Beim Stichwort geheime Zahlen habe ich bei Mimi wieder einen Gedankengang angestossen. Geheime Sachen gibt es auch im Feenreich. Und da kennt sich Mimi bestens aus. Schließlich ist sie selbst eine Fee auf Erdenurlaub. Und sie kennt viele Geheimnisse, inklusive der Feensprache und Schrift.

„Du Papa, ich verstehe. Dafür ist die Zahlenfee zuständig.“ – „Zahlenfee? Bastelt die neue Zahlen?“ Wir sind wieder in Mimis Lieblingswelt gelandet.

„Papa, du kennst sie auch. Sie war mal im Fernsehen. Da hat sie weiße Zahlenbälle aus einer großen Kugel herausgenommen. Das waren bestimmt neue Zahlen, die sie dann mit Zauberkraft zu gebrauchten Zahlen erklärt hat. Und jedesmal hat sich einer ganz toll gefreut, weil er mit seinen geheimen Zahlen ganz viel Geld gewonnen hat.“

„Ummppff“ Was soll ich dazu sagen. Mimi flitzt in ihr Zimmer, holt ihr Malzeug und beginnt ein großes Blatt mit einer Szene aus dem Feenreich zu bemalen. Eine lange Kette aus Zahlen schlängelt sich aus dem Zauberstab der Zahlenfee. Ich bin erstmal wieder entlassen.

Die Mona Lisa in der Zahl Pi

Aber so ganz läßt mich der Gedanke nicht los. Die Zahlenfolge in Pi ist unendlich. Das bedeutet, irgendwann muss jedes Geburtsdatum, jede PIN-Nummer, jede Telefonnummer der Welt, ja jede beliebige Zahl in Pi vorkommen. Es muss auch irgendwo die Zahlenfolge 1234567890 zu finden sein, ja sogar die kontinuierliche Reihe von 1 bis 100, bis 1000 und beliebig höher. (Tatsächlich befindet sich die Serie 12345678 bereits nach der 186.557.226ten Stelle der Zahl Pi).

Und es wird noch verrückter: Mit den Zahlen lassen sich Buchstaben kodieren, wie dies im Computer mit den Ascii-Zeichen passiert.

Mit den unendlichen Zahlenreihen von Pi liesse sich somit auch ein unendlich langer Text codieren.

Dort würde mein Name, meine Adresse, meine Veröffentlichungen, sogar dieser Text auftauchen. Shakespeares Hamlet sowie überhaupt alle Literaturwerke der Welt wären in Pi verewigt. Die Bibel mü.te in allen Sprachen aufzufinden sein, ebenso wie Koran und Talmud, in einer einzigen Zahl in friedlicher Koexistenz vereint.

Alle Zeitungsausgaben der Welt, überhaupt jeglicher Text, ob in grauer Vorzeit oder gerade geschrieben, ja, sogar alle zukünftigen Schriftstücke sind in der Unendlichkeit von Pi untergebracht.

Es ist sogar noch mehr in Pi gespeichert. Wenn man Bild- und Farbpunkte mit Zahlen codiert, kann man auch komplette Bilder in Pi finden. Irgendwo in der Unendlichkeit ist das digitale Abbild von meinem Passfoto, von der Mona Lisa, ja, von allen Kunstwerken der Welt, egal, ob vergangen oder zukünftig, abgespeichert.

Und auch die Bildfolgen sind möglich, sie sind bereits auf jeder CD und DVD als Zahlencodes vorhanden. Also ist PI ein unerschöpfliches Filmarchiv. Und es enthält sogar die Filme, die künftig erst noch gedreht werden. – Was für eine Zahl!

Mich persönlich interessieren ja die Tagesschau- Beiträge der nächsten fünfzig Jahre. Aber eigentlich würden mir die Lottozahlen der nächsten Woche schon reichen. Sie sind irgendwo in den neuen Zahlen versteckt.

