Eigentlich nur ein Lesetipp – aber einer, der zum Nachdenken animieren sollte/könnte: Die Zahl der Frauen, die sich aus Angst vor Brustkrebs auch das gesunde Brustgewebe amputieren lässt, hat sich in den USA zwischen 1998 und 2006 verdoppelt. Das betrifft derzeit etwa 15 Prozent aller Frauen, die mit Brustkrebs diagnostiziert wurden (also etwa 30.000 Patientinnen jährlich); es scheint, als ob diese Doppelamputation, die medizinisch nur in bestimmten Fällen – etwa beim genetisch bedingten Krebsrisiko (fünf bis zehn Prozent der Brustkrebs-Fälle) – sinnvoll ist, sich langsam zum Behandlungsstandard entwickelt. Wie ich hier schon mal geschrieben hatte, spielt die Hoffnung, mit einer Operation proaktiv gegen den Krebs angehen zu können, dabei sicher eine große Rolle. Aber ich wäre nicht überrascht, wenn eine gewisse Entfremdung von diesem Körperteil dabei auch eine Rolle spielen würde: Brüste sind vermutlich – neben den Zähnen – das einzige Organ, das sich Frauen auch ohne medizinische Notwendigkeit jährlich millionenfach durch eine Prothese ersetzen oder “aufbessern” lassen. Mehr zu alldem im Artikel Facing Cancer, a Stark Choice in der aktuellen Science-Beilage der New York Times.

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Kommentare (3)

  1. #1 Wolf
    23. Januar 2013

    Ich hatte im Rahmen der Diskussion hier https://scienceblogs.de/frischer-wind/2012/08/31/beschneidung-verbot-was-duerfen-aerzte/

    bereits darauf hingewiesen, dass die prophylaktische Amputation von Brustdrüsengewebe nach Möglichkeit bereits im Alter von 16 Jahren erfolgen sollte, da die Milchproduktion der Brust für Neugeborene keine überlebenswichtige Nahrungsquelle ist.

    Wenn man bedenkt wieviele Folgekosten und tragische Sterbefälle damit verhindert werden, dann bleibt wohl keine andere Alternative.
    [wer das Ernst nimmt hat selber Schuld]

  2. #2 miesepeter3
    23. Januar 2013

    @Jürgen

    Wenn man sich versucht zu erinnern, wie viele Menschen Angst vor dem Megaschwachsinn Weltuntergang aufgrund des Mayakalenders hatten, kann einen das nicht mehr verwundern. Es soll auch schon früher Sekten gegeben haben, die aus Furcht vor irgendwelchen ominösen Weltuntergängen Kollektivselbstmord begangen haben und das alles ohne den geringsten wissenschaftlichen Nachweis. Und bei der Möglichkeit, Brustkrebs aufgrund genetischer Vorbelastungen zu bekommen, die sogar einen gewissen wissenschaftlichen Hintergrund hat, kann natürlich die Angst noch viel realer sein. Aus Angst machen die Menschen die unmöglichsten Sachen, warum nicht auch ein bißchen vorsorgliches Verstümmeln?
    Die tatsächlich genetisch belasteten Frauen nehme ich mal ausdrücklich aus, deren Angst besteht wenigstens ein wenig zu recht.

  3. #3 ania
    24. Januar 2013

    Ich habe mir eben vorgestellt, wie es wäre, Brustkrebs in der einen Brust diagnostiziert zu bekommen so das diese eine Brust amputiert werden müßte.
    Da wäre erst mal die Unsicherheit, ob die andere Brust wirklich gesund ist, oder ob da eben doch ein Tumor, eine Veränderung, irgendwas ungutes eben versteckt ist und nur noch nicht groß genug um eben auch entdeckt zu werden.
    Dann kommt dies “Unsymmetrie” dazu. Ein Teil-BH tragen, damit es mit Kleidung nicht auffällt? Das Ding wäre sicher sehr unbequem, da das Gewicht nicht durchs Gewebe sondern am Schulterriemen hängt. Eine operative Aufpolsterung mit Silikon? Nein danke, keine Chemie in meinen Körper einnähen.
    Außerdem würde diese “Unsymmetrie” mich ständig daran erinnern, das ich nicht vollständig bin.
    Ich denke, das ich mir auch die andere Brust amputieren lassen würde. Zur Sicherheit, Vorsorge und der Möglichkeit, auch körperlich mit der Sache abschließen zu können und nicht immer durch die Prothese wieder daran erinnert zu werden. Es gibt schlißelich genügend Frauen, die eine so kleine natürliche Brust haben, das sie durch lockere Kleidung gar nicht auffällt. Dann würde ich mich eben zu Ihnen gesellen.