou Diallo abfeuerten, gingen 22 daneben. Am 25. November starb der – ebenfalls unbewaffnete – Sean Bell in einem Hagel von 50 Polizeikugeln, die auf ihn und zwei seiner Freunde vor den Nachtklub “Kalua” im New Yorker Stadtteil Quenns abgefeuert wurden. Etwa die Hälfte dieser Kugeln ging daneben; eine durchschlug die Scheibe des benachbarten Bahnhofs, wo ein Passagier, der auf den Airtrain zum John-F.-Kennedy-Flughafen wartete, nur um die sprichwörtliche Haaresbreite unverletzt davon kam:
(Quelle: Democracy Now).
Und das waren bestens ausgebildete und spezialisierte Polizisten – welche Trefferquote würde wohl jemand haben, der mal gelegentlich am Schießstand ballert, aber nie erfahren musste, wie es ist, wenn jemand auf ihn/sie schießt? Das Problem bei der Selbstverteidigung ist halt, dass man nicht, wie der Mordschütze, einfach wild darauf losballern kann, wenn man nicht riskieren will, mehr unschuldige Opfer als Täter dabei zu erschießen. Und wer großmäulig verkündet, er/sie hätte dank seiner/ihrer Schießkünste mit Amokläufern in Kinos oder Schulen einfach kurzen Prozess gemacht, hat sich wohl nie Gedanken darüber gemacht, wie die Polizei – die ja in solchen Situationen auch erst mal keinen Überblick hat – in diesem Fall auf einen um sich schießenden Zivilisten reagieren würde, wenn sie schon unbewaffnete Personen wie Diallo und Bell für eine tödliche Gefahr hält …
Ein Grundrecht auf Terrorismus?
Aber auch das Recht auf Selbstverteidigung vor Verbrechern ist nur ein vorgeschobenes. Wer den Anhängern einer unbegrenzten Waffenfreiheit eine Zeitlang zuhört, muss lernen, dass sie sich vor allem vor einem ganz anderen Feind schützen wollen: Ihrer Regierung. Wirklich? Wirklich:
Diese Leute begreifen den zweiten Zusatzartikel zur US-Verfassung tatsächlich als das Recht – nein, die Verpflichtung! – den demokratischen Willen einer Mehrheit (durch den wird ja die Regierung gebildet) mit Waffengewalt außer Kraft zu setzen. Mit dem gleichen “Argument” hatte übrigens Timothy McVeigh sein Bombenattentat auf das Bundesverwaltungsgebäude in Oklahoma City begründet, bei dem am 19. April 1995 168 Menschen starben und mehr als 800 verletzt wurden. Wenn das die Vorstellung von Freiheit sein soll, wie würde da wohl Tyrannei aussehen?
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