Myers: “Would that indicate to you that the murderer had taken Mrs. French by surprise?”
Sir Robarts zum Richter: “Mylord, I must object. My learned friend refers to the assailant as ‘the murderer’. We have not yet determined whether the assailant was a man or a woman. It could be quite conceivably have been ‘the murderess’.”
Richter: “Mr. Myers, it seems that Sir Wilfrid has joined us just in time to catch you on a point of grammar. Please rephrase your question.”
Myers: “Yes, Mylord.”
Okay, das ist nur ein Zitat aus einem Film, der zudem von einem deutschsprachigen Regisseur gedreht wurde. Aber es bestätigt doch, was mir mein Sprachgefühl auch schon länger signalisiert: Das scheinbar “generische” Englisch verzichtet nicht etwa auf die Unterscheidung ziwschen Mann und Frau, sondern lieber darauf, Frauen grammatisch überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Das mag jetzt sehr polemisch klingen, und ich habe außer meinem Sprachgefühl erst mal keinen Beleg, aber die Endung auf “-er”, das viele Personensubstantive beispielsweise hier haben (Farmer, Baker, Painter) scheinen der gleich klingenden deutschen männlichen Endung (Bauer, Bäcker, Maler) nicht nur zufällig zu gleichen. “Murderer” und “Murderess” zeigt, dass sich ein Unterschied im Genus auch im Englischen konstruieren ließe, wenn man nur will. Und dass es die weibliche Variante wäre, die dabei verändert würde. Mit anderen Worten: Die männliche Form ist hier der Normalfall.
Das wäre übrigens auch gegeben, wenn man dem Vorschlag von Luise Pusch folgt, die weibliche Flexion einfach abzuschaffen und den Wortstamm sowohl für die männliche als auch die weibiche Form zu verwenden: also statt der Freund und die Freundin künftig der Freund und die Freund zu sagen: “Auch Frauen haben ein Recht auf die Wortstämme! Wir müssen die Stämme besetzen, für uns reklamieren”, schreibt sie. Mal davon abgesehen, dass so eine Lösung vermutlich per Gesetz verordnet werden müsste (und zwar eines, das – anders als das Regelwerk von Washington – den tatsächlichen Sprachgebrauch reglementiert) und damit dem Motto unseres geschätzten Bloggerkollegen Anatol Stefanowitsch widerspräche: Alle Sprachgewalt geht vom Volke aus. Der größere Haken ist, dass der Stamm dann aber immer noch effektiv männlich ist, und allenfalls die weibliche Form abgesägt wird. Das Problem des generischen Plurals wäre damit zwar gelöst (“die Freunde” könnten dann sowohl männlich als auch weiblich oder vielmehr beides sein) – aber was tun, wenn die Person an sich unbekannt ist? Sir Wilfrid würde dann immer noch protestieren müssen, weil es ja dann entweder “der Mörder” oder “die Mörder” (Femininum, Singular) sein könnte…
Was mich bei all diesen Diskussionen immer wieder überrascht: Wer nach einer geschlechtergerechten Lösung für die deutsche Sprache sucht, braucht doch gar keine komplizierten Neuregelungen. “Meine sehr geehrten Damen und Herren”, fangen wir unsere Reden an, oder “Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer”. Und wenn wir bei Mordfällen ausdrücken müssen, dass wir keine Ahnung haben, wer die tödlichen Schüsse/Stiche/Schläge etc. ausgeteilt hat, dann können wir, ganz einspruchslos, “der Mörder oder die Mörderin” sagen. Ist zu kompliziert, höre ich dann immer wieder. Die Sprache ist schuld, dass ich das nicht klarer ausdrücken kann. Und die Sprache ist es dann auch, die Frauen diskriminiert. Doch letztlich ist dies nichts weiter als eine faule – und zwar im wörtlichen Sinn gemeint, weil zu faul zum Gebrauch der verfügbaren Worte – Ausrede!
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