Ist “Wasser auf die Mühlen der Kritiker” eine allzu schiefe Metapher, wenn es dabei um Windenergie geht? Oder sollte ich es lieber mit dem Sprachbild des “Rückenwindes” versuchen? Wie auch immer: Der Harvard-Physiker David Keith und seine Kollegin Amanda “Manda” Adams, Geographin an der University of North Carolina in Charlotte, haben nun in den Environmental Research Letters ein Paper darüber veröffentlicht, dass die Leistungsfähigkeit von Windanlagen zur Energiegewinnung überschätzt wird: Are global wind power resource estimates overstated? Sie kommen, anhand von Computermodellen, zum Resultat, dass für großflächige Windanlagen der Output nicht, wie bisher geschätzt, bei etwa zwei bis vier Watt pro Quadratmeter liegen dürfte, sondern eher bei einem Watt. Was, hochgerechnet auf das globale Windenergiepotenzial, das bisher irgendwo zwischen 56 bis 400 Terawatt (wie ich dem Abstract entnehme) angepeilt wird, eine deutliche Reduzierung auf weniger als die Hälfte bedeuten würde.

Ehe ich nun weiter meinen Senf dazu gebe, lasse ich erst mal Keith selbst zu Wort kommen. Hier ist der Video-Abstract zum oben verlinkten Paper:

An erster Stelle sollte man hier also noch einmal betonen: Keiths Modell geht von großflächigen Windanlagen aus – seine Modellfälle bedecken Areale in den Hunderten von Quadratkilometern. Und auch wenn ich den Modellrechnungen nicht folgen kann – irgendwelche Experten hier? – scheint es doch selbst mit durchschnittlichem Fachwissen plausibel, dass Anlagen dieser Größe auch großräumigere Auswirkungen auf die Windbewegungen und damit die Leistungsfähigkeit der Anlage haben kann. Simpel ausgedrückt: Wenn sich die Hindernisse (= Windräder) zu dicht und zu tief gestaffelt dem Wind in den Weg stellen, dann wird ihm die sprichwörtliche Luft wegbleiben. Aber (und das ist nur mein persönliches Aber, nach der Lektüre das Papers) diese Aussage betrifft eben ausdrücklich nur solche riesigen Windfarmen. Über Windenergie als lokale und/oder regionale Quelle sagt sie, soweit ich es verstanden habe, erst mal nichts. Und selbst solche vergleichsweise großen Anlagen wie die Spinning-Spur-Windfarm, in die Google erst vor ein paar Tagen mit 200 Millionen Dollar eingestiegen ist, wirkt neben dem Maßstäben, die in dem Keith-Adams-Paper angelegt werden, erst mal winzig: Sie bringt es gerade mal auf knapp 6000 Quadratmeter … bescheiden: Das Paper modelliert mit Varianten in den Dimensionen 2,7, 30 und 270 × 103 km2 – da sind die 115 Quadratkilometer von Spinning Spur noch um mindestens eine ganze Größenordnung kleiner…

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Kommentare (11)

  1. #1 tom
    25. Februar 2013

    Woher kommt die Zahl von 6000 Quadratmetern? Das scheint mir (ohne das Projekt zu kennnen) als sehr klein um von einer großen Anlage zu sprechen. Das wäre ja nur ein Quadrat von knapp 80 Metern Seitenlänge.
    Im verlinkten PDF ist die einzige Flächenangabe “The project will span 28,426 acres…” was, sollte ich richtig umgerechnet haben, 115 Quadratkilometern entspricht, bzw. etwa 20000 mal so groß ist wie die 6000 Quadratmeter.

  2. #2 BreitSide
    25. Februar 2013

    xxx

  3. #3 Jürgen Schönstein
    25. Februar 2013

    @tom #1
    Ja, das war Quatsch – ich hatte das Posting noch schnell vor Beginn einer Klasse absetzen wollen, und dabei wohl einen Tippfehler bei der Eingabe im Google-Umrechner nicht bemerkt und das Resultat einfach übernommen.

  4. #4 C14
    26. Februar 2013

    Was ich schon immer mal wissen wollte: Ab wann fängt denn Windenergiegewinnung an, sich aufs Klima auszuwirken?
    Ich entziehe dem Wind ja Energie, dadurch wird weniger “Luft transportiert” als ohne Windenergieanlage. Das kann ja nicht ohne Folgen bleiben…

  5. #5 Spoing
    26. Februar 2013

    @C14:
    Ich kann mich an eine ähnliche Frage zur Zeit des AKW Ausstiegs in Japan erinnern.

    Meines Wissen ging es dann darum, dass die lokalen Auswirkungen, also die für das Hinterland noch unklar sind. Die globale Abwärme ist im Vergleich zu den zu ersetzenden Kraftwerken um etwa den Faktor 10 geringer.

    Ab wann und wie sich eine globale Windräderanzahl auf das Wetter auswirkt weiß ich allerdings nicht mehr genau. Ich werde da, sobald ich Zeit habe mal nach Quellen suchen.