Mimis Zahlenfee müsste mir dabei helfen können. Deswegen muss man sich mit den Mimis dieser Welt gut stellen. Denn sie sind das Tor zur Unendlichkeit.

© Manfred Kindler; alle Abbildungen wurden der Originalversion der Geschichte entnommen.

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Kommentare (16)

  1. #1 volki
    20. März 2013

    Aber so ganz läßt mich der Gedanke nicht los. Die Zahlenfolge in Pi ist unendlich. Das bedeutet, irgendwann muss jedes Geburtsdatum, jede PIN-Nummer, jede Telefonnummer der Welt, ja jede beliebige Zahl in Pi vorkommen.

    Da möchte ich widersprechen. Dies ist nur dann wahr, falls pi eine normale Zahl sein sollte. Das wird zwar vermutet ist aber noch weit weg davon, dass man das beweisen könnte.

  2. #2 Thilo
    20. März 2013

    @volki: “Normal” wurde heißen, dass die Zahlenfolgen alle gleich oft vorkommen, das ist nochmal eine stärkere Behauptung.

  3. #3 volki
    20. März 2013

    @Thilo: Ja, du hast natürlich recht. Ich sollte schreiben:

    “Dies ist dann sicher gestellt, falls pi eine normale Zahl ist.”

    Trotzdem ist die Normalität die bedeutendere Eigenschaft und ich unterstelle Jürgen einmal er hatte diese Eigenschaft im Kopf, als er diese Zeilen schrieb (zumindest ich habe als erstes an Normalität gedacht).

  4. #4 volki
    20. März 2013

    Mir ist noch was eingefallen; aus der Behauptung von Jürgen würde folgen:

    Die Ziffer 0 (oder eine andere Ziffer) kommt unendlich oft in der Dezimalzahlentwicklung von pi vor.

    Selbst nur dies zu beweisen wäre eine kleine mathematische Sensation.

  5. #5 Ulrich Berger
    20. März 2013

    @ volki: Ich kann beweisen: “Die Ziffer 0 oder eine andere Ziffer kommt unendlich oft in der Dezimalzahlentwicklung von pi vor.” Ist das jetzt eine mathematische Sensation, oder bestehst du auf den unschönen Klammern in deiner Formulierung?

    Ich kann übrigens auch beweisen, dass “Jürgens Behauptung” in Wahrheit gar nicht Jürgens Behauptung ist!

  6. #6 volki
    20. März 2013

    @Ulrich: Ohje, habe ich das wirklich so misverständlich geschrieben? Dann las mich das korrigieren zu:

    Sei a ein Element aus {0,1,…,9} und pi=sum_i a_i 10^{-i}, wobei die Summe über alle nicht negativen ganzen Zahlen i läuft. Weiters sei I_a:={i \in Z : i>=0 und a_i=a}. Dann ist |I_a|=oo.

    Ich kann übrigens auch beweisen, dass “Jürgens Behauptung” in Wahrheit gar nicht Jürgens Behauptung ist!

    Das verstehe ich nicht. Willst du damit andeuten, dass Jürgen nicht der erste war (ja da gebe ich dir recht), oder habe ich was oben im Text überlesen, oder???

  7. #7 volki
    20. März 2013

    PS: Ja ich bestehe auf meine Klammern! Auch wenn das unschön formuliert ist.

  8. #8 volki
    20. März 2013

    Das verstehe ich nicht. Willst du damit andeuten, dass Jürgen nicht der erste war (ja da gebe ich dir recht), oder habe ich was oben im Text überlesen, oder???

    Ich habe es gerade selber gesehen, dass der Beitrag von Manfred Kindler ist.

