Mimi fühlt, dass sie bei Papa etwas ausgelöst hat und nun erwacht ihre Wissbegier.
„Erzähl mal Papa, wie macht man neue Zahlen? Und wie erkennt man, dass sie schon gebraucht sind. Sind die nicht so gut wie die neuen Zahlen? Sag mir mal eine neue Zahl!“
„Also, Mimi, wenn ich dir jetzt eine neue Zahl sage, ist sie ja nicht mehr neu. Denn dann wird sie ja von uns gebraucht. Und eigentlich sind ja alle Zahlen irgendwie gebraucht. Du zählst von eins bis zehn. Die werden von allen Menschen der Welt ständig gebraucht.
Später in der nächsten Klasse lernst du die Zahlen bis einhundert, bis eintausend, bis eine Million kennen. Alles gebrauchte Zahlen. Die haben ich und Mama und Opa und Oma auch schon benutzt.“
„Werden die dadurch nicht schmutzig? Mama wäscht immer meine gebrauchten Sachen. Kann man die Zahlen auch waschen? Werden die dann wieder wie neu?“ sprudelt es aus ihr heraus. Ich denke gerade an ihre Spielzeugzahlen, die schon ziemlich abgegriffen und bekleckert sind. Man sollte sie tatsächlich mal waschen.
„Nein, gebrauchte Zahlen werden nicht schmutzig und muss man auch nicht waschen. Dadurch halten sie ewig und können nicht kaputt gehen.“
Und neue Zahlen
„Aber, Papa, es muss doch auch neue Zahlen geben. Solche, die noch keiner benutzt hat. Wieviele Zahlen gibt es denn? – „Es gibt unendlich viele Zahlen, denn man kann immer weiter zählen, egal wie gross die Zahl ist. Daher hast du recht. Es wird Zahlen geben, die noch nie einer benutzt hat, weil sie so riesig sind, dass noch keiner bis dahin gezählt hat. Das wären dann wirklich neue Zahlen.“
„Toll. Du Papa, schenkst du mir eine neue Zahl? Die noch keiner gebraucht hat? Die nur für mich da ist? Eine ganz riesige neue Zahl!“
Nun gerate ich ins Grübeln. Wie produziere ich eine neue Zahl? Eine, die noch keiner benutzt hat. Die sich sozusagen noch in den weissen Flecken der Zahlenlandkarte befindet. Eine jungfräuliche Zahl. Die Mimi-Zahl.
Ich beschließe, das Problem von der anderen Seite her aufzurollen. „Mimi, welches, glaubst du, sind die Zahlen, die am meisten gebraucht werden?“
Für Mimi keine Frage: „Papa, das ist doch einfach. Das sind die Zahlen eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn. Die werden von allen Kindern jeden Tag in der Schule benutzt. Die kennt doch jeder. Selbst der dumme Johann. Aber ich will doch eine neue Zahl. Die keiner kennt.“
Das Ablenkungsmanöver war umsonst. Ich komme um die Mimi-Zahl nicht herum.
Eine Zahl für Mimi
Mimi-Zahl? Da klickt etwas in meinem Gehirn. Die Zahl Pi. Das ist doch eine besondere Zahl. Keiner kennt den genauen Wert. Daraus liesse sich möglicherweise eine Mimi-Zahl basteln.
„Also, Mimi, höre zu. Ich habe eine Zahl für dich. Eine riesige Zahl. Eine unendlich lange Zahl. Die noch kein Mensch bis zum Ende erblickt hat. Weil es kein Ende gibt. Obwohl fast alle Menschen mit dieser Zahl arbeiten. Sie hat auch einen Namen. Sie heißt Pi.“
„Pi? Aber Papa! Das ist doch keine Zahl. Das mach ich auf Klo. Da kommen keine Zahlen raus. Nur gelbes Wasser.“
Mist, auf diese Assoziation war ich nicht vorbereitet. Ich nehme mir ein Blatt Papier und schreibe groß „Pi“ drauf. „Du hast recht, Mimi, das ist das Pi, was du auf dem Klo machst. Ich meine aber diese Zahl. Sie hat ihr eigenes Zeichen.“ Mit einem eleganten Strich zeichne ich das griechische Symbol für Pi auf das Blatt.
Andächtig streichelt Mimi das Zeichen mit dem Finger. „Das ist meine neue Zahl? Sie gut aus. Wo hast du die hergeholt? Und warum ist die jetzt neu?“
Wir basteln eine Zahl
Jetzt ist Bastelstunde angesagt. Mimi ist hellauf begeistert. Wir holen uns ein Ein- Euro Geldstück, eine Schere, ein Lineal, einen Markerstift und einen Faden.
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