  6. #6 Wurgl
    3. März 2013

    Jetzt mal abgesehen davon, dass 11 * 11,5 km nicht gerade gewaltig groß ist. Vor allem, wenn dort dann 70 ( =~ 8 * 9) Windräder (von Siemans) mit je 101 bzw. 108 Meter Durchmesser stehen. Das ist dann grob alle 1.200 Meter ein Windrad.

    Zum Vergleich: Wenn ich mit bei Google die Ausfahrt Bornstedt der A2 angucke, dann stehen dort auch knapp 50 Windräder und die sind keine 500 Meter auseinander (aber okay die sind etwas kleiner) und etwas südwestlich auf der anderen Seite der Autobahn steht noch so ein Park. Jedenfalls ist der verlinkte Park weder besonders groß noch stehen die Windräder besonders eng.

    Kann man schön anstarren, wenn man die A2 entlang fährt. Ob man das nun als “schön” empfindet oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen.

    Aber eigentlich wollte ich was anderes. Im Test steht am Ende “um eine Größenordnung kleiner” Größenordnung was? Größenordnung der Seitenlänge oder Größenordnung der Fläche? Dieser Begriff “Größenordnung” ist ja ganz nett und ebenso schwammig. Klar bedeutet er grob nix anderes als “Zahl mit einer Stelle zusätzlich oder einer Stelle weniger”. Aber wenn ich die Seitenlänge so eines Parks um eine Größenordnung vergrößere, also 10 mal so groß mache, dann *schwupps* ist die Fläche gleich um zwei Größenordnungen größer geworden. Wie soll man also hier das Wort Größenordnung verstehen?

  7. #7 Andreas Brecht
    Rastatt
    5. März 2013

    Wenn die Abschattung das einzige Problem wäre, könnte man die Windenergie ja noch als halbwegs vernünftige (wenn auch teure) Alternative in Betracht ziehen. Richtig absurd wird die ganze Veranstaltung durch die Notwendigkeit jedes (theoretische) Watt Windleistung durch konventionelle Kraftwerke zu spiegeln, weil der Wind halt nicht weht, wenn wir den Strom brauchen, und dass die Leistungsschwankungen das ganze Stromnetz instabil machen.

  8. #8 BreitSide
    5. März 2013

    @Andreas Brecht: Warum erzählst Du sowas?

    Es ist schlichtweg falsch.

    Es müssen nur ca. 20% der installierten Leistung als Pufferkapazität vorgehalten werden.

    Und natürlich “vergisst” Du dabei die Sonne, die zusammen mit dem Wind das Angebot noch besser glätten.

    Außerdem “vergisst” Du die Möglichkeiten, durch intelligente Netze, intelligente Zähler und intelligente Verbraucher der Verbrauch sehr gut dem Angebt angepasst werden kann. Siehe die alten berüchtigten Nachtstromheizungen. Die “brauchten” wir nur, weil die Kernkraftwerke so verdammt unflexibel sind.

    Solarstromselbsterzeuger haben das lange schon drin, dass sie große Verbraucher dann anwerfen, wenn die Sonne schön scheint.

  9. #9 Andreas Brecht
    5. März 2013

    @BreitSide

    Woher stammen die “20% Pufferkapazität”?
    Seit wann scheint die Sonne nachts?
    Wo gibt es die “intelligenten Netze und intelligenten Zähler” un wozu brauchen wir die, wenn wir darauf endlich aufhören die Windenergie zu subventionieren.

  10. #10 BreitSide
    5. März 2013

    Die 20% sind allgemeiner Wissensstand. Woher kommen Deine 100%?
    Hatte ich behauptet, dass die Sonne nachts schiene?
    Intelligente Netze gibt es schon, zB im Harz.
    Intelligente Zähler gibt es auch schon. Die Nachtstromzähler sind die ersten Vorläufer.
    Wir brauchen sie, wenn wir endlich aufhören, die unwirtschaftliche Kern- un Kohleenergie zu subventioneren.

  11. #11 Andreas Brecht
    6. März 2013

    Ach Breitside, wo soll ich beginnen? Vielleicht mit einigen einfachen Weisheiten des Lebens:
    – wenn die Sonne nicht scheint ist es dunkel, und ich habe keinen Strom, mit dem ich das Windstromangebot glätten könnte.
    – der Wind weht, wenn er weht und nicht wenn wir Strom benötigen
    – Windstrom ist teuer und unzuverlässig – und selbst wenn wir nur 20% der Nennleistung der Windanlagen als Puffer benötigten (Gacker), sind das im richtigen Leben Kraftwerke, die die halbe Zeit für teuer Geld rumstehen (haben Sie eigentlich ein 2.Auto, das einfach vor der Tür steht außer wenn das 1. in die Werkstatt muss?)
    – Solarstrom ist noch teurer und genauso unzuverlässig
    – Kernenergie und Kohle kann zu extrem günstigen Preisen den Grundlastbedarf decken und für alles andere gibt es Gaskraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke
    So und jetzt nochmal für die langsamen Denker: die 1000.000.000 Teuronen, die der “Umstieg” zu “erneuerbaren” (nach vorsichtigen Schätzungen) kosten wird sind in Ihrer Welt vllt keine Subvention – in meiner sind sie jedenfalls schlicht rausgeworfen.