    *schäm mich*

  9. #9 Ulrich Berger
    20. März 2013

    Moment mal, jetzt forderst du den Beweis, dass ALLE Ziffern von 0 bis 9 unendlich oft vorkommen? Man muss bescheiden sein, also für’s erste biete ich immer noch den Beweis an, dass mindestens eine solche Ziffer unendlich oft vorkommt 😉

  10. #10 volki
    20. März 2013

    Tut mir leid! Ich habe halt meine Meinung geändert 😉

  11. #11 Made
    20. März 2013

    Zu normaler Zahl oder nicht, mal eine Frage.

    Die Zahl 0,1010010001000010000010000001000000001…. müsste doch irrational sein, oder nicht? Da gibt es keine sich periodisch wiederkehrende Ziffernfolge. Ab Stelle n gibt es eine Folge von x Nullen, die vorher nicht einmal aufgetaucht ist.

    Für ein m>n(+x) gibt es eine Folge von mindestens (x+1) Nullen, die es an keiner Stelle weiter vorn gegeben hat. Also ist die Zahl nicht periodisch. Also auch nicht rational.

    Und dennoch kommen unendlich viele (endliche) Ziffernfolgen nie vor in dieser Zahl (alle Einserfolgen mit mehr als einer Eins nämlich) Also ist die Normalität schon eine Voraussetzung um sicher sein zu können, dass jede Ziffernfolge vorkommt.

    Oder wo liegt mein Fehler?

  12. #12 Thilo
    21. März 2013

    @Made: alles richtig, nicht jede irrationale Zahl ist normal. Sonst wüßte man ja auch schon, dass Pi normal ist.

  13. #13 Made
    21. März 2013

    @Thilo:

    Und heißt das nicht, dass wir noch nicht wissen, ob in Pi wirklich jede Zahl enthalten ist? Oben klang es so als wäre das schon klar.

    Oder gibts da noch ein anderes Kriterium, das schwächer ist als “normal” aber stärker als “unendlich lang”?

  14. #14 Thilo
    21. März 2013

    Ob π normal ist, kann man bisher nicht bewiesen.
    Schon in den 80ern hatte Kanada die ersten10 Millionen Ziffern von π untersucht und festgestellt, daß die Häufigkeiten zwischen 999.333 (die 2) und 1001093 (die 5) variieren. Das entspricht der Varianz, die man bei Gleichverteilung erwarten würde: Zufallszahlen nähern sich mit Geschwindigkeit 1/Wurzel(n) der Gleichverteilung an.

    Bellard hat die Gleichverteilung vor einigen Jahren für die ersten 2,699,999,990,000 Stellen überprüft: die Häufigkeiten variieren dort zwischen 269999112082 (die 0) und 270001112056 (die 8).

    scienceblogs.de/mathlog/2010/03/14/pitag

    Ob Pi alle möglichen Zahlenfolgen enthält, ist ebenfalls nicht bewiesen. Das würde aber wohl folgen, wenn Pi normal ist. (was per Definition heißt, dass die Ziffern nicht nur zur Basis 10, sondern zu jeder Basis gleichverteilt sind)

    math.stackexchange.com/questions/216343/does-pi-contain-all-possible-number-combinations

  15. #15 Olaf aus HH
    Hamburg, D, Europa, Erde...
    21. März 2013

    Was immer Ihre Tochter sich jetzt denken mag – diese Geschichte ist einfach wunderbar.
    Eltern haben es nicht immer einfach – aber wenn es klappt, ist es ein Geschenk.
    Für alle.
    Danke für diese schöne Geschichte.

  16. #16 Manfred Kindler
    Werne
    30. März 2013

    @Olaf,
    sehr beruhigend, dass die kleine Geschichte auch mal aus anderen Augen gesehen wird. Ich habe das Problem der Normalität als Nicht-Mathematiker zwar einigermaßen verstanden, aber möchte doch ungern meiner nunmehr neunjährigen Tochter die Illusion einer Zauberzahl rauben. Zumal ich schon an einem Folgeartikel über die Eulersche Zahl sitze, deren Normalität ebenfalls noch unbewiesen ist.
    Danke jedenfalls für die angeregte Diskussion.